Discover
es regnet
es regnet
Author: Markus Pfeifer
Subscribed: 17Played: 1,762Subscribe
Share
© 2019 spaeter, truebe
Description
Ich lese Texte vor. Meist aus meinem Blog. Ab und spiele ich etwas dazu. Anleitung: dieser Podcast ist ein literarisches Weberzeugnis. Oder wie jemand mal gesagt hat: “Das ist ein semi-literarisches Tagebuch.” Kann ich auch mit leben. Weniger mag ich Leute, die sagen: “Mensch, kannst du nicht mal ein bisschen witzig sein?”. Doch das sagt ja niemand. Und sonstso mache ich derzeit mehr Langprosa. Ab und zu lese ich meine Sachen dem Publikum vor. Hin und wieder werde ich für einen Literaturpreis nominiert. Ich gewinne aber nie etwas. Und sonst so: Ich arbeite in einer Internetfirma. Dort leite ich ein gutes Dutzend Expertinnen, die ziemlich coole Sachen mit Computern machen. Kurzbio: * 1975 in den Dolomiten. Aufgewachsen ebenda. Immer gut zu Kühen gewesen. Punkrock, Milano, Zürich, Wien. Lange Jahre in den Niederlanden gelebt, Brecheisen gestemmt. Später Madrid. Dann in Hamburg Deutscher geworden. Jetzt in Berlin. So ist das.
744 Episodes
Reverse
Donnerstag war ich beim Arzt. Kein Covid aber es ist wohl einer der anderen 90 Viren, die derzeit im Umlauf sind.
Freitag ist der erste Tag ohne Fieber. Und auch der erste Tag ohne Calls. Ich muss allerdings ein paar Mails und Slacks verschicken. Gegen Mittag will mich ein Freund sprechen, es ist der befreundete Redakteur des südtiroler Magazins "Kulturelemente". Der Text, den ich damals zum Thema Anarchismus im Südtirol der Neunzigerjahre schrieb, wurde mittlerweile online gestellt, ich dachte bisher, dass das Magazin ein reines Printmedium ist, aber offenbar kann man alle Ausgaben online als PDF lesen.
Beim Anruf geht es um die Vertonung meines Textes. Begleitend zum Magazin produziert er neuerdings nämlich ein Audioformat als Podcast. Er würde gerne seinen Text und meinen Text zu einem Audiobeitrag zusammenschneiden. Sein Text ist eine theoretische Abhandlung, während mein Text das Thema stilistisch ganz anders angeht. Seine Idee ist es, die Texte miteinander zu verweben, also abwechselnd, verschiedene Absätze zusammenzuschneiden, gerade weil sie so unterschiedlich sind, könnte das gut funktionieren. Ich stelle mir das vor, als würde es stilistisch dem Duktus eines Dokumentarfilmes folgen, die Idee gefällt mir.
Daraufhin spreche ich den Text ein. Das mache ich ja täglich. Sein Feedback ist, dass ich vielleicht etwas zu schnell spreche. Das stimmt, das höre ich von euch ja auch immer wieder mal. Also spreche ich den Text neu ein. Langsamer. Muss ich mich für hier auch angewöhnen. Aber wenn ich so langsam spreche, komme ich mir immer vor wie ein Priester.
#
Am Abend kochte ich Fischstäbchen mit Kartoffelpure und Salat. Zu den 15 Fischstäbchen kaufte ich heimlich noch eine Packung veganer Fischstäbchen. Ich kann es nicht lassen, mich für vegane Experimente zu interessieren. Langfristig werden wir den Fleischkonsum ohnehin reduzieren müssen, daher will ich mitbekommen, woran die Lebensmittelindustrie arbeitet. Persönlich finde ich es dämlich zu versuchen, Fleisch nachzubauen, es gibt authentischere Arten, fleischlose Gerichte zuzubereiten. Allerdings fällt mir das Urteil in dieser Hinsicht leicht, da ich kaum Fleisch esse und ich eigentlich ganz darauf verzichten könnte, wenn ich müsste.
Ich will es aber wissen, ich will immer alles wissen.
Ich beschloss, meiner Frau einen veganen Stick unterzujubeln um ihre Reaktion zu sehen. Für mich selber bereitete ich neben den normalen Stäbchen mehrere Vegane zu.
Meine Frau ass davon, nach einem Biss liess sie aber davon ab und nahm ein anderes Stückchen. Das fiel mir sofort auf und ich fragte aufgeregt, was mit dem angebissenen Stäbchen los sei. Sie sagte, das Stäbchen schmecke verdorben.
Das fand ich enttäuschend, aber ich konnte es nachvollziehen. Mir schmeckten sie solala, also okay, aber sie schmecken anders als richtige Fischstäbchen. Der Geruch erinnerte mich an gepresstes Krabbenfleisch. Auch die Konsistenz ist ähnlich.
Jetzt habe ich noch zehn Stück übrig. Muss mich irgendwie drum kümmern.
Wir schauten "Stunden mit Leo", den Film in dem Emma Thompson sich einen männlichen Sexworker mietet. Der Film stand schon seit langem auf meiner Liste. Er greift viele interessante Themen auf. Lust, Konventionen, Vorurteile, Selbstliebe und das Alter. Der Film macht das ganz okay. Die Dialoge drehten sich manchmal aber zu sehr und zu lange im Kreis. Dennoch ist ein wichtiger Mainstreamfilm, vor allem, weil eine geachtete Frau wie Emma Thompson das Thema aufgreift.
#
Ich fühle mich immer noch nicht gut. Fieber ist zwar weg, aber gesund fühle ich mich deswegen noch nicht. Trotzdem muss ich ja mit der Hündin raus.
Seit drei Tagen treffe ich wieder den Mann, der ständig über seine Gefühle redet. Auch wenn ich nie mehr über ihn berichtete, nervte er mich zunehmend. Vermutlich berichtete ich deswegen nie mehr über ihn. Seine aggressive Hündin hat immer noch keine Fortschritte gemacht und was ich anfangs als Offenheit im Umgang mit seinen Gefühlen interpretierte, empfinde ich nur noch als Verbaldurchfall. Er redet und redet, immer mit einem emotionalen Unterton und seit er von meiner Hertha-Sozialisation erfahren hat, will er ständig mit mir über Fussball reden. Er ist Bayernfan und flirtet ein bisschen mit Köpenick. Anfangs sagte er noch ständig, dass er Hertha ja eigentlich hasse und Union ja einen viiel besseren Job mache, da er mein Desinteresse an einem Gespräch über Hertha vs Union nicht verstand, sagte ich ihm irgendwann mit einem sehr genervten Unterton, dass ich der falsche Gesprächspartner bin, wenn er Hertha nicht mag und über Hertha reden will.
Dann sah ich ihn einige Wochen nicht mehr. Seit drei Tagen taucht er aber in dem kleineren Park auf, den ich neuerdings bei meiner Morgenrunde besuche. Als er mich am ersteb Tag wiedersah, sagte er: aaaaah, ich habe ja wenig Hoffnung. Er sagte das mit einer Mischung aus freundlich eingekleideten Gehässigkeit und Dummheit.
Ich wusste natürlich, dass er die sportliche Situation bei Hertha meinte. Ich sagte "Hi" und ignorierte ihn. Man kann immer so schön den Hunden zuschauen.
Also Hoffnung, wiederholte er, wegen Klassenerhalt undso. Dabei grinste er und machte gleichzeitig einen besorgten Blick.
Ich sagte ihm, ich habe keine Lust mit dir über Hertha zu reden.
Er sagte OK, gut, war nicht böse gemeint.
Dann redete er aber weiter, dass die Entlassung von Bobic keine gute Idee gewesen sei, der sei ja Profi gewesen undsoweiter.
Ich antwortete nicht, ich schaute meinem Hund beim Spielen zu. Er merkte, dass mich das Thema nervt, er korrigiert sich auf "vielleicht keine gute Idee".
Schau, sagte ich, das kannst du gerne in deiner Bayernblase machen, aber wenn du mit mir hier noch reden willst, dann machst du das halt besser nicht.
Dann hörte er auf. Für das eine Mal.
Heute wollte er über den Investor reden, der seine Hertha Anteile verkaufen will. Und über dieses neue Investorenkonglomerat. Fügte aber gleich hinzu, das kann ja nix werden, die wollen ja nur mitreden.
Ich habe keine Handhabe gegen diesen Mann.
Am Abend waren meine Frau und ich mit Freunden für die Operette eingeladen. "Die Rache der Fledermaus". Eine Verballhornung des Richard Strauss. Soll sehr lustig und gut sein.
Meine Frau sagte aus Gesundheitsgründen bereits gestern Abend ab. Ich wollte noch beobachten, wie ich mich im Laufe des Sonntages fühle, da ich mich am frühen Nachmittag immer noch nicht fit fühlte und einen anstrengenden Husten habe, beschloss ich auch, abzusagen. Ich hatte einmal Husten im Theater, damals lief ich vor Verkrampfung grau an. Ausserdem muss ich am Montag in die Firma, es schadet nicht, mich zu schonen.
Wegen der Operette hatte ich den Gang ins Stadion gestrichen, ich würde das Spiel zuhause schauen. Vor dem Spiel hatte ich eine kurze Runde mit der Hündin eingeplant. Die Runde uferte allerdings etwas aus. Ich unterhielt mich mit einer älteren Frau, mit der ich mich bereits neulich einmal gut unterhalten hatte. Sie selbst hat keine Hündin, aber sie ist mit einer Frau befreundet, die ihren jungen Dobermann regelmässig in meiner Nachbarschaft ausführt. Mit der Hundebesitzerin habe ich kaum Kontakt, aber mit dieser Freundin geriet ich wieder in ein anregendes Gespräch. Während wir so den Hunden nachschauten und uns über die heutige Berlinwahl unterhielten, geriet der Dobermann ihrer Freundin und ein kleiner Terrier in einen wilden Streit. Ihre Freundin versuchte dazwischenzugehen und plötzlich gab es einen Schrei. Sie hielt sich ihre Hand mit einer blutenden Wunde. Der Terrier hatte sie verletzt. Nicht aus Bösartigkeit, sondern im Eifer des Gefechts. Die Frau war geschockt, der Besitzer des Terriers war geschockt. Die Frau, mit der ich redete übernahm das Management der Situation. Ich hielt mich ein bisschen Abseits, für mich war die Situation klar, die beiden sollten Nummern tauschen und die Frau sollte in die Notaufnahme. Easy. Aber man entschied sich dazu, den Krankenwagen zu rufen. Die managende Frau bezog mich mit ein, ihre Freundin sei wackelig auf den Beinen, ich solle sie zur Parkbank begleiten. Dienstbeflissen, wie ich bin, tat ich das natürlich. Der Terrierhalter kam natürlich mit, er war spanischsprachig, er sagte alle 5 Sekunden, wie sorry es ihm sei, abwechselnd auf englisch und deutsch. Dann kam schon der Krankenwagen mit Sirene und Blaulicht, die Sanitäter nahmen die Frau ins Krankenhaus mit, es musste also eine Regelung für den Dobermann getroffen werden. Die managende Frau hatte keine Erfahrung mit Hunden, sie wollte nicht mit dem Hund alleine sein, deswegen wurde die Tochter angerufen. Die Frau bat mich, die Zeit bis zur Ankunft der Tochter mit ihr zu überbrücken. Dienstbeflissen wie ich bin, tat ich das natürlich.
Ich kam aber rechtzeitig zum Spiel nach Hause. Wir gewannen mit einem unglaublichen 4:1 gegen Gladbach. Die Mannschaft spielt wieder leidenschaftlich wie im Herbst. Diesmal sogar mit spektakulären Toren, drei davon vom eigenen Berliner Nachwuchs geschossen, alles Jungs um die Zwanzig. Eine schöne Sache ist das. Davon war sicherlich Marton Dardais Tor das Schönste. Heute war sein 21. Geburtstag und dann knallte er die Kugel aus 35 Metern unter die Latte ins Netz.
Den Abend verbringe ich auf dem Sofa, aber eigentlich beobachte ich nur die Hochrechnungen der Senatswahl. Das lokale berliner Politikspektrum finde ich sehr deprimierend. Dürfte ich wählen, dann würde ich niemandem wirklich gerne meine Stimme geben. Die berliner Lokalpolitik empfinde ich seit Jahren als unfassbar provinziell. Es wird vermutlich wieder auf rot-grün-rot hinauslaufen. Ich kann einigermassen damit leben. Das Personal finde ich aber furchtbar.
Ich ging heute wieder zurück ins Büro. Ich fühlte mich halb OK, das bedeutet, dass ich nicht mehr wirklich krank bin, aber ich fühle mich etwas verkatert, Krankheitskater, ich weiss nicht, ob es sowas auch im wissenschatlichen Sinne gibt, dieses Gefühl, dass die Krankheit weg ist und man jetzt die Schäden sieht, oder die Schäden abransportiert, mit diesem schlappen Husten, der noch übriggeblieben ist, der die letzten Schleimreste aus dem Atemsystem hochkommen lässt.
Aber was weiss ich schon.
Ich wache derzeit um 5 Uhr morgens auf. Eine halbe Stunde später sehe ich ein, dass ich nicht mehr weiterschlafen kann. Die Hündin freut es immer, sie denkt, jetzt gäbe es Action. Aber ich setze mich für ein paar Stunden an den Schreibtisch und sie schläft zwischen meinen Beinen, ich trinke Kaffee und sobald die Sonne aufgeht (halb acht), gehe ich mit ihr raus. Danach frühstücke ich und plötzlich ist es zehn und ich fahre ins Büro, dann mache ich Sachen, bis ich merke, dass es sechs oder sieben Uhr abends ist, also fahre ich nach Hause, kaufe vielleicht etwas ein, esse was, meine Frau und ich schauen eine Folge von irgendwas, aber dann ist es auch schon neun Uhr oder zehn Uhr, ich werde müde, putze mir die Zähne und lege mich ins Bett. Bis ich um 5 Uhr wieder wach werde. So sind die Tage. So war es gestern. Letzte Woche sass ich immerhin krank zuhause rum. Um 5 Uhr wurde ich dennoch wach. Wenn man um 5 Uhr wach wird, legt man sich aber nicht wieder hin. Dann beginnt man den Tag.
Aber gut. Das geht auch wieder vorbei.
Es ist Valentinstag. Ein Freund von mir hat zu Valentinstag Geburtstag. Das ist eine hilfreiche Erinnerungsstütze. Valentinstag bekommt man ja überall mit. Insta, Twitter, Nachrichten, die vielen Herzen überall. Ich denke immer nur: oh, der Freund hat Geburstag, muss ihm gleich gratulieren. Seinen Geburtstag vergesse ich nie.
Nach der Arbeit war ich in dieser neuen Foodcourt am Potsdamer Platz. Die Food Court befindet sich in der Minimall, die sich früher "Potsdamer Platz Arkaden" nannte. Seit der neuen, grossen Mall nebenan am Leipziger Platz, waren die Arkaden von einem Tag auf dem anderen zur Bedeutungslosigkeit verödet. Deswegen baute man sie seit einigen Jahren um, sie sollten ein neues Konzept erhalten und so gab es vor einigen Wochen die Wiedereröffnung unter dem Namensmonster aus der Marketinghölle "The Playce". Die darin befindliche Food Court ist angeblich die grösste Foodcourt Europas. Aber ich hatte keinen Zollstock dabei um diese Behauptung zu überprüfen.
Ich liebe ja Malls. Ich werde nicht müde, das zu wiederholen. Diese Mixed Zones. Orte an denen sich die Menschen sich ausserhalb ihrer Bubbles bewegen, wo sich viele Schichten überschneiden, wo Geschäfte gemacht werden.
Die Foodcourt in dieser Minimall ist etwas ästhetischer als andere Foodcourts, ohne jedoch einem durchgestylten Konzept zu folgen, aber es ist ein Zeitalter der Mainstream-Hipness angebrochen, Systemgastronomie (oder Gatronomie-Systeme) kommt mit einer gewissen Hyggeligkeit daher, die für alle Gesellschaftsschichten akzeptabel zu sein scheint. Ich finde es okay, wobei ich diese kleinen, abgeranzten Malls in Lichtenberg, Marzahn oder Wilmersdorf unheimlich heimlich finde. Aber mittlerweile sind die abgeranzten Malls ja fast schon eine eigene Blase geworden, die Eckkneipen unter den Malls.
Ich ass jedenfalls eine Bowl und trank ein Pilsner Urquell. Man kann dort an einem riesigen, runden Tresen essen, wenn man will. Wir wollten.
Gestern hatte ich keine Zeit für den Tagebucheintrag. Zum einen schlief ich fürchterlichst, als ich dann vormittags den Schlaf nachholte, wurde alles sehr spät und so liess ich es einfach sein. Es hätte auch nicht viel zu berichten gegeben. Beim Schlafnachholen träumte ich allerdings, dass wir uns zusätzlich zu unserem jetztigen Tier, sechs weitere Hunde zugelegt hatten. Im Traum fühlte es sich total falsch an, so viele Hunde zu haben, wie eine regelrechte Einschränkung meines Lebens, die Gefühle, die ich dabei empfand, schnürten mich völlig ein. Aber aus irgendeinem Grund liess es sich nicht verhindern. Als ich dann wach wurde war ich völlig erleichtert.
Heute hatte ich einen Termin bei einer Tätowiererin. Ein erstes Gespräch über zwei Tätowierungen, über die ich schon länger nachdenke. Das Studio ist eine heimelig eingerichtete Erdgeschossnwohnung in F'Hain. Das Besprechungszimmer liegt an der Hofseite, es ist eine kleine, gemütliche berliner Küche. Wir reden in aller Ruhe über das Motiv. Sie nimmt meine Ausführungen zum Design auf, sie hat selber ein paar gute Ideeen dazu, alles wird analog in einem Notizbuch erfasst.
Mitte März will sie das Motiv fertig haben, am 21.3. besprechen wir die letzten Details, Stichtag ist dann der 24.3.
Ich habe mich für eine neue Tätowiererin entschieden, weil die Tätowiererin zu der ich sonst immer ging, erst wieder im Mai oder Juni nach Berlin kommt. Das mit dem doppelten Wohnsitz Firenze/Berlin klappt nicht so gut, wie sie es sich vorgestellt hatte, ihr Freund ist schlichtweg beruflich gebunden und kann nicht einfach weg. Und Mai ist schon Tshirtsaison, ich laufe ungerne mit frischen Tattoos herum. Ausserdem beginnt die Tshirtsaison bei mir einen Monat früher als beim Rest der Welt.
Wieder miserabel geschlafen. Ich weiss gar nicht, warum ich das überhaupt aufschreibe, es ist mittlerweile der Standard. Gestern habe ich das Lademodul meiner Smartwatch wieder gefunden, also kann ich meinen Schlaf wieder aufzeichnen. Laut Uhr komme ich auf 3 Stunden und 49 Minuten. Immerhin über 3 Stunden. Aber die Tiefschlafwerte sind schlecht wie immer.
Am frühen Abend hatten wir Hundetraining. Es ging diesmal vor allem um die Erkennung von "Strasse", also das Stehenbleiben an der Bürgersteigkante. Das macht sie mittlerweile ganz okay, heute war der zweite Teil, in dem sie lernte, sich dabei nicht von Reizen beeinflussen zu lassen. Sie checkt das ziemlich schnell. Sie macht den Fehler einmal und dann nie wieder. Später im Alltag vergisst sie es allerdings wieder, man muss es also ständig üben.
Das Training fand im Mauerpark statt. Danach gingen wir in die Oderberger Strasse in die Manifest Bar und tranken ein Freitagabendbier. Ich experimentierte wieder und bestellte ein Bier das mir nicht schmeckte. Es ist nichts Neues, dass ich Biere bestelle die mir nicht schmecken, wenn ich neue Marken oder neue Stile sehe, oder Beschreibungen die mir zusagen lese, dann greife ich meistens danach und es ist oft ein Griff daneben. In letzter Zeit experimentierte ich aber nicht mehr viel, ich blieb meist bei leichten Pale Ales oder leichten IPAs und lag dabei immer im sicheren Bereich. Heute wollte ich ein Schwarzbier. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, warum ich Schwarzbier nicht mag. Üblicherweise ist es ein schlechtes Zeichen, wenn man sich nicht mehr daran erinnert, warum man etwas nicht mag. Ich muss es dann aber wissen, weil es ja sein könnte, dass es mir wieder zusagt.
Es sagte mir natürlich nicht zu.
Ich bestellte ein schwarzes Pale Ale. Der Pale Ale-Teil war der gute Teil des Bieres, aber der schwarze Teil war dieses Röstaroma, das mir im Bier einfach nicht schmecken mag. Jetzt wusste ich es wieder. Es ist das Röstaroma. Das werde ich mir merken, zumindest bis zum nächsten Mal in zweidreivier Jahren.
Deswegen bestellte ich ein leichtes Pale Ale und dann noch ein zweites, danach gingen wir nebenan ins Giradischi und assen Pizza. Wir sind so happy, dass unser Tier das alles entspannt mitmacht. Es scheint ihr sogar zu gefallen. Sie liegt einfach unterm Tisch und beobachtet alles aus ihrer Perspektive. Oder sie schläft, egal wie laut es ist. Sie ist halt mir ihrem Rudel unterwegs.
Da ich um 5 Uhr wach wurde und nicht mehr schlafen konnte, stellte ich dieses Blog von HTTP auf HTTPS um. Gefühlt bin ich die letzte Seite im ganzen Internet, die noch ohne Verschlüsselung läuft. Nun ist Sicherheit im Netz etwas, das die meisten Menschen ohnehin nicht verstehen, unverschlüsselte Webseiten sind aber sicher nicht das Problem, solange man keine Passwörter und Bankdaten oder ähnliche Sachen überträgt. Auf diesem Blog könnten böswillige Menschen höchstens die Emailadresse mitlesen, wenn jemand kommentiert. Nur wenn jemand kommentiert, wohlgemerkt.
Allerdings ging es mir vornehmlich um etwas anderes. Neulich schrieb ich ja darüber, dasss ich bereits seit Jahren selten Verlinkungen von anderen Seiten sehen kann. Heute um 5 Uhr früh kam ich dem Problem auf dem Grund. Es hat damit zu tun, dass der Browser die Referrer-Info wegwirft, wenn er von einer HTTPS Seite auf eine Seite mit HTTP verwiesen wird. Und umgekehrt. Das ist es, was auf meinem Blog passiert. Wenn ich also auf HTTPS umstelle, dann gibt es den Protokollwechsel nicht mehr und die Referrers müssten wieder sichtbar werden. Zumindest die Neuen.
Weil es 5:20 war und mein Kopf so frisch wie eine Pfirsich, setzte ich mich an die Umstellung. Wegen der vielen technischen Sonderlösungen, die ich im Laufe der Jahre gebaut hatte, ging natürlich vieles schief, aber gegen 10 Uhr funktionierte mehr oder weniger alles. Nur viele Feeds mochten die Umstellung nicht. Offenbar erkennen einige Podcastplayer die neuen Einträge nicht mehr, jedenfalls wurde mir das von Antennapod und Podbean berichtet, auch Spotify scheint nicht mehr zu funktionieren, aber auch Feedly ist kaputt. Bei Feedly sind es immerhin über 250 Abonentinnen, was ich auch nicht wusste.
Wie ich das Problem mit dem Feed löse, weiss ich nicht. Ich werde sehen, wie dieser Eintrag sich verhält, wenn ich ihn publiziere. Vielleicht haben die Apps und die Feedreader die Änderung mittlerweile ja erkannt.
Schon mal als Warnung an jene Leserinnen, die das Blog per Email abonniert haben: vermutlich gibt es in den nächsten Tage ein paar Testeinträge, die unweigerlich bei euch ankommen. Emails kann ich ja leider nicht wieder löschen.
#
Nun
#
Danach wollte ich zurück ins Bett, aber da war es schon 11 Uhr. Wir gingen dann einkaufen. Es regnete. Sehr viel. Wir fahren Samstags oft mit dem Auto einkaufen, um die Hündin an das Autofahren gewöhnt zu behalten. Fährt man einmal in der Woche kurz mir ihr Auto, dann scheint sie eine Toleranz zu entwickeln. Fährt man jedoch ein paar Wochen nicht, dann kotzt sie wieder.
Meine Frau geht dann in den Supermarkt. Die Hündin und bleiben im Auto. Wir sitzen da nur und schauen hinaus. Heute regnete es. Es gibt wenige Dinge die so schön sind, wie bei Regen im Auto zu sitzen.
Heute dauerte es besonders lange und so spielte ich mit einer Citroen-App herum und verband diese mit meinem Auto. Ich fand heraus, dass ich Updates einspielen konnte. Das triggerte mich ein wenig. Ich würde aber zuhause ein paar Dinge auf dem Laptop vorbereiten müssen.
Am Nachmittag kochten wir das ganze Restgemüse aus dem Kühlschrank zu einem Gemüseeintopf zusammen. Draussen zog ein Regensturm auf. Gegen vier Uhr gingen wir zu Brewdog ans Frankfurter Tor. Zwei Mal hätte mir eine Windböe beinahe den Schirm entrissen. Die Hündin liebt den Regensturm.
Später bereitete ich das Update für mein Auto vor. Neue Karten fürs Navi und eine neue Firmware für den Bordcomputer. Als ich damit fertig war, war es aber schon zu spät. Das Einspielen von Updates für ein Auto ist sehr unintuitiv und altmodisch, ich fühlte mich ins Neunzehnte Jahrhundert zurückversetzt. Ich werde die Updates erst morgen auf das Auto übertragen.
Apropos Neunzehntes Jahrhundert. Wir schauten diese Serie mit dem Namen "1883" zu Ende. Die Serie ist sehr gut, ich bin von diesem neuen Genre des Neo-Westerns generell sehr angetan. Aber eigentlich wollte ich nur diese Überleitung von Auto, neunzehntes Jahrhunderte und Neo-Western herstellen.
Test HTTPS
Es gibt offenbar eine Whatsappgruppe in der sich alle Hundemenschen, die ich auf meinen Gassirunden in den Parks treffe, versammelt haben. Heute hat man mir davon erzählt. Es fühlt sich wie ein Geheimclub an. Eine verborgene Realität, die die ganze Zeit um mich herum existierte. Heute zeigte sie ihr Gesicht und man nahm mich in die Gruppe auf.
Heute vor einem Jahr zog die kleine schwarze Hündin bei uns ein. Sie hat von all dem keine Ahnung, wir aber bereiteten ihr eine Fleischtorte mir Lachscremengarnitur zu. Also Nassfutter zu einer Torte geformt, mit Lachscreme obendrauf. Auf der Torte brannte eine Kerze. Dabei bekam sie einen Partyhut aufgesetzt. Es dauerte ewig, bis sie sich über den Fleischberg hermachen durfte, sie musste sie sich zuerst von allen Seiten fotografieren und filmen lassen. Spass hatten aber nur wir Menschen. Beim Anblick der Torte, liess sie alles geduldig über sich ergehen.
Den Grossteil des Tages verbrachte ich mit Reden, Spazieren und mit dem Update des Bordcomputers in meinem Auto. Mit dem Update blieb ich erfolglos, später am Tag fand ich aber heraus, was das Problem sein könnte, aber da war es bereits zu spät und ich hatte ich keine Lust mehr, hinunter auf die Strasse zu gehen um einen weiteren Versuch zu unternehmen. Stattdessen schaute ich der Niederlage meiner Mannschaft bei Borussia Dortmund zu.
Ah und ich bekam das Problem mit HTTPS gelöst. Fürs Protokoll: es lag am Zertifikat. Manche Browser und damit auch die Anbieter der Feedreader und Podcast Apps, behandeln fehlerhafte Zertifikate ziemlich strikt, deswegen wurden Zugriffe auf meine Seite schlichtweg verworfen. Allerdings ohne Fehlermeldungen, was es für mich schwer machte, den wirklichen Fehler zu finden. Jetzt geht es aber und ich bin happy. Ich habe sogar die Niederlage vergessen. So geht das.
Aus einer guten Laune heraus erstellte ich heute eine Blogroll. Die Älteren unter uns werden sich erinnern. Blogroll ist eine Liste von Blogs, die man den Leserinnen empfiehlt. Früher gehörte eine Blogroll zum guten Ton, ich löschte meine Blogroll vor etwa fünf Jahren, da ich ständig gestorbene Blogs und verstorbene Bloggerinnen daraus entfernte und weil ohnehin alle zu Twitter abgewandert waren, die Blogroll war irgendwann ja egal, ich fand keine neuen, guten Blogs, las nur die paar, die ich über die vielen Jahren begleitete, die hatte ich alle noch in meinem Feedreader bei Feedly.
Neuerdings kommen aber immer wieder gute Blogs hoch. Ich kriege das nicht mehr so gut mit, weil Blogs nicht mehr auf dem Radar zu finden sind, aber es gibt sie wieder, etwas mehr als noch vor ein paar Jahren.
Heute erstellte ich also eine Liste der Blogs, die ich noch lese. In meinem Feedly hatte ich 156 Blogs abonniert. 86 davon waren inaktiv und 22 davon tot. Nach dem Aufräumen habe ich jetzt noch 74 Feeds, davon sind 31 inaktiv und 2 tot. Von den verbliebenen Inaktiven mag ich mich nicht trennen, es kann ja sein, dass nach 10 Jahren auf einmal ein Eintrag hochploppt. Das ist schon bei einigen wenigen Blogs einmal passiert. Das fand ich immer schön. Mit den beiden verbliebenen Toten weiss ich nicht, was ich tun soll. Trennungsschmerz.
Im Hertha Fanshop am Leipziger Platz kümmerte sich das Personal liebevoll um meine Hündin, während ich mich im Anproberaum umkleidete. So etwas muss man auch mal erwähnen.
Was ich heute alles NICHT getan habe:
den Bordcomputer upgedated
eine Freundin zum Mittagskaffee getroffen
Dinge im Herthashop gekauft
Genau. Trotz Hundeservice, kaufte ich nichts im Herthashop. Den Geburtstagsgutschein kann ich offenbar nur online einlösen. Als Mitglied bekomme ich zusätzlich zehn Prozent Rabatt, aber sie können im Offlineshop keinen zweiten Rabatt obendrauf buchen. So etwas muss man auch einmal erwähnen.
Aber immerhin konnte ich den Hoodie und ein Tshirt dieser phantastischen Blackwear-Kollektion anprobieren. Kaufe ich es eben online.
#
Am Abend schauten wir den Film mit Julianne Moore als Betrügerin. Dabei assen wir Giottos. Giottos sind rund. Über Giotto den Maler aus Firenze gibt es ja diese Anekdote, dass er als Lehrling einmal freihändig einen perfekten Kreis malte und damit seinen Lehrmeister Cimabue beeindruckte. Das ist Teil meines grossen unnützen Wissensschatzes. Nach Konsultation von Wikipedia fand ich allerdings heraus, dass Cimabue nicht wegen des perfekten Kreises beeindruckt war, sondern weil Giotto ihm eine realistische Fliege auf eines seiner Bilder gemalt hatte. Cimabue versuchte diese mehrmals zu verjagen, bis er merkte, dass sie nicht echt war.
Ich finde es bemerkenswert, dass sich mir als Kind die Anekdote mit dem Kreis einprägte und nicht die Anekdote mit der Fliege, die ja wesentlich unterhaltsamer ist. An die Geschichte mit der Fliege kann ich mich auch erinnern, offensichtlich lag sie irgendwo abgespeichert, wo ich sie nicht griffbereit habe.
Ich könnte ja den ganzen Tag Julianne Moore zuschauen. Sie wird immer schöner, je mehr sie altert. Ich fand den Film bis zur Hälfte gut, weil es mich freute, dass sie 9,2 Milliarden ergaunert hatte. Als der rechtmässige Erbe des Geldes und offensichtliche Sympathieträger der Geschichte, mit seiner Jagd auf Julianne Moore erfolgrecih zu sein scheint, verliere ich das Interesse an den Film. Es reicht mir, an Wochenenden die Niederlagen meines Fussballclubs zu ertragen, ich muss das nicht auch noch in der Filmkultur erleben.
Hilary Swank spielt in ihrer neuen Serie eine berühmte New Yorker Reporterin, die in Ungnade gerät. Deswegen nimmt sie ein temporäres Jobangebot bei einer Lokalzeitung in Alaska an, bei der sie über indigene Frauenmorde recherchieren soll.
Meine Frau schlug mir die Serie vor. Sie sagte nur "Hilary Swank" und "Alaska". Sie kennt meine Trigger. Ich sagte sofort zu, ohne die Geschichte zu kennen oder ohne mich eingelesen zu haben. Auch Hilary Swank wird mit zunehmendem Alter immer schöner, wobei Hilary Swank ja gar nicht alt ist, sie ist ein Jahr älter als ich, ich weiss nicht, warum ich sie als ältere Frau abgespeichert habe, entweder ist sie noch jung, oder ich bin alt. So ist das unter uns Mittesiebzigergeborenen, da ist man alles ein bisschen.
Meine Frau und ich wollen ja auch mal nach Anchorage. Anchorage ist gar nicht so klein wie ich es in Erinnerung hatte, ich dachte achtzigtausend Einwohner, aber sie hat immerhin fast dreihunderttausend, sie ist etwas grösser als Gelsenkirchen. Aber bevor wir Anchorage besuchen, wollen wir durch den Nordosten der USA fahren, New England, vor allem Maine, Vermont, New Hampshire, das Amerika von Stephen King, neben Californien ist das die Projektion des Amerika meiner Jugend. Neulich beim Durchscrollen der Instagramm Feeds, postete irgendjemand Fotos von einem willkürlichen Abendessen aus einem Restaurant in einem kleinen Kaff an der Küste in Maine, mit dem Kommentar "The best food of my life". Diese Willkürlichkeit. Ein konkreter Anlaufpunkt. Da will ich hin. Ich schickte den Link meiner Frau, ich schrieb: lass uns da mal essen gehen, wenn wir in Maine sind.
Das Restaurant heisst "Wolfpeach" und liegt in Camden, einem kleinen Küstenort mit 5000 Einwohnerinnen, 100km nordöstlich von Brunswick und ähnlich weit entfernt von Bangor in der anderen Richtung. Da fahren wir hin, wir werden etwas essen, wir werden vom örtlichen Bier trinken, zwei, drei oder vier Biere, werden danach an dem kleinen Segelhafen entlangspazieren und dann müde ins Hotelbett fallen.
Mit der Hündin Dokus geschaut. Zuerst über Wölfe. Das mochte sie. Wie sie gebannt den langsamen Aufnahmen von weiten Schneelandschaften und Wolfrudeln zusah. Danach schauten wir eine Doku über Napoli, bzw über den Vesuv und den Phlegräischen Feldern. Meine Schwester ist gerade in Napoli und sie besuchten auch den Vesuv. Deswegen habe ich gerade ein Dutzend Tabs über den Vulkanismus im Golf von Napoli offen. Wenn man sich damit beschäftigt, auf was für einem riesigen Magmaspeicher sich Napoli befindet, dann müsste man dort eigentlich nicht leben wollen. Der nächste grosse Ausbruch ist statistisch überfällig. Auch das Erdbeben in der Türkei hat die Verhältnisse der Plattentektonik in Süditalien weiter angespannt. Aber die 4 Millionen Menschen, die im Golf leben tun eben einfach nur: leben. Man kann ja nicht immer nur Angst haben.
Apropos Plattentektonik. Ich erlebte bisher nur ein einziges Erdbeben. Das war das grosse Erdbeben von Friuli in '76. Damals war ich anderthalb Jahre alt, ich kann ich daher nicht mehr erinnern. Meine Mutter berichtete, dass sie mit mir auf dem Arm aus dem Haus flüchtete, dabei wurde sie im Treppenhaus von einer Wand zur anderen geschleudert. Jenes Beben ist auch jenes, worüber die meisten älteren Menschen aus Südtirol ihre persönliche Anekdote erzählen, wenn man von Erdbeben redet. Damals starben 1000 Menschen, das Beben spürte man bis nach München.
Das andere Beben, das ist unter anderen Umständen hätte mitbekommen müssen, war das Beben von 2001 mit dem Epizentrum in meiner Geburtstadt Bozen. Ich lebte damals in Madrid und bekam es nur aus der Ferne mit. Bei einer Stärke von 5,2 auf der Richterskala war es bei weitem nicht so stark wie das Beben im Friuli, aber dennoch muss das ein einschneidendes Ereignis gewesen sein. Meine Schwester arbeitete damals in einem Krankenhaus und sie erzählte mir von einem Ton. Einem tiefen, ächzenden, ziehenden Ton. Als würde man das Gebäude hören, wie es in die Länge gezogen wird. Ich konnte mir das bei einem grossen Gebäude wie einem Krankenhaus gut vorstellen, wie die langen Stahlbetonplatten und -Gerüste, ein tiefes Ächzen ausstossen. Eine Freundin berichtete etwas traumatisierter, wie sehr sie das Vertrauen in den Boden verloren habe. Neben Kriegen, schlechten Nachrichten und überhaupt, sei der Boden doch eigentlich immer das gewesen, das im Leben stabil geblieben ist. Dieses Bild gefiel mir. Wie eine Allegorie auf den Begriff Bodenständigkeit.
Die Hündin mochte es gar nicht, als wir von den Wolfdoku auf Vulkandoku umschalteten. Sie verliess das Wohnzimmer und setzte sich vor die Tür, aber hielt mir dabei ihr Hinterteil zugewandt. Später kam sie zurück und ich schaltete eine Doku über Strassenhunde in Rumänien ein. Das ertrug sie nur schlecht. Natürlich verstand sie nicht, was da genau geschah, aber während der gesamten Doku gab es Hundejaulen und -bellen im Hintergrund. Meine Hündin sass vor dem Fernseher und knurrte. Die ganze Zeit. Sie liess sich auch nur schwer beruhigen. Erst als ich den Fernseher ausschaltete, hörte sie damit auf.
#
Heute jährte sich auch der russische Überfall auf die Ukraine. Aber ich habe nichts gescheites darüber zu sagen.
#
Ahso, ja, gestern kam ich nicht dazu einen Eintrag zu schreiben. Wegen einiger Umstände auf der Arbeit war ich dermassen geladen, dass ich keinen freien Kopf hatte, Notizen in Schönform zu bringen. Dann fiel mir auch auf, dass ich keine Notizen hatte.
Um halb zwei fuhr ich dann los ins Olympiastadion. Üblicherweise treffe ich meine Freunde ab zwei Uhr am sogenannten Rondell. Das ist kein richtiges Rondell, es ist lediglich ein vage definierter Ort zwischen Ausgang des Sbahngeländes, einem Mülleimer und einem Bierausschank, ich weiss nicht, warum man das so nennt. In der Sbahn sitzt eine ältere Dame neben mir, als ich aussteige, wünscht sie mir Glück für das Spiel, ich sage vielen Dank, das kann ich gebrauchen, sie sagt, ich weiss, aber das wird schon wieder werden, das ist immer ein auf und ab. Sie fährt weiter nach Spandau, ich laufe über die Brücke zum Rondell, dort treffe ich Anne, die seit dem Spiel gegen Köpenick meine Dauerkarte hat, eigentlich sollte ich sie beim Spiel gegen Gladbach wiederbekommen, aber weil ich gegen Gladbach nicht konnte, behielt sie die Karte und nahm dafür jemand anderes mit ins Stadion. Dann traf ich Tanja, Klaus und alle anderen, Benny war schon im Stadion drin, weil der heute wieder die beiden Banner aufhing, das Banner vom Fanclub und das Banner von der Initiative Blauweisses Stadion, die ja auch irgendwie mit uns verbunden sind. Nach der Winterpause gab es einen Konflikt mit einem anderen Fanclub, die ihr Banner an unserer Stelle aufhängen wollten, das war eine Gruppe Männer, die offenbar handgreiflich geworden waren, deswegen gab es im Januar ein Mediationsgespräch mit mehreren Beteiligten, u.a. Ranghohen Vertretern der Ultras. In diesem Gespräch wurde unserem Fanclub das Recht für den Platz zugesprochen. Das sind Konflikte, die versteht man nur im Stadionkontext, ausserhalb des Stadions wirkt das alles wie ein Spielchen für Kinder.
Mir persönlich ist das Banner nicht so wichtig, aber unser Fanclub ist mittlerweile sehr gross und wegen unseres politischen Aktivismus auch bedeutsam, vielen ist das Banner unabdingbar.
Benny würde mir einen Platz neben sich und seiner Frau reservieren, ich konnte mir also ein wenig Zeit lassen. Draussen traf ich auch Annika, die heute ihr Comingout als Trans Person haben würde. Ich wusste bereits seit einigen Tagen Bescheid, sie würde heute zum ersten Mal geschminkt ins Stadion kommen, und während bzw nach dem Spiel allen Menschen Bescheid geben.
Gegen zwanzig vor drei setzten wir uns in Bewegung und gingen ins Stadion, unterwegs erwischte ich einen dieser mobilen Bierverkäufer, wodurch ich mir jede Menge Zeit sparte, die ich nicht in Menschenschlangen verbringen musste, im Stadion verbringt man ja immer Zeit in Menschenschlangen, beim Eingang, beim Bier, bei der Toilette, bei der Wurst, beim Rausgehen, zurück am Bahnsteig, immer in Schlangen.
Die erste Halbzeit war ein seltsam ereignisloses Geplänkel im Mittelfeld. Meine Aufmerksamkeit driftete etwas ab, es passierte viel um mich herum, ich quatschte hier und da, eine Reihe vor uns stand ein junger Mann, der mit freiem Oberkörper die Mannschaft anfeuerte. Dann fing es an zu Nieseln und zu schneien, eine Art Graupelregen, ein weisser Flaum schwebte vom Stadiondach herunter und breitete sich wie Feeenstaub über uns aus.
Ich musste ständig pinkeln, ging in der ersten Halbzeit zweimal raus, holte mir Bier nach, aber auch während des Spiels steht man dort in der Schlange, sowohl an den Toiletten wie auch am Bier, aber natürlich sind die Schlangen da wesentlich kürzer.
In der Halbzeitpause redete ich länger mit Inis, die an der Mediation wegen des Banners beteiligt war. Sie ist unsere Zeugwärtin und massgeblich mit den Bannern vertraut.
In der zweiten Halbzeit drehte meine Mannschaft dann auf. Das Spiel wurde munter, zuerst schoss Marco Richter aus 25 Metern ein Tor und kurz darauf folgte Dodi mit einem cleveren Lauf und erhöhte auf 2:0. Bei diesem Spielstand blieb es auch und weil auf den anderen Plätzen unsere direkten Konkurrenten alle verloren, befreiten wir uns aus den Abstiegsplätzen und stehen nun auf dem 14. Platz. Die Freude war gross. Die Mannschaft kam in die Kurve und wurde von 20000 Fans gefeiert.
Danach stiegen Benny und ich in den Oberring hinauf um das Banner abzunehmen, da befanden sich aber bereits mehrere Mitglieder unseres Fanclubs, die das bereits erledigt hatten. Das Banner ist derzeit ein heikles Thema. Benny brachte steckte das Banner ein und brachte es jemandem, der es unter der Woche aufbewahren würde, ich ging in der Zwischenzeit zurück zum Rondell um die anderen zu treffen, ich wartete noch bis der erste grosse Lauf auf die Sbahnen vorüber war, dann gingen Tanja, ihr Sohn und ich auch hinunter auf die Gleise. Weil die dort wartende Bahn nur bis Charlottenburg fuhr, stiegen wir Westkreuz in die Ringbahn über und so kamen wir irgendwann alle zuhause an.
Der Mann mit den Gefühlen (oder Verbaldurchfall), jener, der mich neulich auch noch mit seinem Fussballfantum nervte, war offenbar einmal Teil dieser Whatsapp Gruppe für Hunde, zu der ich neulich hinzugefügt wurde. Mit dem Mann gab es wohl verschiedene seltsame Vorfälle. Frauen fühlten sich von ihm unangenehm eingenommen, da er auch noch Probleme mit seiner aggressiven Hündin hatte und dabei von schwurbeligen Interpretationsversuchen und Erziehungsmethoden faselte, behielten viele auch Distanz vor ihm, schon nur um den eigenen Hund zu schützen. Seine Hündin griff immer wahllos andere Hunde an. Meiner Hündin tat sie nie etwas an, meine Hündin ist aber auch einfach sehr friedfertig.
Nach einigen verbalen Unstimmigkeiten, verliess er schliesslich die Whatsappgruppe. Das alles erzählte man mir heute. Es beruhigte mich, dass ich mit meiner Einschätzung nicht alleine war. Ich dachte ja, dass ich vielleicht zu schnell genervt bin, dass ich etwas nachsichtiger sein sollte, einfach mehr zuhören, dem Mann eine Chance geben. Aber nein, muss ich nicht. Nur wenn ich es möchte. Will ich aber nicht.
#
Meine Frau und ich sind ja beide keine richtigen Foodies. Zwar essen wir gerne gute Dinge, aber man kann es uns nicht zuschreiben, dass wir uns übermässig gerne mit der Zubereitung von Essen beschäftigen. In meine Frau schlägt hin und wieder aber ein Geistesblitz ein, mit dem sie simples Essen aufzupeppen vermag. Diesmal mit Tortellini. Ich finde Tortellini durchaus okay, aber Tortellini werden nach der dritten Gabel auch sehr pampig, nach dem halben Teller mampft man auf einer Pampe aus Fett, zerbröselten Proteinen, Parmesan und labbrigen Eierteig herum.
Meine Frau legte heute den Teller zuerst mit mehreren Handvoll ungekochten Babyspinat aus, bevor sie die Tortellini drauflegte. Wie genial diese simple Zutat war, verstand ich erst als ich merkte, dass die Pampe keine labbrige Pampe mehr war.
Gestern brachten wir Altkleider zum Forckenbeckplatz. An der südwestlichen Ecke des Parks hat sich eine Kleidertausch-Ecke etabliert. Menschen aus der Nachbarschaft legen oder hängen dort alte Kleider sowie alte Wertgegenstände an den Zaun, damit andere, oder Bedürftige, sie weiternutzen können.
Das Konzept scheint zu funktionieren, es stehen dort immer Leute, die etwas spenden, oder etwas mitnehmen. Wir brachten Hosen, Pullover und Tshirts hin. Zwei Tshirts hing ich etwas demonstrativer auf, zum einen ein St.Pauli Tshirt, also das mit der Piratenflagge und ein Tshirt von meiner Arbeit. Das Tshirt meiner Firma trägt den Aufdruck zweier Chilis, die von Feuer umsäumt werden. Die Chilis sind das populärste Logo auf unserer Datingplatform, es symbolisiert "ich finde dich heiss" und man kann das Symbol einem Profil, das man heiss findet, aber nicht den Mut oder die Muße hat, es anzuschreiben, verteilen. Schwule Männer in Berlin, oder zumindest solche die Benutzer unserer Platform sind, werden das Logo sofort erkennen. Für die anderen bedeutet es vermutlich scharfes Essen. Auch gut.
Das St.Pauli Tshirt hingegen ist bereits 20 Jahre alt und ich trug es genau ein einziges mal. Ich kaufte es damals, als ich in Hamburg wohnte. Dieses Symbol der Piratenflagge und dem St.Pauli Schriftzug ist schon sehr ikonisch, sehr stark, auch plakativ, es war mir aber immer too much zum Tragen, vor allem in Hamburg, aber auch anderswo. Daher blieb es immer im Schrank. Aber hier im Kiez laufen viele Punks herum, ich bin mir sicher, dass das Tshirt eine stolze Besitzerin gefunden hat.
Eine halbe Stunde später kamen wir zurück und schauten, ob von unserer Spende bereits etwas mitgenommen wurde. Wir stellten fest: es war nichts mehr von uns da.
#
Am Abend telefonierte ich mit meiner niederländischen Exfreundin. Sie hat den Roman zu Ende geschrieben und der Text liegt jetzt beim Lektorat. Der interessierte Verlag will, dass sie sich eine schriftliche Genehmigung von mir einholt, weil sie meine Person und meinen Namen in den Text eingebaut hat. Ich sagte zu, ich vertraue ihr blind. Sie schlug trotzdem vor, mir die relevanten Passagen vorzulesen. Es geht viel um die Zeit, als sie ständig nach Afrika reiste, um die Abschiede, darum wie wir einander prägten, eigentlich alles nur schöne Dinge, manchmal privat, aber das ist nicht schlimm, es kam nicht einmal Sex darin vor, zu dem Punkt hätten wir eventuell über Details verhandeln müssen, aber das war ja nicht der Fall.
Beim Mittagessen entfaltete sich ein munteres Gespräch über Temperaturen, wie unterschiedlich Menschen den Winter oder den Sommer in Berlin wahrnehmen, für einige angenehm, für einige schlimm, sowohl kalt wie warm, einer der Russen bezeichnete die Deutschen als die kälteresistentesten Menschen der Welt, er begründete das mit den niedrigen Temperaturen in deutschen Gebäuden. Er meinte Innenräume, also die Temperatur, die wir in der Regel zwischen 20 und 21 Grad eingependelt lassen. Die Russen nickten alle. In Russland erwärme man Wohnungen auf 26 Grad. Das sei der Richtwert. In Russland seien aber auch die Strassen nachts heller erleuchtet. Deutschland ist nachts überall finster, auf den Strassen, in den Park, nur hier und da eine Lampe. Das mit den dunklen Strassen ist mir auch schon aufgefallen, darüber schrieb ich damals vor 20 Jahren mal, als ich von Madrid nach Hamburg zog. Die Strassen in Hamburg empfand ich nachts auffallend dunkel, das war im direkten Vergleich, in Berlin ist es vermutlich nicht heller. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt, als Mann habe ich aber auch weniger Angst, wenn ich durch dunkle Strassen laufe, wäre ich eine Frau würde ich anders darüber empfinden.
Ich finde das erwähnenswert. In Russland heizt man die Wohnungen auf 26. Nicht wegen Russland und weil die gerade die Bösen sind, sondern wegen der 26 Grad. Bei 25 Grad geht bei mir ja die schlechte Laune los.
#
Eigentlich geht die Sonne auf Spitzbergen bereits am 16. Februar wieder auf. Zumindest im Süden der Inselgruppe. In der Mitte, wo die Siedlungen liegen, um den zwanzigsten herum. Aber alle Menschen aus Spitzbergen, denen ich auf Insta folge (es sind viele) posteten gestern und heute Fotos von der ersten Sonne. Ich weiss nicht, warum sich das um eine Woche verzögerte, eventuell lag es am Wetter. In Longyearbyen schlägt die Sonne ja erst am achten März im Dorfzentrum auf, das ist wegen der Berge, die noch ein paar Tage länger ihre Schatten ziehen. Frauentag und Sonnenaufgang in Longyearbyen. Kann man sicherlich was hineininterpretieren.
Ich bin mental noch nicht im März angekommen. Das ging mir alles viel zu schnell.
Ich hatte noch gar nicht vom Stress mit dem Ordnungsamt erzählt. Achtung, es folgt Hundecontent. Es gibt in der Nähe des ehemaligen Cosmos Kinos an der Frankfurter Allee eine etwas verwaiste Wiese, auf der viele Hundehalterinnen aus der Nachbarschaft ihre Tiere frei laufen lassen. Die Wiese ist so verwaist und lädt dermassen wenig zum Verweilen an, dass sie jetzt zu einem offiziellen Hundeauslauf umgebaut wird. Die Hälfte des Zaunes steht bereits, in zwei oder drei Wochen werden die Bauarbeiten abgeschlossen sein.
Nun hat sich das Ordnungsamt auf diese Wiese eingeschossen. Früher kamen sie ab und zu vorbei, sprachen Verwarnungen aus, kassierten bei Wiederholung auch ab, aber seit einer Woche kommen sie mehrmals pro Tag vorbei und verhalten sich richtig aggressiv. Da dies alles auf einer in Bau befindlichen Hundewiese abspielt, fühlt es sich sehr nach Schikane an. Ich bin ihnen noch nicht begegnet, aber in der Whatsappgruppe, in die man mich neulich aufgenommen hat, berichten die Leute täglich von unangemessenem Verhalten. Natürlich ist das Ordnungsamt im Recht, aber- genau, es gibt viele Abers. Deswegen formiert sich gerade Widerstand. Entweder eine Minidemo vor dem Amt, oder es soll die Presse eingeschaltet werden. Ich finde die Initiative nicht falsch. Wenn man es nämlich einfach über sich ergehen lässt, wird die Schikane irgendwann eine andere sein.
Ich kann mich noch nicht für die Idee einer Demo begeistern. Vielleicht mache ich mit, vielleicht auch nicht. Profitieren werde ich auf alle Fälle, aber einfach nur Profiteur zu sein behagt meinem Wesen nicht, Mitläufer zu sein aber noch weniger. Wenn ich nach einem Ausdruck für diese Situation suche, dann hiesse er URGZH.
Heute war Viva Mexico Tag. Wir sind jetzt 15 Jahre zusammen. Irre. Wir kochten uns leichtes Essen nach mexikanischer Thematik. Also schwarze Bohnen mit Reis und Guacamole. Und viel grün dazu.
#
Mein Auto muss in die Werkstatt. Seit ein paar Wochen leuchtet schon eine orangene Lampe auf, die ein Werkzeug symbolisiert. Einen Werkzeugschlüssel, um genau zu sein. Das bedeutet Service, habe ich jetzt gelernt. Nächste Woche fahren wir an die Ostsee, das Thema muss bis dahin gelöst sein. Ich rufe mehrere Werkstätten an, aber erst nach dem vierten Telefonat finde ich eine, die mir ad hoc helfen kann. Am Montag kann ich hin.
Ich brauche eigentlich kein Auto, sage ich mir immer. Aber jetzt habe ich einen Führerschein, es ist gut, wenn ich die nächsten Jahre in Übung bleibe. Vielleicht schaffe ich es irgendwann ab. Mit der Hündin hat sich das Fahrzeug allerdings schon mehrmals bewährt, immerhin fahren wir öfter mal kürzere Strecken, weil es logistisch mit Tier manchmal einfacher ist. Und die langen Strecken nach Schweden oder Südtirol mag ich. Und wenn wir in Schweden im Wald sind, brauche ich ohnehin ein Auto. Ob sich das alles mit einem Mietauto erledigen liesse, habe ich nie durchgerechnet, Mietautos fühlen sich immer sehr teuer an. Dafür entfiele die ganze Verantwortung bezüglich Pflege und Unterhalt. Ich empfinde wenig Liebe für Autos, sie finden in meinem Gefühlsleben nicht statt. Bis auf wenige Momente, als ich beispielsweise den Tempomat einbauen liess und fusslos auf der Autobahn fuhr und mir dabei vorkam wie in einem Raumschiff. Aber was ich sonst nicht liebe, kann ich auch nur schwer pflegen. Das Auto verstaubt auf der Strasse.
Sonst habe ich heute nichts zu berichten. Der Tag war massgeblich von Arbeit geprägt.



