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Kulturplatz

Author: Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)

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Information: Dieser Video Podcast wird per Ende Juli 2021 eingestellt. Künftige und bisherige Episoden finden Sie auf unserem Play SRF Portal (www.srf.ch/play). Kultur durchdringt unser Leben. «Kulturplatz» will für Kultur begeistern und behält dabei die wichtigsten Akteure und Ereignisse des Kulturbetriebes im Blick.
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Wenn prominente Kunstschaffende aus der ganzen Welt nach Venedig reisen, passt das Motto der diesjährigen Kunstbiennale «Fremde überall» perfekt. Denn die Stadt quillt aus allen Nähten: Künstlerinnen und Touristen überall. Wie Stadt und Kunst mit «Fremden» umgehen? Ein «Kulturplatz». Ein Fest des Andersseins Der diesjährige Kurator, der Brasilianer Adriano Pedrosa bezeichnet sich als ersten «offen queeren» Kurator der Biennale Venedig. Mit seinem Motto «Stranieri Ovunque», was so viel heisst wie Fremde überall, will er bewusst Kunstschaffende einladen, die selbst Immigranten, Emigranten, Exilkünstler, indigen oder auch queer sind. Ein Fest für Aussenstehende will er feiern und setzt damit ein Zeichen in Zeiten, in denen die Angst vor dem Fremden bestimmend ist. Alle kennen das Gefühl, sich fremd zu fühlen. In Familien. Im Freundeskreis. Am Arbeitsplatz oder in der Stadt in der man lebt. Kunst aus der ganzen Welt «Kulturplatz» will auf der diesjährigen Biennale herausfinden, wie die Kunstschaffenden das Motto umsetzen. Junge Kunstschaffende aus der ganzen Welt haben sich dazu etwas einfallen lassen. Auch die Kuratorin Koyo Kouoh, die im Aargau aufgewachsen ist und heute zwei wichtige Museen in Afrika leitet, kennt das Gefühl des Fremdseins nur zu gut. Sie gilt als Vermittlerin zwischen den Welten. Baume-Schneider, Hans Ulrich Obrist, Ann Demeester – prominente Gäste in Venedig Ann Demeester, Direktorin des Zürcher Kunsthauses, kann nach einem guten Jahr in der Schweiz, im Gespräch mit der Moderatorin Nina Brunner, erzählen, wann und wo sie sich fremd fühlt. Und in welchen Projekten sie das Motto der Biennale gut umgesetzt sieht. Und Nina Brunner trifft noch eine besonders herausragende Persönlichkeit aus der Kunstwelt, den internationalen Kurator Hans Ulrich Obrist. Der begnadete Kunstvermittler wollte schon als kleiner Junge weg aus St. Gallen, hinaus in die grosse weite Welt. In seiner kürzlich erschienenen Biografie, erzählt er, dass er sich schon immer mit Kunstschaffenden auf der ganzen Welt vertraut machen wollte. Und berichtet über sein aktuelles Projekt. Ebenfalls angereist ist Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, die wir im Schweizer Pavillon treffen. Hier stellt in diesem Jahr der brasilianisch-schweizerische Künstler Guerreiro do Divino Amor sein Projekt vor. Ihm geht es darum auf die Überlegenheit und Macht westlicher Gesellschaften hinzuweisen. Den Schweizer Pavillon hat er in einen Tempel verwandelt. Venedig platzt aus allen Nähten Die Kunstbiennale hat aber auch eine Kehrseite: Denn die ohnehin überquellende Lagunenstadt wird in diesen Monaten noch voller. Fremde überall. Für die Venezianerinnen und Venezianer ist das mittlerweile ein echtes Ärgernis, weil sie sich nicht mehr wohlfühlen in ihrer Stadt. Aber Venedig lebt auch vom Tourismus. Wie kann man mit diesem Dilemma umgehen? Ab 25. April startet die Stadt ein Pilotprojekt. Ab dann müssen alle Tagestouristinnen und -touristen einen Eintritt von fünf Euro zahlen. Ob das eine Lösung ist? «Kulturplatz» spricht mit einer Architektin und einer jungen Schweizer Kuratorin darüber.
Künstlich generiert, heimlich gefilmt oder schockierend in Szene gesetzt – welche Bilder haben heute die grösste Wirkung? «Kulturplatz» über den legendären Fotografen Oliviero Toscani, über versteckte Kameras und die neueste KI der Firma OpenAI. In den 1990er-Jahren sorgte der Fotograf Oliviero Toscani mit Tabuthemen wie Aids, Rassismus und der Todesstrafe für viel Aufregung. Die Bilder als Werbung für die Modemarke Benetton verpackt, wurden immer wieder als eine Provokation wahrgenommen. Heute schaut der inzwischen 82-Jährige auf eine bewegte Vergangenheit zurück und weiss: Für ihn ist die Fotografie ein Akt der Aufklärung. Die Macht der Bilder ist inzwischen zur Ohnmacht geworden. Mit «Deep Fakes» und der Künstlichen Intelligenz haben Bilder ihre Aussagekraft verloren. Die neueste KI heisst «Sora», stammt wie «ChatGPT» von der Firma OpenAI und lässt alles bisher Gesehene hinter sich. Auf Knopfdruck entstehen einminütige Videos, ohne auch nur ein einziges Bild zu filmen. Was heisst «Sora» für die Zukunft der Bilder? Bilder waren als Beweismittel schon immer nur bedingt vertrauenswürdig. Und doch brauchen wir Beweise, etwa im Journalismus, um Dinge aufzuklären. Die versteckte Kamera beispielsweise steht nicht nur für lustige Streiche, sondern vor allem auch für Aufklärung. Welche Rolle diese heimlich gemachten Bilder spielen, darüber hat RTS-Kollege und Produzent Jean-Philippe Ceppi ein Buch geschrieben.
Ein aussergewöhnliches Musikprojekt kreiert eine Zeitkapsel, die erst in 100 Jahren geöffnet werden darf. Darin: 40 Kompositionen von Schweizer Musikschaffenden. Mit singenden Hunden, Morsezeichen oder Gletschermusik. Doch wie schreibt man Musik für die Zukunft? Für wen? Und in welchem Format? In 100 Jahren sollen in der Schweiz Töne aus der fernen Vergangenheit erklingen. Eine Zeitkapsel, die bis dahin in der Nationalen Phonothek in Lugano lagert, soll dann geöffnet werden. Das ist die Idee hinter dem Projekt «Zukunftsmusik – utopie sonore – échos du futur». 40 Kompositionen von Schweizer Musikschaffenden werden in der Zeitkapsel aufbewahrt. Ein einzigartiges Projekt, das vom Musikethnologen Johannes Rühl initiiert wurde. Alle musikalischen Genres sind in «Zukunftsmusik» vertreten – von Jazz über Volkslied bis hin zu neuer Popmusik. «Kulturplatz» hat die Entstehung dieser Zeitkapsel in den letzten Wochen begleitet.
Unsere Beziehung zum Auto, sie ist kompliziert: Über Jahrzehnte gab es keine Grenzen für persönliche Freiheit und maximale Mobilität auf den Strassen. Doch in Zeiten des Klimawandels muss alles neu gedacht werden, das Auto soll zunehmend aus den überlasteten Städten verdrängt werden. Städte ohne Autos Lange stand die eigene Karosse für Freiheit und Mobilität. Autos wurden immer grösser und massiger. Doch in Zeiten von Klimakrise und überhitzen Städten hat es das Auto nicht leicht. Und mit Tempo 30 in den Zentren kommt es bald zum Stillstand. Denn die Städte sollen schon bald den Velos und den Fussgängern gehören. Und Autos – wenn überhaupt – nur noch elektrisch fahren. Dass diese Entwicklung nicht allen gefällt, macht die Autodiskussion zum Aufreger schlechthin. Wie das Automobil die Architektur prägte. Vorbei die Zeiten, als so gebaut wurde, dass es dem Autoverkehr dient. Der Architekturhistoriker Erik Wegerhoff hat zum Verhältnis Architektur und Automobil ein Buch geschrieben. Es ist eine Hommage an die Mobilität und ihren Einfluss auf die Immobilie. Und es ist auch ein Art Abgesang an das Gefährt, das die Stadt und die Architektur im 20. Jahrhundert massgeblich geprägt hat, heute aber immer mehr aus den Städten gedrängt wird. Frage an den Designer: Warum werden Autos immer massiger? Der Schweiz-Argentinier Alfredo Häberli fährt gerne stilvolle Fahrzeuge aus früheren Jahrzehnten, hat sich aber in erster Linie als Designer von Möbeln oder Geschirr einen Namen geschaffen. In seiner Kindheit war er oft an einer Autorennstrecke, von daher rührt seine tiefe Liebe zum Automobil. Diese lebt er auch dann und wann als Gestalter aus. Ein Gespräch über das Schöne am Auto und die fragwürdige Tendenz zu immer grösser und massiger.
Macht Kunst uns zu besseren Menschen? In Schweizer Gefängnissen ist sie jedenfalls ein Mittel zur Resozialisierung der Gefangenen. «Kulturplatz» geht der Frage nach, welche Bedeutung Theater, Literatur und Malerei für eingesperrte Menschen haben kann. Gefängnistheater «AUSBRUCH» in der JVA Lenzburg In der Justizvollzugsanstalt Lenzburg (JVA) stehen Menschen auf der Bühne, die zum Teil eine lebenslange Haftstrafe absitzen. Das Theaterkollektiv «AUSBRUCH» hat Anfang Monat seine neuste Produktion mit fünf Gefangenen aufgeführt. «Kulturplatz» hat exklusiv Zugang bekommen zu einer Vorstellung. So viel vorweg: Gefängnistheater bringt unsere Vorstellung von Gefängnisinsassen ins Wanken. Zekamerone – 100 Geschichten vom Gefängnisalltag Schreiben hinter Gittern kann ein Weg sein, mit Freiheitsentzug umzugehen. Das beweisen die Kurzgeschichten des belarussischen Anwalts Maxim Znak. Als im Jahr 2020 die Proteste in Belarus gegen Machthaber Lukaschenko losgehen, wird Maksim Znak verhaftet und zu zehn Jahren Haft verurteilt. Während seiner Untersuchungshaft schreibt er 100 eindrückliche Kurzgeschichten über seine ausweglose Situation. Er reiht sich damit ein in die Jahrhunderte alte Geschichte der Gefangenenliteratur – von Solschenizyn bis Nelson Mandela. Aleks Weber – Malen gegen die Enge der Zelle Der Winterthurer Maler Aleks Weber ist in den 1980er Jahren im Begriff, sich als Künstler einen Namen zu machen. Während den Jugendunruhen jener Zeit landet er im Gefängnis und malt hinter Gittern weiter – über 400 Bilder entstehen in seiner kleinen Gefängniszelle. Eine Auswahl davon war letzten Herbst in einer grossen Ausstellung in Winterthur zu sehen. «Kulturplatz» holt die eindrücklichen Werke von Aleks Weber noch einmal ans Licht.
Die Abfälle der Konsumgesellschaft erzählen, wer wir wirklich sind. «Kulturplatz» zeigt, was der Kehricht über uns verrät, und wie aus Abfallstoffen, wie dem Staub des 3D-Druckers, aus dem Blut von geschlachteten Tieren, oder aus alten Stahlträgern neue Dinge, und gar Kunst entstehen können. «Kulturplatz» besucht den Künstler Lukas Hofkunst in seinem temporären Atelier in der alten Chemiefabrik in Uetikon am See ZH. Dort verwandelt er Bauabfälle und nicht mehr gebrauchte Stahlträger zu einer riesigen, begehbaren Skulptur. Lukas Hofkunst zeigt, wie aus ungenutzten Baustoffen wahrlich grosse Kunst werden kann. Der Abfall und wir Jede Person in der Schweiz produziert pro Tag 1.9 Kilogramm Abfall. Der Historiker Roman Köster beschreibt in seinem neuen Buch «Müll – Eine schmutzige Geschichte der Menschheit», was das, was weggeworfen wird, über die Gesellschaft erzählt. Es ist die Historie einer konsumwütigen Welt, deren Effizienz für immer grössere Müllberge sorgt. Was tun? Weniger kaufen, weniger wegwerfen und lernen, wie die täglichen Tonnen Abfall stärker als Ressource genutzt werden können. Der Abfall als Ressource Recycling könnte weit über das Wiederverwenden von Glas, Papier oder Metall hinausgehen. Im Gewerbemuseum Winterthur sind aktuell Objekte zu sehen, die aus dem hergestellt sind, was wir wegwerfen, oder was in der industriellen Produktion abfällt und nicht mehr gebraucht wird. Der Designer Fabio Hendry verwandelt den Staub des 3D-Druckers in kunstvolle Wohnobjekte. Die Designerin Leonor Kotoun trocknet und presst das Blut von geschlachteten Schweinen und stellt, zusammen mit der Künstlerin Vanessa Billy, Objekte aller Art her. Die Schau in Winterthur ZH macht klar, wir brauchen neue Ideen und vor allem eine neue Haltung, unserem Abfall gegenüber. Weg mit der Wegwerf-Architektur Das fordert Vittorio Magnago Lampugnani, der ehemalige ETH-Professor für Geschichte des Städtebaus. In seinem neuen Buch prangert er die Wegwerfmentalität im Bauen an, die fatale Übertragung des Konsumismus auf die Architektur. Er sagt, Häuser würden heute mit einem vorprogrammierten Wegwerfdatum erstellt. Architekt Lampugnani plädiert für einen traditionellen, nachhaltigen Städtebau, der mit Verstand und politischer Verantwortung vollzogen wird.
Was haben Sharon Stone und Ferdinand Hodler gemeinsam? Eine Passion für die Malerei. «Kulturplatz» besucht die Hollywood-Ikone in ihrem Atelier und nimmt mit der Gegenwartskunst den Mythos des Nationalmalers ins Visier. Nach der Leinwand ist vor der Künstlerkarriere. Silvester Stallone, Jonny Depp, David Lynch – sie alle haben nach ihren grossen Filmkarrieren zum Pinsel gegriffen, die neueste Zugabe ist die ehemalige «Femme Fatale» der 90er-Jahre Sharon Stone, bekannt aus ihrem Blockbuster «Basic Instinct». Nach einem Hirnschlag Anfang der 2000er-Jahre kam sie nur langsam wieder ins Leben zurück. Jetzt malt sie seit einigen Jahren und hat damit Erfolg. In der Ausstellung «Apropos Hodler» im Kunsthaus Zürich thematisieren zeitgenössische Künstler den Mythos Hodler. Denn wer kennt ihn nicht, den Nationalmaler, der vom Tell bis zum Holzfäller die grossen Ikonen der Schweizer Malerei geschaffen hat und gleichzeitig als Provokateur die grössten Skandale in der Kunst verursachte. Der Malerfürst ist bis heute Garant für hohe Besucherzahlen, jetzt will die Gegenwartskunst davon profitieren. Zu Lebzeiten galt er als eine etwas verrückte Randfigur, erst nach seinem Tod wurde Vincent van Gogh weltberühmt. Und das hat er vor allem einer Frau zu verdanken: Johanna van Gogh-Bonger. Sie war die Frau von van Goghs Bruder Theo. Nachdem sich nämlich Vincent mit der Pistole eine Kugel in den Bauch schoss und sein Kunsthändlerbruder kurz drauf an Syphilis starb, blieb sie als Witwe allein zurück mit Hunderten van Gogh-Gemälden. Wie hat es die Witwe geschafft, Vincent zum berühmtesten Künstlernamen des letzten Jahrhunderts zu machen?
Der kleine Ort Lichtensteig SG im Toggenburg kämpft seit langem mit einem gewaltigen Strukturwandel. Mit Erfolg. Eine grosse Rolle spielt dabei das 2019 gegründete «Rathaus für Kultur». Nicht zur Freude aller. «Kulturplatz» mit der Frage, was Kultur im ländlichen Raum bewirken kann. Lichtensteig SG – Quo vadis? In dem kleinen Städtli Lichtensteig SG lassen sich immer mehr junge Kulturschaffende nieder. Leerstehende Gebäude werden zu Ateliers und Gemeinschaftswohnraum umgewandelt. Der Wakkerpreis 2023 hat dem traditionsreichen Ort im Toggenburg viel Aufmerksamkeit verschafft. Doch wie geht es weiter? Kann allein die Kultur als Standortfaktor herhalten? Kunstschaffende und Politiker sind zuversichtlich. Doch in den Aufschwung mischt sich auch Skepsis. Die Frage, was Kultur kann und sein soll, stellt sich hier zwischen ländlicher Tradition und urbaner Experimentierfreude. Klangwelt Toggenburg Wie schafft man es, 23,3 Millionen aufzutreiben für ein klingendes Kultur-Zentrum weitab von allen Ballungszentren und Autobahnanschlüssen? Antworten darauf gibt die abenteuerliche Geschichte der Klangwelt Toggenburg. Sie zeigt, wie Kultur auf dem Land entstehen und auch bestehen kann. Beethoven im Engadin «Mit Beethoven ein Stadion füllen»: Das ist das Vorhaben des Exilbündner Dirigenten Urs Leonhardt Steiner. Nicht in einem etablierten urbanen Kulturzentrum, sondern weitab davon, in der Unterengadiner Gemeinde Scuol GR. Wo es weit und breit kein Berufsorchester gibt und auch keinen geeigneten Konzertsaal. Dafür aber eine kleine Truppe Kulturbegeisterter, die je nach Sichtweise waghalsig, mutig oder grössenwahnsinnig ist – und derzeit daran arbeitet, bodenständige Hochkultur in eine Eishockeyhalle zu bringen und ein einst nobles und zuletzt jahrelang geschlossenes Kurhotel wiederzubeleben. Ein Blick auf zwei Kulturinitiativen im Unterengadin: hemdsärmelig, ambitioniert und risikofreudig.
Noch nicht alt und nicht mehr jung. Oder «nicht mehr sexy und noch nicht senil». Mona Vetsch und Tom Gisler, für gewöhnlich SRF-Aushängeschilder, widmen sich in einer Bühnenshow ganz der Lebensphase multipler Anforderungen: Kinder, Eltern, Arbeit, Beziehung. Wie kommt man da nur unbeschadet raus? Diskussionen ums Abgeben des Führerscheins, der (möglichst rechtzeitige) Gang ins Altersheim oder Selbstüberschätzung der eigenen Fähigkeiten. Betagte Eltern halten einen oft ganz schön auf Trab. Das war wohl schon immer so. Hatte man früher das mittlere Alter erreicht, waren die eigenen Eltern aber meist schon gestorben. Die Gesellschaft wird jedoch immer älter, und so kann es sein, dass man selbst schon Enkelkinder hat, während die eigenen Eltern noch leben. Eine neue Situation, die Generationen davor nicht kannten, in der beide Seiten einen neuen Umgang miteinander erlernen müssen. Davon erzählen die Pflegefachfrau und Gerontopsychologin, Bettina Ugolini, und die Journalistin und Autorin Cornelia Kazis in ihrem Buch, «Alte Bande», das im Oktober erscheint. Es ist die sogenannte Rushhour des Lebens: Lebenspartner finden, Beziehung pflegen, Familie gründen, Karriere machen, fit bleiben, Hobbys behalten und Freundschaften bewahren. Im mittleren Alter ist viel los! Multistress eben! Davon berichten auch die Musikerin Jaël, die soeben ihr zweites Kind bekommen hat, der Theaterregisseur Marcel Schwald, der gemeinsam mit zwei Frauen drei Kinder grosszieht und die Schauspielerin Wanda Wylowa, deren Kinder gross sind und die damit wieder Kapazität für andere Dinge hat. In den Lebensjahren zwischen 35 und 60 gilt es, sehr viele Herausforderungen parallel zu meistern, mehr als in anderen Phasen. Stress, Erschöpfung und Krisen können die Folge sein. Aber auch höhere Zufriedenheit, denn erfolgreich im Beruf zu sein und Kinder zu begleiten, stiftet Sinn. Nur: Wäre es nicht besser, nicht alles miteinander machen zu müssen? Könnte man nicht die Karriere etwas nach hinten verschieben oder später nochmal eine Ausbildung machen? Oder doch früher Kinder bekommen? «Kulturplatz» blickt mit der Lebensspannenforscherin Alexandra M. Freund, Professorin für Entwicklungspsychologie an der Universität Zürich, auf eine herausfordernde Lebensphase. Dass sich vieles mit Humor besser bewältigen lässt, machen sich wiederum Mona Vetsch und Tom Gisler zunutze. Im Alltag stehen sie vor der SRF-Kamera und am SRF-Radiomikro. Bald bespielen die beiden die Bühnen der Schweiz mit ihrer Show «Im mittleren Alter». Bissig und selbstironisch ihr Umgang mit dem Thema. Doch wie erleben sie persönlich dieses verteufelte mittlere Alter? «Kulturplatz»-Moderatorin Eva Wannenmacher – selbst im besten mittleren Alter – will es wissen. Wiederholung vom 30.08.2023
Bestsellerautor Daniel Kehlmann stellt den Regisseur G.W. Pabst in den Dunstkreis der Nazis, was dessen Nachfahren erzürnt. Während dem Schauspielerin Sandra Hüller im neuen Holocaust-Film «Zone Of Interest» eine deutsche Idylle lebt, jenseits der Mauer des Horrors von Auschwitz. Fiktion unbegrenzt? Daniel Kehlmann schreibt Bestseller. Seine Methode ist immer dieselbe: Der Protagonist seiner Geschichte ist ein Mensch, der tatsächlich in der Vergangenheit lebte, der meist vielen Menschen bekannt ist. «Lichtspiel», das bereits im Herbst erschienene neueste Werk wirft weiterhin Wellen. Fiktion steht für Kehlmann über der Wahrheit, so dichtet er dem grossen Regisseur des deutschen Stummfilms, G.W. Pabst und dessen Sohn, Nazi-Sympathien an, was die Nachfahren in Österreich und der Schweiz erzürnt. Sie wehren sich dagegen, dass ihre Familiengeschichte «überschrieben» wird, und verlangen vom Verlag eine Erwähnung im Buch, dass es sich bei «Lichtspiel» in weiten Teilen um Fiktion handle. Wie kann, beziehungsweise darf man den Holocaust erzählen? Ist das Unfassbare darstellbar? Diese Fragen beschäftigen nicht zuletzt seit Spielbergs Drama «Schindlers Liste». Nun erhält die Holocaust-Darstellung im Film eine neue Dimension: «Zone Of Interest» heisst das zugleich faszinierende und verstörende Werk von Jonathan Glazer, das diese Woche in die Kinos kommt. Die Banalität des Schreckens, hier dargestellt durch den idyllischen Familienalltag der Familie des Lagerleiters Rudolph Höss, während der Horror und die Gräueltaten des nur durch eine Mauer getrennten Konzentrationslagers Auschwitz fast ausschliesslich auf der Tonspur zu hören sind. Nur sehr selten deuten nächtliche Aufnahmen von rauchenden Schornsteinen oder Infrarotaufnahmen einer Wiederstandkämpferin auch visuell auf den Völkermord hin. In der Hauptrolle glänzt einmal mehr Oscar-Anwärterin Sandra Hüller. Der Schweizer Dokumentarfilm «Die Anhörung» der Regisseurin Lisa Gerig stellt Befragungen im Asylwesen, die Essenz jedes Asylverfahrens, nach. Mit Menschen, die genau darüber Bescheid wissen, weil sie dabei waren. Entweder auf der Seite, die befragt, oder auf jener, die antwortet. Der Film zeigt hautnah, wie solche Anhörungen ablaufen – und was es für die Asylsuchenden heisst, wenn anhand von ihren Erzählungen über ihr Leben entschieden wird. Wer hat die besten Chancen auf Asyl? Sind es die, die ihre Lebensgeschichten am eindrücklichsten erzählen können? Der Film gewann kürzlich den Hauptpreis an den Solothurner Filmtagen.
Faszination Wildtier

Faszination Wildtier

2024-02-2128:20

Im Solothurner Jura soll der Wisent wiederangesiedelt werden. Das Urrind Europas hat hierzulande viele Freunde – und lässt bei anderen die Emotionen hochgehen. «Kulturplatz» widmet sich der Faszination Wildtier und geht unserem ambivalenten Verhältnis gegenüber Wolf, Bär und Co. auf den Grund. Unterwegs mit dem Wisent-Ranger Benjamin Brunner ist Biobauer und seit einem halben Jahr auch Wisent-Ranger. Seit der Freilassung der Urrinder auf seinem Landstück im Solothurner Jura macht er regelmässig Führungen mit interessierten Besucherinnen und Besuchern. Er beobachtet, ob sich die Tiere gut in das Ökosystem integrieren und ob die Idee des Vereins Wisent Thal, die Tiere in zehn Jahren ganz der freien Wildbahn zu überlassen, realistisch ist. Einige Bäuerinnen und Bauern in der Umgebung stehen dem kritisch gegenüber und gingen sogar bis vor Bundesgericht, das ihre Klage abgelehnt hat. Der Wisent: ein sanftes Urrind, das polarisiert. Wie der Wildbiologe Darius Weber auf den Wisent kam Seine erste Begegnung mit einem freilebenden Wisent hat Darius Weber Anfang der 1990er-Jahre in Polen. Der Wildbiologe ist im Wald von Bialowieza nahe der weissrussischen Grenze unterwegs, um Wölfe und Marderhunde zu beobachten und dokumentieren. Plötzlich sieht er in 70 Metern Entfernung einen Wisent-Bullen, der ihm zunächst gehörige Angst einjagt. Von diesem Tag an beginnt Weber, in Bialowieza nach Wisenten Ausschau zu halten. In ihm reift ein Gedanke: Frei lebende Wisente sollte es überall geben – auch in der Schweiz, wo sie früher ebenfalls heimisch waren. Eine Kulturgeschichte der Wildtiere in der Schweiz Der Mensch und die Wildtiere – Beziehungsstatus: seit je her kompliziert. Einerseits ist der Mensch fasziniert von ihrer Unzähmbarkeit, ihrer wilden Art. Andererseits hat er genau aus dem Grund Angst vor ihnen. Das ambivalente Verhältnis zum Wildtier findet seit Jahrhunderten Ausdruck in Liedern, Filmen, Kunst und sogar in der Religion. Das konnte aber nicht verhindern, dass zahlreiche Wildtiere auch in der Schweiz bis vor einigen Jahrzehnten beinahe ausgerottet waren. Doch seit einiger Zeit entsteht ein neues Bewusstsein für den Wert von Wildtieren für Mensch und Umwelt. Wiederholung vom 19.04.2023
Die Pisa-Studie hat gezeigt, die Lesekompetenz bei den Jungen schrumpft. Schuld ist auch das Smartphone. Andererseits boomen Lesungen und Literaturfestivals. Denn viele finden das Glück in Büchern und Geschichten. Doch wie vermittelt man das der Gen Z? Ein «Kulturplatz». Die Leseschwäche der Jungen hat auch mit dem Smartphone zu tun Pisa hat es wieder einmal gezeigt. Kurze Texte lesen und verstehen, das ist für 25 Prozent der jungen Menschen in der Schweiz heute schon unmöglich. Doch was steckt dahinter? Wie tief sitzt der Lesefrust? Hat das Smartphone das Buch längst ersetzt? Wie kann man Kinder und Jugendliche wieder für das begeistern, was für Generationen sinnstiftend war? Elke Heidenreich, selbst Autorin und Literaturkritikerin hat dazu eine klare Haltung. Und die Schriftstellerin Katja Alves findet, man müsse bereits bei den Kleinen ansetzen und geht mit ihren Geschichten seit langem in Primarschulen. Der Funke zwischen Jung und Alt zündet beim gemeinsamen Lesen Das Lesen beglückt, wissen alle, die es regelmässig tun und ohne ein gutes Buch auf dem Nachtisch nicht leben können. Noch schöner ist es, das Gelesene zu teilen. Das tun Lesezirkel schon seit Generationen. In Binningen BL gibt es aber eine besondere Gruppe. Hier lesen Ältere gemeinsam mit Teenagern. Lesestoff: ausschliesslich Jugendliteratur. «Kulturplatz» wollte wissen, was das gemeinsame Lesen mit ihnen macht, und durfte an einer Leserunde teilnehmen. Lesung macht glücklich Sich zuhause auf dem Sofa einigeln und in einem Buch versinken, das ist richtig schön. Aber sind Sie schon einmal richtig beseelt aus einer Lesung herausgekommen? Wir haben uns gefragt, wieso Lesungen auf so grossen Anklang stossen – und uns auf eine Spurensuche gewagt, vom kleinen Kreis ums Lagerfeuer bis in die ganz grossen Hallen. Schriftsteller, trotz Lese- und Schreibschwäche Ihm war das Leseglück kaum in die Wiege gelegt: Der Bieler Autor Sebastian Steffen wuchs mit einer schweren Legasthenie auf. Trotzdem liebte er Geschichten und kämpfte sich später, trotz grosser Leseschwäche durch seine Bücher. Und er schrieb eigene Texte. Songtexte mit denen er sich am Literaturinstitut in Biel BE bewarb, genommen wurde und abschloss. Jetzt ist sein drittes Buch auf Mundart («I wett, i chönnt Französisch») erschienen und er verrät Nina Mavis Brunner beim Besuch in Biel BE, wie er damit umgeht, wenn ihn das Lesen manchmal in die Verzweiflung stürzt.
Am 8. Februar beginnt die Luzerner Fasnacht mit dem Urknall. Dann hauen die Guggenmusiken wieder auf die Pauke und treiben mit lauter Musik die Wintergeister aus. Meist ist Krach in dieser unruhigen Welt aber verpönt. «Kulturplatz» über Fluch und Segen des Lärms. Lärm: Historisch und heutig Die Stadt Zürich ist schweizweit Spitzenreiter in Sachen Lärm. Fast ein Drittel der Bevölkerung ist einer zu hohen Lärmbelastung ausgesetzt. Grösster Lärmverursacher: der Verkehr. Die Grenzwerte werden permanent überschritten. Und doch gehen viel mehr Lärmklagen wegen Nachbarn und Menschen auf öffentlichen Plätzen oder in Bars ein. Was also als Lärm gilt und ab wann wir Geräusche als Lärm empfinden, hat eher mit dem eigenen psychischen Befinden als mit effektiven DB-Werten zu tun. Lärm: Welche Bedeutung er für Gehörlose hat Die Museumsführerin und Performerin Lua Leirner und der Sozialpädagoge Tom Helbling sind gehörlos. Im Museum Tinguely haben sie «Kulturplatz» verraten, was für sie Lärm bedeutet und welche Klänge und Geräusche sie mögen, obwohl sie für viele Hörende eine Zumutung sind. Techno: Lärm vs. Lebenselixier Für die einen ist Techno bloss lautes, monotones Gestampf, das die Gesundheit gefährdet, für andere sind die Beats ein Lebenselixier. Während die Zürcher Technokultur seit 2017 zum immateriellen Unesco-Kulturerbe gehört, hat diese Musik beispielsweise an der Luzerner Fasnacht nichts verloren. So will es das Fasnachtskomitee. Die beiden DJs Manon Maeder und Dasstudach sind sich einig: Techno ist berauschend, auch ohne Drogen. Die Dosis macht das Gift.
Vor 100 Jahren starb Franz Kafka und hinterliess unvollendete Romane und einige Erzählungen. Er gilt als literarischer Prophet, der die Katastrophe des 20. Jahrhunderts vorhersah. Kafka ist der meistgelesene Autor deutscher Sprache. Und fasziniert bis heute. Warum? Kafka im Heute Kafka starb vor 100 Jahren und ist dennoch der meistgelesene Autor deutscher Sprache. Warum nur? Auf TikTok wird Kafka wie ein Popstar verehrt. BookToker geben sich berührt von seinen zeitlosen Texten. Auch die schweizerisch-rumänische Schriftstellerin Dana Grigorcea lässt sich von Kafkas Texten durch ihr Leben begleiten und empfindet sie als tröstend in Zeiten wie diesen. Und auch die 4. Klasse einer Kantonsschule in Zürich findet, dass Kafkas Texte gesellschaftliche Missstände thematisieren, die erstaunlich aktuell sind. Kafka im Comic Der österreichische Comic-Zeicher Nicolas Mahler veröffentlicht bereits den zweiten Kafka-Comic. «Kafka Komplett» heisst das schmale Büchlein und ist weit von Vollständigkeit entfernt. Vielmehr gelingt es Mahler in reduzierten Pinselstrichen Frank Kafka treffend zu zeichnen: ein oft verzweifelter, zerbrechlicher und gleichzeitig präzis denkender Mensch. Der aber durchaus Humor hatte. Kafka in der Kunst Kafkas Themen haben den Schriftsteller überlebt: Verzweiflung, unheimliche und klaustrophobische Verhältnisse, Machtmissbrauch oder Scham. In der Münchner Villa Stuck greift eine grosse Kunstausstellung diese Themen auf und führt sie weiter ins Heute. Die Comic-Umsetzungen der Kafka-Romane von Robert Crumb sind hier genauso vertreten wie grossformatige Fotos über die Einsamkeit von Teresa Hubbard und Alexander Birchler oder ein raumgreifendes Spinnennetz aus Wollfäden der japanischen Künstlerin Chiharu Shiota, dass das Mysteriöse und Magische in Kafkas Werk einfängt. Kafka in der Musik Die Kafka Band aus Prag ist vielleicht die einzige Rockband, die Texte eines Weltliteraten in musikalischer Umsetzung auf die Bühne bringt. Schriftsteller Jaroslav Rudiš und Comiczeichner und Sänger Jaromir 99 inszenieren aktuell zusammen mit gestandenen tschechischen Musikern «Der Process». Nach «Das Schloss» und «Amerika» widmet sich die Kafka Band nun dem dritten Romanfragment Franz Kafkas. Und Sänger Jaroslav Rudiš sucht Kafka bei jedem Auftritt im Publikum, denn er würde noch so gerne das eine oder andere Glas Bier mit ihm trinken.
Die 59. Werkschau des Schweizer Films richtet ihren Fokus auf das helvetische Selbstverständnis. Auffällig viele Dokus und Dramen fragen: Was ist ein «echter Schweizer» bzw. eine «richtige Mutter»? Im kontroversen Eröffnungsfilm «Les Paradis de Diane» kann oder will die Titelfigur ihr Kind nach der Geburt nicht in die Arme schliessen. Sie flieht aus der Entbindungsstation und sucht ihr Heil jenseits unserer Landesgrenzen. Nino Gadient trifft Filmemacherin Carmen Jaquier und ihren Regiepartner Jan Gassmann zum Gespräch über die Dinge, die man von der Schweiz und ihrer Bevölkerung erwartet. «Les Paradis de Diane» ist aber nur einer von sieben Titeln, die sich Hoffnungen auf den Hauptpreis der Solothurner Filmtage machen durften. «Kulturplatz» verrät bereits kurz nach der Bekanntgabe, nicht nur welcher Film den begehrten «Prix de Soleure» gewonnen hat, sondern auch, was diesen so auszeichnet. Dokumentationen geniessen in Solothurn traditionell einen besonders hohen Stellenwert. Im Rennen um den Publikumspreis setzen sich gleich zwei Regisseure mit Grundfesten Schweizer Identität auseinander. Aldo Gugolz ergründet in «Omegäng» mit Sprachvirtuosen wie Pedro Lenz oder Franz Hohler, was die Mundart im Alltag und auf der Bühne mit den Menschen macht. Luka Popadić begleitet in «Echte Schweizer» dagegen Secondos, die sich in der Schweizer Armee hochgedient haben. Er will von Offizieren, die exotisch klingende Namen wie Thuchathanan, Dhif oder Stojković tragen, wissen: Würden sie auch gegen ihre Herkunftsländer in den Krieg ziehen? Wie sich die Schweiz und ihr Image im Laufe der Zeit verändert hat, lässt sich gut an der Entwicklung von Praesens-Film ablesen. Die Firma, die einst sogar Hollywood mit Heidi und Hellebarden begeisterte, feuert heuer ihr 100-Jahr-Jubiläum. Das ist weit mehr als nur grosses Kino: Ohne Praesens wäre die gesamte nationale Kulturgeschichte eine andere.
Am Kunstmarkt werden jährlich Milliarden umgesetzt. Wo so viel Geld ist, ist viel kriminelles Potenzial. Kunstverbrechen faszinieren: ob es der Raub aus der Bührle Kunstsammlung ist, oder die Bilder des sogenannten Meisterfälschers Wolfgang Beltracchi. «Kulturplatz» über True Crime in der Kunstwelt. Wolfgang Beltracchi narrte die Kunstwelt jahrzehntelang mit gefälschten Meisterwerken. Im Stil grosser Maler wie Matisse oder Max Ernst «erfand» er neue Werke, und schleuste sie für Millionenbeträge in den Kunstmarkt ein – bis er wegen der Verwendung eines falschen Pigments aufflog. 2011 wurde er wegen Betrugs verurteilt und sass eine mehrjährige Haftstrafe ab. Heute malt Beltracchi wieder, aber unter eigenem Namen. «Kulturplatz» besucht ihn in seinem Atelier im luzernischen Meggen und versucht herauszufinden, warum uns True Crime im Kunstmarkt so fasziniert. Das zeigen auch zwei Podcasts, die sich um wahre Kunstdelikte drehen und auf reges Interesse stossen. Bis zu 700'000 Aufrufe haben diese Formate. Der «Deutschlandfunk»-Podcast «Tatort Kunst» deckt auf, worüber die Kunstwelt lieber schweigt. Und auch «Kunstverbrechen» von «NDR Kultur» rollt Fälle auf, bei denen man kaum abschalten kann. Zu Recht, denn Verbrechen im Kunstmarkt-Sektor rangieren auf den vorderen Plätzen. Und bei einem Jahresumsatz (2022) von mehr als 67 Millionen wollen alle mitverdienen, auch die Delinquenten. Ganz anders lief es in der ehemaligen DDR, hier verhielt sich der Staat unredlich Er trickste die eigenen Bürgerinnen und Bürger aus: Denn wer in der DDR Kunst sammelte, musste damit rechnen, enteignet zu werden. Der Raub von Kunst und Antiquitäten durch die Staatssicherheit war gängige Praxis in einem Staat, der dringend Devisen brauchte, um weiter existieren zu können. Auch die Schweiz war eine Drehscheibe im Kunst- und Antiquitätenhandel der DDR. Einige Schweizer Kunsthändler haben mit DDR-Raubkunst Geld verdient. Die Geschäfte liefen meist über einen Stasi-Strohmann mit Waffen-SS-Vergangenheit. Der Bührle Kunstraub und seine Aufarbeitung Der Bührle Kunstraub ist der spektakulärste Kunstraub der Schweizer Geschichte. In einem kleinen Museum am Rande von Zürich wurden 2008 vier Gemälde gestohlen im Wert von 180 Millionen Franken. Wie die Zürcher Polizei mit verdeckten Ermittlern die hochkarätigen Gemälde zurückholte, gehört zu den Erfolgsgeschichten der Schweizer Kriminalgeschichte. Doch wie das genau gelang, war lange nicht klar. Der Autor Stefan Zucker hat den Fall 2023 nochmals aufgerollt und zusammen mit einem Filmteam ein Dokudrama gedreht. «Kulturplatz» wirft einen Blick hinter die Kulisse der Recherche.
Immersive Kunstausstellungen boomen. Statt in Museen Originale zu bestaunen, taucht das Publikum ein in einen digitalen Bilderrausch. Gemälde berühmter Kunstschaffender wie Vincent van Gogh, Gustav Klimt, Frida Kahlo oder Claude Monet werden durch Projektionen neu erlebbar. Kunst als Event. In der Ausstellung «Imagine Picasso» in der Zürcher Lichthalle Maag kann man in über 200 Werke Picassos eintauchen. Für die Besucherinnen ein berauschendes, geniales Spektakel, für den Produzenten von Immersive Art Ltd Darko Soolfrank ein zeitgemässes, perfekt «instagrammables» Kunsterlebnis, das alle Sinne anspricht. Der Kunsthistoriker Christian Saehrendt hingegen hält solche Ausstellungen nicht für Kunst, sondern für eine gehobene Art von Raumdekoration und für ein kunsthistorisch angehauchtes Entertainment: «Immersive Art vergleiche ich mit einem Stück Kuchen, das ist die Kunst, die absäuft unter zu viel Zuckerguss». «Kulturplatz» hat mit ihm die Picasso-Ausstellung besucht und sich beim Publikum umgehört. Anders in der Ausstellung «Immersion – Die Ursprünge» im Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne. Hier wird das Publikum gar Teil des Kunstwerks. Vierzehn immersive Kunstwerke, die in den 1960er-Jahren eigens für die Immersion konzipiert wurden, hat das Ausstellungsteam in Lausanne wieder aufgebaut. Baden im Federmeer oder in einer Styroporkügelchen-Mondlandschaft. Trampolinhüpfen mit Luftballons oder auch Probeliegen in rosa Polstern. Die Ausstellung in Lausanne VD ist ein grosser Publikumsmagnet und übertrifft diesbezüglich alle Erwartungen. Wenn es in der Schweiz eine Person gibt, der die Immersion auf den Leib geschrieben ist, dann ist es Sarah Kenderdine. Sie operiert vom EPFL in Lausanne aus und hat ein eigenes LAB, das sich vor allem mit dem Museum der Zukunft beschäftigt, sei es immersiv, augmented oder ganz virtuell. Sie ist momentan dabei, mehrere Projekte zu realisieren, unter anderem das Panorama der Schlacht von Murten in ein virtuelles Erlebnis umzuwandeln. Oder eine der ersten Weltausstellungen in Paris von 1867 durch stereoskopische Bilder wiederauferstehen zu lassen. Sie hat in früheren Werken auch die zerstörten Buddhas von Bamiyan rekonstruiert oder die Stätte von Palmyra in Syrien im Museum wiederauferstehen lassen. Auch hat sie die Montreux-Jazzfestival-Collection in eine erlebbare interaktive Anwendung umgewandelt. Eintauchen – oder vielmehr abtauchen – in die Kunst, das ist auch in Brüssel möglich. Brüssel gilt als Comic-Hauptstadt der Welt, so ist klar, dass es diese Ausstellung nur hier geben kann: Im Schwimmbad «Nemo 33» können Fans brandneue Comics unter Wasser anschauen. Kunst-Interessierte können mit Taucherbrille, Flossen und Sauerstoff-Flasche abtauchen.
Bibis Ochsentour

Bibis Ochsentour

2024-01-0330:19

Die Musikerin Bibi Vaplan hat sich vor ein paar Jahren in die Berge zurückgezogen mit dem Ziel, sich neu zu erfinden. Dann rettet sie zwei Rinder vor der Schlachtbank. Diese Tiere führen sie zurück zur Musik. Eine Geschichte, wie sie nur das Leben schreibt. Vor der Pandemie hat Bibi Vaplan genug von der schnelllebigen Musikwelt, die nur wenig einbringt. Sie überlegt sich ihren Beruf an den Nagel zu hängen und zieht nach Lumbrein ins Haus ihrer Grosseltern. In der Stille der Berge begegnet sie zwei jungen Stierkälbern, die für die Schlachtbank bestimmt sind. Bibi will das nicht akzeptieren und rettet die Tiere vor dem sicheren Tod. Mit wenig landwirtschaftlicher Erfahrung und viel Enthusiasmus zieht sie nicht nur zwei Ochsen gross, sondern findet zurück zur Musik.
Die fiktionale SRF-Serie «Davos 1917» rückt sie ins Zentrum: die Geheimdienstarbeit, Spionage. Im Ersten Weltkrieg ein Novum, ist die Schweiz bis heute ein beliebtes Parkett, während Spionageschichten das Publikum begeistern. «Kulturplatz» auf den Spuren des Grossmeisters John Le Carré in Bern. John Le Carré und seine Liebe zu Bern Er ist auch nach seinem Tod der unbestrittene Grossmeister des Spionagethrillers und war vor seiner Schriftstellerkarriere für den Britischen Geheimdienst tätig. Die frühen Erwachsenenjahre verbrachte John Le Carré in Bern, wohnte während des Germanistikstudiums in einer Mansarde. In Bern wurde er denn auch als Agent angeworben. Im Hotel Bellevue-Palace war er über Jahre Stammgast und schrieb dort oft an seinen realitätsnahen Spionagethrillern. Die präzisen Erinnerungen an seine «Mutterstadt», wie er sie nannte, zieren einige seiner Romane und zeugen von der tiefen Verbundenheit mit Bern. Die Schweiz – Ein Paradies für Spione Das neutrale Land umgeben von den kriegsführenden Nationen war im Ersten Weltkrieg ein Tummelplatz für ausländische Agenten. Doch wie realistisch ist das Bild, das die Spionageserie «Davos 1917» zeigt? Tatsächlich war das Land damals Bühne für einen veritablen Agentenkrieg. Die Spione nutzten die Schweiz, um von hier eine Vielzahl verdeckter Operationen zu organisieren. Sie beschatten sich gegenseitig, brachen in feindliche Konsulate ein und versuchten via Schweiz, die feindlichen Kriegsanstrengungen zu sabotieren. Spionage wird im mörderischen Ersten Weltkrieg zur neuen Waffe. Sind Frauen die besseren Spione? Denkt man an Spionage, ist man rasch in der Welt eines James Bond. Männlich und auf jedem Parkett stilsicher sind sie die Spione. Frauen gehen dabei oft vergessen, fliegen unter dem Radar, sind dadurch aber oft gar die besseren Spione. So etwa «Sonja», die «Superagentin», die für Moskau im Zweiten Weltkrieg Nazideutschland ausspionierte. Eine aktuelle Ausstellung im Imperial War Museum in London zeichnet ihre und weitere solcher spannenden Geschichten nach. «Slow Horses», die fabelhaften aussortierten Spione Es ist so eine Sache mit Spionage-Romanen. Sie müssen den schwierigen Balance-Akt zwischen Realismus und Abenteuerlichkeit meistern – und scheitern oft daran. Die «Slow Horses»-Reihe von Mick Herron ist eine grandiose Ausnahme. Im Zentrum stehen aussortierte MI5-Spione, die meist selbstverschuldet den offiziellen Agenten-Dienst quittieren mussten und nun ein Schattendasein fristen, irgendwo in einem Londoner Hinterhof mit Bergen von sinnlosen bürokratischen Arbeiten vor sich. Die genau richtige Dosis an britischem Sarkasmus und ein sensationelles Gespür für Storytelling und tragische Helden.
«Davos 1917» heisst die neue SRF-Serie, die unter anderem auf der Schatzalp spielt. Es geht um Krieg, Geheimdienst und starke Frauen. Davos GR war damals Treffpunkt der Bohème, und später eine Hochburg der Nazis. «Kulturplatz» wirft einen Blick auf die Geschichte des legendären Ortes. In der neuen TV-Serie «Davos 1917», die Mitte Dezember auf SRF startet, geht es um Krieg, Spionage und zwei starke Frauen, die sich aus ihren Rollenklischees befreien. Wichtigster Schauplatz ist der Luftkurort Davos GR, um den sich viele Geheimnisse ranken und der damals offenbar eine Spionage-Hochburg war. «Kulturplatz» wirft einen Blick hinter die Kulissen und zeigt auch, wie die berühmte Davoser Panoramastrasse um mehr als 100 Jahre zurück wieder hergestellt wird. Im Gespräch mit Eva Wannenmacher erläutert Drehbuchauor Adrian Illien, welche Tricks und Kniffe es braucht, damit aus einer guten Geschichte ein spannender Film wird. 1917 war aber auch das Jahr, in dem der deutsche Expressionist Ernst Ludwig Kirchner nach Davos GR kam und hier, auf der Staffelalp, Ruhe und ein neues Zuhause fand. Er war nicht der einzige Bohemien, den es in den Ort zog. Sherlock-Holmes-Erfinder Arthur Conan Doyle liebte den Ort. Genauso wie Thomas Mann, der seiner Frau Katia zur Seite stand, die hier oben ihre Tuberkulose ausheilen wollte. Das Ergebnis dieses Aufenthalts verarbeitet er dann in seinem berühmten «Zauberberg», der Geschichte eines jungen Mannes, der hier eine Zeitlang in einem Sanatorium lebt. Das Buch ist ein wichtiges Werk für die Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk. In ihrem neuesten Werk «Empusion» entwickelt sie eine Art feministischen Gegenentwurf zum Zauberberg. «Kulturplatz» hat die Schriftstellerin, die fast nie Fernsehinterviews gibt, in Zürich getroffen. Zu Gast ist der «Kulturplatz» diesmal auf der Schatzalp, oberhalb von Davos GR, die mit ihrer historischen Kulisse als Vorbild für den «Zauberberg» gilt, aber auch die Kulisse für die TV-Serie war.
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