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Lektüren mit Tieren
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Lektüren mit Tieren

Author: Hilal Sezgin

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In diesem Podcast geht es um Bücher, die Tiere, Tierrechte oder das Mensch-Tierverhältnis betreffen – manchmal, ohne es selbst zu beabsichtigen. Oft handelt es sich um Neuerscheinungen, ich ziehe aber auch einige „ältere“ Lieblingsbücher aus dem Regal. Viele Bücher haben einen philosophischen Zugang, dennoch können hoffentlich alle Interessierten von den Gedanken und Anregungen der Autor:innen profitieren.
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Für mich eins der spannendsten Bücher 2023: Miranda Fricker: Epistemische Ungerechtigkeit. Macht und die Ethik des Wissens. Aus dem Englischen von Antje Korsmeier. Mit einer Einführung von Christine Bratu und Aline Dammel. Verlag C.H.Beck, München 2023, 278 Seiten, 34 Euro. Dieses einflussreiche Buch der britischen Philosophin Miranda Fricker erschien im Original bereits 2007, wurde aber erstmals 2023 ins Deutsche übertragen - und ich finde, es hat überhaupt nichts an Bedeutung verloren, im Gegenteil. Es ist sehr hilfreich für die aktuellen Debatten um Rassismus und Sexismus und kann m.E. auch für die Tierrechtsidee fruchtbar gemacht werden, wenn man die von Fricker vorgeschlagenen Begriffe ein wenig weiterdenkt. Bild: Hartmut Kiewert
In dieser Folge stelle ich drei ganz unterschiedliche aktuelle Bücher vor, die dafür plädieren, der Natur verfassungsmäßig Rechte zu verleihen. Kann das funktionieren? Und falls ja: Inwiefern sind Tiere bei „Natur“ eigentlich mitgemeint? Tilo Wesche: Die Rechte der Natur. suhrkamp taschenbuch wissenschaft, Berlin 2023, 347 Seiten, 22 Euro. Elisabeth Weydt: Die Natur hat Recht. Wenn Tiere, Wälder und Flüsse vor Gericht ziehen – für ein radikales Umdenken im Miteinander von Mensch und Natur. Knesebeck Stories, München 2023, 271 Seiten, 20 Euro. Jens Kersten: Das ökologische Grundgesetz. Verlag C.H. Beck, München 2022, 241 Seiten, 34,95 Euro. Bild: Hartmut Kiewert
Diese Buchbesprechung ist etwas persönlicher als sonst, zum einen, weil das Buch persönliche Elemente enthält, zum anderen, weil ich - wie vermutlich viele von Euch - von den schwierigen politischen Umständen sehr "angefasst" bin. Worüber lohnt es sich derzeit nachzudenken - und "was dürfen wir hoffen"? Dazu ein Buch der französischen Philosophin und Tierrechtlerin Corine Pelluchon. Corine Pelluchon: Die Durchquerung des Unmöglichen. Hoffnung in Zeiten der Klimakatastrophe. Aus dem Französischen von Grit Fröhlich. Verlag C.H. Beck, München 2023, 153 Seiten, 22 Euro. Bild: Hartmut Kiewert
Immer wieder werden Tierethiker*innen nach der ethischen Bedeutung von Pflanzen gefragt (oder sie fragen es sich gleich selbst). Die französische Philosophin Florence Burgat legt nun eine dichte Beschreibung des pflanzlichen Lebens vor, das erklärt, was Tiere und Pflanzen gänzlich unterscheidet. Und das ist nicht etwa das Einzelmerkmal Empfindungsfähigkeit. Florence Burgat: Was ist eine Pflanze? Versuch über das pflanzliche Leben. Aus dem Französischen von Brita Pohl. Verlag Turia + Kant, Wien 2022, 187 Seiten, 24 Euro. Bild: Hartmut Kiewert
Zugegeben, es fiel mir etwas schwer, einen Titel für diese Folge zu machen, denn es geht um zwei recht unterschiedliche Bücher. Das eine befasst sich damit, was vermeintlicher, von Deutschland mitfinanzierter Artenschutz in Zentralafrika anrichtet; das andere mit indigenem Wissen (auch: TEK -traditional ecological knowledge) in Mittel- und Nordamerika. Der rote Faden sind Fragen, die ich schon in früheren Folgen angesprochen habe - wie lässt sich Naturschutz denken, ohne die "Art" auf Kosten von Individuen zu fetischisieren? Was richtet herkömmliches ökologisches Denken und Handeln vielleicht negativ an? Und wie sieht das derzeitige ökologische Schlamassel aus, wenn wir es einmal mit außereuropäischen Augen betrachten? Simone Schlindwein: Der grüne Krieg. Wie in Afrika die Natur auf Kosten der Menschen geschützt wird - und was der Westen damit zu tun hat. Ch.Links Verlag, Berlin 2023, 256 Seiten, 20. Euro. Jessica Hernandez: Fresh Banana Leaves. Healing Indigenous Landscapes Through Indigenous Science. North Atlantic Books, Berkeley 2022, 260 Seiten. Bild: Hartmut Kiewert
Am 8. Juni 2023 erschien eine gänzlich überarbeitete und auch mit neuem Titel versehene Ausgabe des Klassikers von 1975, dessen Einfluss auf Tierethik und Tierrechtsbewegung gar nicht zu überschätzen ist; ich vergleiche diese neue Version mit der von vor 48 (!) Jahren. Außerdem erwähne ich Peter Singer (Hrsg.): Verteidigt die Tiere. Überlegungen für eine neue Menschlichkeit. Übersetzt von Kurt Simon. Ullstein Sachbuch, Frankfurt am Main1988 (erstmals 1986 im Paul Neff Verlag, Wien – englisches Original: 1985) Peter Singer: Praktische Ethik. Aus dem Englischen übersetzt von Jean-Claude Wolff. Philipp Reclam junior, Stuttgart 1984 (englisch: 1979) sowie Ursula Wolf: Das Tier in der Moral. Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 1990. Es wird Bezug genommen auf die Podcastfolgen 12 Christine Korsgaard 17 Sunaura Taylor 23 Martha Nussbaum und, nur bei Youtube: 3 Clare Palmer (Stichwort: Wild Animal Ethics) Bild: Hartmut Kiewert
In dieser Folge schaue ich mir den Gewinner des Deutschen Sachbuchpreises 2023 an: Ewald Frie: Ein Hof und elf Geschwister. Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland. Verlag C.H.Beck, München 2023, 191 Seiten, 23 Euro. Außerdem wird kurz erwähnt: Veronika Settele: Deutsche Fleischarbeit. Geschichte der Massentierhaltung von den Anfängen bis heute. Verlag C.H.Beck, München 2022, 240 Seiten, 18 Euro. (Kleiner Nachtrag: Während der Preisverleihung sagte Frie laut NDR: "Der heutige Abend ist der zweite Teil eines Doppelsiegs, denn 'Wolke zwei', der erste Star der Kuh-Herde meines Vaters, gewinnt heute zum zweiten Mal." Coverbild: Hartmut Kiewert
In dieser Folge denke ich mal nicht über Sachbücher, sondern über Romane nach. Wie ergeht es Tieren in Romanen, beziehungsweise wie geht es tiersensitiven Menschen beim Lesen von Romanen? Mir hat es schon manche Lektüre vergällt, dass der Story allzu lässig ein Schaf, ein Hund oder ein Drache geopfert wurde... Coverbild: Hartmut Kiewert
Die einflussreiche amerikanische Philosophin Martha Nussbaum stellt in ihrem aktuellen Buch vor, wie der von ihr vorgeschlagene "Fähigkeitenansatz" die Rechte der Tiere moralisch begründet - in der Hoffnung, dass sie dann endlich auch politisch, in realen Verfassungen, verankert werden. Dabei legt sie viel Wert darauf zu zeigen, dass Tiere nicht sozusagen kleinere und unvollständige Versionen von Menschen sind, die immerhin "ein wenig" von dem können, was wir vermögen, und daher auch "ein wenig" beachtet werden müssen. Sondern Menschen und andere Tiere sind für sie gleichermaßen in die Welt geworfene Wesen, die verletzlich sind und handeln und nach dem streben, was für sie gut ist. Martha Nussbaum: Gerechtigkeit für Tiere. Unsere kollektive Verantwortung. Aus dem Englischen von Manfred Weltecke. wbg Theiss, Darmstadt 2023, 415 Seiten, 35 Euro. (Coverbild: Hartmut Kiewert)
Wieso machen Leute immer so ein Spektakel, wenn ein Fuchs oder Wildschwein diesseits der gelben Ortsschilder auftaucht? Wieso denken Menschen, ihre eigene Anwesenheit im Stadtgebiet sei selbstverständlich, die von Tauben oder Ratten aber nicht? In dieser Podcastfolge stelle ich Euch zwei Bücher zum Thema vor und skizziere im Anschluss einige eigenen tierethische Überlegungen. Insgesamt plädiere ich für viel mehr Rücksicht auf die nichtmenschlichen Bewohner:innen der Stadt. Die vorgestellten Bücher sind: Nigel Thrift: Killer Cities. SAGE Publications, London 2021, 251 Seiten. Johan Eklöf: Das Verschwinden der Nacht. Wie künstliches Licht die uralten Rhythmen unserer Umwelt zerstört. Aus dem Schwedischen von Ulrike Strerath-Bolz. Droemer Verlag, München 2022, 237 Seiten, 22 Euro. (Coverbild: Hartmut Kiewert)
So wichtig der Kampf gegen Klimawandel und ökologische Verwüstungen auch ist - der gängige Naturschutzdiskurs kann eine:n bisweilen ziemlich verzweifeln lassen. Denn fast immer geht es auch um Tiere als Hauptleidtragende, aber fast nie um tierliche Individuen, sondern um Arten, um "Populationen", um "Vorkommen" oder "Bestände". Für diesen Podcast habe ich mir drei Bücher angeschaut, die auf unterschiedliche Weise Informationen und Anregungen geben, wie es Tieren inmitten von Dürre, Erderwärmung, Landzerstörung und -zersiedlung ergeht. Chris D. Thomas: Inheritors of the Earth. How Nature is thriving in an Age of Extinction. Penguin Books 2017, 300 Seiten. Bernhard Kegel: Die Natur der Zukunft. Tier- und Pflanzenwelt in Zeiten des Klimawandels. Im DuMont Buchverlag als Hardcover 2021, als Taschenbuch 2022, 382 Seiten. (Tb 14 Euro.) Leonie Bossert: Gemeinsame Zukunft für Mensch und Tier. Tiere in der Nachhaltigen Entwicklung. Verlag Karl Alber, Freiburg 2022, 322 Seiten, 59 Euro. (Bild: Hartmut Kiewert)
In dieser Folge spreche ich über ein Buch des britischen Umweltschützers George Monbiot, der für eine (Rück)Verwilderung sowohl von Natur als auch von uns Menschen eintritt. Dieses Buch kann als ein Beispiel des seit einigen Jahren sehr beliebten Genres „Nature Writing“ angesehen werden, das ich hier sozusagen aus tierlicher Perspektive betrachte. Dabei spielt das Prinzip des Fressens und Gefressen-Werdens keine geringe Rolle, weswegen ich im Anschluss über ein Buch der Ökofeministin Val Plumwood vorstelle, die zu den wenigen Menschen zählte, die eine Krokodilattacke überlebte. Beide Autor:innen sehen uns Menschen als Teil der Natur, aber diese Einsicht speist sich bei beiden aus denkbar unterschiedlichen Erfahrungen, und sie ziehen recht unterschiedliche Konsequenzen. George Monbiot: Verwildert. Die Wiederherstellung unserer Ökosysteme und die Zukunft der Natur. Aus dem Englischen von Dirk Höfer. Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft mbH, Berlin 2021, 430 Seiten, 28 Euro. Val Plumwood: In ther Eye of the Crocodle. Edited by Lorraine Shannon. Australian National University E Press, Canberra 2021, 99 Seiten. (Bild: Hartmut Kiewert)
„Jedes Leben“ Zählt – Lebenshöfe in der Theorie Auf Lebenshöfen versuchen wir Tierrechtler:innen, Tieren unabhängig von ihrer Spezies und ihrer „Nützlichkeit“ für den Menschen einen Platz zum möglichst selbstbestimmten Leben zu bieten. Ich stelle Euch hier ein Buch des Kulturanthropologen Elan Abrell vor sowie einen Aufsatz der Philosoph:innen Sue Donaldson und Will Kymlicka vor, die den ethischen und politischen Zweck von Lebenshöfen diskutieren und dabei übliche Wertkonflikte thematisieren. Elan Abrell: Saving Animals. Multispecies Ecologies of Rescue and Care. University of Minnesota Press, Minneapolis 2021, 260 Seiten. Ca. 30 Euro. Sue Donaldson/Will Kymlicka: „Farmed Animal Sanctuaries: The Heart of the Movement? A Socio-Political Perspective“. Politics and Animals, Volume 1, FALL 2015, S. 50-74. (Lässt sich leicht downloaden.) (Bild: Hartmut Kiewert)
In nahezu allen Medien wird derzeit viel über Tierqual und Tierwohl berichtet, gelegentlich gar über Tierrechte - aber damit ist nicht unbedingt das gemeint, was die Tierrechtsbewegung im Sinn hat. Denn es ist zwar Dynamik in der Tier-Debatte, aber sie sucht sich zur Entlastung auch ungünstige Ventile. (Wandgemälde "Jana" von Helen Macfarlane 2009)
Der Tradition nach sind die meisten Weltreligionen wenig tier(rechts)freundlich, und gemeinhin wird (von Angehörigen dieser Religionen wie von anderen) angenommen, dies liege bereits in ihren heiligen Schriften begründet. Doch was wäre, wenn Generationen von Gläubigen einfach nicht sehen wollten, zu welcher Tierethik sie darin aufgerufen oder ermutigt werden? Wie zeigt sich Mitgeschöpflichkeit dem frischen, nicht-speziesistischen Blick? Mit ihrer Dissertation "Ethik des Mitseins" legt Asmaa El Maaroufi die erste deutschsprachige Monografie zu den "Grundlinien einer islamisch-theologischen Tierethik" vor. Erschienen im Verlag Karl Alber, Freiburg/München 2021, 236 Seiten, 49 Euro. (Bild: Hartmut Kiewert)
Wir Menschen sind körperliche Wesen - und andere Tiere sind es auch. Wir Menschen sind nicht alle gleich beweglich, stark, autark - und andere Tiere auch nicht. In diesem wundervollen Buch erkundet die Künstlerin Sunaura Taylor Gemeinsamkeiten zwischen dem Kampf gegen ableism und dem für Tierbefreiung sowie Möglichkeiten, die ein anderer Umgang mit Behinderungen eröffnet. Sunaura Taylor: Beasts of Burden. Animal and Disability Liberation. The New Press, New York/London 2017, 261 Seiten. (Bild: Hartmut Kiewert)
Die Kritik am Anthropozentrismus ist ganz gut bekannt (wenn sie auch selten beherzigt wird) - aber was, wenn wir noch einen Schritt weitergehen und die Bevorzugung des "Geistes" gegenüber der "Materie" in Frage stellten? Wie stellen sich uns Menschen, Tiere und Ökosysteme dar, wenn wir uns die Welt so denken, dass schlechthin jede Materie belebt ist? Jane Bennett: Lebhafte Materie. Eine politische Ökologie der Dinge. Aus dem amerikanischen Englisch von Max Henniger. Verlag Matthes& Seitz Berlin, Berlin 2020, 271 Seiten, 28 Euro. (Bild: Hartmut Kiewert)
Wieso werden seit Jahrzehnten tierethische Grundsatzdiskussionen geführt, aber gesellschaftlich ändert sich wenig? Vielleicht sollten wir etwas pragmatischer vorgehen, meint die Philosophin Mara-Daria Cojocaru, und uns an einem Minimalkonsens orientieren - der dennoch ethisch weitreichende Folgen hat. Mara-Daria Cojocaru: "Menschen und andere Tiere. Plädoyer für eine leidenschaftliche Ethik." wbg academic, Darmstadt 2021, 256 Seiten, 28 Euro. Bild: Hartmut Kiewert
Tiere sind keine Sachen, auch vor dem Gesetz nicht – aber (bisher) gelten sie auch nicht als Personen. Ist die Kategorie „Person“ die richtige, um mehr Rechte für Tiere einzufordern? Nein, meint die US-amerikanische Rechtswissenschaftlerin Karen Bradshaw: Das bisherige Eigentumsrecht könne auch auf Tiere ausgedehnt werden, so dass Tiere z.B. Eigentümer ihres Habitats werden können. Nein, meint auch die kanadische Rechtswissenschaftlerin Maneesha Decka, aber aus ganz anderen Gründen: Der Personenbegriff sei grundlegend anthropozentrisch, dieser Ballast lasse sich nicht loswerden. Decka schlägt stattdessen den Begriff „beingness“ vor. Karen Bradshaw: Wildlife as Property Owners. A New Conception of Animal Rights. The University of Chicago Press, Chicago/London 2020, 203 Seiten. und Maneesha Decka: Animals as Legal Beings. Contesting Anthropocentric Legal Orders. University of Toronto Press, Toronto/Buffalo/London 2021, 335 Seiten. (Bild: Hartmut Kiewert)
Was wäre, wenn Ethik gar nicht vorrangig ein menschliches Vorhaben wäre, das über den Verstand und kluge Überlegungen existiert, sondern eher eine Art biosoziales Miteinander, hauptsächlich emotional und körperlich? Diesen, zunächst ungewöhnlich wirkenden, aber auch sehr anregenden Vorschlag macht die amerikanische Philosophin Cynthia Willett, deren Buch Interspecies Ethics ich hier vorstelle. (Bild: Hartmut Kiewert)
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