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Ruhrtal - Biografische Geschichten aus dem Pflegeheim
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„Where is my husband“ von Raye hört sie momentan gerne; gerade eben ist sie 20 geworden. Sie erzählt, warum es ganz gut war die ersten 11 Jahre lang in einem Ort mit etwa 100 Einwohnern bei Waldbröl groß zu werden; was ihr danach in Mühlheim an der Ruhr (nicht) gefallen hat und was man dort (nicht) machen kann; von Pad Kra Pao und Massaman; vor allem aber berichtet sie eindrucksvoll, warum sie die Ausbildung zur Pflegefachfrau macht.
Im März 1939 wird der Gast dieser Folge in Oberschlesien geboren; wenige Monate später überfallen die Deutschen Polen, sein Vater „durch und durch deutsch“ muss nach dem Krieg erst mal untertauchen; der Sohn muss polnisch lernen, als Kind mit der Feindlichkeit vieler Polen klar kommen – mit einem Kumpel wird er Elektrosteiger, arbeitet im Kohlebergbau, wo er seinen mittlerweile wieder gemeldeten Vater kurz wiedertrifft – aber „das war kein Verhältnis“. Seine Frau gefällt ihm früh, sie wohnt einige Straßen weiter, ist mit dem drei Jahre jüngeren Bruder in einer Schulstufe; der ist strebsamer, studiert neben der Arbeit, wird Direktor. Ende der 80er verlassen seine beiden Kinder Polen; kurze Zeit später folgt er, mittlerweile als Bergmann früh berentet, mit seiner Frau; er arbeitet in Essen noch einige Jahre für eine bekannte Security- Firma; nutzt die Reisefreiheit: Inseln, Sonne und Meer. Er erzählt von seinen Hobbys, dem Fallschirmspringen, der Musik und der schwarz-weiß Fotografie; aber auch vom Sterben seines gerade mal 57 Jahre alten Sohnes.
Der Gast dieser Folge wird am 31.10.25 82 Jahre alt. Er berichtet von seinem Leben auf einem Wohnbereich für Menschen mit Demenz; von Nöten und Selbstzweifeln die Erkrankung seiner Frau betreffend; aber dann auch von seinen jungen Jahren: mit 20 war er selbständig, mit seinem Onkel betrieb er eine metallverarbeitende Firma, die 6 Mitarbeiter hatte, aber Aufträge von großen Verlagshäusern in Deutschland und den Niederlanden ausgeführt hat. (Für die Juristen: die Klemmbügel für die Loseblattausgaben des C.H.Beck Verlages wurden von seinem Betrieb produziert.) Viele Autos, weite Wege, oft in die damalige DDR; und dann: wie wird ein solcher Betrieb aufgelöst? Erzählt wird aber auch von seinen Hobbys: Kino, Tanzen, Bowling; von seinen Beziehungen, seiner Frau, seinem Stiefsohn, und den eigenen gesundheitlichen Problemen.
Aus dem postkommunistischen Polen, und zwar aus Katowice kommt sein Vater nach Hamm, und kommt der Rest der Familie dann mit, über Mühlheim nach Duisburg. Die Eltern des 1987 geborenen Kollegen, der in dieser Folge zu Gast ist, waren einfallsreich dabei, ihn zum Erlernen der deutschen Sprache anzuregen, sie förderten sein Talent für das Schachspiel, meldeten ihn beim SV Mühlheim Nord an, er war erfolgreich bis hin zur Jugendbundesliga und zu Europameisterschaften – die Eltern waren aber auch so nett, die Lehrer darum zu bitten, ihm Extra Hausaufgaben zu geben. Beruflich hat er einiges ausprobiert… dann heuert er als Pflegehelfer an…
15 Jahre alt war sie 1945; sie berichtet von den drei Jahren davor, die sie in der Nähe von Fulda auf einem Bauernhof verbrachte; ansonsten hat sie immer in Essen gelebt; mit ihrem Mann, dem Sohn einer Schneiderin aus der Nachbarschaft, ist sie viel gewandert, war auch auf der Zugspitze; er war Bauschlosser, in einer Firma, die es schon lange nicht mehr gibt; sie war Verkäuferin, ihre Stärke die Gesprächsführung; ein Talent, das in Kaufhäusern kaum noch gebraucht wird – alles ist anders geworden, stellt sie fest, aber man muss es nehmen, wie es kommt. Freude bereiten ihr, der Sohn und die vielen Enkel, und sie ist dankbar für jeden Tag, den sie erleben darf.
Meine Kollegin erzählt von ihrem ersten Mann, den sie mit 13 kennen lernte, ihren beiden Söhnen, ihrer großen Liebe, einem Profifußballer, dessen Name interessierten Bewohnern und Angehörigen, ein Lächeln ins Gesicht zaubern und einem bestimmten BVB-Fan sogar Entzückensschreie entlocken kann; vor allem aber schildert sie eine frühe Begegnung mit der Pflege, und wie sie dann Jahre später wieder zur Pflege fand, warum sie die Ausbildung zur Fachassistentin in Angriff nahm, warum sie demnächst der stationären Altenpflege den Rücken zuwendet und wohin ihr weiterer Weg erst mal führen wird. Von einem sehr großen Zelt ist auch noch die Rede.
Ihr Vater, ein lustiger Mensch und Musikliebhaber, fällt in Stalingrad; ihre Mutter begibt sich von Danzig aus mit drei Kindern auf die Flucht. Meine Gästin erlebt in einem Güterwaggon, wie ein ihr unbekannter Mitflüchtling direkt neben ihr verstirbt; Fluchterfahrungen, die sie beeinflussten, später beruflich alten und kranken Menschen zu helfen. Sie berichtet von der Zeit in Lingen, auf einem Bauernhof, vor allem die Mutter musste schwer arbeiten, den kleinen Bruder versuchten die Schwestern zu erziehen, aber meine Gesprächspartnerin spricht von einer schönen Zeit: Tanzen lernt sie auf dem Bauernhof mit anderen Jugendlichen; ihren Mann lernt sie beim Tanzen kennen; Musik und Tanzen, das sei ihr Ein und Alles – ihr Mann ist da zurückhaltender, lässt ihr aber den Freiraum; sie berichtet Erlebnisse, die mit ihrer Freude am Singen zusammenhängen; von ihrem Beruf als staatlich geprüfte Krankenschwester; vom Autofahren, das sie vermisst, von Urlauben, ihren Kindern; davon wie sie eine Zeit lang als alleinerziehende Mutter in den frühen 60ern klar kam. Sie erzählt von den vielen Menschen in ihrem Umfeld, die bereits verstorben sind.
1944 geboren, die ersten Jahre verbrachte er in Oberrosphe in Hessen; nur den dortigen Dialekt beherrschte er, als er in Essen eingeschult wurde. Daran lag es aber nicht, dass die schulischen Leistungen durchwachsen waren und erst besser wurden, als es auf die Berufswahl zuging. Am Ende war er Elektrosteiger im Kohlebergbau: er beschreibt das Tätigkeitsfeld, Pumpen reparieren mit Tauchgängen etwa, das Umfeld, das Arbeitsklima, berichtet vom letzten Tag auf der Zeche Nordstern, von seiner letzten Fahrt im Förderkorb, aber auch von der schönen Zeit danach mit seiner Frau, und nach deren Tod, zu der Zeit wieder in Hessen, mit seiner Kindheitsfreundin. Er schildert das familiäre Miteinander, Tochter und Schwiegersohn sind beim Gespräch übrigens dabei, und er reflektiert seine aktuelle Lebenssituation.
Der Gast dieser Folge wurde 1933 geboren, den Krieg habe er auch als abgebrühtes Kind erlebt, das Blindgänger gezündet hat; in der Nachkriegszeit muss er miterleben, wie sein Vater früh an Staublunge verstirbt. Der Tischler, der den Sarg zimmert, stellt ihn als Lehrling ein. Glück, Neugier und Arbeitsbereitschaft begleiten ihn auf seinem Weg über die Gesellenprüfung zum Meisterbrief, er sammelt Erfahrungen im Treppen- und Messebau. In der Zusammenarbeit mit einem Architekten ist er beruflich in der Welt unterwegs, in Ostafrika, wo einmal Elefanten durch sein Zelt Camp wandern und in China, dort erwandert er einen Teil der Seidenstraße und lernt perfekt mit Stäbchen zu essen; beruflich kehrt er als Prokurist der Messe nach Essen zurück; privat hatte er hier mit einem großen Grundstück und vor allem mit seiner Familie immer schon den nötigen Rückhalt.
1999 geboren; der Gast dieser Folge ist mal einer, dem man die Lage der Region, in der ich aufgewachsen bin, nämlich die des Siegerlandes, nicht erklären muss; er beschreibt, was Freundschaft für ihn bedeutet, er ist einer aus dem letzten Jahrgang der „reinen“ Altenpfleger; hat nach der Ausbildung aber zunächst 3 Jahre in der Krankenpflege gearbeitet, schildert Unterschiede, stressige Momente und warum er mittlerweile wieder in einem Altenpflegeheim arbeitet.
Sie berichtet, wie es war als evangelisches Mädchen im erzkatholischen Rheinland aufzuwachsen, von Hunger, einem gemeinen Bankdirektor und sie erzählt wie sie um die 1960er herum Krankenpflegerin wurde, einer Schwesternschaft beitrat, um dann, wegen der Heirat den Beruf aufgeben zu müssen; nach der Scheidung mit 3 Kindern, Wiedereinstieg, Fortbildungen, Leitungsaufgaben, unter anderem in einer Altenpflegeschule, Aufbau einer ambulanten Pflege. Der zweite Mann begegnete ihr mit Respekt, zeigte ihr seine Heimat, das Baltikum. Hören könnt ihr über die Widerstandsfähigkeit der Balten, das rollende R, die Daugava, das Kunst sammeln. Aber auch über das Sterben ihres zweiten Mannes.
Geboren 1976 in Velbert als erstes Kind eines Paares, das aus Marokko eingewandert ist; mit 5 Geschwistern groß geworden, hat sie ihre Mutter auf einige Elternsprechtage begleitet. Sie berichtet wie sie über den Umweg der Ausbildung zur Friseurin zur Altenpflege kam, über ihre religiöse Entwicklung; von einem schäbigen Arbeitgeber und warum sie trotzdem lange dort blieb, vor allem aber wird das Engagement deutlich, mit dem sie ihrem Beruf nachgeht.
1910 wurde der Hof, auf dem der Gast dieser Folge bis vor kurzem Bauer war, von seinem Großvater erworben; wie ist es als Kind an einem solchen Ort groß zu werden, wie wird man Bauer und wie ist es einer zu sein. Wir sprechen über Veränderungen in der Landwirtschaft; über Möglichkeiten sich auf einem Hof Hilfe im Alter zu holen, wenn man keine Kinder hat und wie geht ein Bauer in Rente? Ein bisschen Sprichwort Forschung wird auch noch betrieben.
Diesmal eine Gesprächsrunde: wir sprechen über die Oper, Aida, eine Hilsdorf Inszenierung von 1989, das Aalto Theater in Essen; darüber, wie eine Wideraufnahme bewerkstelligt wird; eine Frau, die als Statistin bei der Premiere dabei war erzählt, ebenso über Aida in Essen, wie ein Sänger, der heute 36 Jahre später Mitglied des Chores ist; und ein vielgereister Opern Fan berichtet auch von anderen Bühnen der Welt, vor allem aus Verona.
Sie war 10, als ihre Mutter verstarb; der Vater, letztlich erfolglos in dem Bemühen das frische Busunternehmen ans Laufen zu bringen, fand eine neue Frau, seine Kinder hatten den Namen „Madame“ für sie, sie wurden für den Betrieb eingespannt und mussten sich strikt an viele Regeln halten. Sie müsse aus dem Hexenkessel raus, meinte ihr späterer Mann, als Reiseverkaufsfrau kam sie dann viel herum, was er tolerierte. Sie erzählt von ihrem Sohn, dem Schreiben von Gedichten und den Schwierigkeiten sich in neuer Umgebung einzuleben.
Sie wurden beide 1941 geboren, haben mit 18 geheiratet, sind vom Lebensmittelpunkt her nie, sonst aber schon sehr weit weg von hier gekommen: Myanmar, Namibia und die Galapagosinseln waren Reiseziele; aber auch ein Hof im Württembergischen, wohin sie im Krieg evakuiert war und zu dessen Bewohner*innen die Beziehungen über die Generationen hinweg nicht abgebrochen sind. Konzertbesucher waren sie auch: Dixieland, Chris Barber und Udo Jürgens heben sie hervor.
Die Gästin dieser Ausgabe war schon in Folge 49, in „immer gerne zugehört“ dabei. Über ihre Tätigkeit in der Jugendhilfe der Stadt Essen berichtet sie in diesem ergänzenden Gespräch.
1944 in Schlesien geboren, lebte er in Essen und Umgebung, in Velbert fand er mit 37 die beste Arbeitsstelle; im Judo brachte er es zum braunen Gürtel, sportliche Interessen führten auch immer wieder zu neuen Urlaubsorten; als leidenschaftlicher Schrauber schuf er ein einzigartiges Harley Davidson Fahrrad. Es ist aber auch von der zunehmenden Pflegebedürftigkeit in den letzten Jahren und von den Gefühlen die Rede, die der Umzug ins Heim hervorruft.
Ihr Vater hat als Hausmeister im Krankenhaus gearbeitet; da hatte sie mit ihren zwei Brüdern immer eine Anlaufstelle; der christliche Glaube und gemeinschaftliches Tun sind ihr wichtig. Während viele Erinnerungen verblasst sind, kann sie ihre aktuelle Situation klar beschreiben.
Zwei Schwestern im Gespräch; die dritte ist vor einigen Jahren verstorben; ihre Mutter hat sie durch die schweren Jahre gebracht, Krieg, von dem sie nichts mitbekommen haben, der Tod des Vaters und die Nachkriegszeit: es sei eine schöne Kindheit gewesen, sagt die erzählfreudigere der beiden; und ins Schwärmen gerät sie, wenn es um Musik und vor allem um das Tanzen geht.








