Für den Autor Andreas Eschbach sind Menschen ohne Technologie gar nicht denkbar. Allerdings wird die Freiheit des Individuums durch Technologie sowohl ermöglicht wie auch bedroht, was er in seinen Erzählungen in unterschiedlichen Genres aufgreift und aufbereitet. Was wir heute zu „Bewusster KI“ diskutieren, ist in seinem Metier ein Grundmotiv mit langer Tradition. Er kann erzählen, wie mediale Vermittlung Computer und Roboter schon immer vermenschlicht hat, und weiß aus eigener Erfahrung, dass Programmcodes stets auch etwas über diejenigen spiegeln, die sie geschrieben haben.
Der Theologe Prof. Dr. Joachim Weinhardt, PH Karlsruhe, ordnet Fragen zu Künstlicher Intelligenz und Bewusstsein auch in naturwissenschaftliche und in ethische Kontexte ein. Aus biblischer Perspektive sei es nicht vorgesehen, dass der Mensch andere Geschöpfe erschafft. Grundsätzlich hält er es aber für möglich, dass Bewusstsein auch auf anderen materiellen Voraussetzungen basieren könnte als bei uns Menschen. Wie aber könnte man garantieren, dass ein künstlich geschaffenes Bewusstsein kein unglückliches Bewusstsein würde? Perspektivisch sollte man bereits Vorstufen von Entwicklungen verhindern, die möglicherweise in einem Take-Off enden könnten.
Die Philosophin Dr. Janina Loh an der Universität Wien untersucht inklusive Denkansätze, an deren Ende es nicht mehr so wichtig ist, ob sich jemand als Mensch oder als Maschine bezeichnet. Die Autorin des suhrkamp-Buchs „Roboterethik“ geht emotionalen Bindungen zwischen Mensch und Roboter in unterschiedlichsten Anwendungsfeldern auf die Spur, und möglichen Verhältnissen, die zueinander entstehen können. Als kritische Posthumanistin regt sie an, auch bei der Herstellung von Robotern auf Diversität zu achten und vielfältige Roboter herzustellen.
Für den Robotiker Prof. Dr. Antonio Chella, Leiter des Robotic Labs und des Forschungszentrums für Wissenstechnologien an der Universität von Palermo, geht Bewusstsein deutlich über das Gehirn hinaus. Für den Herausgeber des Journal of Artificial Intelligence and Consciousness kann nur eine empathische Maschine auch eine ethische Maschine sein. Deshalb sei es erstrebenswert, Maschinen mit Gefühlen zu bauen, und aus deren Verhalten schließlich auch mehr über unser eigenes phänomenales Bewusstsein erfahren zu können. Viele KI-Leute haben seiner Beobachtung nach kein Interesse an philosophischen Debatten, weswegen er versucht, praktische Brücken zwischen den Disziplinen zu bauen und interdisziplinäre Diskurse zu unterstützen.
Für den Neuwissenschaftler Prof. Dr. Christoph Koch, Chefwissenschaftler am Allen Institute für Gehirnforschung in Seattle, gibt es eine sehr enge Verbindung zwischen Gehirn und Bewusstsein. Er hält es nicht für möglich, die Strukturen des menschlichen Gehirns digital zu simulieren, wohl aber, dass man es irgendwann aus technischen Materialien wird nachbauen können. Bewusstsein sind für ihn jegliche Erfahrungen, Gefühle und Empfindungen, die letztlich immer mit dem Gehirn zu tun haben. So lieben wir auch nicht mit dem Herzen, sondern in Wirklichkeit mit dem Kopf.
Für die Juristin Prof. Dr. Dr. Frauke Rostalski, Universität Köln und Mitglied des Deutschen Ethikrats, kann man KI-Robotern weder Schuld noch Verantwortung zuschreiben – zumindest nicht nach den heutigen Maßstäben und technischen Realisierungen. KI-Systeme können nur Teile unseres Denkens abbilden, und umgekehrt funktioniert der Mensch nicht nach Algorithmen. Allerdings wissen wir nicht, was noch kommt, und sollten verschiedene Zukünfte rechtzeitig vorausdenken. Zukünftige Gesellschaften etwa mit e-Personen sind schon heute debattierte Szenarien.
Für den Philosophen Prof. Dr. Thomas Metzinger von der Universität Mainz ist es keineswegs ausgeschlossen, dass Künstliche Intelligenz irgendwann Bewusstsein haben könnte. Schon jetzt sollten wir uns Gedanken über unsere Verantwortung und zur Ethik machen, etwa in Form einer globalen Charta mit KI-Regeln, die auch das Bewusstseinsthema umfassen. KI-Systeme lernen viel über uns Menschen lernen, müssen aber nicht immer an das Gemeinwohl gekoppelt sein. Es hängt von uns ab, unsere Digitale Souveränität wiederzuerlangen.
Für den Technikhistoriker Christian Vater, der in Heidelberg und Karlsruhe forscht, hat Forschung zu KI archäologische Qualitäten. Er gräbt Fundstücken aus, die unser heutiges Verständnis von KI prägen, auch wenn sie zu ihrer Zeit anders gemeint waren. Er erklärt, aus welchem Blickwinkel heraus man das menschliche Bewusstsein als eine „Turing-Zwiebel“ mit leerem Kern auffassen konnte, und welche Rolle Forscherinnen in den frühen KI-Zeiten hatten.
Prof. Dr.-Ing Ralf Otte, Technische Hochschule Ulm, forscht und entwickelt seit Jahrzehnten zu KI und Algorithmen rund um das Gehirn. Für den Experten für neuromorphe Systeme ist der Geist nicht algorithmisch beschreibbar. Auch wenn KI mitunter unterstellt wird, dass sie „denken“ könne, sind heutige KI-Systeme hochgradig trivial – und enthalten noch lange keinen Geist.
Dr. Andreas Bischof, Universität Chemnitz, denkt Technik- und Sozialwissenschaften gemeinsam. Er erklärt, wie das feine Zusammenspiel zwischen Mensch und Technik abläuft und wie wechselseitiges "Verstehen" möglich werden kann.
Bewusstsein im Computer ist eine Simulation, sagt Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs, Inhaber der Karl-Jaspers-Professur für Philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Heidelberg, in der ersten Folge unseres Podcasts Selbstbewusste KI. Sein aktuelles Buch “Verteidigung des Menschen“ ist kürzlich bei suhrkamp erschienen. Fragensteller in dieser Folge: Murad Futehally, Mumbai/Ettlingen. Redaktion: Tobias Windmüller Aufnahmeleitung und Produktion: Konstantin Kleefoot
Kann künstliche Intelligenz ein Bewusstsein entwickeln? 12 Expertengespräche, geführt von Karsten Wendland im Rahmen des Forschungsprojektes "Abklärung des Verdachts aufsteigenden Bewusstseins in der künstlichen Intelligenz (KI-Bewusstsein)". [BMBF-Förderkennzeichen 2016ITA202]