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SWR Kultur lesenswert - Literatur
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SWR Kultur lesenswert - Literatur

Author: SWR

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Tezer Özlü, die 1986 starb, schrieb ihren Roman auf Deutsch, veröffentlichte ihn aber nur in eigener Übersetzung auf Türkisch. Nun ist erstmals die Originalversion zu lesen: Eine Prosa, die die Welt nicht beschreibt, sondern durchlebt.
Sommer 2023. Ein Krieg ist im Gange. Die Schriftstellerin M. ist im westeuropäischen Exil und wird zu einem Literaturfestival nach Dänemark eingeladen. Doch sie strandet – und nutzt die Gelegenheit, um zu verschwinden. Eine trickreiche, doppelbödige Prosa.
Davis ist ein Star der Short Story. Ihre Texte sind streng durchgearbeitet, formbewusst und radikal reduziert. 147 Stories komprimiert sie auf 300 Seiten. Ihr Blick für die Paradoxien des Alltags und auch für deren Komik ist frappierend.
Es beginnt mit einer ungewöhnlichen Dreier-WG: Zwei Seniorinnen und ein autistischer Jugendlicher. Dann ereignet sich ein Unfall, der mehr als das gewesen sein könnte, und der Blick wird frei auf ein düsteres Mutter-Tochter-Verhältnis.
Kitsch oder nicht? Cornelia Geißler, Gregor Dotzauer und Klaus Nüchtern diskutierten vier auf der SWR Bestenliste im Dezember verzeichneten Werke im barocken Schießhaus in Heilbronn. Vor allem das erstplatzierte Prosawerk von Tezer Özlü gab Anlass für grundlegende Diskussionen. Die Anfang der 1980er Jahre geschriebene und jetzt wiederentdeckte „Suche auf den Spuren eines Selbstmordes“ führte zur Frage, ob der Text unter Kitsch zu subsumieren sei. Vor allem der aus Wien angereiste Literaturkritiker des Wiener Magazins Falter Klaus Nüchtern mokierte sich über Sachfehler und missglückte Formulierungen der „pathetischen und egozentrischen Prosa“. Gregor Dotzauer, Literaturredakteur des Tagesspiegel, verteidigte den hohen Ton und die existentielle Dringlichkeit der Prosa. Cornelia Geißler, Literaturredakteurin der Berliner Zeitung, erinnert an den biografischen Hintergrund des Buchs, an die Gewalterfahrungen und Todessehnsucht der Autorin, denen beglückende Lektüren und nahezu therapeutische Sex-Szenen gegenübergestellt werden. Die 1943 in Anatolien geborene Übersetzerin und Schriftstellerin Tezer Özlü gehörte in den 1980er Jahren zu den wichtigsten Vertreterinnen junger Literatur in der Türkei. Obwohl sie auch in Deutschland gelebt hat, ist sie hierzulande weitgehend unbekannt geblieben. Özlüs „Suche nach den Spuren eines Selbstmordes“ erscheint hierzulande zum ersten Mal, obwohl das Buch auf Deutsch verfasst und mit einem Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Die Autorin reist nicht nur zu den Schauplätzen ihrer literarischen Heroen wie Kafka, Svevo und Pavese, sie erkundet in einer „apodiktischen Sprache“ (Nüchtern) auch eigene Sehnsüchte, Träume und Wünsche. Das Buch entwickelt sich damit zu einer literarischen Feier der „unbedingten Rebellion“ (Dotzauer). Auf dem Programm in Heilbronn standen außerdem: mit „Unser Ole“ der neue Roman von Katja Lange-Müller (Platz 2), die Prosaminiaturen “Unsere Fremden“ von Lydia Davis (Platz 3) sowie der aus dem Russischen von Olga Radetzkaja übertragene Roman „Der Ansprung“ von Maria Stepanova (Platz 4). Aus den vier Büchern lasen Isabelle Demey und Dominik Eisele. Durch den Abend führte Carsten Otte.
Die kanadische Autorin und Umweltaktivistin Naomi Klein hat ein weiteres anspruchsvolles Buch folgen lassen, der Titel: „Doppelgänger. Eine Analyse unserer gestörten Gegenwart“. Es ist eine beklemmende Bestandsaufnahme unserer Verdrängungen und Projektionen in einer Welt, die auf Kosten anderer funktioniert. Rezension von Stefan Berkholz
Kaum ein Ereignis der römischen Antike ist so populär wie die Ermordung Caesars und seine angeblich letzten Worte „Auch Du, mein Sohn Brutus.“ In dieser Mordsache zu ermitteln, scheint obsolet, sind die Täter doch bekannt – und nicht zuletzt der Haupttäter durch das berühmte Zitat. Der Althistoriker Michael Sommer ermittelt trotzdem – und zwar die Motive der Täter, die er in einem Rückblick auf 450 Jahre Republikgeschichte erschließt, von denen das halbe Jahrhundert vor Caesars Tod ein permanenter Bürgerkrieg war. Rezension von Clemens Klünemann
Vom Verbraucherrecht auf Glück zur erwachsenen Hoffnung: Historiker Philipp Blom erkundet in Briefform die Komplexität des Hoffens in einer Welt voller Krisen. Ein eindrucksvolles Plädoyer für intellektuelle Redlichkeit und gegen trügerischen Optimismus. Rezension von Oliver Pfohlmann
Die schwedische Autorin Tone Schunnesson gilt als neue Stimme des „Schmutzigen Realismus“. Ihr Roman „Reality, Reality“ zeichnet in ungeschminkter Sprache das Leben eines abstürzenden Sternchens, das sich durch Lügen wieder an die Spitze kämpfen möchte. Rezension von Katrin Ackermann
Manfred Krug war einer der beliebtesten deutschen Schauspieler und Sänger – und vielleicht der Einzige, der in Ost und West gleichermaßen populär gewesen ist. Dass er außerdem auch ein guter Autor gewesen ist, beweisen seine Tagebücher, deren dritter Band aus den Jahren 2000 und 2001 nun erschienen ist. Rezension von Jörg Magenau
Er nennt sich „Krieger“ und „Schamane“ – Davi Kopenawa, der zum Volk der Yanomami gehört, die im Amazonasgebiet leben. Als unermüdlicher Kämpfer tritt er für den Erhalt des Regenwaldes ein. Als Schamane möchte er mit seinen „Xapiri“ – seinen Geistern – die Natur von den Wunden der Zivilisation heilen. Sein Buch „Der Sturz des Himmels“ bietet Einblick in eine Welt, in der die Natur Teil, ja Partner des Menschen ist. Es ist ein unschätzbarer Beitrag zur Kehrtwende im Umgang mit der Natur. Rezension von Andreas Puff-Trojan
Wie schützt man die Ressourcen der Erde zum Nutzen aller? Im Bauernkrieg vor 500 Jahren ging es um Fragen, die bis heute unbeantwortet sind. Die Bäuerinnen und Bauern hatten damals eine Idee, von der wir heute lernen können, meint die australische Historikerin Lyndal Roper.
Rom, Portugal, Spanien, England, alle Reiche kommen und gehen. Und die USA heute? Ein Historiker und ein Ökonom wagen einen Blick in die Vergangenheit – um in die Zukunft zu sehen. Rezension von Frank Hertweck
Dieses Mal im lesenswert Magazin: Bücher von Peter Heather, John Rapley, Lyndal Roper, Jörg Baberowski, Jan Mohnhaupt und Florian Werner
Der Historiker Jörg Baberowski erzählt in seinem neuen Buch von der Macht und Herrschaft im Zarenreich und von einem politischen System, in dem nötige Reformen verpasst wurden – mit dramatischen Folgen bis heute. Rezension von Michael Kuhlmann
Musikerinnen und Musiker berichten von den so innigen wie unterschiedlichen Beziehungen zu ihrer „besseren Hälfte“ - ihrem Instrument. Fazit: wer Musik macht, blickt noch einmal anders auf die Welt. Rezension von Bernd Lechler
Kann Geschichte sich wiederholen? In ihrem Buch „Kalte Füße“ beantwortet Francesca Melandri diese Frage mit „Ja“. Die Tochter eines Kommandeurs der Gebirgsjäger, 1942 stationiert bei Charkiw in der Ukraine, sieht Putin als Wiedergänger Mussolinis und Hitlers, an gleicher Stelle mit der Vernichtung befasst. Melandris Buch ist ein dramatisches Zwiegespräch mit dem Vater und eine kluge Abrechnung mit der russlandfreundlichen Linken in Italien. Rezension von Brigitte Neumann
Von wegen Idylle. Von der Provinz entwirft der italienische Zeichner Gipi trübe, harte Bilder, in seinen Comic-Short-Stories lauert ständig die Gewalt. Und doch sind seine „Geschichten aus der Provinz“ große Kunst. Rezension von Silke Merten
In einer neuen Krimireihe wird der rasende Reporter Egon Erwin Kisch zum Kriminalreporter, der eigene Fälle löst. Ein Streifzug mit den Autoren der Reihe, Martin Becker und Tabea Soergel, durch das heutige Prag, in dem noch viele Spuren Kischs erkennbar sind. Reportage von Tino Dallmann
Zhadans neuer Gedichtband versammelt Texte aus den Monaten vor und nach dem 24. Februar 2022, als der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg gegen die gesamte Ukraine begann. Das Buch erinnert auch an die Menschen im Land, die jetzt den dritten Kriegswinter erleben müssen. „Vergesst uns nicht“, ruft Serhij Zhadan den Lesern zu, und die Gedichte geben der Bitte sprachmächtig Ausdruck. Rezension von Niels Beintker
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