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Author: hr2

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Klassische Musik – noch Fragen? Paul Bartholomäi gibt ganz persönliche Antworten: In jedem Podcast entschlüsselt er ein anderes Werk, lässt Zusammenhänge hörbar werden, führt in die Welt der Komponisten. Weitere Folgen gibt’s hier ab dem 23. September.
53 Episodes
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Kurt Weill und Bertolt Brecht - wer denkt da nicht an den Dauerbrenner "Dreigroschenoper"? Am Anfang der legendären Zusammenarbeit stand das Mahagonny "Songspiel", mit dem sich die beiden auf das musikalisch-ästhetisch neue Terrain vortasteten. Theodor W. Adorno hörte die Musik "als sei sie aus Lumpen und Abfall und Sentimentalität zusammengeflickt" - und das war durchaus nicht boshaft gemeint. Paul Bartholomäi stellt das "Songspiel", die Vorstudie zur späteren abendfüllenden Oper "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny", vor, wirft einen Blick in die Arbeit der beiden Künstler vor ihrem gemeinsamen Wirken und beleuchtet auch ästhetische Fragen zu dieser musikdramatischen Revolution.
Wenn Komponisten in die Seele ihrer Kinder blicken, wird leicht daraus Musik. Robert Schumann schenkte seiner Tochter Marie zum 7. Geburtstag einige Klavierstücke, die sie selbst spielen sollte. Das wurde der Grundstock für Schumanns "Album für die Jugend", eine Sammlung, die bis heute im Klavierunterricht Kinderhände in Bewegung bringt. Warum der in der Realität vielleicht gar nicht so glücklich agierende Papa Schumann mit diesen Stücken musikalisch Neuland betritt, was für einen Einfluss die Komposition jenseits der musikalischen Aspekte auf die Situation der Familie Schumann hatte und was das 1848 entstandene Werk vielleicht mit Politik zu tun haben könnte, das alles untersucht Paul Bartholomäi bei seinem kursorischen Durchgang durch Schumanns "Album für die Jugend".
Musik für ein Sportfest! Und das hört man auch. Was gibt es denn an dieser Festmusik für den Turnverein "Sokol" - das heißt Falke - in Brünn zu entschlüsseln? Paul Bartholomäi muss diesmal nicht eine komplizierte Musik durchleuchten, sondern erst einmal erklären, was es an dieser einfachen Fanfaren-Musik für den Sport überhaupt zu erklären gibt. Zunächst ist es wohl der Komponist Leos Janáček - wo gehört der eigentlich hin? Also außer, dass er in Brünn jahrzehntelang eine Lokalgröße war. Und ist die einfache Sportvereinsmusik wirklich so lokal, wie sie zunächst scheint? Hat sie vielleicht gar eine politische Dimension? Um die kleine Sinfonie von knapp 25 Minuten Dauer mit ihren rätselhaften Satztiteln scheinen sich doch ein paar offene Fragen zu ranken.
Wie war das noch mit den Iphigenien? Die in Aulis und die in Tauris? Beide Dramen sind schon von Euripides überliefert und durchziehen die Literatur- und Operngeschichte - auch bei Christoph Willibald Gluck. Und der machte aus der aulischen Iphigenie eine seiner "Reformopern". Natürlichkeit, Schlichtheit, Schnörkellosigkeit sollten die Oper neuen Stils prägen, und Gluck setzte das auch eifrig um. Das gefiel noch Richard Wagner, der den alten Gluck als einen seiner Vorläufer betrachtete - und eine deutsche Bearbeitung der "Iphigenie in Aulis" fabrizierte. Paul Bartholomäi lässt diese Version anklingen, führt in die vieldiskutierte "Opernreform" Glucks ein und vergleicht auch Glucks verschiedene Versionen der Oper.
Ottorino Respighi war nicht nur ein mit allen Wassern gewaschener Komponist, sondern verstand sich auch auf geschicktes Marketing mit dem Wort. Die titelgebenden Bäume in seinen "Pini di Roma" sind nämlich nicht viel mehr als ein Verkaufstrick fürs Programmheft. Musikalisch geht es ausschließlich um die vier Szenen, die eher zufällig unter Pinien spielen. Aber ist das der "eigentliche Respighi"? Wo er doch wie ein Chamäleon die Farbe aller möglichen Stile annahm? Historische Musik kolorierte oder auch Gregorianik schöpferisch umsetzte... Paul Bartholomäi streift nicht nur durch die vier pinienbeschatteten Orte Roms, sondern sucht auch nach der Grundfarbe des in mancherlei Hinsicht rätselhaften Klangchamäleons, als Musiker ein "unitalienischer Italiener", der zunächst Kammer- und Orchestermusik produzierte. Und war er etwa gar ein Faschist?
Warum blieb Schuberts "Unvollendete" unvollendet? Natürlich kann in einer Sendung zu Schuberts Sinfonie-Fragment in h-Moll diese viel diskutierte Frage nicht ausgelassen werden. Aber dieser Schlager des sinfonischen Repertoires wirft noch viel mehr Fragen auf: Welches Sinfonie-Konzept verfolgt Schubert in den beiden vollendeten Sätzen? Warum ähneln sich die Themen im Kopfsatz so stark? Wie gelangt Schubert zu den heftigen Kontrasten? Kann man Biographisches zur Deutung heranziehen? Paul Bartholomäi greift zunächst zur Vokalmusik, schlägt sozusagen im Wörterbuch von Schuberts Liedern nach und findet dort einen Schlüssel zu dem singulären Werk und seiner Stellung in Schuberts vollendeten und unvollendeten Sinfonien.
"Des Knaben Wunderhorn" - was hat Gustav Mahler an den so unfertig scheinenden Gedichten aus der Sammlung alter deutscher Lieder von Achim von Arnim und Clemens Brentano gereizt? Wo doch seine berühmten Liedkomponisten-Kollegen aus dem 19. Jahrhundert weitgehend an den ungeschliffenen Diamanten der bereits 1806 erschienenen und sehr erfolgreichen Sammlung vorbeigegangen waren. Vielleicht war es gerade die Unausgegorenheit der Zeilen; sie sind eigentlich eher "Fetzen, Streiflichter, Aromen" - findet Paul Bartholomäi: Mahlers Musik nistet genau in den offenen Spalten und Lücken der Texte. Mit dem Schlüssel der "Wunderhorn-Vertonungen" lässt sich auch die Tür zu Mahlers Sinfonien öffnen: Die zweite, die dritte und die vierte Sinfonie nehmen direkt Bezug auf "Wunderhorn-Lieder". Wo hat Mahler die elementare Einfachheit der Musik her? Paul Bartholomäi wagt eine kühne These...
Nein, natürlich gibt es um 1720 noch keine Klavierkonzerte, diese Gattung entstand erst ein paar Jahre später. Oder gab es doch schon eins? Denken darf man schon, dass Bachs 5. Brandenburgisches Konzert das erste Klavierkonzert ist, findet Paul Bartholomäi, auch wenn es die gestrenge Musikwissenschaft natürlich verbietet; denn es gibt in dem Konzert ja drei Solisten: Cembalo, Flöte und Violine. Aber das Cembalo drängelt sich unter ihnen ständig vor... Das scheinbar so bekannte 5. Brandenburgische Konzert hat noch weitere Eigenartigkeiten zu bieten - Paul Bartholomäi deckt sie auf und versucht Deutungen, ob es sich nun um die von Antonio Vivaldi und Louis Marchand übernommenen Themen, die nicht ganz übersichtliche Entstehungsgeschichte, die abweichende Frühfassung oder auch um heutige Interpretationen handelt.
Wer versteht schon die Handlung von Shakespeares "Sommernachtstraum"? Am ehesten wohl ein Fernsehzuschauer, der sich von Programm zu Programm klickt. So jedenfalls stellt Paul Bartholomäi sich vor, wie Shakespeare dieses bunte Theater entworfen haben könnte. Und Felix Mendelssohn? Der erfand dazu schon mit 17 Jahren eine fantastische Ouvertüre in romantischen Farben, und einige Jahre später komponierte er noch eine komplette Schauspielmusik hinzu - wahrscheinlich eine der bekanntesten Schöpfungen des hochgebildeten und hochkultivierten deutschen Komponisten. Deutsch? Seine Zeitgenossen empfanden ihn als den womöglich größten Exponenten deutscher Musikkultur - die Nachwelt allerdings seit Richard Wagner begann, das anders zu sehen und den betont evangelischen Musiker mit antisemitischen Angriffen zu verunglimpfen. Wie jüdisch oder wie deutsch war Mendelssohn? Auch an diesem Thema geht Paul Bartholomäi bei seinem Streifzug durch Mendelssohns Sommernachtstraum-Musik nicht vorbei.
Was trieb den jungen Klavierkomponisten Johannes Brahms dazu, mit 22 Jahren drei Klavierquartette komponieren zu wollen - eine Gattung, die vor ihm nur von wenigen Komponisten mit dauerhaft erfolgreichen Produkten bedacht wurde? "Klavier plus…" lag dem musikalisch geselligen Brahms jedenfalls am Herzen. Konnte er sich damit vielleicht auch ein Stückchen weiter den Weg zur großen Sinfonie bahnen? Dass die drei umfangreichen Klavierquartette von Brahms sinfonische Ausmaße und Ansprüche haben, ist vielen aufgefallen, und Arnold Schönberg hat das kurzerhand in die Tat umgesetzt: Er fertigte 1937 eine Orchesterbearbeitung des ersten Klavierquartetts op. 25 von Johannes Brahms an. Paul Bartholomäi serviert eine Kostprobe aus dieser Brahms-Sinfonie von fremder Hand, wirft einen Blick auf die beiden Schwesterwerke des g-Moll-Quartetts, führt die Arbeitsweise des Komponisten vor, der - wie vor ihm schon Beethoven - aus kleinen Bausteinen große Gebäude konstruiert, und lässt natürlich auch die autobiographischen Hinweise des stets ironischen Brahms nicht aus.
Kennen Sie Künstler, die in Rente gehen oder sich zur Ruhe setzen? Gioachino Rossini war einer der wenigen, der seine musikalische Karriere als Opernkomponist früh beendet hat - mit 37 Jahren. Doch anders als die Legende erzählt, hat er sich danach nicht nur der Kochkunst gewidmet, sondern durchaus noch komponiert, meist Klaviermusik für seine Abendgesellschaften. Knapp 15 Bände dieser Stücke hat er gesammelt und ihnen den ironischen Titel "Alterssünden" gegeben. Paul Bartholomäi blättert durch diese Sammlung und stellt die schönsten, die skurrilsten, die absonderlichsten oder die überraschendsten dieser kleinen Klavierwerke vor, zeigt die Vielfalt dieser "musikalischen Partyhäppchen" auf und zieht Querverbindungen zu Chopin oder Satie.
Vielleicht erscheint heute die ellenlange und etwas schwerfällige Riesenkomödie von Richard Wagner um die nach peniblen Regeln singenden Handwerker und die hübsche junge Frau, die - vollkommen politisch unkorrekt - als Preis für einen Gesangswettbewerb ausgesetzt wird, altbacken und wirklich nicht mehr zeitgemäß, zumal sie auch in der NS-Zeit keine besonders rühmliche Rolle gespielt hat... Und doch: "Die Meistersinger von Nürnberg" zählen bis heute zu den Opern, die mit Sicherheit zu einem ausverkauften Saal führen. Paul Bartholomäi nimmt sich das gut vierstündige Musiktheaterstück vor, lässt den historischen "Meistersang" hören, bringt wunschkonzertverdächtige Schlüsselszenen und erläutert Wagners musikalische Komik sowie Vielschichtigkeit der Szenengestaltung.
Zweihundert Jahre später geboren - Hector Berlioz würde wahrscheinlich Fantasy-Computerspiele musikalisch bebildern oder gar komplett erfinden. Als Kind der "Romantik" jedoch schuf er ein Standardwerk der Orchesterliteratur, das bis heute als bahnbrechend gilt. Neu waren nicht nur der extrem aufgefächerte Orchestersatz oder die programmatischen Anmoderationen der Sätze durch Berlioz selbst, sondern vor allem die grandiose Inszenierung des "romantischen Künstlers": der unverstandene, leidende, dämonische, einsame, aber vor allem geniale Außenseiter. Paul Bartholomäi stellt dieses Subjekt der "Symphonie fantastique" vor, untersucht die Mittel dieses großen instrumentalen Kinos und deutet auch die Person des Orchestermalers Hector Berlioz.
Warum vernichtet der gütige Gott böse und gute Menschen gleichermaßen? Das fragte man sich auch 1755 nach dem wohl verheerendsten Erdbeben Europas, das in Lissabon zehntausende Opfer gefordert hatte. Wie passt eine solche Katastrophe in die "beste der möglichen Welten"? Die Aufklärer kamen in Erklärungsnot. Kant, Lessing, Voltaire und auch noch Goethe äußerten sich. Und: Georg Philipp Telemann ließ die Musik sprechen. In seiner "Donnerode" vertont er eine relativ simple, von musikalischen Möglichkeiten ausgehende Deutung. Paul Bartholomäi beleuchtet die seinerzeit bekannte Kantate und lässt auch die Diskussion der Philosophen nachklingen.
Mit dem "Jeunehomme-Konzert" hat Mozart sein erstes Klavierkonzert mit Weltgeltung komponiert, und er hat es selbst auch öffentlich gespielt. Mit diesem Konzert, das prosaisch heute den Namen "Klavierkonzert Es-Dur KV 271" trägt, hat er, so sagt man, eine neue Stufe in der noch jungen Gattung erklommen. Warum man dieses Konzert vielleicht besser mit den Ohren des Musikenthusiasten und nicht mit denen des Fachmanns hören sollte, wer die ominöse "Madame Jeunehomme" wirklich war, von der das Konzert seinen Populartitel hat, und was an dem Konzert denn so neu war - das versucht Paul Bartholomäi zu ergründen.
Schuberts Lied von der Forelle ist ein Ohrwurm, und viele dürften da auch heute noch auswendig mitsingen können, so bekannt und melodisch eingängig ist es. Wie Haydn um seine berühmte Kaiserhymne ein edles Streichquartett gebaut hat, hat Schubert um seinen "Schlager" herum ein fast schon volkstümliches Quintett komponiert. Schubert wählte für sein "Forellenquintett" eine höchst ungewöhnliche Besetzung, und er hat darin auch sonst einiges anders gemacht als in anderen seiner Kammermusikwerke. Was, wie, für wen und warum...viele Fragen ranken sich um diese "behagliche Kammermusik", und damit wir nicht im Trüben fischen müssen, klärt Paul Bartholomäi einige dieser Fragen auf.
Den Dom von Florenz kennt - mindestens von Bildern - wahrscheinlich jeder, vor allem die mächtige Kuppel, die auch heute noch als größte gemauerte Kuppel der Welt gilt. 1436 wurde das Rekordbauwerk von Papst Eugen IV. höchstpersönlich geweiht. Das ging natürlich nicht ohne Musik, und die schrieb ein musikalischer Fürst der Zeit: Guillaume Dufay. Heute ist seine Domweih-Motette nur in Konzerten von spezialisierten Alte-Musik-Ensembles zu hören. Paul Bartholomäi steigt hinab zu den Fundamenten der abendländischen Kunstmusik, die uns heute reichlich archaisch vorkommen. Da gibt es viele Themen aufzuschlüsseln: den Titel "Nuper rosarum flores" ("Neulich Rosenblüten"), die Biografie des Komponisten, die damalige Notenschrift, die Cantus-firmus-Komposition und nicht zuletzt das gigantische Bauwerk des Doms mit seinen Zahlenproportionen - spiegeln die sich in der Musik Dufays wider?
Eine Wachtel in einer Sinfonie von Beethoven! Ein Kuckuck und eine Nachtigall werden da auch imitiert: Programmmusik! Die Hohepriester der "absoluten Musik" brachte Beethovens 6. Sinfonie, die "Pastorale", in Erklärungsnot. Fernab abstrakter Musik werden da sehr konkret und entspannt Tiere, Bäche, Gewitter oder Bauerntänze in der Musik dargestellt - "eine Beethoven-Sinfonie im Freizeit-Look." Paul Bartholomäi streift durch dieses musikalische Gemälde des Landlebens, das von den nachfolgenden Generationen kontrovers diskutiert wurde, untersucht die Besonderheiten dieser "Sinfonia caracteristica" und lässt ausführlich Beethovens jüngeren Komponistenkollegen Hector Berlioz zu Wort kommen.
Ein doch eigentlich abgedroschener "Klassik-Schlager"? Vielleicht, zumal im Jahr des 300. Geburtstags der "Vier Jahreszeiten" von Antonio Vivaldi. Ein Stück, das uns so bekannt ist, dass es nichts mehr Neues dazu zu sagen gibt? Das war im Jahr 2007 auch nicht grundlegend anders: Die "Jahreszeiten" füllten Regale mit Einspielungen, und sie quollen aus allen möglichen Lautsprechern in heimischen Wohnzimmern, Kaufhäusern und Werbeclips. Paul Bartholomäi versuchte seinerzeit, die Stücke ernst zu nehmen, sie aus der Musikwelt des frühen 18. Jahrhunderts zu deuten und die von Vivaldi nachträglich in die Partitur eingefügten beschreibenden Gedichtzeilen hörbar zu machen.
Der alte Thomaskantor Johann Sebastian Bach wurde ja, so sagt man, nach seinem Tod bald vergessen, bis Felix Mendelssohn ihn dieser Vergessenheit entriss. Halt, das stimmt nicht so ganz: In Leipzig wurden die dort aufbewahrten sechs Motetten Bachs regelmäßig aufgeführt - auch Mozart hat eine davon bei seinem Besuch in Leipzig 1789 live gehört. Paul Bartholomäi stellt drei dieser sechs Motetten genauer vor, die Bach äußerst individuell gestaltet, also keineswegs nur nach dem uralten Motetten-Prinzip einer Vertonung Zeile für Zeile. Mit kompositorischer Fantasie überspielt er den teilweise trockenen, "unmusikalischen" Text, lässt sich auch von ihm eigentlich fremden pietistischen Zügen der Vorlage nicht abschrecken und entfaltet geradezu architektonische Baupläne.
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