#115 Fearless Depression – Interview mit Ellen Maier, Manfred Jasmund und Georg Nikisch über Burnout …
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Triggerwarnung: In dieser Episode sprechen wir über die Themengebiete, die tabuisiert sind und die einige Zuhörer:innen (und Leser:innen) beunruhigen können: Burnout, Depressionen und Suizid. Du hörst und liest auf eigene Verantwortung und ich bitte Dich – auch im Namen meiner Gäst:innen - achtsam mit Dir und Deinen Gefühlen zu sein. Informationen und Ressourcen für Menschen, die an Depressionen und/ oder Burnout oder suizidale Gedanken leiden, können das Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe unter der Tel.: 0800 / 33 44 533 anrufen oder sich an die bundesweiten Telefonnummern (0800) 111 0 111 oder (0800) 111 0 222 wenden. Im Web findest Du auch regionale Angebote, ganz in Deiner Nähe. Bitte sorge für Dich!
In dieser Episode des Fearless Culture Podcast betrachte ich gemeinsam mit drei erfahrenen Gäste:innen die Schattenseiten von großen Anstrengungen: Ellen Maier, die ihr aus Episode 21 vom 00.00.20 kennen könntet und die sowohl aus der Perspektive der Personalerin sowie aus einer literarischen Perspektive als Buchautorin auf das Thema schaut. Manfred Jasmund, Fotograf, Speaker und Künstler, der das ambitionierte Foto-Projekt FACES OF DEPRESSION initiiert hat, bei dem er 16 Menschen, die unter Depressionen leiden, in aller Emotionalität porträtiert hat. Sowie Georg Nikisch, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin und Diplom-Psychologe. Wenn nach dem mühsamen Erklimmen des Gipfels nicht der sonnendurchflutete Blick ins weite Grün und blühende Tal folgt, sondern wenn Menschen nach schier endloser Anstrengungen in der grauen Wolkendecke hängen bleiben – die Folgen beleuchten wir in dieser Episode.
Das Tabu der Therapie
„Das Thema ‚Tabu der Therapie‘ kann ich im Grunde nur bestätigen“, sagt Manfred Jasmund, Fotograf und Speaker und berichtet aus eigener Erfahrung: „Selbst für mich bedeutete Therapie jahrzehntelang: Das Sitzen im Kreis und alle erzählen sich traurige Geschichten. Ich habe selber erst durch die beginnende Therapie anerkennen können, dass es eine Therapie braucht und ich habe auch währenddessen nicht darüber gesprochen. Selbst mein engstes Umfeld wusste gar nicht, dass ich überhaupt in Therapie war, weil es auch für mich selbst persönlich ein Tabu war.“
„Ich erlebe es auch heute immer noch, dass Depression und Therapie - speziell bei Männern- ein große Tabu bleibt. Durch mein Projekt „Faces of Depression“ habe ich festgestellt, als ich einen Aufruf über Facebook gemacht habe, dass sich ausschließlich Frauen gemeldet haben, die bereit waren, mit ihrem Gefühl, mit ihrer Erkrankung nach außen zu gehen.“
„Warum? Wenn ich mir eingestehe und anderen zeige: ‚Ja ich leide an Depressionen!‘ dann macht das etwas mit mir und mit meinem Umfeld — auch mit meinem beruflichen Umfeld. Ich glaube, dass hier speziell Männer immer noch eine höhere Hemmschwelle haben, sich dazu zu bekennen, weil sie Angst vor der Reaktion von anderen haben. Diese Angst vor der Reaktion der anderen führt meiner Ansicht nach auch dazu, dass eine Psychotherapie immer noch in ein Tabuthema ist.“
Gebrannt hat er – ausgebrannt ist er
„Über Burnout, Depression und Therapie wird in Unternehmen nicht gesprochen, mit Nichten“, stellt Ellen Maier aus langjähriger Erfahrung in verantwortlichen HR-Positionen fest. „Burnout geht noch, ja, weil das ein bisschen impliziert: ‚Wow, da hat einer Gas gegeben und gebrannt hat er für etwas und jetzt ist er halt ausgebrannt.‘ Das benutzt man ganz gerne mal in dem Zusammenhang nach dem Motto: ‚Oh ich hab mal ein Burnout gehabt …‘ — heißt so viel wie: Ich hab mal alles gegeben und ja und irgendwann mal war die Luft raus.“
”Würde man tatsächlich genauso auch von einer Depression sprechen? Ich wage zu behaupten, wenn man in dem Zusammenhang sagen würde: ‚Ich hatte eine Depression!‘, das wäre eine ganz andere Sache und es würden sich weitaus weniger zeigen.
Sicherlich diejenigen, die sich in eine Therapie begeben, die ganz bewusst Hilfe suchen - und ich sage auch diesmal ganz bewusst nicht Hilfe brauchen, sondern sie suchen - um etwas aufzuarbeiten, haben kein Problem damit. Bei denen ist es kein Tabu.
Aber bei dem Umfeld, in der Leistungsgesellschaft, wird es nach wie vor ein Tabu-Thema sein. Letztendlich weiß ich auch, wie Führungskräfte oder Geschäftsführer um mich als Personalleitung herum reagiert haben, wenn bei anderen Mitarbeitern – das ist jetzt deren O-Ton – ‚etwas nicht stimmte‘.“
Bindung, Aufmerksamkeit und eine Beziehung auf Augenhöhe
„Es geht um Bindung. Das Thema ist absolut zentral und ich glaube, das Paradigma des Wegdelegierens auf einer anderen Ebene, ist ein Auslaufmodell, das kannst du vergessen“, ist sich Georg Nikisch sehr sicher.
„Du musst als Führungskraft in der Lage sein, solche Prozesse bereits in den Anfangsphasen zu erkennen. Das bedeutet auch, dass du auf Augenhöhe mit deinem Mitarbeiter bist. Das heißt, du musst schauen, wie er sich verändert. Aber um das zu können, brauchst du wirklich Kompetenz. Das heißt, dass die Führungskraft in der Lage sein muss, in dieser Dimension der seelischen Gesundheit so was zu erfassen. Das ist ein komplexer Prozess. Dieser Prozess ist aber durchaus erlernbar und er wird zunehmend and an Bedeutung gewinnen: Schau hin, was dein Mitarbeiter tatsächlich macht, auch wie er sich verhält, wie er lebt – in der Lebens- und der Arbeitwelt, nur darum geht es.“
– Links –
Ellen Maier
Ellen bei LinkedIn
Manfred Jasmund
Manfred bei LinkedIn
Die Bilder des Projektes Faces of Depression
Georg Nikisch
Georg bei LinkedIn



