Marco Štormans Inszenierung von John Adams „Doctor Atomic“
Update: 2025-12-01
Description
Wissenschaft und Musik im Dialog
Am Theater Freiburg wird John Adams' Oper „Doctor Atomic“ unter der Regie von Marco Štorman aufgeführt. Das Werk rückt die Erfindung der Atombombe und ihre Folgen in den Fokus.
Doch statt auf plakative Darstellungen zu setzen, bietet diese Inszenierung eine tiefere Reflexion über die Wissenschaftler hinter der Bombe. Im Zentrum der Drehbühne steht ein skelettiertes Hausgerüst, das sowohl Schutz als auch Zerstörung symbolisiert.
Grillparty als düsteres Sinnbild für menschliche Opfer
Das aus rein dokumentarischem Material zusammengestellte Libretto ist wohl einmalig. Wissenschaftliche Theorien der Kernexplosion werden mit expressiver Verve gesungen. Opernliebhaber als physikalische Laien begreifen, was gesungen wird, aber werden es kaum verstehen.
Bei Marco Štorman wird das auf einer Grillparty gesungen. Am Ende wird Fleisch verbrennen - menschliches. Zum atomaren Diskurs legen die Wissenschaftler und der brutal drängende General Groves die Fleischware aufs Feuer. Ein Bild der zynischen Vernunft.
Oppenheimers Zweifel und musikalische Höhepunkte
Genau da setzen die Zweifel des spirituell gestimmten Oppenheimer an, gesungen von Timothy Connor. Mit einem Sonett beschwört er seinen dreifaltigen Gott zur Erneuerung durch die eigene Vernichtung.
Es ist die einzige Arie dieser Oper am Ende des ersten Teils und Höhepunkt des Gewittersturms, der die Testzündung der Bombe verhindert. Warum Timothy Connor als Oppenheimer ausgerechnet diesen Demutsakt mit der unterdrückten Wut eines zynischen und dämonisch grienenden Gottesherausforderers singt, bleibt ein Fragezeichen der Regie.
Aber Timothy Connor singt ihn grandios und das von André de Ridder perfekt koordinierte Philharmonische Orchester entfaltet eine apokalyptische Sturmmusik.
Ein entschleunigtes Ritual des Todes
Der zweite Teil mit seiner verblüffenden Entschleunigung zum finalen Countdown gelingt als entdramatisiertes Ritual des Todes hingegen stringenter. Das Haus schwebt auseinander, wird zur Kirche, zum Turm der Bombe und zum Schutzraum des Bunkers.
Adams tickende Zeitbombe aus Pizzicati, Bläserschreien, Glocken-, Gongs- und Schlagzeugstößen versandet in der Stimme einer Japanerin, die um Wasser für ihr Kind in der Atomwüste von Hiroshima bittet.
Hoffnung durch die Ladies Atomic
Zuvor hat die verführerische Inga Schäfer als Kitty Oppenheimer die allumfassende Liebe als Gegenkraft beschworen, gemeinsam mit ihrem erfundenen, indigenen Dienstmädchen Pasqualita. Die wird eindringlich gesungen von Yewon Kim als Hohepriesterin einer Versöhnung mit der göttlichen Natur.
Die Ladies Atomic als Hoffnung der Menschheit. Diesen Optimismus feiert in Freiburg ein mitgerissenes Publikum.
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