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Sozialhilfe: Badelt für Mindest- statt Höchstsätze

Sozialhilfe: Badelt für Mindest- statt Höchstsätze

Update: 2025-12-09
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Der Wirtschafts- und Sozialexperte Christoph Badelt von der Wirtschaftsuniversität Wien tritt in der Debatte um die Sozialhilfe-Reform für die (Wieder-)Einführung von Mindestsätzen statt der aktuell geltenden Höchstsätze ein. “Von der Logik der Sozialpolitik kann es nur um Mindestsätze gehen”, sagte der Fiskalratspräsident bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Zu den Einsparungspotenzialen verwies er einmal mehr auf den geringen Anteil der Sozialhilfe am Sozial-Budget.





“Es müsste ein einheitlicher politischer Wille in diesem Land existieren, unter welches Niveau ein Mensch, der zu Recht in diesem Land lebt, finanziell nicht fallen darf”, sagte Badelt bei der von der Initiative “Diskurs. Das Wissenschaftsnetz” organisierten Pressekonferenz mit dem Titel “Sozialhilfe Neu: Symbolpolitik oder echte Entlastung?” Unterschiedliche Leistungen in den Bundesländern erachtet er als nicht sinnvoll. Für die Wohnkosten freilich gelte das nicht, hier müssten die regionalen Unterschiede – wie schon bisher – berücksichtigt werden.



Mit der Logik der Sozialhilfe bzw. der Sozialpolitik – “die darauf schauen soll, dass Menschen nicht unter ein gewisses Niveau in ihrem Leben fallen sollen” – seien Mindestansprüche das “einzig Sinnvolle”, betonte der Budget- und Sozial-Experte. “Ich halte daher die seinerzeitige Abschaffung des Prinzips der Mindestsicherung für einen schweren sozialpolitischen Fehler, das will ich ganz klar sagen”, blickte Badelt in die jüngere Vergangenheit und auf das im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz (SH-GG) festgeschriebene Prinzip der Höchstsätze (Maximalbeträge). Für Alleinlebende liegen diese im Jahr 2025 bei maximal 1.209 Euro pro Monat.



Es sei auch die Sinnhaftigkeit des Grundprinzips zu hinterfragen, so Badelt: “Worin besteht die Logik, dass der Bund den Ländern Höchstbeträge für die Sozialhilfe vorschreibt? Das kann ja überhaupt nur einen Sinn machen, wenn man beim Bund der Auffassung ist, die Länder haben so viel Geld, die schmeißen da so wahnsinnig viel hinaus, das wollen wir verhindern.” Dies sei “in der Praxis nie passiert”. Die “wirkliche Kontrolle” dass ein Bundesland nicht zu viel ausgibt, werde ohnehin über den Finanzausgleich durchgeführt, sagte er.



Badelt: Geringer Anteil der Soziahilfe-Kosten am Budget



Die propagierten Kürzungen in der Sozialhilfe seien verteilungspolitisch kontraproduktiv und finanzpolitisch nicht wirklich relevant, verwies Badelt auch auf den geringen Anteil der Sozialhilfe-Kosten am Gesamtbudget. Freilich sei die budgetäre Lage “wirklich katastrophal” – Faktum sei, dass es ohne “beträchtliche Ausgabenkürzungen” nicht gehen werde. Die Frage sei aber, wo man kürzt. Badelt verwies darauf, dass die Sozialhilfe an den 159 Milliarden Euro Budget im Sozialbereich lediglich 1,3 Milliarden ausmacht, damit sei sie “eigentlich ein kleiner Fisch”. “Schon unter diesem Gesichtspunkt muss man sich die Frage stellen: Wie logisch ist es, wenn bei Kürzungen als erstes auf die Sozialhilfe geschaut wird?”



Es werde wohl kaum jemanden geben, der bestreitet, “dass die Empfängerinnen von Sozialhilfe Menschen sind, die am untersten Ende der Hierarchie, beim Einkommen, beim sozialen Status liegen. Insofern löst das Ganze bei mir auch als Fiskalratspräsident ein gewisses Magenknurren aus, wenn man zuallererst über Kürzungen im Bereich der Sozialhilfe redet.”



14 Prozent in armutsgefährdeten Haushalten



Karin Heitzmann von der Wirtschaftsuniversität Wien, die neben Badelt als Expertin geladen war, verwies unter anderem auf die Armutsindikatoren (EU-SILC Befragung 2024), aus denen hervorgeht, dass 14 Prozent der Gesamtbevölkerung in armutsgefährdeten Haushalten lebt und vier Prozent in Haushalten mit “erheblicher materieller und sozialer Deprivation”. In 21 Prozent der Haushalte ist es finanziell nicht möglich, unerwartete Ausgaben in Höhe von 1.390 Euro zu tätigen, sagte sie.



Auch Heitzmann plädierte für die Einführung von Mindestsicherungselementen. Hierbei gehe es nicht nur um monetäre Mindestleistungen, sondern auch um die Bereitstellung etwa von medizinischen Dienstleistungen oder Bildungsangeboten. Auch nannte sie die Möglichkeit einer “Energiegrundsicherung” angesichts jener vier Prozent an Haushalten, denen es nicht möglich ist, die Wohnung angemessen warm zu halten.



Badelt: Alle haben das gleiche Anrecht auf Sozialhilfe



Zu den politisch und medial immer wieder thematisierten Einzelfällen von Sozialhilfebeziehern mit sehr hohen Geldleistungen (aufgrund der hohen Kinderzahl) sagte Heitzmann, letztlich gehe es darum, “dass es eine bedarfsorientierte Mindestsicherung ist”. Eine Familie mit acht oder neun Kindern habe nun einmal einen höheren Bedarf als eine zwei- oder vierköpfige Familie.



Badelt betonte, dass alle – auch Erwerbstätige – Anspruch auf Leistungen aus der Sozialhilfe haben. Er verwies auf die sogenannten “Aufstocker”, bei denen bei zu geringem Gehalt Anspruch auf Leistungen aus der Sozialhilfe besteht. “Ich würde daher glauben, dass jemand, wenn er neun Personen ernähren muss, wenn er ein ganz gewöhnliches Arbeitereinkommen hat, in der Regel auch Anspruch auf Sozialhilfe hat, um auf dieses Niveau gebracht zu werden.”



“Das heißt, es gibt nicht nur keinen Unterschied zwischen Inländern und Ausländern hier, sondern es gibt im Grunde genommen einen Mindeststandard in der Sozialhilfe, der hier erfüllt sein muss und über dessen Höhe man streiten kann, vor allem, wenn es um sehr sehr viele Kinder geht.”



Die Frage, ob man jedes Kind gleich hoch alimentieren soll, “dieses Thema kann und sollte man angehen”. Aber man sollte nicht so tun, als ob der berühmte Billa-Kassier bzw. die Billa-Kassierin das Geld nie erhalten würde. Die würden es auch erhalten, wenn sie den Antrag stellen. “Das ist auch gut so”, so Badelt.



(APA)

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