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Eine Stunde reden – Gespräche mit Unbekannten

Eine Stunde reden – Gespräche mit Unbekannten
Author: Radio Bremen
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"Eine Stunde Reden?" steht auf dem Schild mit dem sich Host Mario Neumann auf die Straße stellt und wartet – solange, bis er jemanden gefunden hat, der reden will. Seinen unbekannten Gast nimmt er mit ins Bremen-Zwei-Studio – und dort reden sie. Eine ganze Podcast-Folge lang. Über Erfolg und Scheitern, verpasste und gelebte Träume, ein spätes Coming Out, eine schwierige Scheidung, die große Liebe – über die kleinen und die großen Fragen des Lebens eben.
51 Episodes
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Maren Sicke-Houdeck (62) verbringt jeden Sommer in ihrem FKK-Verein in Schwanewede: "Von 365 Tagen im Jahr bin ich etwa 200 nackt." Ihre Eltern haben sich sogar in dem Verein kennengelernt. Groß ist ihre Sorge, als sie ihren damaligen Ehemann trifft. Würde er das akzeptieren? Zu ihrer Überraschung verliebt er sich ebenfalls in das FKK-Leben. Sie bekommen zwei Kinder und bauen ein Haus in Oyten. Doch dann bekommt Maren Sicke-Houdeck Brustkrebs. Ihr Mann ist zu dem Zeitpunkt ebenfalls krank mit unklarer Diagnose. Als sie nach der Krebs-OP aufwacht, erfährt sie, dass ihr Mann verstorben ist. Seitdem ist die gelernte Spediteurin oft auf Reisen. Im Bremen-Zwei-Podcast "Eine Stunde reden" erzählt sie, warum sie sich auf ihre Rente freut und wie sie ihre zweite Leidenschaft, das Kochen, auslebt.
Wenn es ihm mal wieder schlecht geht, schwingt sich Jörg Rafalski auf sein Motorrad: "Auf die Straße, den Kopf freiblasen". Seine schwarze Harley-Davidson hat sich der 56-Jährige erst vor ein paar Monaten zugelegt – auch als Reaktion auf eine Lebenskrise. Zu schweren Rückenschmerzen und einem Tauchunfall kam die Trennung von seiner langjährigen Ehefrau. Alles zusammen hat ihn aus der Bahn geworfen. Obwohl er als Sportler und Kampfsporttrainer eigentlich gelernt hat, mit Widerständen umzugehen, machte ihm die Einsamkeit zu schaffen, erzählt er Podcast-Host Mario Neumann. Zumal er in dieser schweren Zeit auch noch seinen Job verlor. Mittlerweile arbeitet der gelernte Ver- und Entsorger, Fachrichtung Wasserwirtschaft, als Betriebsleiter eines Klärwerks. Mit seiner "schnuckeligen, kleinen Anlage" ist er recht glücklich, wie er sagt. Weil sein Kopf wieder mitspielt und er sich in der Spur fühlt, nicht nur auf dem Motorrad.
Lea Yagan (26) hat Übergewicht und möchte, dass mehr über das Thema gesprochen wird. Sie wiegt 130 Kilogramm und sagt, dass das Essen ihre innere Leere füllt. Dabei hat sie schon Versuche unternommen, abzunehmen. Doch durch psychische Probleme fällt es ihr schwer, weniger zu essen. Sie bekam mehrere Diagnosen, darunter ADHS und Depressionen. Auch eine Therapie und mehrere Aufenthalte in einer Psychiatrie haben nicht geholfen. "Ich will nicht mehr die Dicke sein", sagt sie im Bremen-Zwei-Podcast "Eine Stunde reden" und hofft, dass sie eines Tages dieses Ziel erreicht hat. Viele Menschen behandeln die junge Frau wegen ihres Mehrgewichts im Alltag unfreundlich. Podcast-Host Mario Neumann erzählt sie, wie sie trotzdem nicht den Mut verliert und warum sie gern ein Buch schreiben möchte.
Christian Tenes Start ins Leben war hart: Als Frühchen zur Welt gekommen, musste er sich schon als Kind etlichen Operationen unterziehen. Bis heute hat er mit den Folgen zu tun, darunter eine spastische Gangstörung und eine kaputte Kniescheibe, erzählt der 43-Jährige Podcast-Host Mario Neumann. In seinem Heimatland Rumänien gab es für Kinder wie ihn wenig Förderung. Erst nachdem seine Mutter mit ihm nach Deutschland ausgewandert war, konnte er überhaupt zur Schule gehen. Aber seine schweren Startbedingungen haben ihn nicht verbittert, im Gegenteil: Er schätzt sein Leben, wie es ist und hält Neid für überflüssig. Auch mit seinem Arbeitsplatz ist er sehr zufrieden: Im Team einer Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigungen prüft er elektrische Geräte. Viel Zeit verbringt er mit seinem zwölfjährigen Sohn, unterwegs mit seinem dreirädrigen Fahrrad in der Stadt oder im Fitnessstudio, wo er seine spastisch verkürzten Muskeln stärkt. Und wenn er beim Training mal vom Band fällt, dann steht er einfach wieder auf.
Podcast-Tipp: "Der zweite Gedanke"
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Katja Riemers große Leidenschaft ist das Drachenbootfahren. Damit angefangen hat sie durch Zufall: Die studierte Kunsthistorikerin sitzt gerade am Weserufer, als ein Drachenboot anlegt und sie mitnimmt. Sie lässt sich zur Trainerin ausbilden und gründet 2017 mit der Bremer Krebsgesellschaft die "Weser Pinkies". Seitdem trainiert sie Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind. Mit Krebs ist Katja Riemer schon früh konfrontiert: Als sie 19 ist, begleitet sie ihre erkrankte Mutter sechs Jahre bis sie stirbt. "Danach habe ich ein Jahr lang nur an die Wand geguckt", sagt die 46-Jährige im Gespräch mit Podcast-Host Mario Neumann. Warum ihr Glas trotzdem immer halb voll ist und was eine Stubenfliege mit Kunst zu tun hat, erzählt die Wahlbremerin im Bremen-Zwei-Podcast "Eine Stunde reden".
Petra Lossau ist froh, als ehemalige Erzieherin nun in Rente zu sein. Sie hat eine KiTa geleitet und die Personalprobleme hautnah mitbekommen. Doch nicht nur im Job hatte sie viel zu tun: Zu Hause hat sie ihren Mann gepflegt, der an der Nervenkrankheit PSP litt. Zum Glück hat nicht nur ihre Tochter sie dabei unterstützt, sondern auch ihr Freundeskreis. "Trotzdem konnte ich irgendwann nicht mehr", erzählt sie. Aufgewachsen ist die 64-Jährige mit acht Geschwistern in Verden. Als sie 12 Jahre alt ist, stirbt ihr Vater bei einem Autounfall. Seitdem gab es zuhause häufiger Margarinebrot mit Zucker. Heute blickt sie zufrieden auf ihr Leben: "Ich habe das Gefühl, dass noch viel Schönes vor mir liegt", sagt sie im Bremen-Zwei-Podcast "Eine Stunde reden".
Florian Elberskirchen wiegt 227 Kilo, als er im Übergrößen-Geschäft keine Hose mehr findet und beschließt, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Er isst radikal weniger, geht jeden Tag zum Sport und nimmt in anderthalb Jahren 130 Kilo ab. "Ich habe Enttäuschungen mit Essen kompensiert", sagt er im Bremen-Zwei-Podcast "Eine Stunde reden". Mithilfe einer Therapie findet er einen Umgang mit seiner Essstörung. Seitdem geht es ihm auch mit seinem ADHS besser, das er seit der Grundschule hat. Heute ist der gelernte Ergotherapeut stolzer Vater von zwei Kindern und glücklich in seiner zweiten Beziehung. "Ich bin oft gefallen und immer wieder aufgestanden und habe gelernt, nach vorne zu schauen", lautet sein Fazit im Gespräch mit Podcast-Host Mario Neumann.
Podcast-Tipp: "Tabubruch"
https://1.ard.de/tabubruch
Eva-Maria Schmidt bereut es, Mutter geworden zu sein – in mancher Hinsicht jedenfalls. Sie liebt ihr sieben Monate altes Baby. Aber sie hadert mit einer Mutterrolle, die von ihr verlangt, permanent verfügbar und glücklich zu sein. Nach der Geburt ihres Kindes ist sie in eine Wochenbett-Depression gerutscht, aus der sie nur schwer wieder herausfindet. Sie schämt sich für ihren manchmal auftauchenden Wunsch, es einfach in einer Babyklappe abzugeben. Auch Podcast-Host Mario Neumann bekommt zu spüren, wie anstrengend der Alltag mit Baby ist: Die 38-Jährige hat ihr Kind mit ins Studio gebracht, und es meldet sich immer wieder lauthals zu Wort. Zum Glück hat Eva-Maria Schmidt den Mut gehabt, sich Hilfe zu holen, bei ihrer Hebamme und bei einer Eltern-Kind-Ambulanz. Und sie hat eine Message mitgebracht für alle, denen es ähnlich geht: Unterstützt euch und habt kein schlechtes Gewissen – ihr seid nicht allein!
Armin Sternberg kommt gerade vom Scheidungsrichter, als er Podcast-Host Mario Neumann auf der Straße trifft. Er kann seine Gefühle nicht gut benennen, antwortet er auf die Frage, warum seine Ehe gescheitert ist. In seinem Beruf kann der 67-Jährige aber sehr gut kommunizieren: Er ist selbständiger Berater und begleitet Firmen bei Transformationsprozessen. In seiner Freizeit macht er am liebsten Sport, fährt Motorrad, Fahrrad oder taucht. Allerdings arbeite er zu viel, gibt er zu. Deswegen geht er auch regelmäßig in ein Kloster, um dort vom Alltag abzuschalten. Wie ihm Meditation hilft und warum er glaubt, dass die Menschheit sich grundlegend ändern muss, erzählt der gebürtige Ostfriese im Bremen-Zwei-Podcast "Eine Stunde reden".
Podcast-Tipp: Mein Mensch
https://1.ard.de/mein-mensch
Kirsty Ellen Wilson weiß, wie man wilden Bären begegnet: In die Augen schauen und ganz langsam rückwärts gehen. Gelernt hat sie das von ihrem US-amerikanischen Großvater, bei dem sie Teile ihrer Kindheit verbracht hat. Heimisch ist die Tochter eines GI-Soldaten und einer Deutschen aber in Bremerhaven, wo sie gerade eine Ausbildung zur Erzieherin macht. Die heute 30-Jährige musste in ihrem Leben schon mit anderen Herausforderungen als wilden Tieren fertigwerden: Wegen angeborener Körperbehinderungen nannten die Ärzte sie ein "medizinisches Wunder". Nach einer schwierigen Kindheit hatte sie mit Ängsten und Depressionen zu kämpfen. Dazu kamen Diagnosen wie Posttraumatische Belastungsstörung und Borderline. Heute ist sie ein lebensfroher Mensch, der anderen mit ähnlichen Erkrankungen hilft. Ihr Geheimnis: Therapie - und harte Arbeit an sich selbst.
Titus Hein ist erst 21 Jahre alt, aber er weiß genau, was er will: Geld verdienen, eine große Familie, irgendwann als Musiker auf der ganz großen Bühne stehen. Vor allem aber braucht er seine Freiheit, erzählt er. Deshalb ist eine Ausbildung im Moment nichts für ihn, auf einen Chef hat er keine Lust. Früher hatte er ein sehr starres Männerbild. Männer mussten stark sein. Heute sieht er das anders. Er ist zum Islam konvertiert, weil er sich in diesem Glauben aufgehoben fühlt: "Ich mach das für mich. Das ist meine Reise ins Paradies", erzählt er "Eine Stunde reden"-Podcast-Host Mario Neumann.
Ein Leben voller Aufs und Abs, so blickt Margarete Werner auf ihre 89 Lebensjahre zurück. Tief geprägt hat sie ihre Kindheit: Eine dramatische und tragische Flucht aus Ostpreußen und das Aufwachsen als Geflüchtete auf einem Bauernhof – zunächst getrennt von ihrer geliebten Mutter. Margarete Werner schaut aber auch nach vorne: Die Bremerhavenerin, die von ihren Freunden nur "Griddel" genannt wird, will das Leben positiv sehen. Sie genießt die Auszeiten auf dem Camping-Platz in Cuxhaven-Duhnen und sucht Sponsoren für eine Reise mit dem Enkelsohn nach New York. Im Bremen-Zwei-Podcast "Eine Stunde Reden" erzählt sie Host Mario Neumann von dunklen Momenten, ihrer Haltung zur Sterbehilfe und davon, wie sie mit 14 Jahren ihr Herz an ihren späteren Mann verlor.
Für Willy Reinhard ist die Arbeit auf dem Rummel eine Berufung – auch wenn das manchmal nur drei Stunden Schlaf bedeutet. Der 57-jährige Bremerhavener stammt aus einer alteingesessenen Schaustellerfamilie, die Mandeln verkauft. Er hat keinen Schulabschluss, war nicht bei der Bundeswehr und ist nicht konfirmiert, erzählt der bekennende Abenteurer lachend. Doch das hat ihn nicht von seinem Weg abgebracht: Der Vater zweier Kinder war Eishockey-Profi und betrieb später neben dem Schausteller-Geschäft noch zwei Restaurants. Ärmel hochkrempeln und etwas ins Leben reinpacken sind seine Devisen. Dass dieses Leben auch schnell vorbei sein kann, daran erinnert ihn die lange Narbe auf seinem Bauch. Im Bremen Zwei-Podcast "Eine Stunde Reden" erzählt er Host Mario Neumann, warum ihn seine Eltern "Willy Gnadenlos" nennen und welche besondere Verbindung er zu Madagaskar hat.
Horst Wieting hat nur einmal LSD genommen, da war er 19 Jahre alt. Und sein Trip ging schief: Noch lange danach hatte er Halluzinationen, gegen die auch Medikamente und ein Aufenthalt in der Psychiatrie nichts ausrichten konnten. Was schließlich geholfen hat: Beten. Seine Gedanken wurden wieder klar, und er spürte eine neue Kraft. Seit dieser Zeit ist Horst Wieting Mitglied einer Baptisten-Gemeinde, in der er auch seine Frau getroffen hat. Er betet immer noch jeden Tag, aber sein Glaube ist nicht eng: "Ich bin auch nur auf dem Weg und weiß nicht die letztendliche Wahrheit". Seitdem der 69-Jährige seine Friedhofsgärtnerei an seinen Sohn übergeben hat, nimmt er sich mit seiner Frau Zeit für Dinge, die Spaß machen, wie Reisen oder Radfahren. Wenn er auf sein Leben zurückblickt, sagt er: "Ich bin froh, dass vieles an mir vorbeigegangen ist. Und überrascht, dass einiges gelungen ist."
Anna-Katharina Buse war immer Teil eines Duos, denn sie hat eine eineiige Zwillingsschwester. Mir ihr hat sie auch jetzt noch eine enge Beziehung, auch wenn es früher viele Konflikte gab. In ihre Jugend fiel auch der viel zu frühe Tod ihres Vaters. Die zweite Krise kam mit ihrer Ehe, die von Alkoholmissbrauch und Gewalt bestimmt war. Trotz allem sei sie heute versöhnt mit dieser Zeit, erzählt sie "Eine Stunde reden"-Podcast-Host Mario Neumann. "Sie hat mich zu der Architektin gemacht, die ich heute bin". Anna-Katharina hat sich intensiv mit der asiatischen Harmonielehre Feng Shui beschäftigt und diese Philosophie in die Gestaltung von Räumen integriert. Um ihre Nichte zu unterstützen, kam sie vor kurzem nach Bremen und startet hier noch mal neu durch.
Geborgenheit hat Martin Summen früh im Rausch gesucht. Als jüngstes von fünf Geschwistern einer Familie aus dem Emsland hat ihm die Trennung seiner Eltern einen Knacks versetzt – Schuldgefühle inklusive. Die Flucht in den Drogenkonsum war verhängnisvoll: Nicht nur begleitet ihn die Abhängigkeit bis heute – der Umgang mit falschen Freunden bringt ihn auch schon als Teenager in den Knast. Er war Opfer und Täter, sagt der heute 57-Jährige über diese Zeit. Geholfen hat ihm sein Glaube an Gott, vor zehn Jahren hat ihn ein Traum anders auf das Leben blicken lassen. Im Bremen Zwei-Podcast "Eine Stunde reden" erzählt er Host Mario Neumann auch von seinen Gelegenheitsjobs und davon, wo er die große Freiheit erlebt hat.
Eine WG hat Claudia Emma Maier und ihren Mann aufgenommen, als sie zusammen ein Zimmer als Bleibe gesucht haben. Seitdem leben sie zusammen mit zwei Marokkanern in der Bremer Innenstadt. "Das ist sehr bereichernd", sagt die 66-Jährige, die unter anderem in Israel und Toulouse gelebt hat. Die Wahl-Bremerin ist evangelische Christin und hat viele Jahre in einer ökumenischen Kommunität gearbeitet. Danach folgen Jobs als Sekretärin, Haushaltshilfe, Programmiererin und Kinderbetreuerin. Heute ist sie Rentnerin und besucht am liebsten ihre drei Söhne. Verreisen ist ihr ohnehin sehr wichtig. Genau deswegen möchte sie auch nicht so viel Miete zahlen. Zum Glück sei sie sehr glücklich mit ihrem Mann, erzählt sie Host Mario Neumann im Bremen-Zwei-Podcast "Eine Stunde reden". Damit die Ehe weiterhin so bleibt, geht das Paar einmal im Monat zu einer Eheberatung.
In Rifat Cetinkayas Leben dreht sich fast alles um den Weg zum Erfolg. Der 21-Jährige steckt mitten im dritten Lehrjahr als Kaufmann für Digitalisierungsmanagement, tüftelt aber schon an der ein oder anderen Geschäftsidee für ein einträgliches Business, unter anderem mit selbst kreierten Parfums. Auf eine gepflegte Erscheinung legt er großen Wert, gerne trägt er auch mal einen maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug. Für seine Ziele strengt er sich an: Sein Tag beginnt mit zehn Minuten unter der eiskalten Dusche, und statt mit Freunden zu feiern oder Hobbys zu pflegen, treibt er lieber Sport und notiert seine Gedanken in Tagebüchern. Aber Rifat Cetinkaya geht es nicht nur um sich selbst. Deutschland hat ihm viele Chancen verschafft, sagt er. Das innere Feuer, das er spürt, will er deshalb auch dafür nutzen, dieser Gesellschaft etwas zurückzugeben.
Der Minirock war mehr als eine Mode-Revolution in den Sechzigern, sagt Sigrid Erhardt. Er stand für politischen Protest, für Beat-Musik und für ein freiheitliches Lebensgefühl, von dem sie heute noch zehrt. Denn sie musste auch mit Tiefschlägen umgehen: Ihre Schwester starb als Jugendliche beinahe an Drogen, ihren langjährigen Lebenspartner hat sie an den Krebs verloren und einmal wurde sie bei einer Demonstration gegen Rechtsextreme brutal zu Boden geworfen. Ihre Lebensfreude hat sich die 72-Jährige von all dem nicht nehmen lassen. Im Gegenteil: Sie ist höchst aktiv und gerne unterwegs. Im Bremer Arbeiterviertel Gröpelingen, wo sie geboren und aufgewachsen ist, engagiert sich Sigrid Erhardt für andere Menschen, pflegt ihren großen Freundes- und Familienkreis und bewegt sich zu Fuß oder mit dem Rad durch die Stadt. Einen Führerschein braucht sie nicht, genausowenig wie einen Computer oder gar ein Handy. Wichtig im Leben ist ihr etwas ganz anderes: Guter Zusammenhalt.
"Von Krieg zu Krieg, von Land zu Land – das war nicht immer einfach", sagt Naji Chehade. Er stammt aus dem Libanon und ist mehrfach vor Krieg geflüchtet. Heute hilft er Geflüchteten in Bremen, einen Job zu finden. "Ich habe nie aufgegeben und bin immer weitergekommen", sagt der 53-Jährige im Bremen-Zwei-Podcast "Eine Stunde reden". Als Kfz-Mechatroniker hat er in Deutschland lange in der Metallbranche gearbeitet und sich nebenbei zum Interkulturellen Coach ausbilden lassen. Besonders war auch seine Schulbildung: Mit sieben ist er im Libanon auf eine deutsche evangelische Schule gekommen. Als Podcast-Host Mario Neumann ihn nach dem Israel-Libanon-Konflikt fragt, sagt er: "Waffen weg, dann finden wir eine Lösung."