Beeinflusst die Eisschmelze an den Polen die Erdrotation? - 1000 Antworten
Update: 2025-12-01
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Theoretisch: Rotation verlangsamt sich, wenn mehr Wasser am Äquator ist
Ja es gibt einen, wenn auch kleinen Effekt: Denn wenn Eispanzer und Gletscher schmelzen, wird Masse auf der Erde umverteilt; das wirkt sich auf die Rotation aus. Das ist derselbe Effekt, den Eiskunstläufer nutzen: Wenn sie sich schneller drehen möchten, ziehen sie ihre Arme an den Körper. Dadurch holen "Masse" von außen näher an die Körperachse, und das führt zu einer Beschleunigung der Eigenrotation.
Übertragen wir das nun auf die Eismassen der Erde – etwa das Eis der Antarktis. Das liegt nahe am Südpol, also nahe an der Erdachse. Wenn es schmilzt, wird es zu Wasser. Dieses Wasser bleibt aber nicht am Südpol, sondern es verteilt sich über die gesamten Weltmeere. Der Meeresspiegel steigt.
Dabei gelangt zumindest ein Teil des Wassers in die Nähe des Äquators. Am Äquator ist das Wasser aber, verglichen mit der Antarktis, relativ weit weg von der Erdachse. Deshalb würde das Gleiche passieren, wie wenn eine Eiskunstläuferin ihre Arme ausstreckt: Die Rotation – in dem Fall der Erde – würde sich etwas verlangsamen.
Landhebung durch Eisschmelze
Dies wird durch einen zweiten Effekt noch verstärkt: Wenn große Gletscher abschmelzen werden auch die darunter liegenden Kontinente von der schweren Eisdecke entlastet. Dann passiert dasselbe wie bei einem Boot, wenn Leute aussteigen oder Fracht abgeladen wird: Es hebt sich – und genauso heben sich die Kontinente, wenn das Eis auf ihnen schmilzt.
In Schottland oder Skandinavien kann man das gut beobachten. Skandinavien lag während der Eiszeit unter mächtigen Gletschern. Dieses Eis ist vor 10.000 Jahren abgeschmolzen, und in der Folge hebt sich Skandinavien noch heute um etwa 1 cm pro Jahr. In hundert Jahren liegen also manche Abschnitte der norwegischen Küste einen Meter höher als heute.
Auch eine solche Landhebung führt nun dazu, dass sich Masse – in dem Fall: Landmasse – ein kleines Stückchen vom Erdmittelpunkt bzw. von der Erdachse entfernt. Das passiert heute schon und wird sich verstärken, wenn auf der Antarktis oder Grönland das Eis schmilzt. Also auch dadurch würde sich – wieder durch den Eisläufereffekt – die Erdrotation verlangsamen.
Schmelzende Gletscher: Auswirkungen auf Erdoration sind kaum messbar
Man kann den Effekt ausrechnen. Allerdings stellt sich dabei heraus, dass die Eismassen im Verhältnis zur Gesamtmasse der Erde so klein sind, dass die Auswirkungen auf die Rotation kaum messbar sind.
Verlangsamung der Erdrotation durch Eisschmelze spielt so gut wie keine Rolle
Nach Auskunft von Maik Thomas vom Geoforschungszentrum in Potsdam ist die theoretische "klimabedingte" Verlangsamung der Erdrotation so klein, dass wir nicht einmal eine zusätzliche Schaltsekunde einführen müssten, um sie auszugleichen.
Gezeitenkräfte sind sehr viel stärker und einflussreicher
Hinzu kommt: Die Erde dreht sich ohnehin mit der Zeit immer langsamer – völlig unabhängig vom Eis. Das liegt vor allem an den Gezeitenkräften, also daran, dass die Masse des Mondes zweimal am Tag Flut und Ebbe auslöst. Dadurch haben wir auf der Erdoberfläche täglich ein großes "Geschwabbel". Das bremst ebenfalls die Rotation, und zwar stärker als all die Effekte, die durch das Schmelzen des Eises entstehen. Diese Verlangsamung ist tatsächlich nachweisbar – aber es ist schwer, in dieser gezeiten-bedingten Verlangsamung die klimabedingte Verlangsamung heraus zu rechnen.
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