Brücken statt Gräben: Unser Buch über die Transformation raus aus der fossilen, automobilen Sackgasse.
Description
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Diese Podcastfolge ist etwas ganz Besonderes – weil wir zu viert zusammensitzen. In einem ehemaligen Turmbunker in Hamburg, mitten an einer sechsspurigen Straße, haben wir uns getroffen, um über unser gemeinsames Projekt zu sprechen: Unser neues Buch „Nehmen wir das Leben wieder selbst in die Hand„ (jetzt vorbestellen!), das am 5. Dezember erscheint. Alle Infos hier.
Ich habe die drei Menschen eingeladen, mit denen ich dieses Buch geschrieben habe und mit denen ich im Dezember auf Lesereise gehen werde. Es war das erste Mal seit fünf Monaten, dass wir wieder physisch am selben Ort waren – nach stundenlangen Gesprächen, die wir digital geführt hatten.
Witzigerweise an eine ziemlich gefährlichen sechsspurige Kreuzung Ein passender Einstieg für ein Gespräch über Mobilität, Arbeit und gesellschaftliche Transformation.
Die Gäste
Tobi
Aktivist, Autor und Teil verschiedener Kollektive und sozialökologischer Projekte. Seine Arbeit: „Schnacken, Schreiben und Schabernack“ – wie er selbst sagt. Tobi hat zwei Jahre lang die Kampagne „Verkehrswende statt Wolfsburg“ koordiniert und bringt die Perspektive der Klimagerechtigkeitsbewegung ein.
Thorsten
Seit 40 Jahren Malocher bei Volkswagen in Wolfsburg. Schlosser, Gewerkschafter, Betriebsrat. Thorsten bringt die Perspektive der Menschen ein, die jeden Tag in der Produktion stehen – und die wissen, dass der Wandel kommen muss, aber nicht auf ihre Kosten gehen darf.
Kiki
Unsere Herausgeberin und Moderatorin der kommenden Lesereise. Sie bringt die organisatorische und vermittelnde Perspektive ein – und wird dafür sorgen, dass wir bei unseren Events im Dezember in gute Gespräche mit dem Publikum kommen.
Das Buch.
Das Buch ist ein Gesprächsband – etwa 140 Seiten, zugänglich geschrieben, aber mit Tiefgang. Es dokumentiert die Gespräche zwischen einem VW-Arbeiter, einem Aktivisten und mir als Mobilitätsexpertin. Die zentrale Frage: Wie schaffen wir eine gerechte Transformation, die niemanden zurücklässt?
Der Untertitel macht klar, worum es geht: „Eine Einladung zum Kampf für das gute Leben für alle.“
Wir müssen raus aus der automobilen fossilen Sackgasse. Aber wie machen wir das, ohne dass Zigtausende Menschen in die Arbeitslosigkeit geschickt werden?
1. Die Realität der Arbeitenden
Thorsten macht gleich zu Beginn klar: Die Beschäftigten bei VW sind nicht das Problem. Sie haben jahrzehntelang gute Arbeit geleistet, Autos gebaut, die weltweit nachgefragt wurden. Doch jetzt stehen sie vor dem Scherbenhaufen einer verfehlten Unternehmensstrategie.
Die Krise bei VW ist hausgemacht:
- Versäumnisse im Management
- Zu späte Reaktion auf die Elektromobilität
- Fokus auf Gewinnmaximierung statt nachhaltiger Planung
- Missachtung der Klimakrise
Und jetzt? Jetzt sollen die Beschäftigten die Zeche zahlen – mit Werksschließungen, Entlassungen, Lohnverzicht.
Thorsens klare Ansage: „Das ist ein gesellschaftliches Problem. Wir können nicht einfach akzeptieren, dass Betriebe geschlossen werden und Menschen in die Arbeitslosigkeit geschickt werden, die ihr Handwerk perfekt beherrschen.“
2. Die falsche Alternative: E-Auto statt Verbrenner
Ein zentraler Punkt, den Thorsten immer wieder betont: Das Elektroauto ist klimapolitisch nur ein bisschen weniger absurd als der Verbrenner.
Warum?
- Seltene Erden werden unter katastrophalen Bedingungen abgebaut
- Riesige Landschaften werden für den Rohstoffabbau zerstört
- Chemikalien werden eingesetzt, um diese Rohstoffe zu gewinnen
- Die ökologische Bilanz ist bei weitem nicht so gut, wie oft behauptet wird
Thorsens Kritik: „Den Menschen, die Schlosser gelernt haben und wirklich was auf dem Kasten haben, zu sagen, dass E-Autos das Ende der Musik sind und wir nichts Besseres produzieren können – das kratzt an meinem Berufsethos.“
3. Was könnten wir stattdessen produzieren?
Hier wird das Gespräch richtig spannend. Denn die Frage ist nicht: „Können wir etwas anderes bauen?“, sondern: „Was hindert uns daran?“
Beispiel aus der Corona-Zeit:
VW-Beschäftigte haben in kürzester Zeit aus Scheibenwischer-Motoren Beatmungsgeräte gebaut. Das zeigt: Das Wissen und die Fähigkeiten sind da. Sie werden nur nicht abgerufen.
Mögliche Alternativen:
- Schienenfahrzeuge (Züge, Straßenbahnen, S-Bahnen)
- Lastenräder und Cargo-Bikes
- Komponenten für den öffentlichen Nahverkehr
- Technologie für erneuerbare Energien
- Medizintechnik
Es ist eine Machtfrage. Wer entscheidet, was produziert wird? Aktuell sind es Konzernvorstände und Aktionäre – nicht die Beschäftigten, nicht die Gesellschaft.
4. Arbeitszeitverkürzung statt Entlassungen
Wenn wir weniger produzieren müssen (was klimapolitisch sinnvoll wäre), dann verteilen wir die Arbeit auf mehr Schultern.
Statt 40 Stunden könnten alle 30 Stunden arbeiten – bei vollem Lohnausgleich. Das würde bedeuten:
- Keine Entlassungen
- Mehr Lebensqualität für alle
- Zeit für Familie, Ehrenamt, Weiterbildung
- Reduktion des ökologischen Fußabdrucks
Thorstens Vision: „Wir könnten viel mehr Zeit haben für unsere Kinder, für unsere Hobbys, für gesellschaftliches Engagement. Aber stattdessen wird uns gesagt, wir sollen länger arbeiten. Das ist absurd.“
5. Die Rolle der Gewerkschaften
Thorsten übt auch Kritik an den Gewerkschaften. Aktuell lauten viele Forderungen: „Wir brauchen günstigeren Industriestrom, damit wir wettbewerbsfähiger sind.“
Das passt nicht auf die gesellschaftlichen Probleme, die wir haben.
Stattdessen bräuchte es eine grundsätzliche Debatte:
- Was für eine Gesellschaft wollen wir?
- Wie wollen wir arbeiten?
- Was wollen wir produzieren?
- Wer entscheidet darüber?
6. Aktivismus trifft Arbeiterbewegung
Tobi bringt die Perspektive der Klimagerechtigkeitsbewegung ein. Und genau hier liegt die Stärke dieses Buchs: Es baut Brücken.
Das übliche Narrativ:
- Aktivist:innen = „doofe Klima-Kleber:innen“
- Arbeiter:innen = „Klimasünder:innen, die an fossilen Jobs festhalten“
Die Realität: Beide Seiten wollen eigentlich dasselbe – ein gutes Leben, eine lebenswerte Zukunft, Gerechtigkeit.
Tobis Hoffnung: „Was passiert eigentlich, wenn wir aufhören, uns gegenseitig auszuspielen? Wenn wir Hand in Hand kämpfen? Wenn wir Brücken bauen statt Gräben?“







