DiscoverScience on Player FMDie Poincaré-Vermutung - Das Millionen-Rätsel der Mathematik - radioWissen
Die Poincaré-Vermutung - Das Millionen-Rätsel der Mathematik - radioWissen

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Update: 2025-01-14
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Description

Die Poincaré-Vermutung erfasst Geometrie höherer Dimensionen - und bringt uns damit nichts weniger als die Form des Universums näher. Über 100 Jahre blieb diese Vermutung eines der schwersten mathematischen Rätsel der Welt. Von Lavina Stauber


Credits
Autorin dieser Folge: Lavina Stauber
Regie: Irene Schuck
Es sprach: Berenike Beschle
Technik: Roland Böhm
Redaktion: Yvonne Maier


Im Interview:
Prof. Dr. Michael Eisermann, Abteilungsleiter für Geometrie und Topologie an der Universität Stuttgart
George Szpiro, Mathematiker, Journalist und Autor
Dr. Johann Beurich, Mathe-Youtuber „DorFuchs“
Dr. Norbert Blum, theoretischer Informatiker und emeritierter Professor an der Universität Bonn



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Literatur:


Der Geschichte des Beweises der Poincaré-Vermutung geht George Szpiro in seinem Buch  „Das Poincaré-Abenteuer: Ein mathematisches Welträtsel wird gelöst“ nach.


Eine Biographie über Gregori Perelman liefert Masha Gessen mit: „Der Beweis des Jahrhunderts – Die faszinierende Geschichte des Mathematikers Grigori Perelman“ 


Einen Überblick über alle sieben ausgeschrieben Millennium Probleme beschreibt Keith Delvin in: „The Millenium Problems – The Seven Greatest Unsolved Puzzles of Our Time”


Und die wichtigsten mathematische Rätsel, auch diejenige, die Hilbert auf seiner Liste 1900 stehen hatte, fasst Ian Stewart in seiner Publikation „Die letzten Rätsel der Mathematik“ niedrigschwellig zusammen. 


Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.

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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.


Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:


"It's an Abstract" - Album: Steve Jobs (Original Motion Picture Soundtrack) - Komponist und Ausführender: Daniel Pemberton - Länge: 0'24


SPRECHERIN: 


Russland, im November 2002. Es ist ein Montagnachmittag, kurz nach 16 Uhr, als auf der Plattform „arXiv“ ein neuer Artikel hochgeladen wird. In Mathematiker-Kreisen wird kurz darauf gemunkelt, dass hier etwas ganz Großes publiziert wurde: die Lösung eines Jahrhundert-Rätsels. 


ZSP 01_rW_Poincare-Vermutung_Szpiro


Also die Nachricht schlug wie eine Bombe ein. Niemand hatte das erwartet. Perelman war bekannt, schon damals als brillanter Mathematiker, aber niemand wusste, dass er an der Poincaré-Vermutung arbeitet. Innerhalb von Stunden ging die Nachricht um die ganze Welt.


Musik 2


"It's an Abstract" - Album: Steve Jobs (Original Motion Picture Soundtrack) - Komponist und Ausführender: Daniel Pemberton - Länge: 0'7


SPRECHERIN:


Dass das Who is Who der Mathematik so schnell von diesem Artikel erfährt, liegt auch an der Art der Veröffentlichung.  


ZSP 02_rW_Poincare-Vermutung_Beurich


Das arxiv ist ein sogenannter Preprint Server, wo die Leute ihre PDFs einfach ablegen können und andere das dann auch im vollkommen offenen freien Zugang kostenlos herunterladen und anschauen dürfen.


Musik 3


"It's an Abstract" - Album: Steve Jobs (Original Motion Picture Soundtrack) - Komponist und Ausführender: Daniel Pemberton - Länge: 0'35


SPRECHERIN:


Die Dokumente, die dort hochgeladen werden, durchlaufen keine Peer-Review wie es bei wissenschaftlichen Publikationen sonst üblich ist. Das, was dort geschrieben steht, ist nicht zuvor auf die Korrektheit überprüft worden. 


Und dennoch haben viele bedeutende Mathematiker dieses Bauchgefühl; dass der Urheber dieses Artikels eine korrekte Lösung für ein mathematisches Rätsel gefunden hat, das seit fast hundert Jahren ungelöst ist. Die sogenannte Poincaré-Vermutung, benannt nach dem Mathematiker Henri Poincaré aus Frankreich.


ZSP 03_rW_Poincare-Vermutung_Eisermann


In den 100 Jahren ihres Bestehens von 1904, als Poincaré sie formuliert hat, hat diese Vermutung ja viel schöne Mathematik generiert. Viele Menschen haben versucht, diese Vermutung zu lösen, zu beweisen oder zu widerlegen. Das hat nicht geklappt, aber dabei sind viele neue Erkenntnisse entstanden. Also man hat sich daran die Zähne ausgebissen. Aber vielleicht positiv formuliert, man hat die Werkzeuge geschärft.


SPRECHERIN:


Michael Eisermann ist Professor an der Universität Stuttgart am Institut für Geometrie und Topologie, also genau dem Fachbereich, dem die Poincaré-Vermutung zuzuordnen ist.


ZSP 04_rW_Poincare-Vermutung_Eisermann


In der Geometrie geht es um Längen und Winkel und Flächeninhalt und solche Dinge. Also Dinge, die man messen kann. Das heißt ja das Wort: Geometrie ist die Vermessung der Erde. Und in der Topologie versucht man, von diesen Maßzahlen etwas wegzukommen. Was dann übrig bleibt, ist sozusagen die globale Form.


Also wenn Sie auf der Erdoberfläche umherwandern, können Sie sich fragen, hat die Erdoberfläche die Form einer Scheibe? Oder ist vielleicht die Oberfläche einer Sphäre, also einer Kugel? Oder ist es die Oberfläche eines Schwimmreifens? Das würde man einen Torus nennen. Und da geht es nicht mehr um Geometrie. Da geht es nicht darum, wie groß oder klein das ist, wie sind die Winkel? Sondern da geht es um die globale Form, um die Topologie dieses Raumes, in dem wir uns da bewegen.


Musik 4


"It's an Abstract" - Album: Steve Jobs (Original Motion Picture Soundtrack) - Komponist und Ausführender: Daniel Pemberton - Länge: 0'40


SPRECHERIN:


Also um den ganz großen Blick auf unsere Welt. Ein Mathematiker, der auch in der Topologie zu Hause ist, ist: Gregori Perelman. Jener Mann, der 2002 den Artikel zu Poincaré-Vermutung veröffentlicht und damit ein Rätsel löst, das ihn 1-Million-Dollar und eine Fields-Medaille reicher hätten machen können. 


Johann Beuerich hat in Mathematik promoviert und sich dann mit dem YouTube-Kanal „Dor Fuchs“ selbstständig gemacht, um die Faszination der Mathematik mit der Welt zu teilen. Auch über die sieben sogenannten „Millennium-Probleme“ informiert er dort, die Poincaré-Vermutung ist eine davon: 


ZSP 05_rW_Poincare-Vermutung_Beurich


Inhaltlich sind das Fragen aus der Forschung, die auch bewusst aus sehr breiten Themenspektren gewählt wurden, also von eher informatischen, eher physikalischen Themen bis zu reiner Mathematik, so dass jedes Fachgebiet so sein Millenniumproblem bekommen hat, wo man sagen kann: so jeder Mathematiker arbeitet in irgendeiner Weise an einem Thema, was irgendwo zu so einem Problem führen könnte.


SPRECHERIN:


Die Wurzeln der Millennium-Probleme führen zurück auf den bedeutenden deutschen Mathematiker David Hilbert - genau 100 Jahre bevor der 1-Million-Dollar-Preis eingeführt wird.


ZSP 06_rW_Poincare-Vermutung_Beurich


Hilbert war, als er die Probleme vorgestellt hat, im Jahr 1900 auf dem Internationalen Mathematikerkongress als Redner eingeladen. Das ist schon eine der höchsten Ehren, die man als Mathematiker bekommen kann, wenn man auf dem internationalen Kongress dort ein Plenarvortrag halten darf. Und Hilbert dachte sich halt: Na ja, jetzt beginnt ein neues Jahrhundert. Deswegen spreche ich mal so ein paar Probleme an, die das nächste Jahrhundert prägen könnten. 


SPRECHERIN:


Und er behielt Recht. Was Hilberts Probleme so außergewöhnlich macht, ist, dass sie nicht nur Antworten auf mathematische Fragen verlangt, sondern neue Wege des Denkens erschließt. Seine Rätsel inspirieren, provozieren, und oft führen sie zu völlig neuen mathematischen Disziplinen. Sie erinnern daran, dass Mathematik nicht statisch ist, sondern sich stetig erweitert, wie ein unaufhörlich wachsender Kosmos des Wissens.


Musik 5


"It's not working" - Album: Steve Jobs (Original Motion Picture Soundtrack) - Komponist und Ausführender: Daniel Pemberton - Länge: 0'37


SPRECHERIN:


Paris, im Mai 2000 – zwei Jahre, bevor Gregori Perelman seinen Artikel auf arXiv hochladen wird.


Gerade hat die Welt das neue Jahrtausend, also das Millennium, gefeiert und kluge Köpfe aus Mathematik und Naturwissenschaft sitzen im Collège de France zusammen, brüten darüber, was in ihren Fachgebieten heute wohl die schwersten und entscheidenden Rätsel sind. Rätsel, die wegweisend für die Mathematik des kommenden Millenniums sein werden. 


Und für die Lösung setzt das Clay Mathematics Institute ein Preisgeld aus von: jeweils 1 Million Dollar. 


ZSP 07_rW_Poincare-Vermutung_Eisermann


Jeder kann 1 Million Dollar verstehen, aber kaum jemand kann die Schwierigkeit der Poincaré-Vermutung einschätzen. Insofern sind diese Preise außerhalb der Mathematik ein soziales Signal, sozusagen für die Wertschätzung, die Schwierigkeit der Arbeit und die

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