DiscoverSWR2 Kultur AktuellEin Jahr Selbstbestimmungsgesetz: Ein „gesetzgeberischer Meilenstein“
Ein Jahr Selbstbestimmungsgesetz: Ein „gesetzgeberischer Meilenstein“

Ein Jahr Selbstbestimmungsgesetz: Ein „gesetzgeberischer Meilenstein“

Update: 2025-10-31
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Bisheriges Gesetz war 44 Jahre alt


Der 1. November 2024 war für die queere Community ein bedeutsamer Tag: Das Selbstbestimmungsgesetz löste das bis dahin geltende Transsexuellengesetz ab. Dieses stammte aus dem Jahr 1980 und wurde insbesondere von queeren Verbänden als diskriminierend kritisiert. Das Bundesverfassungsgericht stufte es in Teilen als rechtswidrig ein.
Mit dem neuen Gesetz sollten genau diese Punkte verbessert werden: Statt intimen Untersuchungen und entwürdigenden Befragungen reicht nun eine Anmeldung beim Standesamt. Nach drei Monaten Wartezeit können Betroffene dann ihren Vornamen sowie ihren Geschlechtseintrag ändern.

Kein Ansturm auf die Behörden


Wie viele Personen diese Möglichkeit bisher genutzt haben, erfassten nicht alle Behörden genau. Eine Umfrage des Deutschen Pressedienstes in den großen deutschen Städten kommt auf mindestens 11.000 Fälle. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass 22.000 Menschen die neue Regelung bisher in Anspruch genommen haben.
Für Judith Rahner vom Deutschen Frauenrat zeigen die Zahlen, dass der viel prophezeite Ansturm ausgeblieben sei. Wer stattdessen vom dem Gesetz profitiere, seien Menschen mit einem enormen Leidensdruck, die oft schon jahrelang über diesen Schritt nachdächten.

Provokation von rechts


Dass dieses Gesetz teilweise instrumentalisiert werde, etwa im Fall der Rechtsextremistin Marla-Svenja Liebig, sieht Rahner nicht als Zeichen für ein Problem mit dem Gesetz:

Nazis machen Nazi-Sachen, das war auch schon immer so.

Quelle: Judith Rahner, Deutscher Frauenrat



Gerade aus rechts-konservativen Kreisen waren Befürchtungen zu hören: Männer könnten sich durch eine Änderung des Geschlechtseintrags Zugriff auf Schutzräume von Frauen verschaffen. Hier verweist Rahner auf Möglichkeiten wie das Hausrecht: „Das können die Länder und das können die Gefängnisanstalten vor Ort immer noch selber entscheiden“.
Von behördlicher Seite gibt es mit dem Gesetz keine Probleme: Die meisten Anträge werden angenommen, nur wenige abgelehnt, etwa wegen eines unzulässigen Vornamens. Auch die Angst, durch Geschlechtsangleichungen und Vornamensänderungen könnten Kriminelle leichter untertauchen, ist unter Fachleuten umstritten.

Kritik von AfD und Union


Ganz ausdiskutiert ist das Gesetz noch nicht: Erst kürzlich etwa beantragte die AfD eine Aufhebung des Gesetzes, mit Verweis auch eine angebliche Rechtsunklarheit und fehlendem Schutz vulnerabler Gruppen wie Frauen und Jugendlicher.
Die Union plante außerdem eine Änderung im Meldegesetz, sodass bei Betroffenen vermerkt werden sollte, dass Name und Geschlecht von der ursprünglichen Eintragung abweichen. Dies stieß auch viel Kritik – daraufhin zog die Union den Vorschlag zurück. Vorerst ist das Vorhaben vom Tisch.

Hetzkampagnen gefährden Betroffene


Was allerdings bleibt, ist viel Stimmungsmache gegen Betroffene, beobachtet Rahner:

Wir hatten letztes Jahr 1.200 Übergriffe auf Trans-Personen in Deutschland und das machen eben diese Kampagnen auch.

Quelle: Judith Rahner, Deutscher Frauenrat



Rahner appelliert, sich von Provokationen und Hetzkampagnen nicht beeinflussen zu lassen, und sich stattdessen schützend vor Betroffene zu stellen: für das Recht, über sich selbst entscheiden zu dürfen.
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