DiscoverScience on Player FMKrieg in den Bergen - Eingegraben in Fels und Eis - radioWissen
Krieg in den Bergen - Eingegraben in Fels und Eis - radioWissen

Krieg in den Bergen - Eingegraben in Fels und Eis - radioWissen

Update: 2024-09-19
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Description

Im Mai 1915 entwickelte sich in den Alpen ein grausamer Stellungskrieg. Die beteiligten Soldaten Italiens und Österreich-Ungarns waren nicht nur von den unmittelbaren Kampfhandlungen betroffen, sondern auch auf zermürbende Weise den Naturgewalten ausgeliefert. An manchen Frontverläufen kamen mehr Soldaten durch Lawinen und Erfrierung ums Leben als in direkten Kämpfen. Von Markus Mähner


Credits
Autor dieser Folge: Markus Mähner
Regie: Kirsten Böttcher
Es sprachen: Rahel Comtesse, Sophie Rogall, Johannes Hitelberger
Technik: Monika Gsaenger
Redaktion: Thomas Morawetz



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Literatur:
Alexander Jordan: Krieg um die Alpen - Der Erste Weltkrieg im Alpenraum und der bayerische Grenzschutz in Tirol. Duncker & Humblot 2008. ISBN 978-3-428-12843-3
Alexander Jordan: Die deutschen Gebirgstruppen im Ersten Weltkrieg. Verlag Militaria 2023. ISBN 978-3-903341-32-6


Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.

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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.


Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:


SPRECHERIN 2


Februar 1917. In 2000 Metern Höhe auf dem Pasubio, einem Bergmassiv zwischen Rovereto und dem Flachland von Vicenza. Ein ganzes Dorf ist an den Fels gezimmert, Baracken in unterschiedlicher Form und Größe. Manche von Schnee begraben. Viele noch in Bau oder wieder im Aufbau nach einem Lawinenabgang.


GERÄUSCH Lawine


ZITATOR


20.März: Es ist eine Sisyphus-Arbeit hier. Der Sturm zerstört immer wieder alles, was wir aufgebaut haben. Du kannst Dir das nicht vorstellen!


SPRECHERIN 1


Achille Papa, diensthabender General auf dem Pasubio, in einem Brief an seine Familie.


SPRECHERIN 2


Ein Monat später: Immer noch Schnee überall, doch die Behausungen sind gewachsen, neue hinzugekommen. 


SPRECHERIN 1


So zeigen es zwei Fotos eines italienischen Soldaten, der an diesen notdürftigen Unterkünften mitgehämmert hat - und Baumaterial dafür in diese Höhe raufgeschleppt hat:


SPRECHERIN 2


Ein weiteres Foto zeigt eine Kolonne von etlichen Männern – es mögen 50 oder auch 100 sein – die sich durch meterhohen Schnee bergaufwärts graben. Auf ihren Schultern tragen sie 5 Meter lange Holzbalken. Eine Schufterei!


ZITATOR


2. April: Der Schneesturm dauert jetzt schon vier Tage. Es scheint so, als wollte der Südwest-Wind den ganzen Berg schütteln. Der Sturm macht uns fertig. Ich habe alle Arbeiten verboten, damit kein Unglück geschieht. Alle Liebe Achille.


Musik 2: Monumental brass (c) –22 Sek


SPRECHERIN 1


Doch wozu diese Mühsal? Warum Schützenstellungen mitten auf dem Berggipfel bauen, wenn das tief eingeschnittene, breite Etschtal gleich daneben und 2000 Meter tiefer liegt?


SPRECHERIN 2


Die Antwort: Die Täler waren zu gut geschützt. Alexander Jordan, Direktor des Wehrgeschichtlichen Museums Rastatt:


Jordan 5


Im 19.Jahrhundert ist man verstärkt darangegangen vor allem die Täler in Tirol - also die geplanten oder potenziellen Einbruchswege - durch ständige Befestigungen zu sperren: also Fortifikationen unterschiedlicher Größe und Dimensionen, Sperrwerke, ganze Sperrgruppen, die einzelne Täler schließen. 


SPRECHERIN 1


Doch nicht nur Festungen sind im 19.Jahrhundert verstärkt gebaut worden. Auch die touristische Erschließung der Alpen um 1900 spielte eine Rolle für den Krieg in den Bergen.


Jordan 4


Man hat immer leistungsfähigere Bahnen gebaut, nicht nur kleine Gebirgsbahnen, sondern auch Vollbahnen: die Semmeringbahn, die Brennerbahn, die Arlbergbahn, die Gotthardbahn. Und so waren Verschiebungen großer Truppenmassen, die für einen Krieg der Moderne unerlässlich waren, schnell und einfach möglich.


SPRECHERIN 1


Und so konnte man schnell die große Anzahl an Soldaten, Trägern, Material und Verpflegung, die man für ein ganzes Kriegsdorf wie auf dem Pasubio benötigte, herankarren. Denn eine Kriegsstellung auf einer Anhöhe hat auch strategische Vorteile. Nochmal Alexander Jordan, Autor der Bücher „Krieg um die Alpen“ und „Die deutschen Gebirgstruppen im 1.Weltkrieg“:


Jordan 3


Das Besondere ist ja, dass die Umweltbedingungen und das Terrain von jeher die Planung und den Ablauf von militärischen Aktionen beeinflusst haben. Also die Topografie des Gebirges steht hier ein bisschen im Fokus. Man hat im Lauf der Geschichte schon viele Schlachten im Gebirgsgelände gekämpft, weil eben die Überhöhung einmal der Verteidigung, andermal aber dem Angriff förderlich war. Und was sich auch zeigt in der Geschichte, dass schon kleine Erhebungen und Hügel oft taktische Vorteile bieten, ohne größere Risiken eingehen zu müssen.


Musik 3: Broken by nature (Part 5) – 20 Sek 


+ Atmos Eiswind, Schritte…


SPRECHERIN 2


Allerdings verlagerte sich das Kampfgeschehen im Ersten Weltkrieg in bisher ungeahnte Höhen und Gegenden. Kriegshandlungen in Fels und Eis, im Hochgebirge bis auf 3800 Meter, stellten ganz besondere Herausforderungen dar.


Jordan 6


Prinzipiell ist ja der Zweck aller Kriegshandlungen das Erreichen bestimmter strategischer oder taktischer Ziele. Jedes Gebirge erschwert diese Zielerreichung. Die Gebirge zeichnen sich ja im Gegensatz zum Flachland dadurch aus, dass Faktoren verstärkt zu Tage treten. Faktoren wie Ressourcenlosigkeit, Wege-Armut, schwere Gangbarkeit und plötzlich auftretende Elementarereignisse. Die Ressourcenlosigkeit, die bezieht sich natürlich vor allem auf die Verpflegungs-Quellen für Mann und Tier. Man darf nicht vergessen, dass im Ersten Weltkrieg und insbesondere im Gebirgskrieg die Tiere eine ganz zentrale Rolle im Bereich Nachschub und Logistik ausmachen. 


Musik 4: Broken by nature (Part 5) – siehe vorn – 55 Sek


+ Atmos Eiswind


SPRECHERIN 1


Und manchmal, wenn die „plötzlich auftretenden Elementarereignisse“, also Stürme, Schneefall, Lawinenabgänge, Temperaturabfälle auf weit unter Null Grad auftraten, dann blieb dieser Nachschub oft aus – gerne auch mal mehrere Tage.


ZITATOR


Gewaltige Schneemassen bedeckten die Bergflanken, die Temperatur sank oft bis unter 20 Grad Celsius. Um die Truppen zu verpflegen, musste man erst Gassen durch den Schnee brechen und überdies die Fuhrwerke in Schlitten verwandeln. Auf die Höhenstellungen konnte man die Feldküchen nicht hinaufbringen, die Nahrungsmittel mussten unter furchtbarsten Mühsalen täglich hinaufgeschleppt werden. Es kam vor, dass die Truppen lieber ohne Nahrung blieben, als schichtenweise durch metertiefen Schnee bergab und wieder bergauf zu wandern. 


SPRECHERIN 2


Aus einem österreichisch-ungarischen Feldpostbrief.


SPRECHERIN 1


Zwar gab es unter den Soldaten, die das ertragen mussten, einige, die eine besondere Ausbildung für den Krieg im Gebirge erhielten. Oder sie hatten bereits selbst Bergerfahrung...


SPRECHERIN 2


Was allerdings manchmal zu absurden Szenen führte: So trafen sich zum Beispiel im Gebiet der Sextner Dolomiten ehemalige Kletterpartner an der Front wieder – auf gegnerischen Seiten!


SPRECHERIN 1


Die meisten Soldaten jedoch, die in den Alpen kämpfen mussten, waren alles andere als ausgebildete Alpinisten.


Jordan 8


[…] da waren Landwehrverbände dabei, die beispielsweise aus Ungarn kamen, aus der ungarischen Puszta, die dann wenn es blöd lief, irgendwo rund um den Ortler in unwirtlichen Gegenden auf fast 4000 Metern kämpfen mussten: in einem Terrain, das ihnen völlig fremd war. Genauso italienische Bauern beispielsweise aus Sizilien oder Süditalien, die mit Gebirge überhaupt nichts am Hut hatten.


SPRECHERIN 2


Auch war die Ausrüstung meist mangelhaft und keineswegs ausgelegt für einen längeren Aufenthalt im Hochgebirge - und für Kampfhandlungen dort schon gleich gar nicht: Zu Beginn des Krieges hatten die meisten Soldaten nur Mützen und keine Helme. Was im Fels ein besonderes Risiko darstellt, da Geschosse gerne mal am Stein abprallen oder Steinstücke losschlagen, die dann wiederum selbst wie kleine Geschosse wirken.


Musik 5: Herr und Frau Iskue – 55 SEk


SPRECHERIN 1


Doch wie kam es überhaupt zu dem Krieg im Gebiet zwischen Ortler, Gardasee, Dolomiten bis hin zum Fluss Isonzo kurz vor der Bucht von Triest?


SPRECHERIN 2 


Heute ist der Isonzo auch un

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