Warnung und Hoffnung zugleich
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Als Norddeutsche sind mir Weinberge und Weinanbau eher fremd. Doch vor einiger Zeit hatte ich die Gelegenheit, durch ein Feld mit Weinstöcken zu wandern. Und dabei hat sich mir besonders eingeprägt, zu sehen, wie kräftig ein Weinstock sein kann im Vergleich mit den ein oder zwei recht dünnen Reben, die aus dem Stock herauswuchsen. Zusätzlich hatte der Weinbauer diese Reben ordentlich festgebunden und dabei eine klare Richtung vorgegeben, wie und wohin sie wachsen sollten. Überflüssiges war weggeschnitten worden - also keine Chance für ungeplante Wildtriebe.
An dieses Bild musste ich denken, als ich den für heute vorgesehen Bibelvers las, wie er in den Herrnhuter Losungen abgedruckt ist. Es sind Worte, die vor ca. 2600 Jahren der Prophet Jeremia dem Volk Israel im Auftrag Gottes vermittelte. In dieser Botschaft wird das Volk Israel mit einem Weinstock verglichen, den Gott mit Herzblut gepflanzt hat und in der er seine Enttäuschung über die Entwicklung seines Weinstocks mit folgenden Worten im Buch des Jeremia, in Kapitel 2, Vers 21 kundtut: „Ich hatte dich als edlen Weinstock gepflanzt, die besten Pflanzen hatte ich genommen. Wie konntest du dich nur so verändern? Ein wilder, wuchernder Weinstock bist du.“
Gott hatte sich entschieden, dieses Volk auszuwählen als sein besonderes Volk, von dem Segen für die ganze Welt ausgehen sollte. Von Gott geführt und geleitet hatten sie viel Gutes und Wunderbares erlebt. Doch im Laufe der Zeit lernten sie andere Götter und Kulturen kennen, die interessanter erschienen als ihr ihnen bekannter Gott. Sie vertrauten sich Weltmächten an, mit denen zusammen sie sich eine noch bessere Zukunft erhofften als bisher. Gottes Regeln streiften sie ab wie Fesseln, die ihnen zu eng geworden waren. Sie wollten sich unabhängig von Gott frei entfalten. Und Gott lässt ihnen die Freiheit, lässt zu, dass sie selbst entscheiden, wie sie leben und glauben wollen. Das ist, bildlich gesprochen, in Gottes Augen „sinnloser Wildwuchs“ der keine Früchte bringen wird. Jeremias Worte wollen warnen. Sie wollen aufrütteln, darüber nachzudenken, was Menschen verlieren, wenn sie ihre Beziehung zu Gott aufs Spiel setzen. Gott will niemanden zwingen, auf ihn zu hören, lässt aber in nachfolgenden Worten durchklingen, dass es seinen Menschen ohne seine Hilfe und Führung nicht gut gehen wird.
Wir sollten diese Worte auch für uns ernstnehmen – als Warnung und als Hoffnung zugleich. Wie oft schleicht sich in unser Leben die Angst ein, wesentliches zu verpassen, wenn man nicht dieses oder jenes auch noch mitmacht oder kennenlernt. Von Gesundheitskult bis Klima-retten kann sich in unseren unterschiedlichen Lebensbereichen ein Hunger nach mehr entwickeln, der uns Gottes Ziel mit uns vergessen lässt. Doch Gott gibt uns nicht auf, so wie er Israel auch nicht aufgegeben hat. Er möchte unser Weingärtner sein, von dem wir uns wie Reben führen, leiten – und ja, auch mal festbinden oder eine Pflegeschnitt gefallen lassen. Sich von seinen Worten und seinem Willen leiten lassen ist der beste Weg zu einem zielgerichteten erfüllten Leben.
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Autor: Ursula Eggers
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