#6 Dr. Jekyll & Mr. Hyde vs. Der Meister des Jüngsten Tages: True Crime oder True Self
Description
Wie werden Menschen zu Tätern? Gibt es so etwas wie das Böse - oder nur schlechte Umstände? Können wir überhaupt beeinflussen, was wir tun - oder sind wir unseren inneren Zwängen hilflos ausgeliefert? Dr. Jekyll und Mr.Hyde und Der Meister des Jüngsten Tages geben darauf eine interessante Antwort: Es sind nicht unsere manchmal nicht ganz astreinen Gefühle wie Hass, Missgunst oder Neid, die uns zu schwierigen Zeitgenossen machen… Sondern die Tatsache, dass wir diese Seiten an uns verdrängen und verleugnen.
In der Riesenangst, als ‘schlechter Mensch’ entlarvt zu werden, verbiegt man sich und schluckt Bedürfnisse und Gedanken runter, bis das Fass irgendwann überläuft - oder bis man sich ein Alias aufbaut, dass dann all das Negative sein darf.
Durch eine bewusste Integration dieses eigenen ‘Schattens’ (08:27 ), wie C.G. Jung es genannt hat, kann man dieser Explosion vorbeugen:
https://www.youtube.com/watch?v=Bqbr3SXeskE
Ob sich die negativen Wünsche nun in böse Taten verwandelt haben, das wird in beiden Werken unterschiedlich deutlich. Während Mr. Hydes Blutrausch klar geschildert wird, versteckt der Freiherr von Yosch seine Schuld vorzugsweise hinter biblischen Andeutungen.
Dass durch kulturelle Moralvorstellungen unterdrückte Anteile des Ichs sich irgendwann in Aggression gegen das Außen oder in totaler Selbstzerstörung entladen können (59:40 ), wurde bald nach Stevenson auch von der Psychoanalyse entdeckt. Nicht nur C.G. Jungs Integration des Schattens spielt dabei eine Rolle, sondern auch Freuds ‘Unbehagen in der Kultur’:
https://www.youtube.com/watch?v=BREiWuBj5lw&t=12s
Das heißt, am Ende kommt man einfach nicht darum herum, sich mit seinen Bedürfnissen zu befassen, will man ein gesundes Leben führen. Denn auch wenn man in einer Gemeinschaft natürlich nicht alle seine Triebe ungesteuert ausleben kann, so bringt einen eine klare Auseinandersetzung doch weg von der schädliche Verdrängung, hin zur Sublimierung (01:03:23 ), bei der man seine Begehren kreativ verarbeitet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sublimierung_(Psychoanalyse)
Alle Zitate beziehen sich auf:
Perutz, Leo, Der Meister des Jüngsten Tages, dtv, München, 2003
Stevenson, Robert Louis, Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, Diogenes, Zürich
06:57 Perutz, S.196
09:05 Stevenson, S. 22f.
09:22 Stevenson, S. 39f.
09:35 Stevenson, S. 95
10:35 Stevenson, S. 33
12:34 Perutz, S. 63
13:26 Perutz, S. 70
16:28 Perutz, S. 154
18:56 Perutz, S. 125
19:30 Perutz, S. 100
21:08 Perutz, S. 55f.
23:02 Stevenson, S. 89
23:46 Stevenson, S. 96f.
26:33 Stevenson, S. 17
27:20 Stevenson, S. 21
27:35 Stevenson, S. 43
29:46 Perutz, S. 168
31:31 Perutz, S. 194
33:30 Perutz, S. 155
33:56 Perutz, S. 159
34:19 Perutz, S. 158
35:20 Stevenson, S. 93
36:47 Stevenson, S. 63
37:55 Perutz, S. 91
38:40 Stevenson, S. 106
40:00 Perutz, S. 191
41:45 Stevenson, S. 115
42:08 Stevenson, S. 91
42:47 Stevenson, S. 95
43:20 Stevenson, S. 96
43:59 Stevenson, S. 112
46:22 Stevenson, S. 26
47:05 Stevenson, S. 99
48:41 Perutz, S. 82f.
49:26 Perutz, S. 96
50:28 Stevenson, S. 115
50:54 Stevenson, S. 111
51:49 Perutz, S. 189
53:54 Stevenson, S. 116
55:08 Stevenson, S. 52
55:59 Stevenson, S. 55f.
58:28 Stevenson, S. 58
58:48 Stevenson, S. 61
01:02:11 Perutz, S. 197
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