Für IKG-Präsident drängt Zeit bei Holocaust-Zentrum
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Geht es nach dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, drängt die Zeit bei der Realisierung des von der Regierung geplanten Holocaust-Zentrums. “Mein Wunsch ist es, dass es eine Eröffnung geben sollte, wo Shoah-Überlebende dabei sein können”, sagte er im APA-Interview. Die Palästina-Resolution der SPÖ hält er für einen “schweren politischen Fehler”. Den Song Contest mit der Beteiligung Israels würde Deutsch gerne besuchen.
Die Idee zu einem Holocaust-Zentrum hatte Deutsch, der auch Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft (IRG) ist, selbst vorgebracht, mittlerweile hat es das Projekt zumindest in die Regierungserklärung geschafft. Auch aus Spargründen wurde vorerst lediglich eine Machbarkeitsstudie beauftragt. “Ich sage jedes Mal, dass das kein jüdisches Projekt ist, sondern ein Projekt der Republik”, erinnert Deutsch an den Stellenwert einer solchen Einrichtung. Platz finden soll das Holocaust-Zentrum an einem “prominenten Standort” in der Bundeshauptstadt.
Ein weiteres wichtiges Projekt für den IKG-Präsidenten ist die Sanierung und Restaurierung des Stadttempels anlässlich dessen 200-Jahr-Jubiläums, die bereits im Gang ist. Deutsch geht derzeit davon aus, dass der Zeitrahmen eingehalten wird und einer Eröffnung im September des kommenden Jahres nichts im Weg steht. Je ein Drittel der Kosten wurden von Bund und der Gemeinde Wien übernommen, für den Rest Spenden gesammelt. “Wir haben an die 50 Prozent erreicht”, so Deutsch. “Und die zweite Hälfte werden wir mit Hilfe aller, denen die Erhaltung dieses Kulturjuwels am Herzen liegt, im nächsten Jahr auch noch schaffen.”
“Vielfalt” hat bei Song Contest gewonnen
Nach dem Gezerre rund um die Teilnahme Israels am Song Contest freut sich Deutsch über die Entscheidung der European Broadcasting Union (EBU), den Weg für das Land frei zu machen: “Die Vielfalt hat gewonnen. Und ja, ich werde mit meiner Familie – wenn wir Karten bekommen – sehr gerne zum Song Contest gehen. Und wir freuen uns alle schon darauf.” Zudem vertraut der IKG-Präsident dem ORF und der Stadt Wien, “dass hier wirklich ein wunderbares Fest veranstaltet werden wird”.
Die Zunahme antisemitischer Vorfälle – vor allem durch die Eskalation des Nahostkonflikts – hätte sich Deutsch noch vor wenigen Jahren so nicht vorstellen können, wie er sagt. “Wenn es einen starken Antisemitismus gibt, dann sind vielleicht zuerst die Juden diejenigen, die damit konfrontiert sind. Aber dann ist die gesamte Demokratie in Gefahr und somit Menschen egal welcher Religion”, betont er. Deswegen sei es wichtig, gemeinsam mit Politik und der ganzen Zivilgesellschaft gegen dieses “Krebsgeschwür” anzukämpfen.
SPÖ verliert durch Palästina-Resolution Vertrauen
Das Positionspapier der SPÖ zu Palästina sei zwar ein “schwerer politischer Fehler”, findet Deutsch. – diese habe aber ohnehin “keinerlei Auswirkung auf die Realität im Nahen Osten”. Allerdings gieße die Partei damit wiederum “Wasser auf die Mühlen der Israel-Hasser und das führt auch zu Anfeindungen gegen Juden in Österreich”. Und: “Die SPÖ wird in dieser Frage nicht ernst genommen und verliert das Vertrauen.” Auch selbst sei man immer für eine Zwei-Staaten-Lösung gewesen, betont Deutsch. Zuerst müsste aber die palästinensische Seite dazu gebracht werden, dem Hass abzuschwören.
Eine “riesige Freude und Erleichterung für alle” sieht Deutsch in der Befreiung der von der palästinensischen Terrororganisation Hamas gefangen gehaltenen Geiseln. “Der Krieg ist schrecklich. Das Leid ist enorm – übrigens auf beiden Seiten”, betont er. Wichtig sei aber zu wissen, “dass die Verantwortung für das Leid Terrororganisationen wie die Hamas und der islamische Jihad haben”. Dies zeige sich “heute noch viel klarer als je zuvor”.
Interreligiöser Dialog vorbildhaft
Dahingehend lobt Deutsch auch den in Österreich ausgezeichneten interreligiösen Dialog. Gesprächstermine mit dem ernannten Wiener Erzbischof Josef Grünwidl und der neuen evangelisch-lutherischen Bischöfin Cornelia Richter werde es demnächst geben. “Die Gespräche, die wir schon bis jetzt hatten, zeigen in eine hervorragende Richtung, wo es sicherlich eine Kontinuität geben wird”, freut sich der IKG-Präsident. Der Dialog zwischen den Religionen sei vorbildhaft für viele andere Länder, wo es keine Selbstverständlichkeit sei, dass man offen miteinander rede und kooperiere.
Keinen Dialog pflegt die IKG weiterhin mit der FPÖ. Was aber nicht heißt, dass die bloße Anwesenheit freiheitlicher Politiker oder Politikerinnen bei öffentlichen Veranstaltungen – wie zuletzt bei der Jubiläumsfeier des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus im Parlament – irritiere. Entscheidend sei, dass diese dort keine aktive Rolle einnehmen. “Sie sind demokratisch gewählt, demokratisch legitimiert, dort zu sein”, so Deutschs Betrachtung der Dinge. “Wir würden uns ja ins eigene Bein schießen, wenn wir in der Öffentlichkeit nicht mehr auftreten, nur weil jemand vorbeigeht oder einer Veranstaltung beiwohnt.”
Sparkurs auch in der IKG
Wie etliche andere Institutionen hat sich auch die IKG ein Sparprogramm verordnet, das eben erst im Vorstand beschlossen wurde. “Wir reduzieren die Ausgaben um knapp eine Million Euro. Nur nicht bei Sicherheit und Sozialem.” Verständnis zeigt Deutsch auch für den Sparkurs der Bundesregierung. Gesetzlich festgelegte Leistungen für die jüdische Gemeinde seien aber nicht in Gefahr.
Sonntagabend beginnt das achttägige jüdische Lichterfest Chanukka. Trotz aller ständiger Sicherheitsbedenken der Gemeinde will sich Deutsch das Feiern nicht nehmen lassen. So sei der Feiertag “einer, den wir sichtbar machen wollen”, betont der IKG-Präsident und: “Wir lassen uns unser jüdisches Leben von niemandem nehmen und deswegen gehen wir mit unseren Programmen und mit unseren Feiertagen und mit all diesen Dingen weiter.”
(APA)




