DiscoverFriesenzeit (Friesenzeit MP3 Feed)Mimko und der Hilgenstein - Friesenzeit #11
Mimko und der Hilgenstein - Friesenzeit #11

Mimko und der Hilgenstein - Friesenzeit #11

Update: 2025-07-15
Share

Description



  • Jürgen Jester
    (Erzähler)






Willkommen zu einer neuen Folge von Friesenzeit – dem Podcast für alte Sagen und düstere Legenden.


In der heutigen, 11ten Folge sind wir zurück in Ostfriesland. Ich habe mir überlegt, künftig alle 5 oder vielleicht 10 Folgen einen Ausflug über die Grenzen zu machen. Wir werden sehen – doch auch künftig liegt der Schwerpunkt natürlich auf den sagenhaften Orten in Ostfriesland. Danke an die liebe Annette, eine Hörerin der ersten Stunde, die sich so sehr die alte Titelmelodie zurückgewünscht hat :-)


Aber genug erzählt, hier kommt die neue Geschichte:


 


Folge 11: Der Hilgenstein – Ein Schwur in der Wildnis


Willkommen zu Friesenzeit – der Podcast für alte Sagen und düstere Legenden. In der heutigen Folge begegnen wir keinem Ritter, keinem Spuk, keinem Fluch…


Die heutige Folge widmen wir einem Mann des Glaubens.


Es geht um eine Pilgerreise.


Und einem Stein, der heute noch stiller Zeuge dieser Sage ist.


Dies ist die Geschichte vom Hilgenstein – und dem Mönch Mimko von Meerhusen.


Lassen Sie uns an die Grenze zwischen Aurich und Wittmund reisen, denn unsere Geschichte beginnt im einstigen Kloster Meerhusen, das der Benediktinerorden am Ende des 12. Jahrhunderts östlich des damaligen Westermeeres bei Aurich gründete. Über die Geschichte des Klosters ist leider wenig bekannt, da nach der Reformation sämtliche Archive zerstört wurden und die Gebäude verfielen.


Doch eine Sage, die hier ihren Ursprung hat, erzählt von einem jungen Mönch, der in diesem Kloster diente.


Sein Name war Mimko – und in ihm brannte schon seit jungen Jahren das Verlangen, einmal das Heilige Land zu betreten, wo Christus einst gewandelt war. Und dieser Wunsch nach mehr, als Gebeten hinter den Klostermauern, erreichte schließlich sogar die Türen des Klosters in Ihlow. Ein Möch namans Hayo hegte schon lange denselben Wunsch und bot Mimko an, die Pilgerreise zusammen zu unternehmen.


Und gemeinsam machten sie sich zu Fuß auf – über die Alpen, durch fremde Länder und Städte und so wurden schließlich die Wochen zu Monaten. Der Weg war hart, das Wetter oft erbarmungslos, das Brot meist hart und das Wasser schal.


Doch endlich, nach unzähligen Etappen, erreichten sie Jerusalem. Die heilige Stadt. Sie standen vor dem Grab Christi – und weinten.


Sie verweilten zusammen an vielen Orten, an denen Jesus gewirkt hatte: In Nazareth, am See Genezareth, in Gethsemane am Westhang des Ölbergs, der im Neuen Testament erwähnt wird. Endlich wurde ihnen bewusst, angekommen zu sein als sie andere Pilger aus fernen Ländern trafen.


Doch die Reise forderte ihren Preis und Hayo erkrankte schwer. Ein Fieber, das sich leise anschlich, das ihm zuerst die Kraft nahm, dann die Farbe aus dem Gesicht. Und trotz Mimkos Fürsorge wurde es nicht besser. Eines Morgens blieben Hayos Augen geschlossen – er verstarb im heiligen Land.


Mimko war erschüttert. Sein Freund, sein Gefährte, sein Bruder auf dem Weg zu Gott – lag nun still unter fremder Erde. In seiner Verzweiflung wandte sich Mimko in der kleinen Kapelle von Nazareth an die Jungfrau Maria. Er kniete, stundenlang. Und er schwor:



„Lass mich heimkehren. Wenn du mir das Leben erhältst, will ich es dir weihen. Für alle Zeit. Ich will fern der Menschen leben, allein, im Gebet. Und dich nie mehr verlassen.“



Sein Fieber verging. Langsam kehrte seine Kraft zurück. Als hätte jemand seine Hand auf ihn gelegt. Oder als wäre sein Schwur tatsächlich gehört worden.


So trat Mimko den langen Rückweg an. Wieder durch Dörfer und Wälder, durch Städte und Hitze, über die Alpen zurück an die Nordseeküste. Ja und endlich, nach so vielen Wochen der Entbehrung, stand er wieder vor dem Tor des Klosters Meerhusen. Die Brüder dort trauten ihren Augen kaum, denn es grenzte fast an ein Wunder, dass Mimko unbeschadet heimgekehrt war.


Doch auch nach allen Strapazen hatte er nicht vergessen, was er der Jungfrau Maria in der kleinen Kapelle von Nazareth versprochen hatte.So trat er am nächsten Morgen vor den Abt – und sprach mit ruhiger Stimme:



„Ich habe überlebt, weil ich der Jungfrau Maria etwas versprochen habe. Ich muss daher das Kloster verlassen und will allein leben, 


in der Einöde, und für Maria beten, solange mir Tage gegeben sind.“



Der Abt widersprach nicht. Stattdessen machte er sich mit Mimko auf den Weg hinaus in die Natur.


Und sie fanden einen Ort zwischen den Dörfern Middels und Ardorf, im Schutz eines kleinen Eichenwaldes. Fern von Wegen, doch nicht zur Gänze unzugänglich. Dort baute sich Mimko eine Hütte aus dem, was der Wald hergab. Und schließlich nahm er noch zwei Wacholderbüsche aus dem Klostergarten mit – pflanzte sie links und rechts neben die Tür. Als Zeichen des Lebens. Als Erinnerung an den Ort, von dem er kam.


Die Tage wurden zu Jahren. Mimko wurde ein fester Teil des Landes und ein stiller Wächter im Schatten der Eichen.


Bald nannte man ihn in den umliegenden Dörfern nur noch den heiligen Mann. Und nach und nach kamn die Menschen zu ihm.


Es begann mit Neugier, doch dann aus Ehrfurcht – denn Mimko hatte etwas mitgebracht: einen kleinen Stein – kaum größer als eine Faust, den er an der Mauer des Hauses Jesu in Nazareth mitgenommen hatte.


Und wenn jemand krank war – ein Kind mit Fieber, ein Greis mit Schmerzen, eine Frau mit Kummer – dann legte Mimko den Stein auf und


sprach ein stilles Gebet… und oft – sehr oft – besserte sich der Zustand.


Die Menschen erzählten sich, dass es nicht der Stein allein war, sondern das Herz des Mannes. Seine Worte spendeten jedem Trost. Seine sanften Hände und sein Schweigen ließ manche mehr erfahren, als eine laute Predigt von der Kanzel.


Und so wuchs der Efeu über die Wände der Hütte. Die Wacholderbüsche wurden zu stattlichen Pflanzen und jahr ein jahraus nisteten neue Vogelpaare unter dem Dach. Drei Jahrzehnte lebte er das Leben, das er selbst gewählt hatte.


Und dann – ward es still.


Er war still entschlafen, als man ihn eines Morgens fand.


Die Klosterbrüder von Meerhusen holten ihn zurück, betteten seine Überreste in einen steinernen Sarkophag und bestatteten ihn auf dem Kirchhof. Man sagte: Selbst die Tiere des Waldes seien dem Trauerzug gefolgt.


Jahrhunderte vergingen.


Mehr als sechshundert Jahre.


Dann, bei einem Sturm, den wir nur an der Küste erfahren, wurde eine alte Eiche entwurzelt – und unter ihrem Wurzelwerk kam ein steinerner Sarg zum Vorschein.


Es war Mimkos Grab.


Die Inschrift war zwar etwas verwittert, doch noch zu erkennen und man brachte den Sarkophag nach Emden, ins Museum – als Zeugnis einer Zeit, in der Menschen noch an etwas glaubten, das größer war als sie selbst.


Doch an der Stelle, wo einst seine Hütte stand, blieb nur ein einziger Stein zurück. Groß. Vierkantig. Wie eine große Schwelle.


Heute nennt man ihn den Hilgenstein – den heiligen Stein.


Ende.


Und auch heute noch kann man diesen Stein besuchen, ich war gerade da. Er liegt leider nicht mehr am selben Ort, denn der Hilgenstein und somit auch Mimkos Hütte, lag seiner Zeit auf dem heutigen Gelände des Militär-Flughafens in Wittmund.


Nach Wikipedia wurde der Hilgenstein 1951 wiederentdeckt und an seinen heutigen Standort nach Ardorf verbracht. Dort befindet er sich am nördlichen Ortsrand, 200 m südlich des Ortsausgangs auf der östlichen Seite der Heglitzer Straße in einer Umfriedung.


Haltet doch mal inne, wenn ihr durch Ardorf kommt und legt eine Hand auf den Stein. Und wenn man still ist, sehr still… könnte man vielleicht, das Rascheln des Efeus hören, oder das leise Flüstern eines Gebets.


Bis bald, wenn es hoffentlich bald wieder heißt, willkommen zur Friesenzeit.


Quellen:


Author und Ausarbeitung: Jürgen Jester


https://de.wikipedia.org/wiki/Hilgensteen


Titelbild Brunnen-Hintergrund: Pixabay


Titelmusik von Julius H. auf Pixabay


Weitere Musikstücke zur Untermalung:

Lizenziert von Phat Phrog Studios und Monument Studios


Der Beitrag FZ011 Mimko und der Hilgenstein erschien zuerst auf Nakieken.

Comments 
00:00
00:00
x

0.5x

0.8x

1.0x

1.25x

1.5x

2.0x

3.0x

Sleep Timer

Off

End of Episode

5 Minutes

10 Minutes

15 Minutes

30 Minutes

45 Minutes

60 Minutes

120 Minutes

Mimko und der Hilgenstein - Friesenzeit #11

Mimko und der Hilgenstein - Friesenzeit #11

Jürgen Jester