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Neuer Wiener Thinktank gegen Europas "Selbstgeißelung"

Neuer Wiener Thinktank gegen Europas "Selbstgeißelung"

Update: 2025-12-03
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Ärmel hochkrempeln für Europas Zukunft: In einer Werkstätte der Bundestheater im Wiener Arsenal ist am Dienstagabend eine neue paneuropäische Denkfabrik aus der Taufe gehoben worden. Die Besonderheit der Europe’s Futures Initiative (EFI) ist, dass ihre 40 Mitglieder schon Denkfabriken angehören und sie so vernetzen. Galionsfigur ist Ex-Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), der mit konkreten Lösungen dem “Diskurs der Selbstgeißelung” in Europa entgegentreten will.





“Wogegen ich ankämpfe, ist dieses negative Narrativ, diese Selbstaufgabe”, betont Schallenberg im APA-Gespräch. “Wir haben enorme Kapazitäten in Europa. In jeder Disziplin und jeder Hinsicht. Die, die sich darüber am meisten bewusst werden müssen, sind wahrscheinlich die Europäer”, sagt er unter Verweis auf Umfragen, wonach Europa im globalen Süden als den USA und China ebenbürtig wahrgenommen werde – anders als von den Europäern selbst.



Offizieller Start im Jänner



Die Mitglieder kommen aus ganz Europa – von Spanien bis Bulgarien – und sind jeweils in eigenen Thinktanks verankert. Zwei bis drei Mal im Jahr sollen sie einander in Wien treffen, um in der EFI etwas Neues zu kreieren. Offiziell seine Arbeit aufnehmen soll EFI mit Jahresbeginn, schon in der ersten Jahreshälfte soll es einen ersten Bericht zum Thema Demografie geben. Dies sei nämlich eine der großen Herausforderungen Europas – von der Überalterung bis zum Brain Drain, der insbesondere mittelost- und südosteuropäische Staaten betrifft.



Die vom EFI ausgearbeiteten Papiere sollen möglichst konkret sein. EFI solle keine akademische Einrichtung sein, “wo es darum geht, von anderen Kollegen zitiert zu werden”. Vielmehr soll es darum gehen, “mit pointierten Lösungsvorschlägen in der politischen Debatte Einfluss zu haben”, betont Schallenberg.



Italiener als Direktor



Geleitet wird die Denkfabrik vom Italiener Francesco Rocchetti, finanziert von der Erste Stiftung. Geknüpft wurde das Netzwerk von der Stiftung und dem Institut für die Wissenschaft vom Menschen (IWM). Zu den Fellows zählt etwa der renommierte US-Politikwissenschafter Francis Fukuyama, die Direktorin des italienischen Istituto Affari Internazionali, Natalie Tocci, der frühere US-Vizeaußenminister James O’Brien, der bulgarische Politologe Ivan Krastev (IWM), Rosa Balfour von Carnegie Europa oder Tomáš Sedláček von der Prager Václav Havel Bibliothek. Viele dieser Fellows sind nun auch Teil der EFI.



Die Initiative soll klar pro-europäisch ausgerichtet sein und auch den die “selbsterfüllende Prophezeiung” des mangelnden Glaubens an die Problemlösungskapazitäten Europas ankämpfen. Es gebe in Europa genug “Brainpower” und diese habe sich “immer dann erwiesen, wenn es Krisen gab und nicht in Zeiten der Gemütlichkeit”, so Schallenberg. Ein Ziel sei auch, die wirtschaftliche Prosperität und Demokratie wieder gemeinsam zu denken. “Das sind zwei paar Schuhe, die wir wieder zusammenbringen möchten.”



“Russen und Chinesen lachen sich ins Fäustchen”



Die wichtigste Aufgabe des EFI sei eine Veränderung des europäischen “Mindsets” in Richtung geistiger Landesverteidigung. “Wenn ich mir öffentliche Debatten in Europa anschaue, da sitzen die russischen und chinesischen Strategen und lachen sich ins Fäustchen, weil die Hälfte der Arbeit erledigen wir für sie, weil wir eh nicht mehr glauben an Demokratie und Rechtsstaat”, so Schallenberg.



Zur Anfangsbesetzung werden laut Schallenberg bald viele weitere Experten hinzustoßen, auch jüngere. Geplant ist auch eine jährliche Veranstaltung ähnlich des “Time to Decide Europe Summit”, der von der Erste Stiftung am Dienstag abgehalten worden war.



Nicht aus der Reserve locken lässt sich der neue EFI-Präsident beim neuralgischen Thema NATO. Nachdem er sich beim “Time to Decide Europe Summit” betont diplomatisch auf eine provokante Frage des albanischen Regierungschefs Edi Rama nach den Vorzügen der Nicht-NATO-Mitgliedschaft Österreichs geäußert hatte, betont er auch im APA-Interview, es sei “nicht der Auftrag des EFI, innenpolitische Debatten in Österreich zu führen”. Auch wehre er sich gegen den Zugang eines “one size fits all” in der Sicherheitspolitik, schließlich habe jeder europäische Staat seine spezifische geostrategische Situation und sein historisches “Gepäck”. Zudem seien die EU-Staaten im aktuellen Konflikt mit Russland viel geeinter als viele wahrnähmen.



(Das Gespräch führten Edgar Schütz und Stefan Vospernik/APA)



(APA)

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