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Sternengeschichten Folge 671: Trojaner und UFOs im Sternbild Netz

Sternengeschichten Folge 671: Trojaner und UFOs im Sternbild Netz

Update: 2025-10-03
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Von der Raute zu den Aliens

Sternengeschichten Folge 671: Trojaner und UFOs im Sternbild Netz


Das Sternbild mit der eher unspektakulären Bezeichnung "Netz" ist auch tatsächlich auf den ersten Blick eher unspektakulär. Man kann es am Himmel der Südhalbkugel der Erde beobachten, ein Stück südlich des Sternbilds Pendeluhr und nördlich der kleinen Wasserschlange. Aber man muss schon genau hinsehen; das Netz ist ein kleines Sternbild und die Sterne dort leuchten nur mittelmäßig hell. Wir werden uns diese Sterne gleich genauer ansehen, aber wir schauen zuerst noch auf die Geschichte des Sternbilds, denn die ist auch ziemlich interessant. Und wenn ich jetzt "Geschichte" sage, dann meine ich erstmal nur das, was die westliche Astronomie und die diversen Entdecker in der frühen Neuzeit getan haben, als die ersten Sternkarten des südlichen Himmels entstanden sind und nicht das, was sich die Menschen über den Himmel erzählt haben, die sowieso immer schon auf der Südhalbkugel der Erde gelebt haben. Diese Geschichten sind natürlich genau so interessant, aber wir bleiben heute bei den Geschichten, an deren Ende das moderne Sternbild des Netz steht. Und diese Geschichte beginnt mit dem deutschen Astronom Jacob Bartsch, der außerdem auch noch der Schwiegersohn von Johannes Kepler war. Bartsch hat im Jahr 1624 eine Sternenkarte mit dem Titel "Astronomischer Gebrauch der Sternen-Planisphäre" veröffentlicht und darin einen Schwung neuer Sternbilder eingezeichnet, die der niederländische Astronom und Kartofgraf Petrus Plancius ein paar Jahre zuvor als erster definiert hat. Und zwar die Sternbilder Biene, Giraffe, Hahn, Einhorn, Jordan und Tigris. Und bevor sich jemand wundert: Nicht alle dieser Bilder haben die Jahrhunderte überlebt; in der modernen Klassifikation des Himmels tauchen nur noch die Giraffe und das Einhorn auf; die restlichen Sternbilder sind irgendwann außer Gebrauch geraten.


Das Netz fehlt bei dieser Aufzählung, aber keine Sorge, dazu kommen wir jetzt. Denn die Sache mit den Erfindern der Sternbilder ist ein wenig knifflig. Ursprünglich sind die Sternbilder vor allem auf Himmelsgloben eingezeichnet worden, aber diese Dinger waren aufwendig in der Herstellung und teuer. Es gab nicht viele davon und deswegen haben auch nur wenig Menschen über die ganzen neuen Sternbilder Bescheid gewusst, die die diversen Leute für den Südhimmel erfunden haben. Einer der ersten, der die Bilder von Plancius auf einem Himmelsglobus eingezeichnet hat, war der Astronom und Mathematiker Isaac Habrecht II aus Straßburg. Das war im Jahr 1621 und auf diesem Globus hat Habrecht auch noch selbst ein paar Sterne zu einem neuen Sternbild angeordnet und es "Rhombus" genannt, also Raute, was kein sonderlich kreativer Name für die vier Sterne war, die tatsächlich eine Rautenform gebildet haben.


Dann kam Jacob Bartsch mit seiner Sternenkarte aus dem Jahr 1924. Er hat dafür die Bilder von Habrechts Globus verwendet, aber nicht gewusst, dass der sie von Plancius übernommen hat. Also ging er davon aus, dass die ganzen neuen Sternbilder von Habrecht selbst erfunden wurden, was aber nur auf den Rhombus zutrifft. So oder so: Sternenkarten lassen sich leichter anfertigen und verbreiten und durch die Karte von Bartsch sind diese neuen Bilder einere größeren Öffentlichkeit bekannt geworden. Über ein Jahrhundert später hat dann der französische Astronom Nicolas-Louis de Lacaille jede Menge Sterne des Südhimmels beobachten, kartografiert, seine eigenen Sternkarten erstellt und dabei auch einen ganzen Schwung neuer Sternbilder definiert. Er hat sich dabei von den vielen technischen Erfindungen der Neuzeit inspirieren lassen, wie ich ja schon ausführlich in den Folgen 505 und 199 über die Sternbilder Elektrisiermaschine und Mikroskop erzählt habe. Mit einem Rhombus hat Lacaille jedenfalls nichts anfangen können, also hat er dieses Sternbild einfach als "Netz" uminterpretiert. Damit hat er allerdings kein Fischernetz oder etwas in der Art gemeint, sondern ein für die damalige Zeit sehr wichtiges astronomisches Messinstrument. Das "Reticulum Rhomboidalis", also das "rhombische Netz" war eine Glasplatte, in die ein feines Netzmuster eingeritzt wird. Diese Platte kann man dann vor das Okular eines Teleskops einbauen und damit diverse Messungen erleichtern, zum Beispiel wenn man die Position eines Sterns genauer bestimmen will. Aus dem rhombischen Netz ist dann im Laufe der Zeit einfach nur das "Netz" geworden beziehungsweise im offiziellen lateinischen Namen das "Reticulum", also das kleine Netz und unter diesem Namen gehört es heute zu den 88 offiziellen Sternbildern der Astronomie.


Eine - passend für ein Netz - verwirrende Entstehungsgeschichte, die auch heute nicht immer vollständig aufgedröselt wird. Je nachdem, wo man nachschlägt, wird mal Plancius als Erfinder des Sternbilds genannt, sehr oft Jacob Bartsch und nur vergleichsweise selten Isaac Habrecht II, der es ja tatsächlich als erster festgelegt hat.


Aber genug von der Geschichte - schauen wir auf das, was wir im Netz finden können. Der hellste Stern dort ist Alpha Reticuli, der auch den offiziellen Namen "Rhombus" trägt, um an das alte Sternbild von Habrecht zu erinnern. Der Stern ist etwa 160 Lichtjahre von uns entfernt und war einmal ein heißer, blauer Stern. Aber wie es heiße Sterne so tun, hat er den Wasserstoff in seinem Inneren sehr schnell fusioniert und war damit schon nach ein paar hundert Millionen Jahren durch. Er ist jetzt schon in den letzten Phasen seines Lebens angekommen und zur Zeit damit beschäftigt, anstatt Wasserstoff das Helium zu fusionieren, dass in seinem Kern noch übrig ist. Und weil dabei mehr Energie frei wird als bei der Wasserstofffusion, ist er noch heißer geworden und hat sich extrem aufgebläht. Heute ist er ein gelb leuchtender Riesenstern, mit der 115fachen Leuchtkraft unserer Sonne. Begleitet wird Alpha Reticuli von einem roten Zwergstern der ihn mit einer Periode von 60.000 Jahren umkreist.


Der zweithellste Stern ist Beta Reticuli, auch ein Doppelsternsystem aus einem Riesenstern und einem roten Zwerg in ungefähr 100 Lichtjahren Entfernung. Viel spannender ist aber Epsilon Reticuli. Auch hier haben wir eine Kombination aus Riese und Zwerg, nur ist es diesmal ein oranger Riesenstern, der kurz davor ist, zu einem roten Riesen zu werden. Und der Zwerg ist ein weißer Zwerg, also nicht einfach nur ein kleiner Stern, sondern das, was nach der Supernova-Explosion eines großen Sterns übrig geblieben ist. Die beiden sind circa 240 Astronomische Einheiten voneinander entfernt, also ungefähr sechsmal so weit, wie der Pluto von der Sonne entfernt ist. Besonders spannend ist eine Entdeckung aus dem Jahr 2000, als man festgestellt hat, dass der Riesenstern von einem Planeten umkreist wird. Seine Masse beträgt mindestens das 1,5fache der Masse des Jupiters und dieser Planet ist von seinem Stern ungefähr so weit entfernt wie der Mars von der Sonne. Es ist also definitiv kein erdähnlicher Planet sondern ein Gasriese - aber das heißt nicht, dass es dort nicht auch kleinere Planeten geben könnte. Vielleicht gibt es dort sogar eine Art von Planet, die wir bisher noch nirgendwo entdeckt haben: Einen Trojaner-Planeten. Ich habe in Folge 31 der Sternengeschichten schon mal ausführlich über Trojaner gesprochen (und auch später immer wieder). So nennen wir Asteroiden, die sich in der Nähe der Lagrange-Punkten eines Planeten befinden, also den Punkten entlang der Umlaufbahn des Planeten, in denen sich alle wirkenden Kräfte gerade aufheben. Der Jupiter hat Millionen von Asteroiden bei seinen Lagrange-Punkten, Erde und Mars haben auch ein paar, genau so wie Uranus und Neptun. Aber rein theoretisch könnte sich auch ein erdgroßer Planet stabil im Lagrange-Punkt eines Gasriesen bewegen. Rein theoretisch könnten solche Trojaner-Planeten dort auch entstehen. Es ist zwar unwahrscheinlich, aber es spricht prinzipiell nichts dagegen, dass es solche Planeten gibt. Wir haben bis jetzt nur noch keinen gefunden. Aber in einer Arbeit aus dem 2007 haben Forscher aus Österreich und Ungarn diverse Gasriesen bei anderen Sternen untersucht und der Planet von Epsilon Reticuli ist einer von denen, bei denen die Bedingungen für einen möglichen Trojanerplanet besonders gut sind. Und dazu kommt: Der Gasriese befindet sich in der habitablen Zone von Epsilon Reticuli. Damit würde sich auch ein Trojanerplanet dieses Gasriesen in der habitablen Zone befinden, also dem Bereich um den Stern, wo die Temperaturen genau passend sind, so dass auf der Oberfläche eines Planeten flüssiges Wasser existieren kann. Oder anders gesagt: Epsilon Reticuli kann zumindest theoretisch einen Trojanerplaneten beherbergen, auf dem Leben möglich ist. Es ist unwahrscheinlich, dass es diesen Planeten gibt und selbst wenn, dann ist es kein sonderlich guter Ort für Leben, weil der Stern ja in astronomisch naher Zukunft zu einem roten Riesen wird. Aber die Vorstellung ist faszinierend: Ein Planet, an dessen Himmel nicht nur ein orangener Riesenstern auf- und untergeht sondern der sich auch noch eine Umlaufbahn mit einem anderen Planeten teilt, der größer ist als Jupiter…


Das klingt wie Science Fiction, ist aber Wissenschaft. Keine Wissenschaft und auch keine Science Fiction ist das, was über den Stern Zeta Reticuli zu erzählen gibt. Es handelt sich um ein weiteres Doppelsternsystem, diesmal aus zwei sonnenähnlichen Sternen, ungefähr 40 Lichtjahre von der Erde entfernt. Ok, das war jetzt noch Wissenschaft, aber dieses System ist nicht nur in der Wissenschaft bekannt, sondern auch in einer breiteren Öffentlichkeit prominent. Das liegt an dem, was in dem 1966 veröffentlichten Buch "The Interrupted Journey", also "Die unterbrochene Reise" steht. Geschrieben hat es der amerikanische Autor John Fuller und der Untertitel lautet "Zwei verlorene Stunden an Bord eines UFOS: Die Entführung von Betty und Barney Hill". Fuller erzählt darin die Geschichte eines der bekanntesten UFO-Fälle des letzten Jahrhunder

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Florian Freistetter