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Stimmen aus Ungarn: Der schleichende (Welt-)Krieg

Stimmen aus Ungarn: Der schleichende (Welt-)Krieg

Update: 2025-10-05
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Die Lage an der Ostflanke der NATO hat sich zugespitzt. Was ist passiert? Provoziert Moskau die Fähigkeiten der NATO? Warnt es die oft hartnäckigen Polen und Balten? Handelt es sich um eine Operation unter „falscher Flagge“ oder um Vorfälle, die es schon früher gab? Was steckt hinter der Drohnenhysterie von der Ostsee über Skandinavien bis nach Deutschland? Blasen die betroffenen Länder und Medien die Geschehnisse nur auf, um Donald Trump zu einem entschlosseneren Vorgehen zu bewegen, der bereits rücksichtslos über das Abschießen von Flugzeugen spricht, die den Luftraum verletzen? Ein Beitrag von Gábor Stier, aus dem Ungarischen übersetzt von Éva Péli.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Wollen einige Länder auf diese Weise Unterstützung zur Deckung der Verteidigungsausgaben erhalten? Wohin führt die Hysterie in der Gesellschaft? Die Stimmung ist jedenfalls nicht beruhigend, denn Mittel- und Osteuropa sowie die baltischen Staaten mussten erneut feststellen, dass der Krieg nicht unbedingt auf die Grenzen der Ukraine beschränkt bleibt.

Noch bevor sich die Wellen, die durch die in Polen eingeflogenen russischen Drohnen ausgelöst wurden, wieder geglättet hatten, berichtete in der mittlerweile regelrecht hysterischen Stimmung zunächst der estnische Staatssender, dass im Luftraum des kleinen baltischen Landes russische Kampfflugzeuge gesichtet worden seien. Angeblich hielten sich drei russische Kampfjets vom Typ MiG-31 ohne Genehmigung etwa zwölf Minuten lang über dem Finnischen Meerbusen im estnischen Luftraum auf, bis sie von italienischen F-35-Kampfjets, die an der NATO-Luftschutzmission über dem Baltikum teilnahmen, aus dem estnischen Luftraum bis nach Kaliningrad eskortiert wurden. Die russischen Flugzeuge hatten angeblich keinen Flugplan und ihre Sender waren ausgeschaltet. Dann kam die Nachricht, dass zwei russische Kampfflugzeuge in die Sicherheitszone des Ölbohrturms Petrobaltic eingedrungen waren und damit den polnischen Luftraum über der Ostsee verletzt hatten. Die Region ist für die NATO von großer strategischer Bedeutung, und sie würde sie sehr gerne vollständig unter ihre Kontrolle bringen. Allerdings ist der internationale Luftraum dort an manchen Stellen nur etwa sechs Kilometer breit.

Die Rhetorik der Krise

Das russische Verteidigungsministerium erklärte als Reaktion auf die Vorfälle, dass am 19. September drei MiG-31-Jäger tatsächlich planmäßig von Karelien zu einem Flughafen in Kaliningrad unterwegs waren. Sie bestätigten, dass der Flug wie geplant verlief, die Flugzeuge nicht von ihrer Route abwichen und den Luftraum anderer Länder nicht verletzten, was auch durch objektive Beobachtungen bestätigt wurde. Die Flugroute verlief über neutralem Gewässer der Ostsee, mehr als drei Kilometer von der Insel Vaindloo entfernt. Moskau hatte sich bereits zuvor zu den am 10. September in Polen eingeflogenen Drohnen kurz geäußert und lediglich mitgeteilt, dass sie Polen nicht angegriffen hätten. Diese Art der, mittlerweile gewohnten, russischen Kommunikation, die bewusst vieles im Unklaren lässt und viele Möglichkeiten offenlässt, vermittelt letztlich die Botschaft, dass nichts geschehen ist, oder wenn doch, dass dies nicht die Sache Moskaus sei.

Es ist tatsächlich keineswegs ausgeschlossen, dass wirklich nichts geschehen ist. Zumindest handelt es sich nicht um bewusste Schritte oder eine Beschleunigung des hybriden Krieges, sondern vielmehr um die Hysterie der anderen Seite, die leicht zur Eskalation des Krieges führen könnte.

Esten, NATO- und EU-Vertreter waren nicht so wortkarg – auch wenn sie nicht zur Klärung beitrugen – und sprachen von einer sofortigen Reaktion. Sie betonten, dass NATO-Kampfjets die drei russischen Maschinen aus dem estnischen Luftraum eskortierten.

Ein NATO-Sprecher bezeichnete den Vorfall als ein weiteres Beispiel für Russlands verantwortungsloses Verhalten und die Reaktionsfähigkeit der NATO. Generalsekretär Mark Rutte postete, dass die NATO schnell und entschlossen auf den Vorfall reagiert habe. Kaja Kallas, die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, nannte die Verletzung des estnischen Luftraums eine „extrem gefährliche Provokation“. Sie sagte, Wladimir Putin versuche ständig, die Entschlossenheit des Westens auf die Probe zu stellen, aber die EU und die NATO dürften keine Schwäche zeigen.

Der estnische Außenminister Margus Tsakhna nannte die Vorfälle eine „beispiellos dreiste Provokation“. Er stellte fest, dass Russland die Grenzüberwachung immer häufiger auf die Probe stelle, in diesem Jahr den estnischen Luftraum bereits viermal verletzt habe, und dass auf diese wachsende Aggressivität mit schnellem politischem und wirtschaftlichem Druck geantwortet werden müsse.

Ähnlich wie die polnische Regierung hat auch die estnische Konsultationen mit der NATO nach Artikel 4 des Bündnisses beantragt. Als Reaktion darauf ging der litauische Verteidigungsminister noch weiter und schlug für solche Fälle vor, was die Türkei vor etwa zehn Jahren mit einem russischen Kampfflugzeug getan hatte: es abzuschießen. Die NATO war vorsichtiger und interpretierte keinen der Vorfälle als Angriff gegen sie, aber die Presse konnte auch Donald Trump nicht dazu bringen, Russland im Zusammenhang mit den Ereignissen zu verurteilen.

Inzwischen häufen sich seit dem Auftauchen der Drohnen in Polen ähnliche Berichte, was seltsam ist, auch wenn wir wissen, dass in den letzten dreieinhalb Jahren Drohnen in benachbarte Länder eingeflogen und Luftraumverletzungen nicht ungewöhnlich sind.

Die Polen fanden plötzlich eine Drohne über dem Präsidentenpalast – sie wurde von zwei Jugendlichen aus der Ukraine und Belarus gesteuert, die Filmaufnahmen machten –, verhafteten einen „Spion“ und kündigten bereits vor dem Vorfall unter Berufung auf die Militärübung Zapad-2025 die Schließung der Grenze zu Belarus an. Auch die rumänischen Behörden behaupteten, eine russische Drohne sei eine Stunde lang in ihrem Luftraum geflogen, und vor der Küste Lettlands sollen ebenfalls Trümmer einer angeblich russischen Drohne gefunden worden sein.

In Dänemark, Schweden und Deutschland herrscht Angst vor Drohnen. Sogar Kiew sieht jetzt ungarische Drohnen in Transkarpatien.

Die Gefahr unkontrollierbarer Zwischenfälle

Es ist zu befürchten, dass, wenn einige die Situation in diesem Tempo weiter anspannen, der Bogen überspannt werden könnte. Und da sich Washington gerade aus diesem Konflikt zurückzieht, könnte der Krieg im Gegensatz zu dem, was bisher geschah, aus dem Ruder laufen.

Als Reaktion auf die anhaltenden Luftraumverletzungen schickten Frankreich, Großbritannien und Deutschland Kampfflugzeuge nach Polen. Die NATO kündigte daraufhin an, dass das Alliierte Operationskommando (ACO) entlang der NATO-Ostflanke die Operation „Eastern Sentinel“ durchführen werde. Diese Operation umfasst mehrere Bereiche und hat eine unbestimmte Dauer.

Während der europäische Mainstream versuchte, Washington zu einer härteren Haltung gegenüber Moskau zu bewegen, wurde die Einführung einer mindestens teilweisen Flugverbotszone über der Ukraine gefordert. Ursula von der Leyen sprach vom Aufbau einer „Drohnenmauer“. Die Nachbarländer der Ukraine nutzten die Vorfälle, um unter Berufung darauf Unterstützung zur Stärkung ihrer Verteidigungsfähigkeiten zu beantragen. Denn es wurde wieder einmal deutlich, dass die NATO-Ostflanke ziemlich löchrig ist und statt dem Aufbau von Verteidigungsfähigkeiten eher verbal gekämpft wird.

Der Kreml ist sich dessen schon länger bewusst und hat kaum Bedarf an dieser Art militärischer Aufklärung. Es ist jedoch gut möglich, dass Moskau die NATO bewusst provoziert, um die baltischen Staaten und Polen zu warnen, dass es sich nicht lohnt, „auf dicke Hose zu machen“.

Auch der Versuch, die jüngsten Ereignisse zu deuten, sollte nicht außer Acht gelassen werden: Die Ukrainer tun ebenfalls alles, um die NATO in den Konflikt hineinzuziehen. Gegen eine False-Flag-Operation spricht jedoch, dass solche Aktionen normalerweise bis zum Ende durchgezogen werden, während dieser Vorfall ohne wirkliche Konsequenzen blieb.

Die 19 Drohnen könnten also eher zufällig, als Folge der elektronischen Kriegsführung, die ukrainische Grenze überquert haben. Ob die MiG-Jets tatsächlich den estnischen Luftraum verletzt haben und wenn ja, warum, ist unbekannt.

Sicher ist jedoch, dass solche Vorfälle auch in der Vergangenheit vorkamen und weiterhin vorkommen werden. So fing Anfang August erst die ungarische Luftverteidigungseinheit in Bereitschaft an der Ostsee russische Flugzeuge ab, die die internationalen Luftverkehrsregeln nicht beachteten. Man darf nicht vergessen, dass Krieg herrscht. Der Westen und Russland sowie die USA und China haben sich auch schon zuvor regelmäßig gegenseitig provoziert. Die Spannungen wurden durch diese Schritte jedoch nur weiter verschärft – vor allem, da die Presse zusätzlich Öl ins Feuer goss.

Krieg der Drohnen

Die Vorfälle haben erneut gezeigt, dass die Spannungen in der Ostsee zunehmen. Die NATO möchte die vollständige Kontrolle über dieses Meer. Im vergangenen Jahr übten die USA bereits mit der Stationierung von Typhon-Raketensystemen auf der dänischen Insel Bornholm, wie man der russischen Flotte den Zugang zur Ostsee versperren könnte. Russland akzeptiert dies jedoch nicht, und auch die kürzlich beendete Militärübung „Zapad-2025“ konzentrierte sich auf die Verteidigung von Kaliningrad. Gleichzeitig häufen sich in der Region Sabotageakte, von der Sprengung von Gaspipelines bis hin zur Zerstörung von Telekommunikationskabeln.

Die vorigen Wochen haben zudem gezeigt, dass sich dieser Krieg nicht immer hinter den ukrainischen Grenzen halten lässt, was die Gefahr einer Ausweitung zu einem Europa- oder Weltkrieg birgt. Dies liegt z

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Redaktion NachDenkSeiten