Discoverliteraturcafe.de - Bücher lesen, Bücher schreibenStuttgarter Bücherrunde als Podcast: Von Begeisterung bis Empörung – Diese Bücher wurden besprochen
Stuttgarter Bücherrunde als Podcast: Von Begeisterung bis Empörung – Diese Bücher wurden besprochen

Stuttgarter Bücherrunde als Podcast: Von Begeisterung bis Empörung – Diese Bücher wurden besprochen

Update: 2024-11-18
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Die Stuttgarter Bücherrunde 2024: Wolfgang Tischer (links), Beate Hiller und Thomas Koch


<figure id="attachment_52357" aria-describedby="caption-attachment-52357" style="width: 1190px" class="wp-caption alignnone">Die Stuttgarter Bücherrunde 2024: Wolfgang Tischer (links), Beate Hiller und Thomas Koch<figcaption id="caption-attachment-52357" class="wp-caption-text">Die Stuttgarter Bücherrunde 2024 auf den Stuttgarter Buchwochen: Wolfgang Tischer (links), Beate Hiller und Thomas Koch</figcaption></figure>

Zum 8. Mal fand die Stuttgarter Bücherrunde am 16.11.2024 im Rahmen der Stuttgarter Buchwochen statt. Drei Buchhändler diskutierten über aktuelle Romane und gaben ihre persönlichen Leseempfehlungen ab. Besonders bei einem Roman gingen die Meinungen weit auseinander, während ein anderer alle begeisterte.


Beate Hiller von »Buch im Süden«, Thomas Koch von »Fliegende Bücher« und Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de tauschten sich angeregt über die von ihnen vorgestellten Bücher aus und zeigten dabei deutlich, wie unterschiedlich die Interpretationen und Bewertungen literarischer Werke sein können. Bis zum letzten Jahr hieß die Runde noch »Das literarische Buchhandelsquartett«. Aufgrund krankheitsbedingter Ausfälle war es jedoch immer schwerer, dass alle vier Eingeladenen auf der Bühne saßen. Auch in diesem Jahr musste Indira Begovic von der Buchhandlung Schmidt in Schwäbisch Gmünd ihre Teilnahme leider kurzfristig absagen. Dankenswerterweise schickte sie eine Begründung für ihre Buchwahl, die Wolfgang Tischer verlas.


Die vier besprochenen Bücher


<figure id="attachment_52360" aria-describedby="caption-attachment-52360" style="width: 1190px" class="wp-caption alignnone">Die 2024 besprochenen Bücher<figcaption id="caption-attachment-52360" class="wp-caption-text">Die 2024 besprochenen Bücher</figcaption></figure>

Die zentralen Themen der Bücher, die diesmal in der Stuttgarter Bücherrunde besprochen wurden, sind Familiengeschichten und die Auswirkungen gesellschaftlicher Verhältnisse auf den Einzelnen. Interessanterweise und ohne dass dies in irgendeiner Weise abgesprochen wird, sind alle diskutierten Bücher von Frauen geschrieben, und alle Titel sind original deutschsprachige Werke.



  • »Die Frau am Fenster« von Birgit Poppe erzählt die Geschichte von Caroline Bommer, der Frau des Malers Caspar David Friedrich. Das Buch beleuchtet das Leben einer Frau im 19. Jahrhundert und die Beziehung zu ihrem Mann, dem berühmten Künstler der Romantik.

  • »Reichskanzlerplatz« von Nora Bossong spielt in der Zeit des Nationalsozialismus und handelt von Hans Kesselbach, der eine Beziehung zu Magda Quandt, der späteren Magda Goebbels, hat. Das Buch untersucht die Auswirkungen des gesellschaftlichen Klimas auf die Figuren und wie sich ihre Haltungen im Laufe der Zeit verändern.

  • »Kleine Monster« von Jessica Lind thematisiert die Ängste und Unsicherheiten von Eltern und die Frage, was wir davon an unsere Kinder weitergeben. Das Buch wird als beklemmend und gruselig beschrieben und untersucht die Dynamik innerhalb einer Familie, in der ein dunkles Geheimnis verschwiegen wurde.

  • »Die anderen sind das weite Meer« von Julie von Kessel handelt von einer Familie, die mit dem dementen Vater Hans konfrontiert wird. Das Buch zeigt die Schwierigkeiten der drei erwachsenen Kinder, mit der Situation umzugehen, und beleuchtet die unterschiedlichen Lebenswege, die sie eingeschlagen haben.


Die Meinungen der Diskussionsteilnehmer zu den Büchern gingen teilweise stark auseinander, was zu lebhaften Debatten führte.


Unterschiedliche Meinungen in der Bücherrunde


Hören Sie das vollständige Gespräch im Podcast des literaturcafe.de. Mit der folgenden Tendenz wurde über die vier Bücher diskutiert..


»Die Frau am Fenster« von Birgit Poppe



  • Beate Hiller fand das Buch »recht beschaulich« und »ein sehr schönes Zeitbild« des Lebens einer Frau im 19. Jahrhundert. Sie lobte die Autorin und studierte Kunsthistorikerin dafür, dass sie »weiß, wovon sie spricht«.

  • Thomas Koch fand, dass das Buch zwar »kein Thriller, kein Page-Turner« sei, aber den Leser »in diese damalige Welt und insbesondere in das Haus des Malers eintauchen lässt«.

  • Wolfgang Tischer kritisierte die Sprache des Buches als »behäbig« und bemängelte, dass Gefühle »leider nicht beschrieben, sondern immer behauptet« werden. Ihm missfiel außerdem, dass man nicht wissen kann, was wirklich passiert ist und was Fiktion ist. Dies sei problematisch, wenn das Buch nicht als Roman, sondern als Sachbuch aufgefasst wird.


»Reichskanzlerplatz« von Nora Bossong



  • Beate Hiller fand die Geschichte zwar zunächst »befremdlich«, aber letztendlich »spannend«. Sie betonte, dass die jüngere Autorin einen anderen Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus. Aufgrund der unterschiedlichen Bewertungen des Titels in den Besprechungen war Beate Hiller klar, dass darüber kontrovers diskutiert werden könne.

  • Wolfgang Tischer zeigte sich »entsetzt« über das Buch und kritisierte die Autorin dafür, dass sie »die Nazis benutzt, um relativ simpel etwas Grusel und ein bisschen Wikipedia-Beitrag zu versprühen«.

  • Thomas Koch widersprach Wolfgang Tischer und nannte das Buch »fabelhaft«. Er lobte die Autorin dafür, dass sie »in die Köpfe rein[kriecht]« und versuche, »eine Zeit am Leben zu halten, wo wir alle hoffen, dass sie nicht wiederkommt«.


»Kleine Monster« von Jessica Lind



  • Wolfgang Tischer beschrieb das Buch als »sehr beklemmendes, gruseliges, fantastisches Buch« und lobte die Autorin dafür, dass sie »diese Monster schafft, ohne ins Übersinnliche zu gehen«.

  • Thomas Koch fand das Buch ebenfalls »fabelhaft« und sah in ihm eine Reflexion der heutigen Zeit, in der viele Menschen mit psychischen Problemen kämpfen.

  • Beate Hiller fand die Mutterfigur »grenzenlos überzeichnet« und gab zu bedenken, dass sie das Buch keinem ihrer Kunden empfehlen könne, weil es zu sehr auf die individuelle Familiengeschichte ankommt. Dennoch habe auch sie das Buch begeistert.


»Die anderen sind das weite Meer« von Julie von Kessel



  • Thomas Koch fand das Buch »grausam«, aber »wahrhaftig« und lobte die Autorin für ihre Fähigkeit, die Situation um den dementen Vater »so zu schildern, dass [sie] einen einfach ergreift«.

  • Beate Hiller fand das Buch »stinklangweilig« und »total vorhersehbar«. Sie kritisierte, dass die Autorin zu offensichtlich das »Storyboard« des Buches konstruiert habe.

  • Wolfgang Tischer fand zwar auch, dass man dem Buch seine Konstruktion anmerke, er fühlte sich dennoch »gut unterhalten«. Ihm gefielen besonders die neuen Aspekte, die die Autorin zum Thema Krieg in der Ukraine einbrachte und welchem Konkurrenzdruck sich die Medien und Reporter vor Ort ausgesetzt sind.


Weihnachtsempfehlungen der Stuttgarter Bücherrunde


Am Ende der Stuttgarter Bücherrunde gab traditionell jeder der Diskussionsteilnehmenden eine Buchempfehlung für Weihnachten ab:



  • Indira Begovic empfahl »XMAS – Das Weihnachtsbuch« aus dem Schweizer Midas Verlag. Das Buch ist eine Sammlung von weihnachtlichen Motiven, sowohl fotografischen als auch gemalten, und spannt einen Bogen von den Anfängen der Weihnachtsgeschichte bis in die Gegenwart. Thomas Koch, der das Buch für die abwesende Tippgeberin präsentierte, beschrieb es als »wunderbares Verschenkbuch« mit »faszinierenden« Motiven.

  • Beate Hiller schlug »Nur nachts ist es hell« von Judith W. Taschler vor, erschienen bei Zsolnay. Der Roman erzählt die Lebensgeschichte von Elisabeth Brugger, die als jüngstes von vier Kindern im Wien der 1950er-Jahre aufwächst und entgegen den gesellschaftlichen Normen Medizin studiert. Hiller lobte Taschlers Fähigkeit, den Leser in die damalige Zeit zu versetzen, und betonte, dass das Buch auch ohne Kenntnis des Vorgängers »Über Karl« gelesen werden kann.

  • Wolfgang Tischer empfahl »Intermezzo« von Sally Rooney, übersetzt von Zoë Beck und erschienen bei Claassen. Der Roman erzählt die Geschichte zweier ungleicher Brüder in Irland und ihre ganz unterschiedlich gelagerten Schwierigkeiten, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Tischer räumte ein, dass Rooneys Stil, der durch detaillierte Beschreibungen und den Verzicht auf Anführungszeichen in Dialogen gekennzeichnet sei, die Lektüre nicht unbedingt einfach mache, empfahl das Buch aber dennoch als Weihnachtslektüre für Leser, die sich auf die Figuren einlassen wollen und Zeit zum Lesen mitbringen.
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