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Syrien: Zwei Vertreter von früherem Regime in Wien angeklagt

Syrien: Zwei Vertreter von früherem Regime in Wien angeklagt

Update: 2025-11-12
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Die Staatsanwaltschaft Wien hat beim Wiener Landesgericht eine Anklage gegen zwei Vertreter des früheren Regimes von Bashar al-Assad in Syrien eingebracht. Das gab Behördensprecherin Nina Bussek bekannt. Ihnen werden schwere Straftaten gegen seinerzeit in Syrien inhaftierte Zivilisten vorgeworfen, unter anderem schwere Körperverletzung, geschlechtliche Nötigung und Folter. Für einen von ihnen hatte sich im Jahr 2015 ausgerechnet der heimische Verfassungsschutz eingesetzt.





Konkret hatte das mittlerweile aufgelöste Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Mai 2015 mit einem ausländischen Partnerdienst vereinbart, Khaleb Al H. von Frankreich nach Österreich zu bringen. Nach Erkenntnissen der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA) schloss die Kooperationsvereinbarung mit der Bezeichnung “White Milk” federführend der damalige BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss ab, der inzwischen in Dubai untergetaucht ist. Nach Weiss wird mit internationalem Haftbefehl gefahndet, weil er die überstürzte Flucht des Ex-Wirecard-Managers Jan Marsalek vom Flughafen Bad Vöslau Richtung Russland mitorganisiert haben soll.



BVT unterstützte 2015 syrischen “Foltergeneral”



2015 sollte Khaled Al H., vormals Brigadegeneral des Allgemeinen Syrischen Geheimdienst, der von Syrien über Jordanien nach Frankreich geflüchtet war, in einer Länder übergreifenden Geheimdiendienst-Aktion nach Österreich verbracht werden. In Umgehung eines französischen Ausreiseverbots wurde die Überstellung des syrischen Offiziers organisiert, wobei er von BVT-Beamten an der österreichischen Grenze in Empfang genommen, in einem Dienstfahrzeug nach Wien chauffiert, in der Bundeshauptstadt in einem Quartier untergebracht und finanziell unterstützt wurde. In weiterer Folge waren Vertreter des BVT dem syrischen Offizier sogar bei seinem Asylverfahren behilflich und bemühten sich, diesem zu einem Bleiberecht zu verhelfen.



Der Ex-Brigadegeneral lebt seit 2015 in Österreich. Mit der Zeit verdichteten sich jedoch Indizien, Khaled Al. H., der ein bei Regimegegnern berüchtigtes Gefängnis in Raqqa in Syrien geleitet hatte, könnte dort an Körperverletzungen und Folterungen von Gefangenen beteiligt gewesen sein. In einigen Medien wurde er “Foltergeneral” genannt.



Nach gesicherten APA-Informationen befindet sich der mittlerweile 61-Jährige seit Dezember 2024 in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in U-Haft. Der zweite Syrer, den die Staatsanwaltschaft Wien nun zur Anklage gebracht hat, ist vorerst auf freiem Fuß. Es handelt sich um den ehemaligen Leiter der Ermittlungsabteilung der Kriminalpolizei in Raqqa im Rang eines Oberstleutnants, der ebenfalls seit 2015 in Österreich aufhältig ist.



Inkriminierter Tatzeitraum 2011 bis 2013



Die Männer sollen laut Anklage von 2011 bis 2013 die ihnen vorgeworfenen Straftaten an Häftlingen begangen haben, um “die damalige Protestbewegung gegen das Regime zu unterdrücken und die Bevölkerung einzuschüchtern”, wie die Wiener Anklagebehörde am Mittwoch mitteilte. Die Misshandlungen seien nicht nur unter ihrer Befehlsgewalt von Dritten ausgeführt worden – sie sollen auch persönlich “Tätlichkeiten gegen inhaftierte Personen gesetzt” haben.



Die Anklage unterstellt den zwei Offizieren weiters die organisatorische Verantwortlichkeit für die Festnahme von Zivilpersonen sowie deren Inhaftierung und anschließende Einvernahme durch eine im Rahmen der Sicherheitskräfte gebildete Kommission. Unter ihrer Befehlsgewalt sollen festgenommene Zivilisten während der oft mehrmonatigen Inhaftierung unter prekären sanitären und unmenschlichen Bedingungen von Wachebeamten des Geheimdienstes und der Kriminalpolizei wiederholt auch unter Anwendung von Folterwerkzeugen zum Teil massiv körperlich misshandelt und zur Ablegung von Geständnissen gezwungen worden sind. Ein namentlich bekanntes Opfer soll sexuelle Gewalt durchlitten haben.



Staatsanwaltschaft Wien kennt bisher 21 Opfer



Bisher konnten laut Staatsanwaltschaft 21 Opfer ausgeforscht werden. Diese haben sich aufgrund der erlittenen Verletzungen mit teilweise schweren Dauerfolgen dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen.



“Die Zuständigkeit der österreichischen Strafverfolgungsbehörden ergibt sich aus dem Umstand, dass die Angeklagten im Jahr 2015 unabhängig voneinander in Österreich einen Antrag auf Asyl gestellt haben und seitdem im Bundesgebiet aufhältig sind”, hielt die Staatsanwaltschaft in ihrer Pressemitteilung abschließend fest. Die Anklage ist nicht rechtskräftig. Die Verteidiger der beiden Beschuldigten haben ab Zustellung der Anklageschrift zwei Wochen Zeit, diese allenfalls zu beeinspruchen.



Khaled Al H. – ein syrischer Druse – hatte laut Medienberichten bereits seit längerem für den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad gearbeitet. Nach seiner Flucht aus Raqqa 2013 ließ er sich zunächst in Frankreich nieder. Laut früheren Berichten bestreitet er die Folter- und Misshandlungsvorwürfe. Drei ehemalige Beamte des BVT bzw. einer des Bundesamts für Fremdenrecht und Asyl (BFA) wurden 2023 in einem Prozess wegen Amtsmissbrauchs rund um den Fall rechtskräftig freigesprochen – Martin Weiss war für die Justiz allerdings schon damals nicht greifbar und war der Hauptverhandlung ferngeblieben.



(APA)

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