USA und Ukraine einig über Friedensplan
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Washington und Kiew sind sich über die wichtigsten Fragen des US-Friedensplans einig geworden. “Unsere Delegationen haben eine Übereinkunft über die wichtigsten Bestimmungen des in Genf ausgehandelten Abkommens erzielt”, schrieb der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Rustem Umjerow, bei Facebook. Mehrere US-Medien berichteten unter Berufung auf einen US-Regierungsbeamten über eine Einigung zwischen den USA und der Ukraine auf Bedingungen für ein Abkommen.
“Die Ukrainer haben dem Friedensabkommen zugestimmt”, zitierten die Sender ABC News und CBS News einen namentlich nicht genannten US-Regierungsbeamten. “Es gibt noch einige kleine Details zu klären, aber sie haben einem Friedensabkommen zugestimmt”, sagte er den Medien demnach. Umjerow zufolge soll der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj schon in den nächsten Tagen nach Washington zu einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump reisen.
Demnach soll die Visite noch im November stattfinden. Ziel sei es, die letzten Etappen des Abkommens zu erörtern und eine Vereinbarung mit Trump zu erzielen. Die USA hatten in der vergangenen Woche einen 28-Punkte-Plan vorgelegt, um den von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Krieg in der Ukraine zu beenden.
Europäer und Ukrainer haben den von vielen als “russische Wunschliste” kritisierten Plan in Genf mit US-Vertretern nachverhandelt. Moskau seinerseits hat den Plan, der harte Zugeständnisse von der Ukraine fordert, als mögliche Grundlage für Verhandlungen bezeichnet, aber vor größeren Aufweichungen zugunsten Kiews gewarnt.
Selenskyj telefoniert mit Starmer
Wie Selenskyj nach einem Telefonat mit dem britischen Premier Keir Starmer betonte, gebe es “viele Aussichten” auf einen Frieden. Es gebe “solide Ergebnisse”, aber es liege noch viel Arbeit vor allen Beteiligten, schrieb er auf X. “Wir haben noch einen weiten und beschwerlichen Weg vor uns”, sagte Starmer im britischen Parlament. Zugleich bekräftigte er die anhaltende Unterstützung der europäischen Verbündeten für die Ukraine: “Wir sind entschlossener denn je, uns für diese Sache einzusetzen und diesen Prozess voranzutreiben”, sagte er.
Großbritannien hält an Plänen für eine multinationale Truppe in der Ukraine nach einem Waffenstillstand fest. Auf die Frage, ob Großbritannien bereit sei, nach einem Ende der Kämpfe Bodentruppen zu entsenden, antwortet ein Sprecher von Premierminister Keir Starmer: “Diese Zusage bleibt bestehen.” Starmer und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hätten in einem Telefonat die Vorbereitungen für den Einsatz einer Truppe nach einer Einstellung der Kämpfe besprochen. Russland lehnt einen möglichen ausländischen Militäreinsatz in der Ukraine als “inakzeptabel” ab.
Lawrow geht mit Europa ins Gericht
Nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow muss ein überarbeiteter Friedensplan die Absprachen zwischen den Präsidenten Putin und Trump widerspiegeln. Der Plan müsse dem “Geist und Buchstaben” der Verständigung vom Gipfeltreffen in Alaska entsprechen, sagte Lawrow in Moskau. Russland warte auf eine geänderte Fassung des US-Plans, nachdem sich Washington mit der Ukraine und Europa abgestimmt habe. Sollte diese von der Absprache abweichen, ergebe sich für Russland eine völlig andere Lage.
Seiner Meinung nach hätten die Europäer ihre Gelegenheit verspielt, an einer Lösung mitzuwirken. “Ihr hattet eure Chancen, Leute”, sagte Lawrow russischen Agenturen zufolge. “Ihr habt diese Chancen nicht genutzt, ihr habt sie einfach vertan”, führte er mit Bezug auf das Minsker Abkommen aus.
Die Minsker Friedensverhandlungen waren ein diplomatischer Prozess zur Befriedung des Konflikts im Osten der Ukraine, der im Jahr 2014 begann. Die unter Vermittlung Deutschlands und Frankreichs geschlossenen Abkommen von 2014 und 2015 sahen unter anderem eine Autonomie für den Donbass vor.
Jetzt könne von einer Vermittlung Deutschlands und Frankreichs keine Rede mehr sein, sagte Lawrow. Unter den Vermittlern schätze Moskau die Positionen von Belarus, die Türkei und Ungarn. Außerdem die USA, die “im Unterschied zu London, Brüssel, Paris, Berlin” die Initiative ergreife, um Lösungswege zu finden.
Kreml für Einbindung Europas
Moskau hält eine Beteiligung der Europäer an Gesprächen über die Sicherheitsarchitektur in Europa für nötig. Ein Sicherheitssystem in Europa für die Zeit nach Ende des Konflikts in der Ukraine zu besprechen, sei “ohne Beteiligung der Europäer praktisch unmöglich”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS zufolge. Auf “irgendeiner Etappe” sei das nötig.
Zu den Verhandlungen über einen US-Friedensplan wiederholte Peskow bisherige Positionen Russlands. Moskau sei daran interessiert, seine Ziele auf diplomatischem Weg zu erreichen. Der ursprüngliche US-Friedensplan könne eine Grundlage für Verhandlungen sein. Man habe aber verstanden, dass der Moskau bekannte Text inzwischen geändert worden sei.
Unterdessen fanden in Abu Dhabi offenbar Gespräche zwischen US-Vertretern und einer russischen Delegation statt. Dort seien am Montag neue Verhandlungen in Gang gesetzt worden, diesmal auch mit russischer Beteiligung, berichteten der US-Sender ABC News und die “Financial Times”.
Demnach traf sich der Pentagon-Staatssekretär Dan Driscoll dort mit einer russischen Delegation. Nach Informationen der “Financial Times” ist auch der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, nach Abu Dhabi gereist. Der Kreml wollte die Gespräche weder bestätigen noch dementieren.
Militärexperte: Möglicher Bumerang für Putin
Der Militärexperte Gerald Karner bestätigte, dass die Annahme des ursprünglichen Vorschlags eine Kapitulation der Ukraine bedeuten würde. Karner erklärte im Kurznachrichtendienst X, dass der 28-Punkte-Plan “eine geschickte nachrichtendienstliche Operation Russlands war”. Das Papier verstoße gegen über 70 die USA bindende internationale Abkommen, darunter den NATO-Vertrag.
“Dass es russischen Akteuren so leicht gemacht wird, die atemberaubende Arroganz und Inkompetenz der gegenwärtigen US-Administration auf eine derartige Weise auszunutzen, birgt gewaltige innen- und außenpolitische Sprengkraft”, so Karner. In dieser Situation seien “die ruhigen, aber bestimmten Reaktionen europäischer Politiker” ein Stabilitätsfaktor. “Dies könnte die Stunde Europas und auch noch zum Bumerang für Putin werden”, meinte der Experte.
(APA/Reuters/dpa/Ukrinform)




