Ukraine und USA suchen in Florida nach Wegen zu Frieden
Description
Die Gespräche über einen möglichen Frieden im Ukraine-Krieg gehen weiter: Nach dem Treffen von US-Vertretern mit Kremlchef Wladimir Putin in Moskau wird am Donnerstag eine ukrainische Delegation in den USA erwartet. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff und Jared Kushner, Schwiegersohn von Präsident Donald Trump, wollen in Florida erneut mit Vertretern aus Kiew sprechen, sagte ein US-Regierungsvertreter.
Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bereits neue Gespräche mit US-Vertretern in Aussicht gestellt. “Wir bereiten Treffen in den Vereinigten Staaten vor”, sagte er in seiner abendlichen Videobotschaft. Nach seinen Angaben soll erneut eine Delegation um den Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, Rustem Umjerow, und Generalstabschef Andrij Hnatow die Gespräche mit den USA führen.
Derzeit laufe alles recht erfolgreich, sagte der ukrainische Präsident mit Blick auf Verhandlungen in Genf und Florida über einen US-Plan für ein mögliches Ende des Kriegs. Er forderte abermals Druck auf Russland. “Nur wenn die Interessen der Ukraine berücksichtigt werden, ist ein würdiger Frieden möglich”, sagte er in seiner abendlichen Videoansprache.
Putin bezeichnete unterdessen sein jüngstes Treffen mit den US-Gesandten Witkoff und Kushner in Moskau als “sehr nützlich”. Es habe auf den Vorschlägen basiert, die er mit Trump im August in Alaska besprochen habe, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA.
Trump: Treffen “einigermaßen gut”, weiterer Weg unklar
Witkoff und Kushner hatten sich am Dienstag in Moskau mit Kreml-Chef Wladimir Putin getroffen, um über ein Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zu sprechen. Das mehrere Stunden dauernde Gespräch brachte jedoch keinen Durchbruch. US-Präsident Donald Trump zufolge lief das Treffen “einigermaßen gut”. Trump sagte im Oval Office, Witkoff und Kushner hätten ihn telefonisch über die Gespräche informiert und ihm mitgeteilt, dass sie den Eindruck hätten, Putin sei “an einer Einigung interessiert”. Wie es nun weitergehe, sei jedoch unklar. “Was bei dem Treffen herauskommt, kann ich Ihnen nicht sagen”, sagte Trump am Mittwoch (Ortszeit) vor Journalisten.
Der Kreml teilte am Mittwoch mit, Putin habe einige Vorschläge der USA akzeptiert und sei bereit, weiter an einer Kompromisslösung zu arbeiten. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zufolge handle es sich um einen normalen Arbeitsprozess zur Kompromissfindung.
Putin: Europäer torpedieren Friedensgespräche
Im November war ein Entwurf mit 28 Friedensvorschlägen der USA durchgesickert. Der Plan hatte bei ukrainischen und europäischen Regierungsvertretern für Beunruhigung gesorgt, da er wesentlichen Forderungen Moskaus nachgegeben haben soll. Dabei ging es um einen Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft, die russische Kontrolle über ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets und Einschränkungen für die ukrainische Armee.
Europäische Mächte legten daraufhin einen Gegenvorschlag vor. Bei Gesprächen in Genf erklärten die USA und die Ukraine anschließend, sie hätten einen “aktualisierten und verfeinerten Friedensrahmen” geschaffen. Details zu diesen Gesprächen wurden jedoch nicht veröffentlicht.
Putin hatte am Dienstag gesagt, die europäischen Mächte versuchten, die Friedensgespräche zu torpedieren, indem sie Ideen vorschlugen, die für Russland absolut inakzeptabel seien. Russland sei bereit, die Europäer an Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der Ukraine zu beteiligen. Dazu müssten sie aber die Realitäten auf dem Schlachtfeld in der Ukraine anerkennen. “Wir haben nicht vor, mit Europa zu kämpfen, das habe ich schon 100 Mal gesagt. Aber wenn Europa wiederum kämpfen will und anfängt, dann sind wir dazu sofort bereit”, sagte Putin.
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha forderte am Donnerstag von Russland einen “echten Frieden und keine Beschwichtigung”. “Wir erinnern uns noch an die Namen derer, die künftige Generationen in München verraten haben”, sagt er in Wien beim jährlichen Ministerrat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit Blick auf das Münchner Abkommen von 1938 und die damalige Beschwichtigungspolitik. “Das darf sich nie wiederholen.” In dem Abkommen stimmten Großbritannien, Frankreich und Italien der Annexion des Sudetenlandes durch Nazi-Deutschland zu – im September 1939 überfiel die Wehrmacht dennoch Polen. Der Weg zu Friedensgesprächen sei derzeit unklar, sagte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch. Zuvor hatte er Gespräche zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und US-Gesandten als “einigermaßen gut” bezeichnet. “Europa hatte in der Vergangenheit zu viele unfaire Friedensabkommen”, sagte Sybiha weiter. “Sie alle haben nur zu neuen Katastrophen geführt.” Er dankte den USA für die Förderung der Friedensbemühungen. Die Ukraine werde “jede Gelegenheit nutzen, um zu versuchen, diesen Krieg zu beenden”.
Kämpfe gehen weiter
Während in verschiedenen Formaten über ein mögliches Ende des Ukraine-Kriegs beraten wird, gehen die Kämpfe weiter. In der russischen Region Belgorod wurde nach Angaben des Gebietsgouverneurs Wjatscheslaw Gladkow ein Mann im Dorf Gora-Podol durch ukrainischen Beschuss getötet.
Auch Russland setzt seine Attacken in dem vor mehr als dreieinhalb Jahren von Putin befohlenen Angriffskrieg fort. Bei einem russischen Raketenangriff auf Krywyj Rih wurde am Abend nach Behördenangaben eine Frau verletzt. Insgesamt gab es demnach vier Verletzte infolge russischer Angriffe über den ganzen Tag.
Nach einer Reihe russischer Angriffe auf die südukrainische Stadt Cherson wurde der Betrieb eines Heizkraftwerks örtlichen Angaben zufolge ausgesetzt. Rund 40.500 Kunden können dadurch nicht heizen, wie der Gouverneur der Region mitteilte. Cherson ist eine Frontstadt, die fast täglich von russischen Truppen angegriffen wird.
In Slowjansk im ansonsten großteils besetzten Gebiet Donezk seien acht Menschen bei einem russischen Angriff verletzt worden, schrieb der Gouverneur des Gebiets, Wadym Filaschkin, bei Telegram. Moskaus Militär habe über den Tag neun Bomben bei Attacken auf die Stadt eingesetzt. Eine davon sei in ein Hochhaus eingeschlagen.
Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als dreieinhalb Jahren gegen eine russische Invasion. Als Teil ihres Abwehrkampfes greift die Ukraine immer wieder auch Ziele in Russland an. Die Zahl der Opfer und das Ausmaß der Schäden in Russland steht aber in keinem Verhältnis zu den vom russischen Militär angerichteten Zerstörungen in der Ukraine.
Putin in Indien
Unterdessen beginnt Putin am Donnerstag einen zweitägigen Staatsbesuch in Indien. Es wird sein erster Besuch im bevölkerungsreichsten Land der Erde seit der russischen Invasion in der Ukraine sein. Beide Seiten streben einen Ausbau ihrer “besonderen und privilegierten strategischen Partnerschaft” an. Indien gehört zu den größten Abnehmern von russischem Öl. Mit den Einnahmen aus dem Verkauf finanziert Russland auch seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine, dessen Beendigung Premierminister Narendra Modi immer wieder gefordert hat.
Die Türkei forderte Russland und die Ukraine am Donnerstag auf, die Energieinfrastruktur aus dem Krieg herauszuhalten. “Wir müssen den Energiefluss ohne Unterbrechung aufrechterhalten”, sagte Energieminister Alparslan Bayraktar. Hintergrund sind jüngste Angriffe auf Tanker vor der türkischen Schwarzmeerküste. Die Ukraine nimmt verstärkt russische Ölexporte ins Visier, während Russland unter anderem das ukrainische Stromnetz bombardiert.
(APA/Reuters/dpa)




