DiscoverScience on Player FMUlugh Beg - Ein Wissenschaftler auf dem Thron - radioWissen
Ulugh Beg - Ein Wissenschaftler auf dem Thron - radioWissen

Ulugh Beg - Ein Wissenschaftler auf dem Thron - radioWissen

Update: 2025-01-07
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Description

Der Timuridenfürst Ulugh Beg (1394-1449) übernahm den Thron in Samarkand, heute Usbekistan, von seinem Großvater. Doch statt wie dieser als gefürchteter Herrscher andere Reiche zu erobern, zog er die Wissenschaft vor: Als Astronom und Mathematiker leistete er in seinem Observatorium Erstaunliches - lange vor Erfindung des Teleskops. Von Julia Smilga

Credits
Autorin dieser Folge: Julia Smilga
Regie: Kirsten Böttcher
Es sprachen: Susanne Schroeder, Thomas Loibl, Peter Weiß
Technik: Moritz Herrmann
Redaktion: Karin Becker


Im Interview:
Ikromeddin Siroshidinov, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums „Sternwarte“ in Samarkand, Usbekistan 
Benno van Dalen, Astronomie- und Mathematikhistoriker an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften



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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.


Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:


Sprecherin: 



17. Juni 1941, Samarkand, Usbekische Republik. Sowjetische Wissenschaftler um den berühmten Anthropologen Michail Gerassimow öffnen im Mausoleum Gur Emir ein fünfhundert Jahre altes Grab. Sie wollen die Gebeine des berühmten Herrschers Amir Timur – in Europa bekannt als Tamerlan - und seines Enkels Ulugh Beg untersuchen. Das Ziel: anhand der Schädelreste das Aussehen der beiden zu rekonstruieren. Als Ulugh Begs Grab geöffnet wird, entdecken sie, dass der Schädel vom Rest des Skeletts abgetrennt liegt. Anthropologe Gerassimow schreibt in das Protokoll der Untersuchung: 


Musik hoch 


 Zitat 1 Zitator : 


„Ulugh Begs Grab bestätigt die tragischen Umstände seines gewaltsamen Todes. An einem der Wirbel sind deutliche Spuren eines Hiebes mit einer scharfen Klinge sichtbar. Nur ein Schlag von enormer Kraft und Erfahrung konnte eine solche Wirkung haben. Er wurde von rechts nach links ausgeführt, das heißt, der Täter stand vor dem knienden Opfer...“


Musik 2: Dastan and Tamina escape -  49 Sek


Sprecherin: 


Ulugh Beg starb am 3. November 1449 mit 56 Jahren in einem Dorf in der Nähe von Samarkand. Er hatte eine Schlacht gegen seinen eigenen Sohn Abd al-Latif verloren und war aus seiner Residenz in Samarkand vertrieben worden. Heimatlos und des Reiches beraubt hatte sich Ulugh Beg auf eine Pilgerreise nach Mekka begeben. Doch kam er nicht weit…Angeblich hatte Abd al-Latif den Befehl zur Ermordung des Vaters gegeben. Mit dem Leben von Ulugh Beg endete im Jahr 1449 auch die Blütezeit der islamischen Wissenschaft in Mittelasien.


Atmo Stadt LS 102465 


Sprecherin: 


Samarkand. Ehemalige Hauptstadt des grausamen Kriegers Amir Timur, Großvater Ulugh Begs. Zwischen 1370 und 1405 eroberte er weite Teile Zentralasiens. Sein riesiges Reich umfasste Gebiete der heutigen Staaten Iran, Armenien, Georgien, Syrien, Irak sowie Teile Nordindiens. Sein Enkel Ulugh Beg, der am 22. März 1394 in Soltanije im heutigen Iran geboren wurde, bekam nach dem Tod seines Großvaters im Jahr 1405 die prächtige Stadt Samarkand zusammen mit der Provinz Westturkestan als Herrschaftsgebiet übertrage. Ulugh Beg war damals erst 15 Jahre alt. Der junge Herrscher erwies sich als ein exzellenter Verwalter, beschäftigte sich aber auch mit Wissenschaft und Kunst. Das war damals für einen Herrscher außergewöhnlich, sagt Benno van Dalen. Der niederländische Astronomie- und Mathematikhistoriker forscht an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zur Geschichte der mittelalterlichen Astronomie in Europa und Asien. 


OT 01 van Dalen [0:14:17 ] :


Ulug Berg war ja der Enkel von Tamerlan, und das war nicht gerade jemand, der bekannt ist für seine wissenschaftliche Aktivitäten, sondern eher für seine Eroberungen (..) Und die meisten Sultane und Prinzen, die haben sich eher beschäftigt mit diesen Konflikten statt mit Wissenschaft. Also Ulug Beg war da wirklich eine Ausnahme. 


Atmo Registan 


Sprecherin 


Der ehemalige Marktplatz Samarkands, mitten in der Altstadt: Gesäumt wird er von drei prächtigen, mit bunten Ornament-Kacheln und leuchtend blauen Kuppen verzierten Medresen. Eine Medrese oder arabisch „Madrassa“ ist eine Lehreinrichtung, eine Koranschule, in der nach islamischen Grundsätzen das Wissen der Zeit vermittelt wird.  


Eine der Medresen, die älteste auf dem Platz, ließ Ulugh Beg errichten, im Jahr 1417. 


OT 02 van Dalen


15:25 Wir wissen, dass er zum Beispiel den Koran auswendig kannte und zu jeder Zeit zitieren konnte. Aber das Interesse für Mathematik und Astronomie hatte er insbesondere dann entwickelt, und das hat dazu geführt, dass er in seinem Madrassa all diese berühmten Wissenschaftler, sehr fähigen Wissenschaftler gesammelt hat, und in der Sternwarte ein sehr ausführliches Beobachtungsprogramm hat durchführen lassen.


Atmo Innenhof UlughBeg Medrese LS 102526+ LS 102527


Sprecherin 


Der quadratische Innenhof der Koranschule ist von zweistöckigen, mit bunten Mosaiken geschmückten Bauten umgeben, in denen einst vier Hörsäle und Wohnzellen für Studenten untergebracht waren. Mittelalterliche Quellen bezeugen, dass die Koranschule zweistöckig war, mit vier Kuppeln und vier Minaretten an den Ecken, jedes Zimmer war in zwei Wohneinheiten  für zwei Studenten unterteilt. Hier hatten etwa hundert Studenten Unterricht. Heute sieht die restaurierte islamische Schule wohl fast genau so aus, wie zu Zeiten von Ulugh Beg. Nur: statt Studenten schlendern durch den Innenhof Touristen aus aller Welt. In den ehemaligen Studentenwohnzellen findet man zahlreiche Souvenirgeschäfte: Steinmetze, Schmiede und Holzschnitzer arbeiten und verkaufen dort, wo einst hitzige Diskussionen über mathematische Formeln geführt wurden. 


Musik 3: Heading to the Old Palace -  1.14 Min


Zitat 2 Zitator 


„Wie hier in Samarkand Mathematik und Astronomie gelehrt werden, ist in ganz Persien ohne Beispiel. Es gibt allein 24 Meister, die Euklidische Geometrie studieren und den Himmel beobachten.“


Sprecherin 


schreibt der Mathematiker und Astronom Al Kaschi als Lehrer der Koranschule an seinen Vater, begeistert von den Forschungsmöglichkeiten in der Stadt an der Seidenstraße. Diese Briefe, die al-Kaschi ins etwa 2000 km entfernte Kaschan in Persien schickt, sind die wichtigsten historischen Quellen, die Einzelheiten über das Leben am Hof und in den Koranschulen von Ulugh Beg liefern. Mindestens ein Dutzend Medresen hat Ulugh Beg persönlich gestiftet. 


Zitat 3 Zitator 


„Ulugh Beg unterstützt zahlreiche Studenten mit Stipendien und ermutigt alle zum Lernen. Seine königliche Majestät hatte eine wohltätige Gabe in Höhe von dreißigtausend Dinar gestiftet, von denen zehntausend an Studenten vergeben werden sollten. Es wurden etwa zehntausend Studenten aufgelistet, die ständig lernen und lehren und für eine finanzielle Unterstützung in Frage kommen.“ 


Musik aus


Sprecherin


Heute sind in Usbekistan drei von Ulugh Beg errichtete Koranschulen erhalten: eine in Buchara, eine in Gischduwan und die wichtigste, in Samarkand. Sie war die Wirkungsstätte des persischen Mathematikers Al Kaschi. Aber auch Ulugh Beg war in der Koranschule oft anzutreffen- unangekündigt. Gerne mischte er sich laut al Kaschi in den Unterricht ein


OTon 3 van Dalen 


 [0:28:20 ) Er hat beschrieben, dass (...) er sehr häufig dabei war, als die Wissenschaftler und die Studenten ihre Probleme besprochen haben. Und dass er dann sehr kluge Bemerkungen gemacht hat. Dass er die Probleme, auch die schwierigen geometrische Probleme, wirklich gut verstanden hat. 


Sprecherin 


Geometrische und astronomische Probleme, mit denen sich Studierende und Professoren in der Koranschule von Ulugh Beg beschäftigten und für die sie Lösungen fanden, wurden in Europa erst Jahrhunderte später berechnet. Über elegante Lösungen etwa, die Al Kaschi in seinem 1424 verfassten Lehrbuch „Schlüssel für Arithmetik“ aufstellt, schreibt 1949 der deutsche Arabist und Mathematikhistoriker Paul Luckey: 


Musik 4: Erupting Light –  42 Sek


Zitat 4  Zitator: 


„Wäre sein Lehrbrief über die Berechnung des Kreisumfanges seinen Zeitgenossen im Abendland bekannt geworden, so hätte sich dieses Abendland in der Folgezeit einige beschämende Leistungen und Erörterungen auf dem Gebiet der Kreisberechnung ersparen können. Hätte seine klare theoretische und praktische Einführung der Dezimalbrüche Verbreitung gefunden, so wäre es nicht nötig gewesen, dass anderthalb Jahrhunderte später Männer wie Vieta, Stevin und Bürgi ihren Verstand und ihre Arbeitskraft auf die Neuerfindung der Dezimalbrüche richteten.“


Sprecherin 


Viele der Berechnungen aus den Sch

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