Warum lässt euch keine Ruhe, was damals im Internat in Mindelheim geschehen ist, Christian Fröhler und Andreas Ernstberger?
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Mindelheim, eine kleine Stadt in Bayern. Hier befindet sich viele Jahre lang ein katholisches Internat der Maristen-Brüder. Von 1986 bis 2007 arbeitet dort ein Klosterbruder, ein sogenannter Frater, des Ordens, zuerst als Erzieher, später als Internatsleiter. Schon früh gibt es Hinweise, Gerüchte, auch konkrete Vorwürfe sexueller Übergriffe. Doch der Orden greift nicht ein. Nach der Nachtruhe ruft der Frater Jungen in sein Zimmer. Leicht bekleidet müssen sie antreten. Er fasst ihnen in den Intimbereich, gibt ihnen Alkohol und testet, wie weit er gehen kann. Auch Vorwürfe der Vergewaltigung werden später bekannt. Als einige der Anschuldigungen 2007 den Maristen gemeldet werden, informieren sie weder die Kinder noch deren Eltern, stattdessen wird der Frater still und heimlich an eine andere Stelle versetzt.
Die erste Verurteilung auf Bewährung im Jahr 2008 bleibt innerhalb der Ordensgemeinschaft ein Geheimnis. Erst als der Spiegel 2010 über den Fall berichtet, wird die Öffentlichkeit informiert. Innerhalb von nur zwei Wochen melden sich zwei Dutzend weitere Betroffene bei der Zeitung. Im Lauf der Jahre werden es mehr. „70 Kinder und Jugendliche bei einem mutmaßlichen Täter. Wenn das zutrifft, wäre das einer der großen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche in Deutschland", schreibt Spiegel-Journalist Jonah Lemm. Zwei weitere Verurteilungen folgen 2010 und 2024 – wieder Bewährungsstrafen. Die Maristen kennen die Fälle seit Jahren und dennoch schließen sie den Mann erst kurz vor dem jüngsten Verfahren offiziell aus dem Orden aus – seine Wohnung zahlen sie weiterhin.
Um den Missbrauch nach mehr als zwanzig Jahren endlich aufzuarbeiten, gründen Betroffene den gemeinnützigen Verein "Wir sind Viele!". Der Verein geht von einer dreistelligen Zahl von Betroffenen aus. Andreas Ernstberger und Christian Fröhler, selbst in den 1980ern Schüler am Internat und von sexuellen Übergriffen durch den Frater betroffen, sind heute Vorsitzende des Vereins.
Wenn ihr Fragen oder Ideen zu einbiszwei habt, schreibt uns: einbiszwei@ubskm.bund.de
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WEITERE INFOS
Website des Vereins
„Wir sind Viele”
Petition „Keine Einrede der Verjährung in Schmerzensgeldprozessen!”
Zur Petition
**BR-Beitrag mit Christian und Andreas (11/24) **
Missbrauch am Maristen-Internat: Verein hilft Betroffenen
Artikel zu dem Prozess 2023/ 2024:
Beitrag im Bayerischen Rundfunk (09/24)
Sexuelle Gewalt am Maristenkolleg: Mutmaßliches Opfer sagt aus
Artikel in der Süddeutschen Zeitung (02/24)
Freispruch für Frater, der Schüler vergewaltigt haben soll
Pressemitteilung des Landgerichts Memmingen (03/25)
Urteil rechtskräftig: Strafverfahren gegen ehemaligen Leiter des Maristeninternats
Artikel in Der Spiegel (09/24)
Missbrauchsprozess in Bayern: „Mama, hilf mir!”
Artikel zu weiteren Fällen und Aufarbeitung
Artikel in Der Spiegel (02/10)
Kirche: Traumatische Vergangenheit
Artikel in Süddeutschen Zeitung (03/10)
Maristenkolleg Mindelheim: Die Lüge der Fratres
Artikel in Süddeutschen Zeitung (03/25)
Missbrauchsgutachten über Maristenbrüder in Auftrag gegeben
Beitrag im Bayrischen Rundfunk (03/25)
Missbrauch in Ordens-Internat: Opfer sehen sich übergangen
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HILFEANGEBOTE:
Wenn du Missbrauch erlebt hast, und Hilfe oder Beratung suchst, kannst du dich auch an diese Stellen wenden:
Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch
0800 22 55 530 – anonym und kostenfrei
Telefonzeiten:
Mo., Mi., Fr.: 9.00 bis 14.00 Uhr
Di., Do.: 15.00 bis 20.00 Uhr
oder
Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch