DiscoverSWR Aktuell Im Gespräch"Nicht immer auf den Basar gehen" - Länder fordern mehr Geld vom Bund
"Nicht immer auf den Basar gehen" - Länder fordern mehr Geld vom Bund

"Nicht immer auf den Basar gehen" - Länder fordern mehr Geld vom Bund

Update: 2025-12-04
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SWR Aktuell: Kriegen Sie denn im Streit ums Geld zwischen Bund und Ländern heute eine Lösung hin?
Alexander Schweitzer: Wenn es nach mir geht, auf jeden Fall. Die Länder haben ein paar gute Vorschläge gemacht, die sind abgestimmt, partei- und länderübergreifend. Wir haben sehr stark auch die Interessen unserer Kommunen in Deutschland mit aufgenommen. Das heißt, heute könnte es gute Ergebnisse geben, aber natürlich muss auch die Bundesregierung sagen, wir gehen da mit und schlagen ein – und das werden wir heute erleben.
SWR Aktuell: Das wäre Ihre Wunschvorstellung, glaube ich. Unions- und SPD-Politiker in den Ländern sind sich ja einig, dass es mehr Geld vom Bund braucht. Unions- und SPD-Politiker in der Bundesregierung sind sich einig: Das braucht es eigentlich nicht. Wie wollen Sie denn diese beiden Dogmen irgendwie zusammenbringen?

Eigentlich geht es nicht um das Ob, sondern es geht um das Wie, und es geht auch um das Wieviel.

Quelle: Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz



Schweitzer: Zunächst mal ist es so, dass auch die Bundesregierung einen Koalitionsvertrag als Grundlage ihrer Arbeit hat, wo genau das drinsteht. Dieses Konnexitätsprinzip, wie es ein bisschen kompliziert heißt: Wer bestellt, bezahlt, ist das Motto. Das heißt, die Bundesregierung ist dem ja auch verpflichtet. Eigentlich geht es dann auch nicht mehr um das Ob, sondern es geht um das Wie, und es geht auch um das Wieviel. Die Kommunen haben in Deutschland für 2025 ein Defizit von 35 Milliarden Euro. Ein Großteil, ein relevanter Teil dieses Defizits kommt aus der mangelnden Finanzierung von Bundesgesetzen, die die Kommunen aber verpflichtend umsetzen müssen. Und das ist natürlich einfach eine schwere Last für die Kommunen. Da hat der Bund viel bestellt, aber eben zu wenig bezahlt – und das wollen wir jetzt korrigieren, und zwar insbesondere auch für die Zukunft, sodass sich das nicht wiederholt. Auch die Bundesregierung hat ja die grundlegende Wahrnehmung, dass das mal korrigiert werden muss.
Und ich habe als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz immer gesagt, wir wollen einen Kompromiss, wir brauchen einen Kompromiss. Es muss aber auch wirklich etwas auf den Tisch gelegt werden. Wir spüren das in Rheinland-Pfalz so wie die Kollegen in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Das heißt, es ist nicht nur ein Land, das diese Position hat, sondern die Länder in ganz Deutschland sagen, der Bund muss sich bewegen. Da hoffen wir auf Kompromissbereitschaft auch der Bundesregierung.
SWR Aktuell: Allerdings gibt es auch jetzt schon erste Stimmen, wie zum Beispiel Bundesfinanzminister Klingbeil, der in verschiedenen Bereichen schon Absagen erteilt hat und gesagt hat, da gibt es definitiv kein Geld vom Bund. An welcher Stelle würden Sie denn kompromissbereit sein? Wo würden Sie sagen, okay, gut, dann übernehmen wir das einfach selbst?

"Stunde Null" machen und in die Zukunft gucken

Quelle: Alexander Schweitzer, RLP-Ministerpräsident



Schweitzer: Wir übernehmen ja sehr viel selbst, übrigens auch die Länder mit den Kommunen gemeinsam. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir, obwohl wir da enorme Defizite in den letzten Jahren hatten, bereit sind, nicht zu sagen, wir machen nochmal eine Rechnung für die Vergangenheit auf und bitten da auch den Bund uns zu kompensieren. Sondern ich kann mir gut vorstellen, dass wir sagen, okay, wir machen jetzt hier eine "Stunde Null" und gucken in die Zukunft, und wenn neue Gesetze auf uns zukommen, dann wird da ein Mechanismus organisiert, der heißt: Wer bestellt, bezahlt.
Das wäre schon eine Kompromisslösung, weil das würde ja für die Kommunen bedeuten, dass sie immer noch auf diesem laufenden Defizit sitzen bleiben, aber es zumindest für die Zukunft ein bisschen weniger stark aufwächst. Das wäre ja schon etwas. Das ist nicht das, was die Kommunen wirklich brauchen, aber das wäre eine Verbesserung gegenüber dem Jetzt-Zustand, und das ist schon eigentlich eine Kompromisslinie. Das heißt, wir würden den Bund ja auch nicht überfordern, sondern einfach nur dazu bringen, das zu tun, wozu er verpflichtet ist: nämlich, wenn er Bundesgesetze auf den Weg bringt, dass er auch für die, die sie umsetzen müssen, eine ordentliche Rechnung aufmacht im Sinne von, ihr müsst da nicht allein durch.
SWR Aktuell: Diese Haltung, die Sie da gerade schildern, die gibt es aber ja schon sehr lange, und einen wirklichen Kompromiss in allen Bereichen gab es bisher noch nie. Wie kann der jetzt tatsächlich geschaffen werden? Die Stimmen aus der Bundesregierung sind da ja eher zurückhaltend, würde ich es mal nennen.

Wir müssten nicht jedes Mal auf den Basar gehen und neu feilschen und verhandeln.

Quelle: Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz



Schweitzer: Also ich glaube, man kann einfach sagen, wir nehmen uns zum Beispiel die sogenannten Leistungsgesetze vor. Das sind all die Gesetze, bei denen der Bund über Sozialgesetzgebung sagt, wir schauen uns eine betroffene Gruppe an, die eine besondere Unterstützung braucht. Diese Unterstützung definieren wir, beschreiben wir in einem Bundesgesetz, und dann definieren wir einen Preis dafür. Und dieser Preis wird zu 100 Prozent oder vielleicht auch zu weniger als 100 Prozent den Kommunen bezahlt.
Dann hätten wir einen Mechanismus, und dieser Mechanismus gälte wie eine goldene Regel immer dann, wenn ein neues Gesetz des Bundes kommt. Dann hätten wir eine Klammer, bevor wir überhaupt in die Gesetzgebungsarbeit einsteigen, und wir müssten nicht jedes Mal auf den Basar gehen und neu feilschen und verhandeln. Das wäre übrigens auch gut für den föderalen Aufbau und für die Zusammenarbeit zwischen Ländern und Bund. Das ist unser Vorschlag, das wäre so eine goldene Regel, die immer gilt, wenn ein neues Gesetz kommt. Das ist eine Idee, die wir jetzt formuliert haben, auch als Länder – ich sage nochmal, parteiübergreifend. Das ist ja in diesen Zeiten auch ganz bedeutsam.  Und wenn der Bund bereit ist, diesen Mechanismus anzuerkennen, dann hätten wir für die Zukunft nicht mehr jedes Mal dieses Hin und Her im Bundesrat zwischen Ländern und dem Bund und den Vermittlungsausschussverfahren hier und dort. Das ist zumindest eine Idealvorstellung, die ich mir gut vorstellen könnte. Dann hätten wir Klarheit und könnten uns auf Aufgaben konzentrieren, die es in Deutschland ja auch gibt und müssten nicht jedes Mal in den Basar kommen.
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