„Die Zeit der KI-Piloten ist vorbei“
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Im internationalen KI-Vergleich tun sich deutsche Unternehmen oft schwerer als ihre internationalen Wettbewerber. Für Christine Rupp, Geschäftsführerin von IBM Deutschland und General Managerin für IBM Consulting in der DACH-Region, kommt es jetzt darauf an, Innovationen in die Umsetzung zu bringen: „Wenn ich KI nicht nutze oder zu spät nutze, entsteht ein struktureller Wettbewerbsnachteil. Die Zeit der Piloten ist vorbei“. In dieser Folge des KI-Podcasts der F.A.Z. Digitalwirtschaft kritisiert Rupp, dass Europa zwar viel experimentiert, der Schritt von der Innovation zur breiten Umsetzung aber andernorts schneller gelingt.
Im internationalen Vergleich erkennt Rupp ein klares Muster: „In Europa sind wir enorm innovativ, wir sehen sehr kreative Pilotversuche. Wo andere uns jedoch voraus sind, ist die Geschwindigkeit der Skalierung“. Europa habe gute Ideen, aber häufig zu wenig Konsequenz in der Umsetzung, während in den USA oder Asien neue Technologien rasch großflächig eingeführt werden. Die Gründe dafür verortet sie auf drei Ebenen: „Der wichtigste Faktor ist Leadership. Das Thema ist wahrscheinlich eine der wichtigen und im Moment unterschätzten Dimensionen überhaupt“. Skalierung brauche klare Entscheidungen von ganz oben. Hinzu kämen komplexere Rahmenbedingungen und fehlende Investitionen, die Tempo und Reichweite neuer Vorhaben begrenzen. Damit Europa nicht weiter zurückfällt, fordert Rupp mehr Entschlossenheit. Für sie stehen weniger technische Hürden im Vordergrund als die Bereitschaft, KI wirklich ins operative Geschäft zu bringen. Alle Hindernisse ließen sich managen. Entscheidend sei, sie aktiv anzugehen. Rupp macht deutlich: „Momentan ist das Fenster vielleicht noch ein Stück weit offen, aber es ist sehr klar, dass alle Unternehmen dieser Welt KI zum Einsatz bringen werden“. Wer zögere, riskiere einen Rückstand und Wettbewerbsnachteil.
Wie eine Umsetzung konkret aussehen kann, erklärt Rupp am Beispiel von IBM. Dort sei KI nicht nur ein Experimentierfeld, sondern Bestandteil der gesamten Unternehmenssteuerung. IBM hat KI in zentralen Bereichen eingeführt, mit messbaren Effekten: „3,5 Milliarden Euro Einsparungen konnten wir im vergangenen Jahr erzielen“. Die gewonnene Erfahrung nutze IBM, um Assets und digitale Assistenten aufzubauen, die Prozesse vereinheitlichen und Mitarbeitende entlasten. Für Rupp ist das ein wichtiges Signal an all jene, die noch zögern: „Das heißt, es ist machbar“. Parallel dazu betont sie die Bedeutung eines professionellen Umgangs mit Daten. Europäische Vorgaben seien anspruchsvoller, aber kein Hindernis: „Es gibt hervorragende Mittel und Wege, wie man mit Daten auch in Europa umgehen kann. Aber man muss es sauber durchdringen, sonst fehlen Vertrauen und Akzeptanz.“ Entscheidend sei, technologische Souveränität mit Offenheit und Vertrauen zu verbinden, durch klare Governance, Datensicherheit und offene Architekturen.
Beim Blick auf Deutschland erkennt Rupp klare Vorteile: „Unsere Stärken liegen im Bereich der Daten. Das ist das Thema, das differenzierend sein wird für einen Standort wie Deutschland“. Während das globale Rennen um große Sprachmodelle weitgehend entschieden sei, liege Europas Chance in der sicheren, effizienten und intelligenten Nutzung von Unternehmensdaten. Für Rupp ist KI daher nicht nur ein Produktivitätsthema, sondern auch ein Hebel für Innovation, Leadership und kulturellen Wandel. Europa müsse seine Stärken jetzt ausspielen, um die nächste Innovationsphase aktiv mitzugestalten: „Da gibt es gar keine andere Option“, so Rupp.
Die Folge ist Teil unseres Podcasts „Künstliche Intelligenz“. Er geht den Fragen nach, was KI kann, wo sie angewendet wird, was sie bereits verändert hat und welchen Beitrag sie in der Zukunft leisten kann. Hosts des Podcasts sind Peter Buxmann, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der TU Darmstadt, und Digitalwirtschaft-Redaktionsleiter Holger Schmidt. Die Podcast-Folgen erscheinen jeweils am ersten Mittwoch im Monat.
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