„Die Auswirkungen der KI auf das Marketing werden fundamental sein“
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Generative KI hat sich im Marketing besonders schnell durchgesetzt. Inhalte schnell und günstig mit ChatGPT oder Midjourney zu erstellen, ist aber nur die Oberfläche. KI ermöglicht auch das Aufkommen der „Antwortmaschinen“ wie Perplexity, die statt Links auf andere Websites KI-generierte Antworten liefern – und damit die Nutzer gar nicht mehr wegschicken. Das hat Folgen: „Die Veränderungen werden fundamental sein, es wird kein Stein mehr auf dem anderen stehen“, erwartet Markus Caspari. Vor allem das Performance Marketing wird sich anpassen müssen, also die Werbung in Suchmaschinen und die Optimierung der Websites für die Suchmaschinen. Caspari erwartet schon bald, dass Performance Marketing seinen Höhepunkt mehr alsschreiten wird. Markenbildung werden dann wieder wichtiger.
Wir haben die wichtigsten Antworten von Markus Caspari hier aufgeführt:
Was sind denn die drei wichtigsten Änderungen durch KI, die schon heute im digitalen Marketing zu beobachten sind?
Subjektiv ist das zum erstens die Social Media Content-Generierung mit Texten, Bildern und Videos. Dort hat sich die Arbeitsweise von Agenturen bereits verändert.
Zweitens ist es Search mit den Teilbereichen SEA und SEO, hierbei beispielsweise die Generierung von Texten für Websites oder Anzeigen beziehungsweise Hilfe bei der Inspiration.
Die dritte wichtige Änderung ist der Bereich der Datenanalyse, vor allem die Analyse großer Datenmengen im Marketing und Mediabereich. Dabei spielen Daten-Anomalien eine große Rolle, die Frage ist: Was ist bei Marken oder Kampagnen anders als bei anderen und kann man dort Korrelationen feststellen, die man auch in anderen Bereichen findet. In den meisten Anwendungsfällen handelt es sich um Effizienzgewinne. Komplett disruptive Anwendungen sind aktuell noch selten anzutreffen.
Gab es einen KI-Moment, wo Du das erste Mal „wow“ gesagt hast und es Dich vom Stuhl gehauen hat?
Das erste Mal vom Stuhl gehauen hat mich der Launch von Chat GPT, sozusagen der „Interface-Moment“ für die Künstliche Intelligenz. Oft werden Vergleiche angestrebt, bei denen der Launch von ChatGPT mit dem Start des Internet oder der Veröffentlichung des ersten iPhone in Beziehung gesetzt werden. Aus meiner Sicht ist die Analogie mit dem Browser zutreffender. Die ersten Browser haben das Internet – das es schon zuvor gab – der breiten Masse erst durch ein einfaches User Interface zugänglich gemacht.
Im Bereich SEA-Kampagnen haben mich die Möglichkeiten der KI bereits beeindruckt. Gerade dann, wenn man sehr granular arbeiten muss, zum Beispiel im Personalmarketing oder Geomarketing. In diesen Bereich gibt es viele Anwendungsfälle für KI, die enorm Zeit ersparen.
Bleiben wir bei den Suchmaschinen, dort gibt es den Trend zu den „Zero Klicks“ schon länger, also dass die Suchmaschine direkt die Frage beantwortet und gar niemanden mehr auf eine Website schickt. Aus Suchmaschinen werden Antwortmaschinen, was dazu führt, dass Suchmaschinen-Optimierung (SEO) und Suchmaschinen-Werbung (SEA) schwieriger werden. Wie ist Deine Prognose zum Suchmarkt und wie wird sich Performance Marketing durch KI verändern?
Die Veränderungen werden fundamental sein, es wird kein Stein mehr auf dem anderen stehen. Die Thematik mit den „Zero Klicks“ ist nicht neu, sondern das ist schon länger sichtbar, bereits vor der generativen KI. Laut einer Studie führen bereits heute etwa zwei Drittel der Suchen in Suchmaschinen gar nicht mehr zu Klicks. Das ist strategisch sehr wichtig und daraus kann man auch Ableitungen für die Zukunft treffen. Hintergrund ist der Umstand, dass die Plattformbetreiber ein wirtschaftliches Interesse haben, die Nutzer in Ihren Apps zu halten. Das ist nicht nur bei der Suche so, sondern zum Beispiel auch im Bereich der sozialen Medien. LinkedIn ist nur ein Beispiel dafür: Der Algorithmus bestraft externe Verlinkungen. Je mehr Zeit die Nutzer auf den Plattformen verbringen, desto mehr Opportunitäten gibt es, diesen Personen Werbung auszuspielen
Durch die generative KI wird diese Problematik verschärft. Denn das nicht geschriebene Gesetz zwischen Publishern und Website-Betreibern, die Content verfügbar machen, der indexiert wird und in der Folge Besucher generiert, wird aufgekündigt. Die Content-Produzenten haben weiterhin Zeitinvest und Kosten, bekommen aber keinen Traffic mehr.
Was heißt das für das Performance Marketing, wenn Perplexity oder Google AI Overview die Fragen direkt beantworten?
Am wichtigsten ist die Diversifikation. Nach Möglichkeit sollte man sich breiter aufstellen und nicht nur auf einen Anbieter im Bereich Search setzen, sondern auch auf Social oder andere Plattformen, bei denen man mehr als Video- oder Display-Advertising Klicks einkauft.
Die Thematik Gen AI verändert vieles, wie zum Beispiel Online-Buchungen und damit auch die Rezensionen. Was passiert, wenn jetzt Rezensionen mit KI geschrieben werden und echte nicht mehr von unechten Bewertungen zu differenzieren sind? Geht dann das ganze Bewertungssystem über Bord?
Die Gefahr besteht durchaus. Am besten lässt sich diese Problematik anhand des Beispiels der Amazon-Produktbewertungen erklären. Amazon selbst hat diese Thematik bereits identifiziert und sie suchen mit ihrer KI nach Mustern in den Daten – was mal besser und mal schlechter funktioniert. Es werden Korrelationsanalysen gemacht, wer hat sich wann angemeldet, gibt es Auffälligkeiten, die mehr als Durchschnitt liegen. Bei den Amazon-Bewertungen wird zudem differenziert zwischen verifizierten Käufern und Nicht-Käufern. Die Konsumenten könnten lernen, dass Bewertungen verifizierter Käufer künftig noch wichtiger sind. Darüber hinaus geht Amazon auch öffentlichkeitswirksam juristisch gegen betrügerische Falschbewertungen vor und statuieren diesbezüglich Exempel.
Eine KI, die eine andere KI erkennt, ob eine Rezension mit KI geschrieben wurde – da bin ich skeptisch. Die Nachvollziehbarkeit ist doch nicht gegeben, oder?
Stimmt, hier startet ein klassisches Wettrüsten. Der Unterschied beim E-Commerce oder genauer Amazon im Vergleich zu anderen Lebensbereichen (beispielsweise Hausarbeiten an einer Hochschule) besteht einerseits durch die verifizierten Käufer und andererseits durch das Einloggen. Dadurch wird die Skalierbarkeit der automatisch generierten Produktbewertungen eingeschränkt.
Die großen Player in der Werbung – Google, Meta, Amazon – geben Milliarden aus für Künstliche Intelligenz. Werden sie dadurch ihre ohnehin schon gute Position im Digital Marketing nochmals ausbauen und mächtiger werden?
Der Markt wird sich verändern, Marktanteile werden sich verschieben, allerdings wird es schwer zu antizipieren, welcher Anbieter sich durchsetzen wird. Die Plattformökonomie spricht aber dafür, dass wir weiterhin oligopolistische Strukturen haben werden, mit wenigen Marktanbietern. Grundsätzlich werden die Starken werden nochmals stärker werden. Google selbst hat im Mai 2024 auf seinen Hausmessen Google I/O und Google Marketing Live gezeigt, dass die Innovationsschlagzahl aktuell auch wieder deutlich zunimmt, nachdem die Innovationen zuvor eher inkrementeller Natur waren. Analog ist das auch bei Meta und Amazon zu beobachten.
Plattformen sind dadurch so groß geworden, dass sie kuratierte Services angeboten und Third Parties auf ihre Plattformen geholt haben. Das wiederholt sich gerade jetzt mit der Künstlichen Intelligenz wieder. Wie verändern diese Tools die digitale Landschaft?
Einen Teil der Veränderungen sehen wir bereits jetzt. Die Thematik Automatisierung spielt bei Google schon sehr lange eine Rolle. Genau wie das Thema KI an sich. Lediglich die Aufmerksamkeit ist jetzt eine andere durch generative KI. Google hat gerade die Conversational Experience für den deutschsprachigen Raum gelauncht, bislang war das nicht der Fall. Damit wird ein Kampagnenmanager beim Aufsetzen von Digital Marketing Kampagnen in Google Ads durch das Interface geführt, man beschreibt die Ziele und die KI macht Vorschläge, die nur noch genehmigt werden müssen. Im Bereich gibt Media es schon lange KI-getriebene Lösungen wie Performance Max von Google, das kontinuierlich weiterentwickelt wird. Daneben gibt es zum Beispiel Microsoft Performance Max, Pinterest Performance+, Amazon Performance+ und Meta Advantage+.
Pinterest denkt bei seinen KI-Mediaprodukten zum Beispiel über die reine Optimierung hinaus, was positiv hervorzuheben ist. Pinterest bedenkt auch Aspekte wie Inklusion, bei der Zusammenstellung des Feeds, das bedeutet: es wird dafür gesorgt, dass die Algorithmen nicht nur Stereotypen bedienen. Snapchat war – trotz aller Kritik, die es zum Start gab - mit dem Chatbot MyAI ein Early Adopter der Social Media Plattformen im Bereich KI.
Im Bereich LinkedIn gibt es inzwischen LinkedIn Accelerate, dass in der öffentlichen Beta ist und laut dem Anbieter vielversprechende Effizienzgewinne hat.
Was kommt auf die anderen Player zu, also auf Publisher oder Mediaagenturen?
Mediaagenturen sind gewohnt Datengetrieben zu agieren, zu handeln und zu denken, insbesondere natürlich im Performance Marketing Bereich. Man ist es dort gewohnt, große Datenmengen zu analysieren, daraus Ableitungen zu treffen und in der Folge Daten- und Toolbasiert Entscheidungen zu treffen. In der Konsequenz können dann Empfehlungen ausgesprochen werden. Dementsprechend ist dort schon der richtige Mindset für KI vorhanden.
Die Problematik ist das Ökosystem. Grundsätzlich ist aus Mediaagentur-Perspektive die Medienpluralität wichtig, das bedeutet viele Publisher und viele Angebote. Die zu erwartende Konsolidierung der Anbieter im Mediensektor ist auch für die Kunden der Mediaagenturen eine Herausforderung. Aktuell ist der Beratungsbedarf für KI hoch, weil sich viel verändert. Die Frage ist, wie es sich mittel- und langfristig verhalten wird. Bei der derzeitigen Innovationsrate sind langfristige Prognosen jedoch schwer.
Für die Publis