DiscoverScience on Player FMDie Lederhose - eine erfundene Tradition? - radioWissen
Die Lederhose - eine erfundene Tradition? - radioWissen

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Update: 2024-09-20
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Presse-/Podcast-Text Die Lederhose gilt als das Kleidungsstück, das am passendsten das Wesen des Bayern ausdrückt. Doch das hirschlederne Beinkleid war ursprünglich "nur" eine Arbeitshose - die Herrscher wie Bewohner von Königreich wie Freistaat indes stets mit der von ihnen gewünschten Bedeutung aufzuladen wussten. Von Lukas Grasberger


Credits
Autor dieser Folge: Lukas Grasberger
Regie: Martin Trauner
Es sprachen: Julia Fischer, Johannes Hitzelberger
Redaktion: Karin Becker


Im Interview:
Stefan Dettl, Sänger und Trompeter von LaBrassBanda, Truchtlaching;
Simone Egger, Junior-Professorin für Kulturanthropologie, Universität des Saarlandes, Saarbrücken; Michael Thalhammer, Lederhosen-Manufaktur „Brandner und Kneißl“, Sauerlach;
Alexander Wandinger, Trachteninformationszentrum des Bezirks Oberbayern; Benediktbeuern


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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.


Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:


Sprecher


Sie sitzt wie eine zweite Haut...


Musik Tuba-Ton, hoch


Sie schützt vor Hitze, wie vor Kälte...


Musik Tuba-Ton, tiefer


Sie ist bereit, mit ihrem Träger durch Dick und Dünn zu gehen.


Musik Tuba-Ton tief


Sprecherin


Die Rede soll heute sein von der Lederhose. Strapazierfähig und in zeitlosem chic ist sie für manchen Bewohner des Freistaats ein lebenslanger Begleiter – weshalb ihr Träger zuweilen zur Lederhose ein anderes emotionales Verhältnis entwickelt, als zu einem x-beliebigen, austauschbaren Kleidungsstück. 


O-Ton 1 Stefan Dettl, Sänger und Trompeter von LaBrassBanda 


„Die Lederhose ist ein Lebensgefühl, das seit früher Jugend dabei ist…“


Sprecherin


...sagt der Sänger und Trompeter der bayerischen Funk-Brass-Band LaBrassBanda, Stefan Dettl.


O-Ton 1 Dettl weiter


Es gibt so den Mythos, wenn du eine schöne Lederhose hast, dann ist die dein Leben lang da….“


Sprecher


Doch beginnen wir im Allgemeinen: Hosen aus Leder sind und waren zu allen Zeiten zuerst einmal eines: Wunderbar praktisch. Schon Menschen der Steinzeit nutzten von erlegtem Wild nicht nur das Fleisch, sondern auch das Fell, aus dem sie Hemden und Blusen, Lendenschurze – aber auch bald Hosen machten. Die Samen im Norden Skandinaviens fertigten bis zur frühen Neuzeit ihre gesamte Kleidung aus Leder – knöchellange Lederhosen inklusive. Im Hochland von Ecuador schützen sich die Ureinwohner bis heute mit Hosen aus Fellen und Leder von Ziege, Lama oder Ozelot. Über Jahrhunderte war Leder auch hierzulande das naheliegende Material der Wahl - für Kleidung, die vor allem zweckmäßig sein musste, sagt die Kulturanthropologin Simone Egger. Sie hat den wissenschaftlichen Aufsatz „Dirndl und Lederhosen. Zur Kostümgeschichte der modernen Tracht“ verfasst.


O-Ton 2 Simone Egger, Junior-Professorin für Kulturanthropologie, Universität des Saarlandes


„Im Grunde war die Lederhose tatsächlich das Gleiche wie die Jeans: von Anfang an ein Arbeitsgewand, eine Arbeitshose. Es gab die geschnürten Lederhosen, die unterm Knie geschnürt wurden, und es gab die kurzen Lederhosen….und das hat natürlich auch immer was damit zu tun gehabt, was man auch damit arbeitet Wenn ich jetzt im Wald arbeite, brauche ich etwas, was meine Knie mitgeschützt, wenn die Holzstämme bewege oder so etwas hat es dann tatsächlich. Die Funktion ist da das zentrale Merkmal zuerst…“


Sprecher


Die Lederhose: Sie hat sich über die Jahrhunderte nicht nur für die Arbeit „im Holz“ und auf dem Feld bewährt. Sie tut ihren Dienst als Arbeitshose auch heute noch – und besteht ihre Bewährungsprobe nicht nur im dunklen Wald, sondern auch im hellen Rampenlicht.


O-Ton 3 Stefan Dettl Teil 1


„Die Lederhosn hat sich bei uns auf der Bühne herausgestellt als das praktischste Bühnenoutfit.“


Sprecher


...sagt LaBrassBanda-Frontmann Stefan Dettl. 


O-Ton 3 Dettl weiter


„Wenn man sich vorstellt; Auf der Bühne machen wir quasi Sport. Wir spielen zwei Stunden, springen, hupfen, singen...also man schwitzt da ganz brutal. Und ich sag jetzt mal so: A Jeanshosn dad des gar ned mitmachn. Wenn wir zehn Tage auf Tour sind, denn bräuchte ich ja sechs Jeanshosen. Und wenn man in a Jeanshosn einischwitzt...und wenn man die am nächsten Tag wieder anhat, dann is des koa guads Gfui. Und bei der Lederhosn is des ned so. Da kannst einischwitzen, die lebt mit dir mit, die macht alles mit. Und am nächsten Tag duasd as kurz an die frische Luft hängen – und zackbum, gehts scho wieder weida. Die Lederhosn is für uns des oanzige Bühnenoutfit, das geht.“ 


Info an Regie: Wenn untenstehender Abschnitt in (( )) gekürzt werden muss, bitte dies einsetzen: - vom Erjagen des Materials übers monatelange Gerben bis zum Nähen und Besticken.


Sprecherin


Damit eine Lederhose so haltbar wird und auch noch fesch ausschaut: Dafür muss sie einen aufwendigen Herstellungsprozess durchlaufen. (( Doch zuerst einmal muss das Ausgangsmaterial für die Lederhosen besorgt - oder besser, erjagt – werden, weiß Michael Thalhammer: Er gestaltet und verkauft aus Hirschleder gefertigte Hosen in Sauerlach bei München.


 O-Ton 4 Michael Thalhammer, Lederhosen-Manufaktur „Brandner und Kneißl“, Sauerlach


„Ich hab wirklich ganze Hirschen da. Also ned Hirschen, sondern Hirschleder. Weil du brauchst für eine Hose der Größe 50 brauchst du 22 Quadratfuß. Was umgerechnet 2,04 Quadratmeter san. Du brauchst immer zwoa Hirschen. Und die werden immer im Pärchen gefärbt. (...)Wir haben fünf Lederfarben zur Auswahl...und über die Gerbemethode der sämischen Gerbkunst, also des is, runtergebrochen, die Umwandlung von verwesbaren Eiweiß in nicht-verwesbares Eiweiß. Wir gerben mit einem Fischöl, und dieses Fischöl wandelt dieses verwesbare Eiweiß um. Dann haben wir, nach einem sehr langwierigen Prozess, der zwischen 12 und 18 Monate dauert je nach Witterung, haben wir zuerst einmal das Leder. Und dann wird die Hose gebaut...also genäht.“


 Sprecherin


Auch ohne Naht und kunstvollem Stick, mit dem ein Säckler die Hose später versehen wird – )) das weiche, edel und teuer anmutende Material Leder wirke und wirkte - stets schon für sich, sagt Alexander Wandinger, Leiter des Trachten-Informationszentrums des Bezirks Oberbayern. Ein Grund, warum sich Menschen im Laufe der Jahrhunderte an lederner Mode unterschiedlichsten Schnitts versuchten.  So tauchte die französische culotte, eine ursprünglich bis zum Knie reichende Stoffhose, bald auch in Süddeutschland auf: Aber eben in einer Leder-Version, die das Modische mit den praktischen Anforderungen der bayerischen Landbevölkerung verband.


O-Ton 5 Alexander Wandinger, Leiter des Trachten-Informationszentrums des Bezirks Oberbayern, Benediktbeuren


Vom Schnitt her gibt es verschieden Typen bei den Lederhosen...Die Kniebundhose aus dem 18. Jahrhundert, die´s ja bis heute gibt.  Dann gibt es noch die kurze Lederhose, die sich aus der Kniebundhose entwickelt hat. Deswegen sind seitlich am Bein immer noch Bänder und Knöpfe! Das heißt: Die kurze Lederhose ist eigentlich eine verkürzte Kniebundhose.“


Musiktrenner


Sprecher  


Dass die Lederhose schließlich so viel mehr werden sollte als „nur“ eine modisch geschnittene Hose aus Leder: Das hat zunächst einmal mit politischen Entwicklungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu tun. 1806 entstand - nach Auflösung des Heiligen Römischen Reiches - das eigenständige „Königreich Bayern“. Die Wittelsbacher herrschten auf einmal über so unterschiedliche Stämme wie die Franken, Schwaben, Pfälzer und die Bayern – und suchten nach einem Weg, dem neu entstandenen Volk eine gemeinsame Identität zu verleihen. Alexander Wandinger: 


O-Ton 6 Wandinger


„Aus einem Vielvölkerstaat heraus braucht das Volk natürlich auch ein Wissen darum, wo es hingehört und braucht ein Nationalgefühl. Und das haben die Wittelsbacher sehr bald erkannt. Max, der erste Josef da ist es noch nicht so stark, aber seine Nachfolger, die haben ja Leute aufs Land geschickt, die sogar aufgenommen haben. Was haben die Menschen für Bräuche? Wie ziehen Sie sich an? Was essen Sie? Was trinken Sie? Wie sprechen Sie und so weiter? Das heißt, der Mensch auf dem Land wird entdeckt Anfang des neunzehnten Jahrhunderts...“


Sprecher


Auch selbst in Lederhosen gekleidet, wollten die bayerischen Herrscher fortan Volksnähe demonstrieren. Auch wenn die vorgeblich ländli

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