DiscoverScience on Player FMRollentausch? Wenn die Eltern alt werden - radioWissen
Rollentausch? Wenn die Eltern alt werden - radioWissen

Rollentausch? Wenn die Eltern alt werden - radioWissen

Update: 2024-09-20
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Description

Wenn die Eltern alt werden, bekommen sie vielfach Unterstützung von ihren Kindern. Die kümmern und sorgen sich. Doch oft lassen sich die alten Eltern nichts von ihnen sagen. Ein schwieriger Rollentausch, der viel mit Loyalität und Fürsorge, aber auch mit und Wut und Überforderung zu tun hat. Autorin: Karin Lamsfuß


Credits
Autorin dieser Folge: Karin Lamsfuß
Regie: Martin Trauner
Es sprachen: Hemma Michel, Sebastian Fischer
Technik:
Redaktion: Bernhard Kastner


Im Interview:
Anne Otto, Dipl. Psychologin und Autorin;
Dr. Susanne Zank, Professorin für rehabilitationswissenschaftliche Gerontologie;
Dr. Katja Werheid, Professorin für Neuropsychologie;
Katrin und Barbara, Mutter und kümmernde Tochter,
Johanna, Tochter einer demenzkranken Mutter.



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Linktipps:


Studie von Susanne Zank zur Lebenssituation Hochaltriger: HIER


Literatur:


Anne Otto: Für immer Kind, Wie unsere Beziehung zu den Eltern erwachsen wird, Edition Körber, 2022



Katja Werheid: Nicht mehr wie immer. Wie wir unsere alten Eltern begleiten können. Piper 2020



Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.



Radiowissen finden Sie auch in der ARD Audiothek:
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.


Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:


O-Ton 1 Gespräch zwischen Mutter und Tochter (0‘51“)



Katrin: Jetzt wohnst du hier im Erdgeschoss in nem Mietshaus, und es ist auch schon mal eingebrochen worden, und vor Jahren… hast du dir so ein doppeltes Schloss machen lassen, und wenn ich mal komme und es ist hier keiner, und dieses wunderbar angebrachte Schloss ist überhaupt nicht abgeschlossen, dann denke ich mir so ‚geht’s noch? Kannst du das mal bitte abschließen?‘ 


Barbara: Also bei mir ist noch nie eingebrochen worden und bei mir ist auch noch nie was geklaut worden, ich denke, das muss erst mal passieren, bis ich das einsehe, dass ich mich mehr schützen muss. 


Katrin: Und dann find ich halt… was heißt, dass ich ein Recht habe, dir das zu sagen… ich will dir das dann sagen, „du das änderst und deine scheiß Tür abschließt, damit nicht eingebrochen wird!“


Barbara: Jaaaa…. Die ist ganz schön streng mit mir!


Erzählerin: 


Eine ganz typische Szene zwischen der 58jährigen Katrin und ihrer 85jährigen Mutter Barbara. Beide wollen nur ihre Vornamen nennen. Mutter Barbara lebt alleine und kommt eigentlich noch gut klar. 


Doch immer öfter braucht sie Unterstützung von ihren beiden Töchtern: bei Bankgeschäften, Behördenschreiben, bei Arztbesuchen oder der Bedienung ihres Hörgeräts.


In Musik einbetten


O-Ton 2 Gespräch zwischen Mutter und Tochter (0‘11)


Katrin: Fühlst du dich denn getadelt, wenn ich sage „Zieh mal das Hörgerät an!“?


Barbara: Jooo… Ich denke, ich kann das alleine bestimmen, ob ich das anziehe oder nicht. 


Katrin: Denkst du dann, ich bevormunde dich? 


Erzählerin: 


Katrin kümmert sich gerne. Doch sie hat oft etwas andere Vorstellungen davon, was das Richtige für ihre Mutter ist. Das sorgt manchmal für Konflikte. 


Sprecher: 


Fast alle erwachsenen Kinder erleben solche oder ähnliche Situationen. Es passiert schleichend. Irgendwann zwischen 40 und 60. Lange Zeit war die Beziehung zwischen ihnen und den Eltern auf Augenhöhe. Und plötzlich verändert sich etwas: Die alten Eltern benötigen Unterstützung. 


O-Ton 3 Anne Otto (0‘24“): 


Ich hab das ja selbst in meinem Freundeskreis festgestellt, dass immer mehr Leute von ihren ganz alten Eltern erzählen und sind selbst schon so um die 50, 60 und kümmern sich jetzt um 80-, 90jährige, andererseits bedeutet das, dass man dieser Beziehung auch immer eine neue Form geben muss und sich wahrscheinlich auch immer neu abgrenzen – einfach bewusster. 


Erzählerin: 


Sagt die Psychologin Anne Otto. Für ihr Buch „Für immer Kind – Wie unsere Beziehung zu den Eltern erwachsen wird“ – hat sie erwachsene Kinder interviewt, die sich um ihre alten Eltern kümmern.


O-Ton 4 Anne Otto (0‘13“): 


Das gab es so früher nicht, eine Zahl, die kommt aus ner Studie von Hans Bertram, einem Sozialwissenschaftler, der halt sagte: Vor 100 Jahren hatten Väter und Kinder nur 15 gemeinsame Jahre! 15 bis 20. Heute sind das 60! 


Sprecher: 


Viele träumen von der Vorstellung, wo die Alten - intergiert in die Familie - liebevoll bis zum Schluss versorgt werden. Und die Kinder den Eltern von Herzen das zurückgeben, was sie selbst einmal bekommen haben. Das gibt es nach wie vor. Doch die meisten tun sich schwer mit dem Rollentausch.


Diese neue, oft lange gemeinsame Lebensphase zu gestalten ist für viele eine große Herausforderung. Vor allem ab dem Moment, wo die Eltern Hilfe brauchen. Anfangs sind es meist nur Dinge des Alltags wie Einkaufen, Behördengänge oder Bankgeschäfte. Später vielleicht auch Beantragen einer Pflegestufe. Oder Unterstützung bei der Körperpflege. Die alten Eltern müssen ihre erwachsenen Kinder zunehmend um Hilfe bitten und geraten in eine abhängige Rolle. Nicht ganz einfach.


Erzählerin: 


Auch die 85jährige Barbara bemerkt die Rollenumkehr: Obwohl sie sich gut mit ihren beiden Töchtern versteht, ist es ein seltsames Gefühl: Plötzlich ist sie nicht mehr die „Wissende“ die „Erfahrene“, die ihren Kindern die Welt erklärt. Nun braucht sie selbst Hilfe. Nach Jahrzehnten der Autonomie.


O-Ton 5 Barbara (0‘28“): 


Ich war ja immer schon alleine, also ohne Mann, und musste immer alles alleine machen und denke: Ich kann alles alleine, und bin froh, dass ich in meinem Alter noch so das kann, was ich so möchte, aber ich sag ja: Ich fühle mich getadelt, und ich hab auch etwas Angst vor Katrin, wenn ich weiß, die kommt: „Hast du auch die Tür zwei Mal abgeschlossen? Hast du auch die Waschmaschinentür aufgelassen?“


Sprecher: 


Wenn alte Eltern erkennen, dass sie manches nicht mehr allein können, tut das erst mal weh. 


Erzählerin:


Dr. Susanne Zank ist Professorin für Rehabilitationswissenschaftliche Gerontologie an der Uni Köln und hat in einer großen repräsentativen Studie die Lebenssituation der Hochbetagten untersucht, also der Menschen über 80. 


O-Ton 6 Susanne Zank (0‘30“): 


Da ist offenbar eine sehr, sehr große Angst davor, wahrzunehmen, dass die eigenen Kräfte geschwunden sind, und das kann man nicht mal so eben ablegen. Und wenn ich 70 Jahre lang völlig selbstständig gelebt habe, und das für mich auch ein großer Wert war und ist, autonom zu sein, selbstständig zu sein, und da kommt dann auf einmal dieses blöde Kind – das ist jetzt zwar auch 60 Jahre alt – und will mir erzählen, was ich zu tun und zu lassen habe!


Sprecher: 


Wenn die alten Eltern zunehmend hilfsbedürftig werden, lassen sie sich ungern etwas sagen. Von ihren eigenen Kindern oft schon mal gar nicht. 


Erzählerin: 


Das sorgt für Zündstoff, sagt die Psychotherapeutin und Neuropsychologin Prof. Katja Werheid. Vor allem dann, wenn alte Eltern und kümmernde Kinder kein wirklich liebevolles Verhältnis zueinander haben. 


O-Ton 7 Katja Werheid (0‘27“)


Selbst, wenn es Konflikte gibt, selbst wenn die Beziehung nicht so eng ist – trotzdem lässt das Kinder nicht kalt, wenn ihre Eltern gebrechlich werden. Im Gegenteil: Da kommen diese ganzen Fragen von Schuld, warum ich, warum nicht meine Geschwister? Also diese ganzen Geschichten kommen dann wieder hoch; ich bin nicht unbedingt immer dafür, dass man alles geraderaus ansprechen muss. 


Musikzäsur


Erzählerin: 


Johanna hatte ein konfliktbeladenes Verhältnis zu ihren Eltern. Statt Liebe erfuhr sie Strenge, Druck und Härte. Mit 18 verließ sie ihr Elternhaus, ging ins Ausland und zog in eine andere Stadt, etwa 300 Kilometer von ihrem Heimatort entfernt. 


Der Kontakt zu den Eltern war eher spärlich. Als der Vater starb, besuchte sie alle paar Wochen ihre Mutter. Widerwillig. 


O-Ton 8 Johanna (0‘22“): 


Da hab ich sehr drunter gelitten, und

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