Discovernetzpolitik.orgDigital Fights: Sieben Werkzeuge für den Online-Rabatz
Digital Fights: Sieben Werkzeuge für den Online-Rabatz

Digital Fights: Sieben Werkzeuge für den Online-Rabatz

Update: 2025-11-20
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Regierungen werden autoritärer, Konzerne mächtiger, die Überwachungsinstrumente zahlreicher. Es braucht jetzt eine Zivilgesellschaft, die für unser aller Grundrechte kämpft. Mit diesen digitalen Tools kannst du dich für eine freie und solidarische Gesellschaft einsetzen.


<figure class="wp-caption entry-thumbnail">Illustration: Stilisierte vermummte Person hält in werfender Pose eine Tastatur in der Hand. Dazu Text: Anleitung zum Online-Rabatz.<figcaption class="wp-caption-text">Werft Zeichen statt Steine. Wir sagen euch wie. CC-BY-NC-SA 4.0 Montage netzpolitik.org</figcaption></figure>

Wir haben ein Problem im Stadtbild. Vor allem in den Zentren großer Städte. Menschen fühlen sich dort bedroht. Und die Gründe dafür bedrohen unsere demokratische Gesellschaft.


Anders als Friedrich Merz glaubt, heißt das Problem nicht Migration, sondern Videoüberwachung, Gesichtserkennung und Verhaltensscanner. Denn dazu kommen Vorratsdatenspeicherung, Chatkontrolle, Palantir-Datenanalyse und vieles mehr. Das ergibt eine Welt voller Kontrolle und Misstrauen – und gepaart mit dem Rechtsruck: ein dystopisches Szenario.


Die gute Nachricht: Wir stehen der autoritären Entwicklung nicht wehrlos gegenüber. Es gibt viele Möglichkeiten, sich dagegen zu engagieren. Wenn Einzelne etwas tun, sind es Nadelstiche. Wenn viele mitmachen, kann daraus ein digitaler Riot werden. Wir alle können der Glitch sein, die Störung in der Matrix.


1. Politiker*innen kontaktieren


Findest du, das Bundesverfassungsgericht sollte ein AfD-Verbot prüfen? Dann schreib das doch Politiker*innen in Bundestag, -rat und -regierung. Die können eine solche Prüfung einleiten. Baden-Württemberg soll die Finger von Palantir-Überwachungssoftware lassen? Kontaktiere Grüne aus dem Ländle, die regieren da. Willst du, dass der Jugendclub in deiner Gegend weiter existiert? Dann teil das kommunalen Politiker*innen mit, die finanzieren ihn mit.


Deutsche und europäische Politik wird von Menschen gemacht, die interessiert, was Wähler*innen wollen. Und sämtliche Politiker*innen von der Kommissionspräsidentin bis zum kommunalen Abgeordneten nutzen E-Mail-Adressen und haben Profile auf verschiedensten Plattformen. Gerade der*die Abgeordnete deines Wahlkreises hat sicher ein Ohr für dich. Und selbst wenn deine Nachricht es nicht bis zu einem Regierungs- oder Parlamentsmitglied schafft, erreicht dein Anliegen zumindest dessen Mitarbeiter*innen.


Wer sein Anliegen mit einer Frage verbindet, kann Politiker*innen auch über abgeordnetenwatch.de kontaktieren. Die Antwort wird dann dort veröffentlicht. Auch so könnt ihr Politiker*innen zeigen, womit sie sich beschäftigen sollen – und gleichzeitig für mehr Transparenz sorgen.


So geht’s: Regierungs- oder Parlaments-Website der gewünschten Ebene (EU, Bund, Land, Kommune) suchen (zum Beispiel mit DuckDuckGo), mit den Namen der Abgeordneten zu deren Website, dort auf „Kontakt“ oder „Impressum“ klicken, da ist meist eine E-Mail-Adresse zu finden. Social Media: Name dort suchen. Deine Abgeordneten: wahlkreissuche.de und dann etwa im Bundestag nach dem Wahlkreis suchen. Anschließend Nachricht tippen, abschicken. Und/oder: abgeordnetenwatch.de.


2. Staatliches Handeln durchleuchten


Das Informationsfreiheitsgesetz ist wie eine Taschenlampe, mit der sich staatliche Behörden durchleuchten lassen. Bundesbehörden und -organe müssen viele Dokumente auf Anfrage herausgeben. Personen- und firmenbezogene Informationen werden dabei meist geschwärzt.


So kann jede*r von uns Informationen befreien, die im Kampf für eine offene und demokratische Gesellschaft nützlich sein können: Dokumente zu Pfeffersprayeinsätzen gegen Demonstrierende, Beschwerden wegen Rassismus gegen Beamt*innen, Unterlagen zu Treffen mit Lobbyist*innen.


So gehts: fragdenstaat.de besuchen, ab da ist es fast selbsterklärend.



3. Informationen durchstechen


In deiner Behörde, Firma, Partei oder Religionsgemeinschaft passieren Sachen, die du nicht mit deinem Gewissen vereinbaren kannst? Dann werde doch Whistleblower*in. Oft hilft es, wenn die Öffentlichkeit von einem Missstand erfährt, im besten Fall wird er beendet. Informationen und Beratung für potenzielle Whistleblower*innen bietet der Verein Whistleblower Netzwerk.


So geht’s: Laut des Hinweisgeberschutzgesetzes darfst du Informationen über Vergehen ungestraft weitergeben, ja nicht einmal gekündigt werden, wenn du dich an eine interne oder externe Meldestelle wendest. Die muss laut Gesetz deine Identität vertraulich behandeln.


Alternativ kannst du dich dazu entscheiden, die Presse über den Missstand zu informieren. Dabei solltest du mit Bedacht vorgehen, um Betroffene und dich selbst zu schützen. Du kannst – wenn es um Netzpolitik geht – uns eine verschlüsselte E-Mail schicken. Kolleg*innen von beispielsweise SZ, Spiegel, taz, Stern, NDR oder WDR nehmen auch Hinweise zu anderen Themen über das Hinweisgebertool SecureDrop entgegen. Es schützt die Identität der Einreichenden etwa so effektiv wie eine über den Tor-Browser verschickte, verschlüsselte Mail von einer frischen, nicht personalisierten E-Mail-Adresse.


4. Daten löschen


Eine ganze Industrie arbeitet daran, unsere persönlichen Daten zu erheben und damit Geld zu verdienen. Auch Polizeien und Geheimdienste interessieren sich dafür. Wenn dieser Datenschatz in die Hände autoritärer Regime fällt, lässt sich ein sehr gefährliches Kontrollniveau erreichen. Was gegen die Bedrohung hilft? Daten anfordern, Daten löschen lassen und bei Missständen womöglich die Datensammelnden verklagen.


So geht’s: Wie man Selbstauskünfte anfordert, haben wir ausführlich beschrieben. Über datenschmutz.de kannst du die Informationen anfordern, die Polizeien und Geheimdienste über dich speichern. Bei Daten, die unrechtmäßig erhoben wurden, kannst du die Löschung einfordern. Informationen aus privatwirtschaftlichen Datensammlungen bekommst du mit Hilfe von datenanfragen.de. Der Dienst unterstützt auch bei Lösch-Ersuchen. Wenn Konzerne bei der Datensammlung zu weit gegangen sind, kannst du sie auch verklagen. Aktuell laufen beispielsweise Klagen gegen Facebook und Google, die für die Klagenden 2.000 Euro bringen können. Wenn du keine Rechtsschutzversicherung hast, kannst du deine Ansprüche auch für 50 beziehungsweise 40 Euro verkaufen.


5. Demos anmelden


Straßenprotest ist unverzichtbar, um ordentlich Rabatz zu machen. Gemeinsam mit der massenhaften persönlichen Präsenz für ein Anliegen einzutreten, sendet ein deutliches Zeichen an Entscheider*innen. Nicht selten in der Geschichte sind sogar Regierungen durch Proteste auf der Straße gestürzt worden.


Straßenprotest gibt es nicht vom Endgerät aus. Aber zumindest die Anmeldung und Bewerbung von Demonstrationen lässt sich online erledigen. Und praktische Tipps für deine erste Demo haben wir auch.


Was du vorhast, musst du der zuständigen Versammlungsbehörde mitteilen – und zwar in der Regel mindestens 48 Stunden, bevor du anfängst, öffentlich dafür zu werben. Eine Mail reicht aus, viele Städte und Kommunen bieten auch Onlineformulare zur Demo-Anmeldung. Berlin veröffentlicht die angemeldeten Demonstrationen sogar. So könnt ihr schauen, welche Anliegen ihr gerne unterstützen möchtet.


So geht’s: Suche im Internet, bei welcher Behörde du eine Demonstration in der Stadt deiner Wahl anmelden kannst. Im Zweifelsfall frag die Polizei (nicht via 110). Dann schreibst du der Behörde eine Mail mit Namen, Geburtsdatum und Adresse der anmeldenden und der versammlungsleitenden Person sowie Ort, Zeit und Thema der Demo, gegebenenfalls noch Streckenverlauf und Zahl der Ordner*innen und (Lautsprecher-)Wagen. Anschließend meldet sich meist jemand bei dir, um Details abzusprechen. Danach darfst du dein Anliegen auf die Straße tragen. Was du sonst noch beachten musst – und was du tun kannst, damit du nicht alleine demonstrieren musst, steht hier.


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