Discovernetzpolitik.orgInterne Dokumente: EU-Staaten einigen sich auf freiwillige Chatkontrolle
Interne Dokumente: EU-Staaten einigen sich auf freiwillige Chatkontrolle

Interne Dokumente: EU-Staaten einigen sich auf freiwillige Chatkontrolle

Update: 2025-11-18
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Die EU-Staaten einigen sich auf eine gemeinsame Position zur Chatkontrolle. Internet-Dienste sollen Kommunikation freiwillig lesen dürfen, werden aber nicht dazu verpflichtet. Wir veröffentlichen das eingestufte Verhandlungsprotokoll und den Gesetzentwurf. Nach dem formellen Beschluss beginnen die Trilog-Verhandlungen.


<figure class="wp-caption entry-thumbnail">Mann in Anzug an Rednerpult, hinter ihm Flaggen.<figcaption class="wp-caption-text">Vorsitz im Rat: Dänischer Justizminister Hummelgaard. CC-BY-NC-ND 4.0 Dänische Ratspräsidentschaft</figcaption></figure>

Die EU-Staaten haben sich auf eine gemeinsame Position zur Chatkontrolle geeinigt. Wir veröffentlichen den Gesetzentwurf.


Letzte Woche hat die Rats-Arbeitsgruppe das Gesetz besprochen. Wir veröffentlichen ein weiteres Mal das eingestufte Protokoll der Sitzung.


Morgen wollen die Ständigen Vertreter die Position offiziell beschließen.


Update 19.10.: Ein Sprecher des Rats sagt uns: „Der Tagesordnungspunkt wurde auf die nächste Woche verschoben.“


Drei Jahre Streit


Seit dreieinhalb Jahren streiten die EU-Institutionen über die Chatkontrolle. Die Kommission will Internet-Dienste verpflichten, die Inhalte ihrer Nutzer anlasslos auf Hinweise zu Straftaten zu durchsuchen und diese bei Verdacht an Behörden zu schicken.


Das Parlament bezeichnet das als Massenüberwachung und fordert, nur unverschlüsselte Inhalte von Verdächtigen zu scannen.


Eine Mehrheit der EU-Staaten will eine verpflichtende Chatkontrolle. Eine Sperrminorität lehnt das jedoch ab. Jetzt hat sich der Rat auf einen Kompromiss geeinigt. Internet-Dienste werden nicht zur Chatkontrolle verpflichtet, dürfen aber eine freiwillige Chatkontrolle durchführen.


Absolute rote Linien


Die dänische Ratspräsidentschaft will den Gesetzentwurf „schnellstmöglich“ durch den Rat bringen, „damit die Trilogverhandlungen zeitnah begonnen werden können“. Das Feedback der Staaten soll sich auf „absolute rote Linien“ beschränken.


Die Mehrheit der Staaten „unterstützten den Kompromissvorschlag“. Mindestens 15 sprachen sich dafür aus, darunter Deutschland und Frankreich.


Deutschland „begrüßte sowohl die Streichung der verpflichtenden Maßnahmen als auch die dauerhafte Verankerung freiwilliger Maßnahmen“.


Italien sieht auch die freiwillige Chatkontrolle skeptisch. „Man befürchte, das Instrument könne auch auf andere Delikte ausgeweitet werden, daher habe man Schwierigkeiten, den Vorschlag zu unterstützen.“ Politiker haben bereits gefordert, die Chatkontrolle auf andere Inhalte auszuweiten.


Absoluter Minimalkonsens


Andere Staaten bezeichneten den Kompromiss „als absoluten Minimalkonsens“. Sie haben sich „eigentlich mehr gewünscht – insbesondere im Sinne von Verpflichtungen“. Einige Staaten „zeigten sich deutlich enttäuscht über die vorgenommenen Streichungen“.


Vor allem Spanien „sah verpflichtende Maßnahmen weiterhin als erforderlich an, leider sei eine umfassende Einigung dazu nicht möglich gewesen“. Auch Ungarn „sah Freiwilligkeit als alleiniges Konzept als zu wenig an“.


Spanien, Ungarn und Bulgarien schlugen „eine Verpflichtung für die Anbieter vor, zumindest in offenen Bereichen aufdecken zu müssen“. Die dänische Ratspräsidentschaft „bezeichnete den Vorschlag als ehrgeizig, griff ihn aber nicht auf, um weitere Diskussionen zu vermeiden“.


Dänemark wies explizit auf die Überprüfungsklausel hin. Damit „halte man sich die Möglichkeit von Aufdeckungsanordnungen zu einem späteren Zeitpunkt offen“. Ungarn betonte, „dass diese Möglichkeit auch genutzt werden müsse“.


Keine Verpflichtung


Die dänische Ratspräsidentschaft hatte öffentlich verkündet, dass die Chatkontrolle nicht verpflichtend sein soll, sondern freiwillig.


Der ausformulierte Kompromissvorschlag war jedoch widersprüchlich. Den Artikel zur verpflichtenden Chatkontrolle hatte sie gestrichen. Ein anderer Artikel sagte jedoch, dass Dienste auch freiwillige Maßnahmen durchführen sollen.


Mehrere Staaten haben gefragt, ob diese Formulierungen „zu einer faktischen Verpflichtung führen könnten“. Die Juristischen Dienste stimmten zu: „Die Formulierung sei in beide Richtungen auslegbar“. Die Ratspräsidentschaft „stellte klar, dass es im Text lediglich eine Verpflichtung zur Risikominderung gäbe, nicht aber eine Verpflichtung zur Aufdeckung“.


Am Tag nach der Sitzung verschickte die Ratspräsidentschaft den wahrscheinlich endgültigen Gesetzentwurf des Rats. Darin steht explizit: „Keine Bestimmung dieser Verordnung ist so auszulegen, dass sie den Anbietern Aufdeckungspflichten auferlegt.“


Schaden und Missbrauch


Die verpflichtende Chatkontrolle ist nicht das einzige Problem im geplanten Gesetz. Auch die freiwillige Chatkontrolle ist eigentlich verboten. Die EU-Kommission kann ihre Verhältnismäßigkeit nicht belegen. Viele lehnen die freiwillige Chatkontrolle ab, darunter die EU-Kommission, der Europäische Datenschutzbeauftragte und die deutsche Datenschutzbeauftragte.


Eine Reihe an Wissenschaftlern kritisiert den Kompromissvorschlag. Die freiwillige Chatkontrolle bezeichnen sie als nicht angemessen. „Ihr Nutzen ist nicht nachgewiesen, während das Potenzial für Schaden und Missbrauch enorm ist.“


Das Gesetz fordert auch verpflichtende Altersprüfungen. Die Wissenschaftler kritisieren, dass Altersprüfungen „ein inhärentes und unverhältnismäßiges Risiko schwerwiegender Datenschutzverletzungen und Diskriminierung mit sich bringen, ohne dass ihre Wirksamkeit garantiert ist“. Auch die Bundesdatenschutzbeauftragte befürchtet eine „weitgehende Abschaffung der Anonymität im Netz“.


Jetzt folgt Trilog


Die EU-Staaten werden diese Punkte nicht weiter diskutieren. Die dänische Ratspräsidentschaft „bekräftigte, am Kompromissvorschlag ohne die spanischen Vorschläge festzuhalten“.


10:18:53 +00:00 ">Morgen Nächste Woche tagen die Ständigen Vertreter der EU-Staaten. Im Dezember tagen die Justiz- und Innenminister. Diese beiden Gremien sollen den Gesetzentwurf als offizielle Position des Rats beschließen.


Danach folgt der Trilog. Dort verhandeln Kommission, Parlament und Rat, um aus ihren drei eigenen Gesetzentwürfen einen Kompromiss zu erzielen.




Hier ist das Dokument in Volltext:





  • Geheimhaltungsgrad: Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch

  • Datum: 13. November 2025

  • An: Auswärtiges Amt

  • Kopie: BKAmt, BMI, BMJV, BMF, BMWE, <abbr title="Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Fraue
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Andre Meister