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Erdbeben - Wo sind die Gefahrenzonen?

Erdbeben - Wo sind die Gefahrenzonen?

Update: 2025-01-07
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Erdbeben treten vor allem dort auf, wo Erdplatten aufeinandertreffen. Wenn die Spannung zwischen den Platten zu groß wird, bricht das Gestein ruckartig. Starke Erdbeben können ganze Landstriche verwüsten ? deshalb ist eine sichere Bauweise besonders wichtig. Von Claudia Steiner (BR 2024)


Credits
Autorin dieser Folge: Claudia Steiner
Regie: Sabine Kienhöfer
Es sprach: Rahel Comtesse
Technik: Stefan Oberle
Redaktion: Iska Schreglmann 


Im Interview:
Dr. Dirk Becker, Geophysiker am Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam.
Prof. Dr.-Ing. Max Gündel von Wölfel Engineering aus Höchberg,Prof. am Lehrstuhl für Stahlbau und Stahlwasserbau, Universität der Bundeswehr in Hamburg.
Prof. Dr. Charlotte Krawczyk vom Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam

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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.


Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:



Um kurz nach 4 Uhr in der Früh erschütterte erst eines und kurz darauf ein zweites schweren Beben ein Gebiet westlich der südtürkischen Großstadt Gaziantep…. / 


Die Lage in der Erdbebenregion ist schwer in Worte zu fassen. Zehntausende Wohnungen sind zerstört. Dazu tiefe Temperaturen und Schneefall…. / 


Auf den Philippinen graben sich Helfer durch Trümmer auf der Suche nach Vermissten. Ein Erdbeben der Stärke 6,7 hat den Inselstaat erschüttert… 


Das schwere Erdbeben in Marokko hat großes Leid verursacht. Mehr als 2.100 Todesopfer wurden bisher gezählt. Viele Menschen sind noch unter Trümmern verschüttet. Ihre Bergung ist ein Rennen gegen die Zeit 


O-TON 0 (Englisch mit deutscher Übersetzung, Ausschnitt aus Erdbeben - Schweres Erdbeben in Afghanistan, Erlaubnis von Autor, Peter Hornung, liegt vor) 


When we woke up, everything was shaking… wir hatten solche Angst, unsere ganze Familie hatte Angst 


Musik:  Deserted and destroyed 0‘44


SPRECHERIN


…sagt ein Mann, der 2022 ein starkes Erdbeben in Afghanistan erlebt hat. Es muss ein schreckliches Gefühl sein, wenn sich der Boden unter den Füßen plötzlich bewegt. Je nach Stärke schwingen Lampen hin und her, fallen Bilder und Vasen aus Regalen, stürzen Möbel um, schwappt Wasser aus Swimmingpools, entstehen Risse in Wänden. Im schlimmsten Fall werden Straßen und Brücken zerstört. Der Erdboden reißt auf. Kirchtürme und Minarette stürzen ein. Mehrstöckige Gebäude fallen wie Kartenhäuser in sich zusammen. Starke Erdbeben mit Stärken über acht ereignen sich weltweit im Schnitt einmal pro Jahr, Erdbeben zwischen sieben und acht durchschnittlich 15 mal. Kleinere Beben der Stärke drei bis vier gibt es jährlich schätzungsweise 130.000 mal.


ATMO (Wellen/Tsunami) 


SPRECHERIN


Das schwerste, jemals gemessene Erdbeben wurde 1960 in Chile registriert. Es hatte eine Stärke von 9,5. Das sogenannte "Große Chile-Erdbeben" löste einen Tsunami aus. Tsunamis entstehen, indem sich der Meeresboden plötzlich anhebt oder absenkt, das darüberliegende Wasser wird dadurch in Schwingungen versetzt. Die Riesenwellen wanderten damals Tausende Kilometer über den Pazifik und trafen sogar auf Hawaii, Neuseeland und Japan. 


ATMO (Wellen/Tsunami)


SPRECHERIN


Manchmal bebt die Erde plötzlich, manchmal grummelt es im Untergrund schon länger und es gibt Vorläufer, sagt Professorin Charlotte Krawczyk (sprich: Kraftschick) vom Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam: 


O-TON 1 


Bei diesem monströsen Chile-Erdbeben, da waren die Vorläufer so groß, dass man dachte, das sind schon die großen Beben. Und dann kam das richtig große Beben sogar noch hinterher.


ATMO (Riesenwelle) 


SPRECHERIN


In Chile kamen Schätzungen zufolge mehrere Tausend Menschen ums Leben. Ein ähnlich großes Beben in einer dicht besiedelten Region hätte deutlich mehr Opfer zur Folge gehabt – so wie in Indonesien im Jahr 2004. Das Seebeben vor der Nordwestküste Sumatras hatte eine Stärke von 9,1 und verursachte ebenfalls einen Tsunami. Die zerstörerischen Riesenwellen überschwemmten Küstenregionen unter anderem in Indonesien, Indien, Malaysia, Sri Lanka und Thailand. Mehr als 220.000 Menschen starben.


MUSIK:  Unexpected signals 0‘50 


SPRECHERIN


Die Skala zur Messung von Erdbeben funktioniert nicht linear, sondern exponentiell. Das bedeutet: Der Unterschied von einer Magnitude zur anderen ist immens. Ein Beben der Stärke 7 ist zum Beispiel zehnmal so stark wie ein Beben der Stärke 6 und 100 Mal so stark wie ein Beben der Stärke 5. Ab Stärke 5 gibt es in der Regel Schäden. 


SPRECHERIN


Doch warum bebt die Erde überhaupt? Erdbeben treten vor allem dort auf, wo Erdplatten aufeinandertreffen. Wenn die Spannung zwischen den Platten zu groß wird, bricht das Gestein ruckartig, erklärt Dirk Becker, Geophysiker am GeoforschungsZentrum Potsdam. 


O-TON 2 


Man muss sich das so ein bisschen vorstellen, so wie Eisschollen auf dem See oder auf dem Meer. Und die ganze Erdoberfläche besteht aus einzelnen Schollen, und die verschieben sich gegeneinander. Und diese Verschiebung gegeneinander baut dann Spannung auf, weil sich die Platten untereinander verhaken. Und dieses Verhaken sorgt dann irgendwann dafür, dass es zu einem impulsartigen Freisetzen dieser Spannung kommt, im Prinzip dann zu einem sogenannten Bruch-Prozess. 


Musik:  Hard decisions 0‘40


Atmo Erdbeben


SPRECHERIN


Besonders häufig gibt es See- und Erdbeben, aber auch Vulkanausbrüche entlang des 40.000 Kilometer langen Pazifischen Feuerrings, der den Pazifik von drei Seiten umrahmt. Auslöser für die zahlreichen Beben sind häufig Subduktionszonen. Das heißt: Dort treffen zwei tektonische Platten aufeinander und die Ozeanische Platte taucht unter die Kontinentalkruste ab. Grundsätzlich können sich Platten aneinander vorbei- oder auch übereinander schieben. Charlotte Krawczyk: 


O-TON 3 


Die Platten bewegen sich so im Millimeter- bis Zentimeterbereich pro Jahr. Das hört sich erst einmal recht wenig an. Wenn ich jetzt aber mal zum Beispiel das, was ja auch ein noch sehr präsentes Beispiel ist, an das Erdbeben in der Türkei (…) in 2023 denke, da bewegen sich die Platten mit etwa (…) zwei Zentimeter pro Jahr aneinander vorbei. (…) Wenn man das jetzt übertragen wollen, auf irgendetwas, was wir als Menschen besser einschätzen können. Stellen Sie sich einfach vor: Das ist ungefähr so schnell wie ihre Fingernägel wachsen. 


Musik: Secret proofs 0‘38


SPRECHERIN


In der Türkei treffen die anatolische, die eurasische, die arabische und die ägäische Platte aufeinander. In Kalifornien reiben sich die amerikanische und die pazifische Platte. In Japan sorgen die pazifische, die philippinische und die eurasische Platte immer wieder für Erschütterungen. Istanbul, San Francisco und Tokio gehören damit zu den stark gefährdeten Großstädten.  Dirk Becker forscht zu den Verwerfungslinien, also den tektonischen Bruchstellen, rund um Istanbul. 


O-TON 4 


Für den Großraum Istanbul nimmt man zum Beispiel an, dass die Wiederkehrrate eines so starken Erdbebens, wie es das letzte war in dem Gebiet, das der ungefähr bei 250 Jahren liegt. Also im Mittel kann man sagen, dass alle 250 Jahre dort ein Erdbeben auftreten wird, was zerstörerisch für die Metropolregion Istanbul ist. Aber man kann halt nicht sagen, ob das jetzt innerhalb der nächsten 20 Jahre stattfindet oder ob es innerhalb der nächsten 80 Jahre stattfindet, weil es natürlich eine gewisse Unsicherheit, eine gewisse Varianz gibt. Was man weiß, ist, dass es irgendwann stattfinden wird. Und das letzte ist schon relativ lange her, das ist halt über 250 Jahre her.


SPRECHERIN


In der Stadt am Bosporus wird die Platte an der nordanatolischen Verwerfungszone brechen, so viel steht fest. Die Frage ist, wann, wie stark und wo genau der Bruch stattfinden wird. Dirk Becker: 


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