Menschenrechtsliga warnt vor Tiefpunkt bei Politikvertrauen
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Die Österreichische Liga für Menschenrechte hat am Internationalen Tag der Menschenrechte am Mittwoch davor gewarnt, “dass das Vertrauen in die politisch Verantwortlichen auf einem Tiefpunkt ist”. Dekonstruktive, autoritäre Kräfte würden ihre Chance wittern – in Österreich und weltweit, sagte Barbara Helige, Präsidentin der Organisation, bei einer Pressekonferenz. Menschenrechtliche Kritik gab es auch an Mängeln beim Klimaschutz und bei der Kinderpsychiatrie in Österreich.
“Wir leben in einer Zeit weltweiter Krisen, die sich unmittelbar auch auf das Leben der Menschen in Österreich auswirken”, betonte Helige bei der Vorstellung des Menschenrechtsbefunds 2025 in Wien. Die Stimmung sei schlecht und die Aussichten trüb. “Wir brauchen von den politisch Verantwortlichen eine wirklich offene und authentische Kommunikation, auch in schwierigen Zeiten, als eine wichtige Voraussetzung für die Wiederherstellung des Vertrauens.”
Es gebe nicht nur “Attacken” auf Regierungsparteien oder einzelne Personen, sondern auf “ganz wichtige Institutionen, die den Kern unserer Demokratie und des demokratischen Rechtsstaats bilden”, verwies Helige auf den ORF, der gemeinsam mit anderen seriösen Medien eine Kontrollinstanz als vierte Gewalt im Staat sei. Das Kommando hätten mittlerweile Soziale Medien übernommen.
Negativbeispiele USA und Ungarn
Es gebe auch zunehmend Versuche, die Gerichtsbarkeit als dritte Staatsgewalt zu delegitimieren, und Kampagnen gegen einzelne Urteile, was dazu geführt habe, “dass in dieser aufgeheizten Atmosphäre Richter Morddrohungen erhalten”. Hier würden wiederum Social Media und Boulevard-Medien eine Rolle spielen, so die frühere Präsidentin der Richtervereinigung.
Ebenso werde zunehmend versucht, die Zivilgesellschaft und “deren Speerspitze, die NGOs zu diskreditieren”, warnte Helige. “All das soll suggerieren, dass es einen Systemwechsel braucht” und dass es eine starke Persönlichkeit brauche, die alle Missstände “mit einem Handstreich beseitigt”, sagte sie. “Es gibt wirklich viel zu tun, um diesem gar nicht so schleichenden Versuchen des Demokratieabbaus, des Abbaus des Rechtsstaats, entgegenzutreten.” Helige forderte die baldige Installierung einer unabhängigen Bundesstaatsanwaltschaft und eine Medienförderung, “die jene Medien stützt, die ganz einfach Ihre Kontrollaufgabe qualitätsvoll und seriös wahrnehmen.”
Klimaschutz als Menschenrecht
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat heuer am 23. Juni anerkannt und festgehalten, “dass ein intakter Planet ein Menschenrecht ist”, betonte der Ökologe Franz Essl bei der Pressekonferenz. Das weltweite 1,5-Grad-Ziel der UNO-Klimakonferenz in Paris sei nach zehn Jahren bereits verfehlt worden, erläuterte der Wissenschafter. Wenn die Staaten und Institutionen in der Klimapolitik versagen, “dann untergräbt es das Vertrauen der Bevölkerung in die politische Lösungsfähigkeit”, warnte Essl.
Ein Drittel der notwendigen Budgeteinsparungen in Österreich betreffe den Bereich des Klimaschutzes. Gleichzeitig soll die “Lobauautobahn” für 2,7 Milliarden Euro gebaut werden, sagte Essl. Eine Laissez-faire-Klimapolitik und “das akkordierte Zurückrudern als sportlicher Wettbewerb in der Klimapolitik in Europa und Österreich gehen Hand in Hand”, verwies er auf jüngste Aufweichungen von Klimazielen.
Mängel bei Kinderpsychiatrie
Die UNO-Kinderrechtskonvention schreibt unter anderem “das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit” für Kinder vor, erläuterte Sebastian Öhner, Vorstandsmitglied der Liga für Menschenrechte. Dennoch seien in der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung in Österreich gravierende Mängel festgestellt worden. Das könne zu noch größeren Schwierigkeiten im Erwachsenenalter führen, warnte er. Es sei zwar reagiert worden, brauche aber noch mehr tagesklinische Angebote und Home-Treatments.
In der Diskussion um Altersbeschränkungen in Sozialen Medien plädierte Öhner auf Nachfrage dafür, unterschiedliche Faktoren wie Schutzrechte einerseits und Informationsrechte andererseits abzuwägen. Er “glaube schon, dass es eine Regulierung braucht, die mit jungen Menschen bestenfalls gemeinsam gestaltet wird”.
(APA)




