Großdemonstration gegen "Pflegeraub" in der Stadt Salzburg
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In der Stadt Salzburg haben am Dienstagabend mehrere tausend Personen gegen die Sparpläne der ÖVP-FPÖ-Landesregierung protestiert. Den Pflegekräften im Bundesland soll der Pflegebonus gestrichen werden – eine Gehaltszulage, die aus Mitteln des Bundes gespeist wird. Das Geld aus Wien soll nun ins allgemeine Budget fließen. Zugleich kündigte der Betriebsrat der Landeskliniken (SALK) Widerstand gegen die Nicht-Umsetzung eines fix ausverhandelten Struktur- und Gehaltspakets an.
Nach Anfang Oktober gingen Pflegekräfte, Spitalsbedienstete und Sympathisanten bereits zum zweiten Mal auf Einladung der Gewerkschaft auf die Straße. Unter dem Motto “Pflegeraub” machten sich gegen 17.00 Uhr zwei Demonstrationszüge auf den Weg in die Altstadt. Sie vereinigten sich bei der Staatsbrücke und marschierten weiter zur Abschlusskundgebung beim Unipark Nonntal. Der Unmut war bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Protestkundgebungen groß. Rednerinnen und Redner forderten eine Rücknahme der Kürzungen, die Ausbezahlung des Pflegebonus und die Umsetzung des Pakets für die SALK – und nicht zuletzt mehr Respekt für die Berufsgruppe. “Vor kurzem waren wir noch systemrelevant. Bei Corona haben alle geklatscht, jetzt will uns die Landesregierung ins Börserl greifen”, sagte etwa Gewerkschafterin Petra Berger-Ratley.
Ab Mai “Röntgen nur von 8.00 bis 16.00 Uhr”
Am Dienstag hat auch der Zentralbetriebsrat der Salzburger Landeskliniken (SALK) informiert, dass eine Betriebsvereinbarung über verlängerte Dienste aufgekündigt wurde. Ab 1. Mai 2026 dürfen alle Arbeiten über die gesetzliche Arbeitszeit hinaus nicht mehr durchgeführt werden. “Röntgen gibt es dann von 8.00 bis 16.00 Uhr”, sagte die vorsitzende Zentralbetriebsrätin Sabine Gabath bei einem Mediengespräch. Besonders empört sind die Betriebsräte immer noch, dass ihnen die Landesregierung das Aus für den Pflegebonus und die Nicht-Umsetzung eines fix ausverhandelten Struktur- und Gehaltspakets im Rahmen der Budget-Pressekonferenz nur über die Medien ausgerichtet hat. Für Gabath ein klarer “Wortbruch”.
“Unsere Message an die Politik ist klar: So geht es nicht. Wir werden auch 60.000 Unterschriften an die Landesregierung übergeben”, sagte Thomas Brandstötter, der Vorsitzende des Arbeiterbetriebsrates. Die Forderungen: die weitere Auszahlung des vom Bund finanzierten Pflegebonus durch das das Land sowie die Umsetzung des Struktur- und Gehaltspakets.
“Pflegebonus klingt wie Zuckerl, ist es aber nicht”
Der – vom Bund finanzierte – Pflegebonus beträgt 163 Euro brutto im Monat (12 Mal) und soll nach den Plänen der Landesregierung ab Jänner wegfallen, also im Landesbudget aufgehen. “130 Euro netto im Monat, das sind zwei Wocheneinkäufe für eine alleinerziehende Pflegerin”, sagte Zentralbetriebsrat Günther Forsthuber. “Der Name Bonus klingt wie ein Zuckerl. Das ist er aber nicht. Er ist ein Bestandteil des Gehalts”, so Gabath. Und ihr Kollege Markus Pitterka ergänzte: “Der Pflegebonus wurde nach jahrelangen Verhandlungen als Anerkennung für die Schwerarbeit vom Bund zugestanden. Und er war nie ein Corona-Bonus, das lässt sich belegen”, die Landesregierung verbreite hier “Fake News”.
Salzburg ist das einzige Bundesland, das die Auszahlung des Pflegebonus beendet. Das Geld aus Wien soll vielmehr ins allgemeine Budget fließen. Der Zentralbetriebsrat befürchtet auch Abwanderungen in die umliegenden Bundesländer, wo der Bonus weiter ausbezahlt wird. Gabath berichtete heute von Pflegerinnen und Pflegern, die sich bereits nach Kündigungsfristen erkundigten.
Abwanderung von Fachärzten
Das Struktur- und Gehaltspaket, das die Landesregierung nun verschieben möchte, regelt unter anderem Rufbereitschaften, Springer- oder Journaldienste. Die aktuell gültige Vereinbarung hat der Betriebsrat inzwischen aufgekündigt. “Operationen können dann nicht mehr gemacht werden, weil es sich mit der Arbeitszeit nicht ausgeht”, so Gabath. Und gerade im Bereich der Operationen könnten die Landeskliniken schon jetzt nur mehr 81 Prozent der Kapazitäten ausschöpfen, weil Personal fehlt. “Wir werden auf 50 Prozent runterfahren müssen, das will niemand. Wir möchten die Arbeiten gerne erbringen, aber nicht zu jedem Preis.” Und das Paket betrifft alle Berufsgruppen in den Landeskliniken, also beispielsweise auch Elektriker oder das Küchenpersonal. Weiters sieht das Paket eine Anhebung der Gehälter von Fachärzten vor. Salzburg sei hier im Bundesländervergleich vorletzter, weshalb sehr viele Fachärzte nach der Ausbildung die Landeskliniken verlassen würden.
Noch hoffen die Betriebsrätinnen und Betriebsräte auf ein Einlenken der Landesregierung, stellen aber auch die Rute ins Fenster. “Wir haben einen Eskalationsplan, den wir aber nicht umsetzen wollen, weil wir lieber an den Patienten arbeiten.” Es wäre besser, würde sich die Politik einen Deeskalationsplan überlegen.
Regierung: Müssen Maßnahmen setzen
Gesundheitslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) hatte die Einsparungen kürzlich im Landtag verteidigt: “Wir müssen Maßnahmen setzen, um das System stabil zu halten und es nicht an die Wand zu fahren.” Die Pflege- und Gesundheitsberufe seien in den vergangenen Jahren in Salzburg gestärkt worden. “Wir haben die Ausbildung massiv ausgebaut, Nachtdienste verstärkt und die Nachtdienstpauschale erhöht.” Die hohen Lohnabschlüsse der vergangenen Jahre würden aber das Budget belasten. “In den letzten drei Jahren haben wir allein 56 Mio. Euro im Jahr mehr nur durch die Gehaltssteigerungen für Ärzte und Pfleger bezahlt.” Die Pflegepauschale zu kürzen sei das geringere Übel. “Die Alternative wäre gewesen, frei werdende Stellen nicht nachzubesetzen”, so Gutschi.
Und Soziallandesrat Wolfgang Fürweger (FPÖ), bis vor kurzem noch Kommunikationschef in den Salzburger Landeskliniken, kritisierte den Pflegebonus als “ungerecht.” “Es wird an Menschen ausbezahlt, die eine Pflegeausbildung haben, aber nicht am Bett arbeiten. Gleichzeitig erhalten ihn Menschen nicht, die am Bett arbeiten, aber keine Pflegeausbildung haben.” Und seine Parteichefin, Landeshauptfrau-Stellvertreterin Marlene Svazek, betonte, dass die Gehälter in der Pflege in den vergangenen Jahren um 15 bis 20 Prozent gestiegen und die Rahmenbedingungen verbessert worden seien. “Die zusätzliche Prämie können wir uns nicht mehr leisten.” Svazek wie Fürweger erklärten am Dienstagabend in einer Aussendung auch, dass man “die emotionale Diskussion rund um das Auslaufen des Coronabonus” verstehe. “Die Entscheidung ist getroffen, aber der Protest macht deutlich, dass die Pflege eine Perspektive verlangt. Und die müssen wir ihr auch geben.”
(APA)




