Vom Comic ins Kino - Konjunktur der Superhelden
Description
DC und Marvel - das sind die US-Comic-Verlage, die seit 1939 die Bild-Geschichten von Superhelden wie Superman und Batman, Die Fantastischen Vier oder Spiderman veröffentlichen. Ob als Comic oder Film - die Abenteuer der "Über-Menschen" faszinieren bis heute ein junges Publikum. Von Markus Mayer
Credits
Autor dieser Folge: Markus Mayer
Regie: Christiane Klenz
Es sprachen: Robert Dölle, Ditte Ferrigan, Christiane Klenz, Jay Rutledge
Technik: Andreas Lucke
Redaktion: Karin Becker, Katharina Hübel-Gohr
Im Interview:
Andreas Platthaus, Comic-Experte & Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Und noch eine besondere Empfehlung der Redaktion:
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Nach einer literarischen Vorspeise servieren Katharina Mahrenholtz, Daniel Kaiser und Jan Ehlert aktuelle Neuerscheinungen und Lieblingsbücher. Für die Bestseller-Challenge lesen sie sich durch die Titel der aktuellen Top Ten - kneifen gilt nicht, deutliche Meinung ist erwünscht! Beim Quiz können alle ihr Literatur-Wissen testen und Fun Facts für die nächste Party sammeln. Dazu gibt es Interviews mit Büchermenschen und Insights aus der Buchbranche.
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Linktipps:
Marvels Superhelden. Götter unserer Zeit. April/Mai-Ausgabe der Schweizer Kulturzeitschrift Du. Nr. 927. Hg. V. Du Kulturmedien KAG, Bätzibuck 5, CH-8307. Anlässlich der Marvel-Ausstellung in Basel versammelt der Band aufschlussreiche Interviews, Analysen und Hintergrundberichte zum Thema Marvel und den Marvel-Superhelden. Mit zahlreichen, farbigen Abbildungen.
Comics richtig lesen. Von Scott McCloud, illustriert von Scott McCloud. Carlsen-Verlag 2001. Der Comicautor und Comictheoretiker klärt in einem Comicstrip, also mit Comic-Bildern auf, wie die Kunstform Bildgeschichte funktioniert, was Seitenaufteilung und Panelgestaltung möglich machen und zur Erzählung beitragen. Standardwerk zum Medium Comic & Graphic Novel.
Comic Welten. Geschichte und Struktur der neunten Kunst. Hg. V. Harald A. Havas & Gerhard Habarta. Edition Comic Forum Wien. Ausstellungskatalog 1993. Darin Kapitel 6, 7, & 8: Grossstadthelden: Superman, Grossstadthelden: Batman & Superwelten – Superhelden. S. 52 - 87. Launige, aufschlussreiche Abhandlung der Superhelden-Comics von DC und Marvel, leicht überholt, da die bahnbrechenden Verfilmungen von Marvel nach der Jahrtausendwende noch nicht berücksichtigt werden konnten.
Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
Zitator: It‘s A Bird?
Zitatorin: It’s a Plane?
Zitator & Zitatorin: It’s Superman!
Sprecherin
Im Juni 1938 erscheint das erste bunte Heftchen mit Superman auf dem Umschlag. 64 Seiten umfasst der Comicstrip, also die gezeichnete Bildfolge,
mit Abenteuern des Superhelden. Superman heißt mit bürgerlichem Namen Clark Kent, aber eigentlich ist er ein Außerirdischer vom Planeten Krypton.
Sprecher
Nur 10 Cent kostet das Heft. Niemand ahnt, dass mit diesem ersten Heft der Reihe Action Comic, einem nicht besonders hochwertigen Druckerzeugnis, die Weltkarriere des ersten aller Superhelden beginnt.
Sprecherin
Endlich ist es Jerry Siegel und Joe Shuster, den Erfindern der Figur, gelungen, Superman, der im Alter von drei Jahren von seinem Heimatplaneten in einem Raumschiff auf die Erde geschickt wird, als Protagonisten einer Heftchenreihe unterzubringen. Jahrelang wird die Idee des menschengleichen Helden mit Superkräften von Zeitungen und Verlagen als pubertär und kindisch verworfen.
MUSIK 2 ( Laurie Anderson: O Superman 0’57)
SPRECHERIN
Als am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg beginnt, erhält die Geschichte dieses Übermenschen, den sich die beiden Science-Fiction- Fans ausgedacht haben, eine weitere Bedeutung. Ein unbesiegbarer, unverwundbarer Superheld auf Seite der Vereinigten Staaten? Irgendwie beruhigend... Superman kann fliegen, er hat Superkräfte und Superpuste, außerdem kann er, wenn es sein muss, mit Röntgenblick Dinge sehen, die normalerweise verborgen sind.
SPRECHER
Während der Kriegsjahre werden Superman-Hefte zum beliebtesten Lesestoff der GI’s, der jungen amerikanischen Soldaten. 800 tausend Exemplare macht damals die Auflage der Action Comics aus - eine Heftchenreihe, in der neben anderen auch Superman-Abenteuer zu sehen sind. Hefte ausschließlich mit Geschichten des „Stählernen“, wie ihn Fans nennen, setzen mehr als eineinviertel Millionen ab. Hinzu kommen Superman-Comicstrips, die in über 250 Sonntagszeitungen abgedruckt werden. Während der Kriegsjahre gibt es zudem Superman-Radiosendungen und ab 1941 Zeichentrickfilme.
MUSIK 3 (Alan Silvestri: Captain America Main Titles 0’56)
SPRECHERIN
1941 erscheint im New Yorker Verlag Timely Publications, einem Vorläufer des Marvel-Verlags, eine weitere Heftchenreihe mit einem patriotischen Superhelden: Captain America. So nennt sich Steve Grant Rogers, ein fiktiver US-Amerikaner, der seinem Land als Soldat dienen will. Er wird ausgemustert, erhält aber in einem geheimen Experiment ein Serum, das zu physischen Höchstleistungen verhilft. Weil der Wissenschaftler, der das Serum entwickelt hat, von einem Nazi-Agenten ermordet wird, bleibt Rogers der einzige Superkämpfer. Fortan nennt er sich Captain America, erkennbar an seinem Kostüm und seinem Schild, das Teile der National-Flagge enthält. Captain America bekämpft Nazis, Saboteure und Spione.
SPRECHER
Der Journalist Andreas Platthaus von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, ein ausgewiesener Comic-Experte, erklärt, wer die Macher dieser ersten Superhelden-Comics sind.
ZSP Andreas Platthaus – Umfeld
Das Umfeld der mittleren bis späten 30er Jahre, als die Superhelden entstanden sind, muss man sich vor allem sehr städtisch vorstellen und aus einer sehr, sehr armen Gegend stammend die meisten Leute, die damals tätig wurden, als Zeichner, als Szenaristen. Und es gab dabei durchaus einige Frauen, die in Hilfsjobs da tätig waren. Die kamen von ganz unten. Die kamen aus den relativen Elendsvierteln von europäischen Einwanderern, und dementsprechend fanden die in den Superhelden eine Art Kompensation für ihr eigenes Schicksal.
MUSIK 4 (Sammy Timberg: Superman March 0’50)
SPRECHER
Wie viele Comickünstler der damaligen Zeit ist auch Superman Migrant. Schließlich kommt er ja vom Planeten Krypton, was es aber zu verbergen gilt, denn er will gleichberechtigt und integriert leben. Die Erfinder und Gestalter dieser Figur, häufig jüdische Migranten oder Kinder jüdischer Einwanderer, beschreiben hier in gewisser Weise ihr eigenes Schicksal anhand einer allmächtigen Heldenfigur, die ein Doppelleben führt. Sie scheinen mit der Figur des unverwundbaren Übermenschen den USA auch gleichsam den Rücken stärken zu wollen, schließlich befinden sich die Vereinigten Staaten im Krieg gegen demokratieverachtende Nazis und die Achsenmächte.
ZSP Andreas Platthaus – Jüd. Künstler dominieren I.
Dass etliche der Zeichner damals jüdisch waren, hat damit zu tun, dass sehr, sehr viele Juden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts aus Europa gekommen waren. Die osteuropäischen Pogrome hatten zu einer Auswanderungswelle geführt und dabei waren sehr viele Leute vor allem aus ländlichen Regionen, aus Handwerkerberufen und so etwas nach Amerika gekommen, die aber dort nicht unbedingt sofort Anstellungen wieder fanden in den Bereichen, die sie kannten, weil sie in den Städten blieben. Und da gab es dann vor allem Industriejobs und ähnliches, damit ließ sich nicht viel Geld verdienen, und dementsprechend war das Comic-Geschäft eine Art Ausstiegsoption. Da konnte man mit künstlerischer Begabung, die natürlich etliche Leute davon besaßen, tatsächlich etwas machen.
MUSIK 5 (The Chamber Orchestra Of London: First Mission 0’31)
SPRECHERIN
Ein Comic-Held wie der patriotische Captain America ist pure Propaganda. Erwartungsgemäß flaut nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg das Interesse an solchen, eindimensionalen Superhelden ab. Comichefte von Superman und Batman, die im New Yorker DC-Verlag erscheinen, bleiben aber weiterhin attraktiv, auch weil die Protagonisten höchst plausibel gestaltet sind.
MUSIK 6 ( Prince: Batdance – Prince 0’36)
SPRECHER
1939 veröffentlicht DC, die Abkürzung von Detective Comics, erstmals einen Band, in dem die Batman-Figur auftaucht. 1940 erhält der Fledermausmann eine eigene Heftchenreihe.
SPRECHERIN
Ausgedacht haben sich Batman der Autor Bill Finger und der Zeichner Bob Kane. Finger liebt sogenannte Pulp Fiction, Heftchenromane, die auf billigem, stark holzhaltigem Papier, im Amerikanischen Pulp genannt, gedruckt werden. In diesen Spannungsgeschichten ist der Held ähnlich wie Batman aus wohlhabendem Milieu - eine Figur, die es sich leisten kann, Detektiv zu spielen. Weil Szenarist Bill Finger zudem Expressionismus-Fan ist, spielen Batmans Abenteuer immer bei Nacht in einer dystopischen, düsteren Großstadt, einem anonymen Häusermeer, von Straßenschluchten durchzogen.
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