DiscoverScience on Player FMWortfindungsstörungen - Und andere alltägliche Aussetzer - radioWissen
Wortfindungsstörungen - Und andere alltägliche Aussetzer - radioWissen

Wortfindungsstörungen - Und andere alltägliche Aussetzer - radioWissen

Update: 2025-01-07
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Description

Die Fähigkeit zu sprechen und Botschaften zu artikulieren, zeichnet uns Menschen aus. Doch ab und zu kommt es - bei jedem von uns - zu Fehlern bei der Sprachproduktion. Diese kleinen kognitiven Aussetzer sind normal und meistens harmlos. Von Katrin Kellermann

Credits
Autorin dieser Folge: Katrin Kellermann
Regie: Sabine Kienhöfer
Es sprachen: Christian Baumann, Rahel Comtesse
Technik: Heiko Hinrichs, Lorenz Kersten
Redaktion: Bernhard Kastner


Im Interview: 
Prof. Dr. Dr. Horst M. Müller, Ag Experimentelle Neurolinguistik, Universität Bielefeld, 
Prof. Dr. Sebastian Markett, Psychologe Humboldt-Universität zu Berlin, Gedächtnistrainerin Gitte Rollenhagen u. Teilnehmer, 
Dr. Nina Jeanette Hofferberth, Buchautorin Sprachproduktion & Lehrerin 



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Linktipps:


Fragebogen von Gesprächspartner Prof. Sebastian Markett    HIER


Bundesverband Gedächtnistrainingb e.V. mit einer Liste zertifizierter Gedächtnistrainer  HIER


Assoziationsspiel zur Erforschung des mentalen Lexikons   HIER


Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.


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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.


Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:


01 Zsp Wortfindungsstörungen Gitte Rollenhagen 00:27



„Es geht los (…) Jetzt. Magst du anfangen? Atmo Miau, trampeln.


Ja super, Ihr macht das super, und das ist halt richtig, richtig anstrengend. Das Schwierige ist, dass man eben zwischen Handlung und Worten wechseln muss und dass man halt spricht, was man tut. Weil wir nicht multitaskingfähig sind.“


Musik:  Creative workshop 0‘22


Sprecher 


Gedächtnistrainerin Gitte Rollenhagen leitet einen Kurs an der Münchner Volkshochschule. Sie stellt Rätselfragen, gibt Denkanstöße und erklärt die Aufgaben. Die Teilnehmenden haben Spaß beim Knobeln, Raten, Überlegen, Kombinieren. Sie kommen auf Ideen und haben kreative Einfälle. Und genau darum geht’s: 


02 Zsp Wortfindungsstörungen Gitte Rollenhagen 00:20  


„Kreuzworträtsel bringt nicht so viel, weil, man macht ja immer das Gleiche. Und irgendwann weiß man den Fluss mit den fünf Buchstaben und beim Gedächtnistraining lernen wir eben immer wieder anders zu denken. Um die Ecke zu denken, und wenn ich so nicht weiterkomme, eine andere Lösung zu finden, also viel flexibler einfach zu werden.“ 


Musik: New ideas red 0‘25


Sprecher:  


‚Use it or loose it‘ – dieser Spruch gilt nicht nur für unsere Muskeln, sondern auch für das Gehirn. Denn Verbindungen zwischen Nervenzellen können trainiert oder vernachlässigt werden und dementsprechend gut oder schlecht Signale übertragen. Was man häufig braucht, lässt sich leicht abrufen. Was man dagegen nicht so oft braucht, wird verschüttet. Und dann kann es passieren, dass uns plötzlich ein Wort nicht mehr einfällt: 


03 Zsp Wortfindungsstörungen Gitte Rollenhagen 00:32


„Das werde ich immer gefragt, wie kann ich mir, wenn mir ein Wort nicht einfällt, das herholen? Es gibt keine Patentlösung. Es geht einfach darum, dass ich immer wieder mein Gehirn trainiere, meine Flexibilität im Denken, meine Kreativität, meine Fantasie. Man muss einfach dranbleiben. Und trotzdem: Es ist auch normal, dass uns manchmal was nicht einfällt. Und dann einfach loslassen, das kommt dann.“ 


Musik:  Shy and curious 0‘20


Sprecherin: 


Wenn uns ein Wort auf der Zunge liegt, aber nicht einfallen will, dann bezeichnet das die Wissenschaft als Zungenspitzen- oder Tip of the tongue-Phänomen. Es passiert etwa ein bis zwei Mal pro Woche. Ältere erleben es etwas häufiger als junge Menschen: 


04 Zsp Wortfindungsstörungen Horst Müller 00:26  


„Es geht ja auch nicht um Wörter, die sehr hochfrequent sind, die sehr im Alltag vorkommen. Und nicht um Wörter natürlich, die man im Kindesalter schon erworben hat. Kaum jemand wird über ein Buch reden wollen und dann fällt einem das Wort ‚Buch‘ nicht ein, sondern das sind seltene Wörter, häufig auch Wörter, die man erst später im Leben erlernt hat und Namen natürlich.“ 


Sprecherin: 


… sagt Professor Doktor Doktor Horst Müller. Der Neurobiologe und Linguist leitet die Arbeitsgruppe Experimentelle Neurolinguistik an der Universität Bielefeld und forscht darüber, wie Sprache im Gehirn repräsentiert ist. 


Musik:  Brain puzzle (b) 0‘24


Er betont, dass Sprechen eine kognitive Höchstleistung sei. Denn während wir mühelos reden, laufen im Gehirn mehrere Prozesse auf unterschiedlichen Ebenen, teilweise parallel, ab. Wir kommen vom Gedanken zum Wort in Sekundenbruchteilen. 


Sprecher: 


Bewusst wird uns das nur selten. Und zwar dann, wenn bei der so genannten Aktivierung, also dem Abruf aus dem Gedächtnis oder dem Zugriff, wie Psycholinguisten sagen, etwas schiefgeht: 


05 Zsp Wortfindungsstörungen Horst Müller 00:17  


„Die Leute haben so viele Informationen über das zu suchende Wort, dass man davon ausgehen muss, dass die Aktivierung schon sehr weit fortgeschritten ist, aber es letzlich nicht zu Ende gebracht werden kann. Das Wort also tatsächlich auf der Spitze der Zunge liegt und nicht herauskommt.“ 


Sprecherin: 


Aber warum können wir es nicht einfach aussprechen? Die Antwort liefert die Art und Weise, wie unser kognitives System funktioniert. 


Unter Kognition versteht man das Denken oder die Informationsverarbeitung im Gehirn im Allgemeinen. Sie umfasst beispielsweise Vorstellungskraft, Kreativität, Gedächtnis und Sprache. 


Musik:  Anticipation 0‘33


Sprecher:


Jede Äußerung beginnt mit einer Idee davon, was wir sagen wollen. Man spricht von einem Konzept. Diese noch vorsprachlichen Einheiten kennt vermutlich jedes Lebewesen. Auch ein Hund weiß, was wegrennen bedeutet. Ein Mensch aber kann diese Konzepte an Wörter knüpfen und als Botschaft artikulieren. 


Sprecherin: 


Schätzungen gehen davon aus, dass die deutsche Gegenwartssprache etwa dreihundert- bis sechshunderttausend Wörter umfasst. Es heißt, ein Durchschnittsprecher kenne etwa vierzigtausend Wörter. Im Laufe des Lebens vergrößert sich unser Wortschatz stetig. Wörter, die wir einmal gelernt haben, sind in unserem Gedächtnis gespeichert und stehen idealerweise jederzeit zum Abruf bereit.


Sprecher:


Man spricht vom so genannten mentalen Lexikon. Unklar ist aber, wie dieses im Detail organisiert und strukturiert ist. Sicher ist: Die Wörter sind nicht isoliert gespeichert, sondern in einem neuronalen Netzwerk miteinander verknüpft. 


06 Zsp Wortfindungsstörungen Sebastian Markett 00:08


„Unser Gehirn, unser Gedächtnis und damit auch letztendlich die 


Repräsentation der Sprache, die wir im Kopf haben, die funktioniert super assoziativ.“


Sprecherin:


… sagt Doktor Sebastian Markett, Professor für Molekulare Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin.


 07 Zsp Wortfindungsstörungen Sebastian Markett 00:25


„Also wir kommen wirklich vom Hölzchen aufs Stöckchen. Wenn ich an Apfel denke, denke ich an Birne und damit werden halt automatisch, wenn ich nur an ein bestimmtes Wort denke, eine ganze Reihe von anderen Worten mitaktiviert. Und die wollen dann vielleicht auch gesprochen werden. Und die muss ich dann aktiv draußen halten. Also die blockieren nicht notwendigerweise, sondern die bieten sich einfach mehr an. Es ist wie beim Fußball. Wenn ich mich freilaufe und dabei wild rum gestikuliere, dann ist es wahrscheinlicher, dass ich den Ball zugespielt bekomme. Und das passiert bei uns im Gehirn.“ 


Sprecherin:


Dazu kommt, dass wir für die jeweiligen Konzepte mehrere Wörter zur Verfügung haben: Ein Haustier mit vier Beinen, das bellt, könnten wir als Hund bezeichnen, aber auch als Pudel oder schlicht Tier, möglich sind auch die Wörter Kläffer oder Hündchen,

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