1996: Interview mit Gerhard Polt
Update: 2020-10-16
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Description
"Ich bin immer sehr nervös vor dem Auftritt" - Gerhard Polt über seine Arbeit als KabarettistIm März diesen Jahres hat er seine nächste von unzähligen Auszeichnungen erhalten: Der Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt Dieter Reiter übergab ihm den "Kulturellen Ehrenpreis der Stadt München". Gerhard Polt, der seit über vierzig Jahren seine Fangemeinde als Satiriker, Autor und Schauspieler erfreut, ist seit Jahren von der deutschen Kabarett-Szene nicht weg zu denken.
Bei der Geburt "enttäuscht"
"Ich hab am 7. Mai 1942 in München das Licht der Welt erblickt und was ich da gesehen habe, hat mir gleich gar nicht gefallen" - liest man auf der Internetseite von Gerhard Polt. Seine frühe Kindheit verbrachte er in Altötting, wohin sich seine Mutter mit ihm vor möglichen Bombenangriffen auf München in Sicherheit brachte. Nach dem Abitur an einem Münchener Gymnasium begann Gerhard Polt ein Studium der Politischen Wissenschaften, Geschichte und Kunstgeschichte. Anschließend ging er nach Schweden und studierte in Göteborg Skandinavistik. Nach vier Jahren in Schweden kehrte Gerhard Polt nach München zurück und fasste dort Fuß zunächst als Übersetzer, Lehrer und Dolmetscher. Doch bald zog es ihn auf die Bühne und so präsentierte er 1976 in München sein erstes Programm mit dem Titel "Kleine Nachtrevue", das ihm schließlich ein Engagement am Berliner Schiller-Theater einbrachte. Zwei Jahre später startete Gerhard Polt beim Bayerischen Rundfunk mit seiner Sketchreihe "Fast wia im richtigen Leben", die später auch von der ARD übernommen wurde. Darin bewies Gerhard Polt sein Können als scharfsinniger und nicht müde werdender Beobachter von Spießbürgertum, das er immer wieder an den Pranger stellte. "Der Spiegel" vom 28.1.80 schrieb über diese Reihe: "Der Titel ist ein, sein Programm: Polt erfindet nicht, er findet. Er schaut dem Volk aufs Maul und spricht ihm nach -das kann heiter werden und auch hanebüchen." Doch Gerhard Polt stand erste am Anfang seiner Karriere, die ihn zu einem exzellenten Kenner der bajuwarischen Lebensgewohnheit aufsteigen ließ.
Der Gesellschaftsspiegel auf Bühne und Leinwand
In den 1980-er Jahren setzte Gerhrad Polt nicht nur seine Bühnenaktivitäten fort - zum Beispiel bei Dieter Hildebrandt im "Scheibenwischer" - sondern erweiterte sein Betätigungsfeld ebenfalls um das Genre des Films. So entstand 1983 der Spielfilm "Kehraus" mit Gerhard Polt in der Rolle des Gabelstaplerfahrers Ferdinand, dessen "...Versuch, einen Ansprechpartner zu finden, zu einer kafkaesken, absurd-komischen Odyssee durch die Korridore der Versicherungs-Bürokratie" (filmportal.de) wurde. Gerhad Polt gehörte hier auch zum Team der Drehbuchautoren, die Regie führte Hanns Christian Müller, sein Jugendfreund und seit Jahren enger Mitarbeiter. Vier Jahre später entstand die Film-Satire "Man spricht deutsh", in der das bewährte Gespann Gerhad Polt - Hanns Christian Müller - Gisela Schneeberger den Italien-Urlaub eines Spießers aufs Korn nimmt. "Der Spiegel" vom 15.2.88 urteilte über den Film unter anderem: "Der doppelte Boden hindert freilich nicht, daß sich der Film als höchst vergnüglicher Gaudiwurm kringelt, mit running gags und kabarettistischen Dolchstößen, mit Klamotten-Szenen und der perfiden Art, giftige Satire als Schwank zu tarnen." Nach dieser Film-Satire präsentierte Gerhard Polt 1988 mit großem Erfolg dem Münchner Publikum die satirische Revue über Geld und die Politik "Diridari", doch der Tod des bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (1988) bedeutete auch das "Aus" für das erfolgreiche Stück. Jedoch auch in den nächsten Jahrzehnten sollten die Aktivitäten von Gerhard Polt nicht nachlassen und der Kabarettist hat sein "letztes Wort" noch nicht gesprochen.
Keine Spur von Müdigkeit
Auch in den Folgejahren ließ die Kreativität des Kabarettisten Gerhard Polt nicht nach. Es entstanden zahlreiche weitere Theaterproduktionen von und mit ihm. So zum Beispiel "Tschurangrati" 1993 , "Kinderdämmerung" 1994, "Bayer Open" 1996 oder "Ich AD" 2003 um nur einige wenige zu nennen. Es folgten auch erfolgreiche Tourneen durch das ganze Land und es erschienen unzählige CD's und Bücher ebenfalls regelmässig auf dem Markt. So konnte sich die Fangemeinde 2012 zum Beispiel auch über "Gerhard Polt Bibliothek" freuen - eine Werkausgabe in zehn Bänden. Bis jetzt entstanden drei weitere Filme von und mit Gerhard Polt: "Herr Ober!" von 1992, in dem er die Hauptrolle übernahm und für den er das Drehbuch schrieb und ebenfalls an der Regie beteiligt war. Weitere Filme waren "Germanikus", der 2004 in die Kinos kam und sich auf alt bewährte Weise mit dem Untergang des Römischen beschäftigte. Der bisher letzte Film von und mit Gerhard Polt - "Und Äktschn!" - kam 2014 in die Kinos und erfreute sich zahlreicher positiver Rezensionen. Im Jahr 2017 erschien ein Buch von Gerhard Polt mit dem Titel "Der große Polt. Ein Konversationslexikon", ein Werk, das allgemein als der "Schlüssel zu seiner legendären Begriffswelt" angesehen wird. Die "Süddeutsche Zeitung" vom 23.4.2017 urteilte unter anderem: "Aus jeder Zeile dieses Konversationslexikons tönt der Sprachduktus des Redners Polt. So findet man große Freude daran, einzelne Definitionen selbst laut jemandem vorzulesen, weil so Polts kunstvolle Sprachquerungen noch deutlicher werden."
Der Künstler ist Träger von unzähligen Auszeichnungen und Preisen. So wurde er unter anderem mehrfach mit dem Deutschen Kleinkunstpreis und dem Kulturpreis Bayern geehrt.
Im November 1996 sprach DW-Redakteurin Ulrike Knapp mit Gerhard Polt über seinen Werdegang.
Autor: Andreas Zemke
Redaktion: Uta Hardes-Schmeißer
Bei der Geburt "enttäuscht"
"Ich hab am 7. Mai 1942 in München das Licht der Welt erblickt und was ich da gesehen habe, hat mir gleich gar nicht gefallen" - liest man auf der Internetseite von Gerhard Polt. Seine frühe Kindheit verbrachte er in Altötting, wohin sich seine Mutter mit ihm vor möglichen Bombenangriffen auf München in Sicherheit brachte. Nach dem Abitur an einem Münchener Gymnasium begann Gerhard Polt ein Studium der Politischen Wissenschaften, Geschichte und Kunstgeschichte. Anschließend ging er nach Schweden und studierte in Göteborg Skandinavistik. Nach vier Jahren in Schweden kehrte Gerhard Polt nach München zurück und fasste dort Fuß zunächst als Übersetzer, Lehrer und Dolmetscher. Doch bald zog es ihn auf die Bühne und so präsentierte er 1976 in München sein erstes Programm mit dem Titel "Kleine Nachtrevue", das ihm schließlich ein Engagement am Berliner Schiller-Theater einbrachte. Zwei Jahre später startete Gerhard Polt beim Bayerischen Rundfunk mit seiner Sketchreihe "Fast wia im richtigen Leben", die später auch von der ARD übernommen wurde. Darin bewies Gerhard Polt sein Können als scharfsinniger und nicht müde werdender Beobachter von Spießbürgertum, das er immer wieder an den Pranger stellte. "Der Spiegel" vom 28.1.80 schrieb über diese Reihe: "Der Titel ist ein, sein Programm: Polt erfindet nicht, er findet. Er schaut dem Volk aufs Maul und spricht ihm nach -das kann heiter werden und auch hanebüchen." Doch Gerhard Polt stand erste am Anfang seiner Karriere, die ihn zu einem exzellenten Kenner der bajuwarischen Lebensgewohnheit aufsteigen ließ.
Der Gesellschaftsspiegel auf Bühne und Leinwand
In den 1980-er Jahren setzte Gerhrad Polt nicht nur seine Bühnenaktivitäten fort - zum Beispiel bei Dieter Hildebrandt im "Scheibenwischer" - sondern erweiterte sein Betätigungsfeld ebenfalls um das Genre des Films. So entstand 1983 der Spielfilm "Kehraus" mit Gerhard Polt in der Rolle des Gabelstaplerfahrers Ferdinand, dessen "...Versuch, einen Ansprechpartner zu finden, zu einer kafkaesken, absurd-komischen Odyssee durch die Korridore der Versicherungs-Bürokratie" (filmportal.de) wurde. Gerhad Polt gehörte hier auch zum Team der Drehbuchautoren, die Regie führte Hanns Christian Müller, sein Jugendfreund und seit Jahren enger Mitarbeiter. Vier Jahre später entstand die Film-Satire "Man spricht deutsh", in der das bewährte Gespann Gerhad Polt - Hanns Christian Müller - Gisela Schneeberger den Italien-Urlaub eines Spießers aufs Korn nimmt. "Der Spiegel" vom 15.2.88 urteilte über den Film unter anderem: "Der doppelte Boden hindert freilich nicht, daß sich der Film als höchst vergnüglicher Gaudiwurm kringelt, mit running gags und kabarettistischen Dolchstößen, mit Klamotten-Szenen und der perfiden Art, giftige Satire als Schwank zu tarnen." Nach dieser Film-Satire präsentierte Gerhard Polt 1988 mit großem Erfolg dem Münchner Publikum die satirische Revue über Geld und die Politik "Diridari", doch der Tod des bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (1988) bedeutete auch das "Aus" für das erfolgreiche Stück. Jedoch auch in den nächsten Jahrzehnten sollten die Aktivitäten von Gerhard Polt nicht nachlassen und der Kabarettist hat sein "letztes Wort" noch nicht gesprochen.
Keine Spur von Müdigkeit
Auch in den Folgejahren ließ die Kreativität des Kabarettisten Gerhard Polt nicht nach. Es entstanden zahlreiche weitere Theaterproduktionen von und mit ihm. So zum Beispiel "Tschurangrati" 1993 , "Kinderdämmerung" 1994, "Bayer Open" 1996 oder "Ich AD" 2003 um nur einige wenige zu nennen. Es folgten auch erfolgreiche Tourneen durch das ganze Land und es erschienen unzählige CD's und Bücher ebenfalls regelmässig auf dem Markt. So konnte sich die Fangemeinde 2012 zum Beispiel auch über "Gerhard Polt Bibliothek" freuen - eine Werkausgabe in zehn Bänden. Bis jetzt entstanden drei weitere Filme von und mit Gerhard Polt: "Herr Ober!" von 1992, in dem er die Hauptrolle übernahm und für den er das Drehbuch schrieb und ebenfalls an der Regie beteiligt war. Weitere Filme waren "Germanikus", der 2004 in die Kinos kam und sich auf alt bewährte Weise mit dem Untergang des Römischen beschäftigte. Der bisher letzte Film von und mit Gerhard Polt - "Und Äktschn!" - kam 2014 in die Kinos und erfreute sich zahlreicher positiver Rezensionen. Im Jahr 2017 erschien ein Buch von Gerhard Polt mit dem Titel "Der große Polt. Ein Konversationslexikon", ein Werk, das allgemein als der "Schlüssel zu seiner legendären Begriffswelt" angesehen wird. Die "Süddeutsche Zeitung" vom 23.4.2017 urteilte unter anderem: "Aus jeder Zeile dieses Konversationslexikons tönt der Sprachduktus des Redners Polt. So findet man große Freude daran, einzelne Definitionen selbst laut jemandem vorzulesen, weil so Polts kunstvolle Sprachquerungen noch deutlicher werden."
Der Künstler ist Träger von unzähligen Auszeichnungen und Preisen. So wurde er unter anderem mehrfach mit dem Deutschen Kleinkunstpreis und dem Kulturpreis Bayern geehrt.
Im November 1996 sprach DW-Redakteurin Ulrike Knapp mit Gerhard Polt über seinen Werdegang.
Autor: Andreas Zemke
Redaktion: Uta Hardes-Schmeißer
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