Prozess um Terror-Anschlagspläne in Salzburg gestartet
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Am Landesgericht Salzburg ist am Mittwoch ein Prozess gegen einen mittlerweile 22-jährigen Afghanen wegen terroristischer Anschlagspläne gestartet. Er soll für den “Islamischen Staat” als Schläfer zur Verfügung gestanden sein. Konkret soll er zu Weihnachten 2024 einen Anschlag auf der Festung Hohensalzburg, dem Salzburger Hauptbahnhof oder dem Salzburger Christkindlmarkt “ins Auge gefasst haben”. Der Angeklagte war teilweise geständig, “ich bin jung, man macht Fehler”.
Der bisher unbescholtene Mann wurde am 1. Dezember 2024 von der deutschen Fremdenpolizei festgenommen, die Überstellung an die österreichischen Behörden erfolgte auf der Saalach-Brücke an der Grenze zwischen Bayern und Salzburg. Einen Tag später wurde die Untersuchungshaft verhängt. “Ich bin ein IS-Mitglied”, das sollen laut Staatsanwalt die ersten Worte des Verdächtigen gewesen sein, in englischer Sprache. Konkret zur Last gelegt werden dem 22-Jährigen das Verbrechen der terroristischen Vereinigung, der terroristischen Straftaten, der kriminellen Organisation sowie das Vergehen der Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat.
Laut Anklage jederzeit für Anschläge zur Verfügung gestanden
Der subsidiär Schutzberechtigte hielt sich seit Februar 2023 in Österreich zunächst in Flüchtlingsquartieren auf. Seit Februar 2024 war er obdachlos. Laut Anklage soll er dem IS für Anschläge jederzeit zur Verfügung gestanden sein, und zwar für Selbstmordattentate mit Schusswaffen und Sprengstoff oder für Attentate mit Messer.
Wie der Staatsanwalt ausführte, soll der Angeklagte mit der Festung Hohensalzburg, dem Salzburger Hauptbahnhof und dem Christkindlmarkt am Salzburger Dom- und Residenzplatz bereits konkrete Anschlagsziele ausgewählt und “mit dem Weihnachtsfest 2024 auch zumindest einen konkreten Zeitpunkt ins Auge gefasst haben. Er ist mit IS-Mitgliedern in Kontakt gestanden. Er will sich beweisen.”
Hätte der Beschuldigte Waffen bekommen, hätte er den Anschlag begangen, sagte der Staatsanwalt. “Er hätte den Tod von vielen Österreichern in Kauf genommen.” Seine IS-Kontakte hätten ihn auf das hohe Risiko einer zu frühen Detonation hingewiesen, deshalb hätte es ein Anschlag mit einem Messer werden sollen. Der Angeklagte habe seinen Kontakten geschrieben, dass sie Waffen finden müssten, denn es blieben noch 30 Tage in seiner Stadt (Stadt Salzburg, Anm.) bis zu einer Veranstaltung – “gemeint ist wohl der Christkindlmarkt”, erklärte der Staatsanwalt.
Staatsanwalt: “Terror-Anschlag wurde verhindert”
Der Angeklagte habe am 28. November 2024 einem IS-Mitglied geschrieben, dass er in Österreich einen Anschlag machen wolle. Geplant soll ein Anschlag auf den mazedonischen Premierminister am Salzburger Hauptbahnhof gewesen sein. Was die Festung Hohensalzburg betrifft, so habe der Mann geschrieben, er wolle dort die IS-Flagge hissen und dann ein Selbstmordattentat verüben. Von den “Brüdern” sei ihm aber gesagt worden, er solle auf einen Befehl warten und den Anschlag mit Messer begehen. “Der Angeklagte hat beteuert, er wird bestimmt jemanden angreifen, bevor er erwischt wird”, schilderte der Staatsanwalt. “Er schreibt, er will drei Menschen enthaupten und flüchten.” Es gebe da keinen Interpretationsspielraum, wenn man alle Chatnachrichten durchliest. “Hier ist ein Terror-Anschlag verhindert worden”, betonte der Staatsanwalt.
Baupläne zur Herstellung von Sprengsätzen besorgt
Am 21. November des vergangenen Jahres soll der damals 21-Jährige seine damals in Belgien wohnhafte, afghanische Freundin zu einem Selbstmordattentat im Iran angestiftet und dazu auch den Kontakt zu mindestens zwei IS-Mitgliedern hergestellt haben. Die Frau wurde aber noch vor der Ausreise in Belgien festgenommen.
Schließlich legt die Staatsanwaltschaft dem Afghanen das Sammeln und Verbreiten von IS-verherrlichenden Mediendateien zur Last. Das soll über verschiedene Social-Media-Plattformen und Messengerdienste gelaufen sein. Aus dem Internet soll er sich auch Anleitungen und Baupläne zur Herstellung improvisierter Sprengsätze verschafft haben.
Angeklagter: Anschlagspläne nicht ernst gemeint
Der Angeklagte wurde von vier vermummten und bewaffneten Justizwachebeamten in den Schwurgerichtssaal am Landesgericht Salzburg geführt. Zu Beginn seiner Einvernahme sagte er zur vorsitzenden Richterin, dass er einige Fehler gemacht habe. “Aber einige Behauptungen stimmen nicht”, übersetzte die Dolmetscherin. Er habe sich dem IS angeschlossen, und er habe zwar Gedanken für Anschlagspläne gehabt, “die Gedanken waren aber nicht ernst”. Ernst sei es ihm mit der Aussage gewesen, er wolle nach Afghanistan reisen, um sich dort dem IS anzuschließen. Konfrontiert mit dem Vorwurf, er habe seine Freundin zu einem Selbstmordattentat bestimmt, sagte er, “da bin ich zu 100 Prozent unschuldig.”
Die vorsitzende Richterin konfrontierte den 22-Jährigen im Laufe der Verhandlung mit konkreten Anschlagsplänen. “Haben Sie Terroranschläge in Österreich geplant”, fragte sie. “Planen kann man das nicht nennen, ich habe darüber nachgedacht”, antwortete er. “Ehrlich gesagt, ich hatte kein bestimmtes Ziel”, sagte der Beschuldigte noch. “Es klingt anders, was Sie schreiben”, antwortete die Richterin. Die ehemalige Freundin des Angeklagten hat ihn mit ihrer Aussage vor den Behörden in Belgien belastet. Er habe ihr vorgeschlagen, in den Iran zu reisen und dort ein Selbstmordattentat zu verüben, mit einer Bombe. Und er habe ihr erzählt, dass er an einer touristischen Stätte einen Anschlag plane, aber noch nicht den Mut dazu habe.
Verteidiger: “Er hat unüberlegte Worte geäußert”
Sein Verteidiger hatte zuvor ausgeführt, dass der Beschuldigte grobe Fehler begangen und unreife, gefährliche Gedanken und unüberlegte Worte geäußert habe. “Er ist geständig zu nahezu allen Anklagepunkten. Die Beweise werden aber zeigen, dass er nicht versucht hat, seine damalige Freundin zu einem Attentat im Iran zu bestimmen.” Das würde der Chatverlauf der beiden zeigen, die Frau sei schon vorher radikalisiert gewesen und habe dem Angeklagten geschrieben, sie wolle ein Selbstmordattentat verüben. Der Rechtsanwalt verwies auf die schwierige Jugend des Angeklagten, er sei aus Afghanistan geflüchtet, ohne Halt und Struktur, “er hat Traumata erlebt, die er nicht verarbeitet hat.” Dann sei der junge Mann auf den IS gestoßen. Der Anwalt bezeichnete den IS als “hochmoderne Rekrutierungsmaschine, die mit Manipulation und religiöser Verzerrung arbeitet”. Der Afghane sei Opfer dieser IS-Ideologie geworden. “Er hat IS-Propaganda kommuniziert und hat Anschlagspläne geäußert.”
Der Angeklagte flüchtete im September 2021 aus Afghanistan vor den Taliban, wie der Mann der Richterin erklärte. Sein Ziel sei ein gutes Leben in Deutschland gewesen, aber weil an der Grenze Fingerabdrücke abgenommen worden seien, sei er in Österreich geblieben. Als er sich mit TikTok beschäftigt habe, sei er ein sehr gläubiger Muslime geworden. Er habe IS-Videos geschaut, und wollte dann mehr darüber wissen. Die Frage der Richterin, ob er zum IS gehen wollte, beantwortete er mit “Ja”, “ich bin jung und habe Fehler gemacht”. Der Staatsanwalt hatte in seinem Eingangsplädoyer erläutert, der Mann habe sich für den IS bzw. die afghanische Terrorgruppe ISKP zu interessieren begonnen. Der US-Nachrichtendienst habe den österreichischen Behörden einen Hinweis gegeben, der schließlich zur Festnahme führte.
Strafrahmen zehn bis 20 Jahre
Im Ermittlungsverfahren zeigte sich der Afghane teilweise geständig. Die Anklage fällt aufgrund des Strafrahmens von zehn bis zu 20 Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe in die Zuständigkeit eines Geschworenengerichts. Weil der Beschuldigte bei einem Teil der ihm zur Last gelegten Taten noch nicht 21 Jahre alt war, befasst sich ein Geschworenengericht für Jugendstrafsachen mit der Causa.
Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.
(APA)




