„Schau hin“
Description
<figcaption class="copyright" style="display: none;">© Frank Wiesen</figcaption></figure>Manche Bilder sind wie Kletten. Sie bleiben an dir kleben. Und hängen in den Kleidern. Und du trägst sie mit dir herum. Ich bin Filmemacher. Bilder sind mein Beruf. Und manche dieser Bilder werd ich nicht mehr los.
Zwei Gräber hinter dem Haus. Umgeben von verwilderten Bananenbäumen. Vor der halb zerfallenen Lehmhütte sitzt ein Mädchen und schält Matooke, die letzten mehligen Kochbananen für das Abendessen. Zu ihren Füßen hocken zwei kleine Jungs, die Hunger haben.
Florence Nasamula ist 14 Jahre alt, als ich sie in Uganda kennenlerne. Ihre Eltern sind an AIDS gestorben. Und es gibt keine Verwandten mehr, die für Florence und ihre zwei Brüder sorgen können. Die verwaisten Geschwister sind auf sich allein gestellt. Florence hat keine Zeit, von einem besseren Leben zu träumen.
Und wenn sie nun doch einen Wunsch frei hätte? Was würde sie sich wünschen? Florence schaut mich lange schweigend an. Dann sagt sie: Eine Nähmaschine! Um etwas Geld zu verdienen und damit meine Brüder irgendwie durchzubringen.
Drei verwaiste Kinder vor einer halb zerfallenen Hütte. Elf Jahre lang haben mich diese Bilder begleitet. Dann bin ich zurückgekehrt nach Uganda. Auf der Suche nach Florence und ihren Brüdern.
Unser Landrover hält vor einem kleinen solide gemauerten Haus. Davor steht eine bezaubernde junge Frau in einem langen grünen Kleid. Sie hält ein Baby im Arm. Und ich kann kaum glauben, was ich sehe: Florence ist nun stolze Mutter von drei gesunden Kindern. Ihr Mann ist Lkw-Fahrer. Gemeinsam haben sie sich ihr Haus gebaut und einen kleinen Laden eingerichtet mit Mehl und Salz und Süßigkeiten.
Daneben steht die große, schwarze Nähmaschine, von der sie vor elf Jahren nur zu träumen wagte. „Nein“, sagt Florence. „Ich denke nicht gern an diese dunkle Zeit zurück. Doch es gab Menschen, denen unser Schicksal nicht egal war!“
Frauen aus der Nachbarschaft haben sich damals zusammengetan, um die zahlreichen Aidswaisen des Dorfes zu versorgen. Sie wurden unterstützt von den Mitarbeitern eines christlichen Hilfswerkes. So konnten Florence‘ Brüder zur Schule gehen und eine Ausbildung absolvieren. Am Ende ihrer Schneiderlehre bekam Florence die Nähmaschine, mit der sie elf Jahre später immer noch Geld verdient.
Manche Bilder sind wie Kletterrosen. Wenn sie erblühen, sind sie sie fast zu schön, um wahr zu sein.
Der Song zum Impuls
Autor: Martin Buchholz
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