Ex-US-Vizeaußenminister sieht Trump "dramatisch geschwächt"
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US-Präsident Donald Trump wird nach Einschätzung des demokratischen Ex-US-Vizeaußenministers James O’Brien in nächster Zukunft nach “antidemokratischen Mitteln” greifen, um sich an der Macht zu halten. “Trump ist dramatisch geschwächt, aber er wird kämpfen, bis ihm jemand den Knüppel aus der Hand nimmt”, sagte O’Brien im APA-Interview. Zum ersten Mal in seiner politischen Karriere habe Trump nämlich “den Bezug zum Rest des Landes verloren”.
“Er ist ein brillanter politischer Verkäufer, der seinen Anhängern zuhört und das tut, was sie wollen. Sein Problem ist, dass er jetzt nur noch auf die Menschen hört, die ihm am meisten huldigen und das ist ein immer kleinerer Teil der Wählerschaft”, erläuterte der Parteifreund von Trumps Vorgänger Joe Biden.
Präsident verliert Kontrolle über seine Partei
Derzeit habe Trump die republikanischen Abgeordneten und Senatoren noch im Griff, weil er ihnen bei den Zwischenwahlen in einem Jahr mit der Unterstützung von Gegenkandidaten drohen könne. Dieses Fenster schließe sich aber aus Zeitgründen. Ab dem Jahreswechsel werde es immer schwieriger, erfolgreiche Wahlkampagnen zu starten.
Trump sei schon jetzt eine “lahme Ente”, sagte O’Brien unter Verwendung der Bezeichnung für die Machtfülle eines scheidenden US-Präsidenten, dessen Nachfolger bereits gewählt ist. Tatsächlich geht der Demokrat davon aus, dass Trumps Republikaner bei den Mid Terms in elf Monaten untergehen. “Die Politik müsste sich stark verändern, damit die Republikaner die Kontrolle über das Repräsentantenhaus und den Senat behalten können”, sagte er.
“Ich erwarte, dass er einige antidemokratische Dinge in den nächsten Wochen oder Monaten probieren wird, eventuell gegen die von den Demokraten kontrollierten Städte oder etwas anderes”, sagte O’Brien. Doch sei nun offen, ob die Republikaner ihm dabei folgen werden. Zunächst würden sie ihm sagen, “bitte tu diese verrückten Dinge nicht”, und danach dann auch formell die Zustimmung im Kongress verweigern. “Ein bisschen davon haben wir in den vergangenen Wochen bereits gesehen”, sagte O’Brien.
Sieg Mamdanis zeigt fundamentalen Wandel
Der Demokrat zeigte sich “wirklich überrascht”, dass Trumps Zustimmungsraten in jüngster Zeit unter 40 Prozent gefallen seien und sich auch die katholische Kirche klar gegen seine Politik gestellt habe. Die Bischofskonferenz habe nämlich jüngst eine Erklärung herausgebracht, wonach die Amerikaner sich nicht auf die Seite der “Grausamkeit” stellen sollen, was ein Kernelement der Trumpschen Politik sei. “Zum ersten Mal seit 60 Jahren wurde den Katholiken gesagt, dass sie entsprechend der Gleichung vom Guten Samariter wählen sollen und nicht nach dem Thema Abtreibung.” Es sei anzunehmen, dass auch Papst Leo XIV. bei dieser Positionierung eine Rolle gespielt habe, fügte O’Brien auf eine entsprechende Frage hinzu.
O’Brien wertete auch den spektakulären Wahlsieg des Linksaußen-Politikers Zohran Mamdani bei der Bürgermeisterwahl in New York als Zeichen für einen fundamentalen Stimmungswandel in den USA. Den Menschen seien die Lebenshaltungskosten wichtig, nicht mehr das Thema Migration und schon gar nicht die von Trumps Republikanern vorangetriebene konservative Gesellschaftspolitik.
“Seine (Mamdanis) Vorschläge werden vielleicht nicht funktionieren, ähnlich wie die Zölle Trumps – aber was er von ihm übernommen hat, ist, dass wenn man es zumindest versucht, wird das von den Wählern geschätzt”, so O’Brien. Zudem habe Mamdani gezeigt, dass ihn Menschen wählen, selbst wenn sie in gesellschaftspolitischen Fragen mit ihnen nicht übereinstimmen. Mit einem Antreten Mamdanis bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2028 rechnet O’Brien zwar nicht, doch der von diesem vertretene Zugang werde für die Oppositionspartei sehr wichtig sein.
(Das Gespräch führte Stefan Vospernik/APA)
(APA)




