Jahresrückblick 2025: Innenpolitik zwischen Dreier-Koalition, Defizitdebatte und Sicherheitskrise
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2025 stand innenpolitisch im Zeichen einer historischen Regierungsbildung, finanzieller Turbulenzen, sicherheitspolitischer Debatten und parteipolitischer Verschiebungen. Auch juristische Aufarbeitungen sorgten für Schlagzeilen.
Das Jahr 2025 war innenpolitisch von der Bildung der neuen Bundesregierung geprägt, die dann sogleich ein überraschend großes Budget-Loch zu bekämpfen hatte. Gute Nachrichten gab es für Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der in seinem Berufungsprozess freigesprochen wurde. Erschüttert wurde Österreich von einer islamistischen Terror-Attacke in Villach, die einem Jugendlichen das Leben kostete. Ernannt wurde mit Josef Grünwidl ein neuer Wiener Erzbischof.
Rekord bei Regierungsbildung
2025 bringt Teil zwei der längsten Regierungsbildung der Zweiten Republik, die 155 Tage nach der Nationalratswahl am 3. März mit der Angelobung der ersten Dreier-Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS endet. Dabei hatte es zu Jahresbeginn noch gar nicht danach ausgesehen, nachdem die NEOS die Verhandlungen mit den beiden anderen Parteien verlassen hatten und Bundespräsident Alexander Van der Bellen FPÖ-Obmann Herbert Kickl mit einem Auftrag zur Regierungsbildung versah. Doch die Gespräche von Freiheitlichen und Volkspartei scheitern an Postenfragen, woraufhin sich im zweiten Anlauf ÖVP, SPÖ und NEOS doch noch einigen.
Angeführt wird die Regierung vom vormaligen ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker als Bundeskanzler, SPÖ-Chef Andreas Babler als Vizekanzler und NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger als Außenministerin. Insgesamt umfasst das Kabinett des Bundeskanzlers 13 Ministerien und sechs Staatssekretariate. Die zentrale Aufgabe des Finanzministers geht an den Arbeiterkammer-Ökonomen Markus Marterbauer (SPÖ). Während der Großteil der Regierungsmitglieder von Skandalen verschont bleibt, hat NEOS-Staatssekretär Josef Schellhorn unter anderem mit Kritik wegen eines kostspieligen Dienstwagens zu kämpfen.
Stocker wird Kanzler
Mit Erreichen des Pensionsalters wird Christian Stocker zum innenpolitischen Aufsteiger des Jahres. Als Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nach dem vorläufigen Scheitern der türkis-rot-pinken Regierungsverhandlungen abtritt, übernimmt überraschend sein bisheriger Generalsekretär die Führung der ÖVP, während Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) interimistisch die Regierungsgeschäfte leitet. Zwar scheitern unter Stocker auch die Gespräche mit der FPÖ, doch nach der Einigung mit SPÖ und NEOS im zweiten Anlauf wird er im Alter von 65 Jahren zunächst Bundeskanzler und dann auch noch gewählter ÖVP-Obmann. Vorgänger Nehammer wird von der neuen Bundesregierung als Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank nominiert und tritt dieses Amt mit September an.
Budget wird zum Problem
Ein unerwartet tiefes Budget-Loch prägt das erste Arbeitsjahr der Bundesregierung. Wenige Wochen nach der Angelobung wird bekannt, dass das Defizit im Jahr 2024 mit 4,7 Prozent des BIP deutlich höher ausgefallen ist als erwartet. Die Regierung muss daraufhin ein umfassendes Sparpaket schnüren, das unter anderem die Abschaffung des Klimabonus bringt. Dennoch leitet die EU ein Defizitverfahren gegen Österreich ein. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) peilt für heuer ein Minus von 4,5 Prozent des BIP an, doch wird der Kurs im Herbst durch schlechte Zahlen von Ländern und Gemeinden wieder gefährdet.
Sparen bei Pensionen und Beamten
Die Budgetnöte machen auch Einsparungen bei Pensionisten und im öffentlichen Dienst notwendig. Trotz Protesten der Seniorenvertreter beschließt die Regierung, dass 2026 nur bei Ruhensbezügen bis 2.500 Euro die Inflation voll abgegolten wird. Bei den Öffentlich Bediensteten wird sogar ein bereits vom Parlament beschlossener Gehaltsabschluss wieder aufgeschnürt. Nach zähen Verhandlungen mit der Gewerkschaft einigt man sich auf einen Drei-Jahres-Abschluss, der jeweils unter der (voraussichtlichen) Teuerungsrate bleibt. Für Politiker gibt es 2026 eine Nulllohnrunde.
Anschlagspläne beschäftigen Gerichte
Islamistisch-motivierte Anschlagspläne beschäftigen auch 2025 die Gerichte. Zwei Jahre unbedingt muss jener junge Mann in Haft, der schon wegen eines Anschlagsplans am Wiener Hauptbahnhof verurteilt worden war und sich dann nach seiner Enthaftung erneut für den IS betätigte. Im Zusammenhang mit Anschlagsplänen gegen das Taylor Swift-Konzert in Wien wird ein 18-Jähriger ebenfalls zu zwei Jahren unbedingt verurteilt. Zwei Jahre teilbedingt lautet das Urteil gegen einen Jugendlichen, der einen Anschlag am Wiener Westbahnhof geplant hatte. Eine besonders hohe Strafe fasst ein 22-jähriger Afghane aus, der in Salzburg wegen terroristischer Anschlagspläne zu 15 Jahren unbedingter Haft verurteilt wird.
Messenger-Überwachung
Die Regierung einigt sich im Juni auf die von der Polizei seit Jahren geforderte Messenger-Überwachung. Der Beschluss im Nationalrat erfolgt dann gegen die Stimmen der Opposition im Juli, auch zwei NEOS-Mandatare stimmen gegen die Vorlage. Nicht zuletzt das Attentat in der Villacher Innenstadt hatte die Debatte wieder vorangetrieben. Die Neuregelung erlaubt es, in Causen, die auf terroristische und verfassungsgefährdende Aktivitäten hindeuten, sowie bei Spionage, sowohl unverschlüsselte als auch verschlüsselte Nachrichten bei Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Signal auszulesen.
Grünwidl folt Schönborn
Das lange Warten auf einen Nachfolger für Wiens Erzbischof Christoph Schönborn hat 2025 ein Ende. Im Jänner nimmt der Vatikan das Rücktrittsgesuch des Kardinals an und macht Bischofsvikar Josef Grünwidl zum Administrator. Am 17. Oktober wird Schönborns ehemaliger Sekretär dann von Rom auch als Erzbischof designiert.
Kurz-Freispruch
Das Oberlandesgericht Wien hebt das Urteil gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss auf. In erster Instanz war der frühere ÖVP-Obmann noch zu acht Monaten bedingt verurteilt worden. Die bedingte Haftstrafe von sechs Monaten gegen seinen früheren Kabinettschef Bernhard Bonelli, ebenfalls wegen Falschaussage, wird hingegen vom Oberlandesgericht bestätigt.
OLG kippt Diversion für Wöginger
Das Oberlandesgericht (OLG) Linz hat die Diversion für ÖVP-Klubobmann August Wöginger in seinem Amtsmissbrauchs-Prozess gekippt. Das OLG Linz hat einer entsprechenden Beschwerde der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) stattgegeben, da “die speziellen Voraussetzungen für eine Diversion im Fall des Missbrauchs der Amtsgewalt nicht vorliegen”, hieß es. Wöginger muss nun wieder vor Gericht. Die ÖVP stehe weiter hinter ihm, so Generalsekretär Nico Marchetti.
Brandstetter entgeht Verurteilung
Der frühere Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) wird vom Vorwurf der falschen Zeugenaussage in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss freigesprochen. Vorgehalten wurde ihm, vorsätzlich tatsachenwidrig behauptet zu haben, er habe sein privates Mobiltelefon nicht herausgeben können, da es zu Hause gelegen sei. Wesentlich für den Freispruch ist letztlich ein Gutachten, wonach sich der vormalige Verfassungsrichter bei der versuchten Handy-Sicherstellung “in einer medizinisch-vitalen Ausnahmesituation” befunden habe und die Gedächtnisleistung eingeschränkt gewesen sein könnte.
Causa Ott
Egisto Ott, ehemaliger Mitarbei




