DiscoverSWR2 Kultur AktuellDer Heiland als Influencer: „Jesus Christ Superstar“ am Pfalztheater Kaiserslautern
Der Heiland als Influencer: „Jesus Christ Superstar“ am Pfalztheater Kaiserslautern

Der Heiland als Influencer: „Jesus Christ Superstar“ am Pfalztheater Kaiserslautern

Update: 2025-09-19
Share

Description

Schon in der Ouvertüre gibt sie den Ton an: Die raue E-Gitarre, die „Jesus Christ Superstar“ neben „Hair“ zu einer der bekanntesten Rockopern der Hippie-Ära gemacht hat.
„Webber und Rice waren damals sehr jung“, erklärt Operndramaturg Andreas Bronkalla kurz vor der Premiere des Erfolgsstücks. „Webber hat sicher später kunstvollere Partituren geschrieben, aber hier diese etwas ungebändigte Kraft der Gitarren, die sind nach wie vor absolut faszinierend.“
Und das gilt sicher auch für die anderen Songs an diesem Abend, die schon zu echten Klassikern geworden sind – das titelgebende „Jesus Christ Superstar“-Motiv zum Beispiel:

Jesus Christus als Parabel für Alexej Nawalny


Die Geschichte ist nicht neu. Jeder weiß, wie Jesus von Judas verraten und dann ans Kreuz genagelt wurde. Dennoch darf man gespannt sein, wie Regisseurin Pascale Sabine Chevroton als versierte Opern- und Musicalregisseurin die Heilsgeschichte umsetzt.
Am Pfalztheater ist die Bühne ein kalter, schwarzer Raum mit beeindruckender Lichtführung und düsteren Videoinstallationen. Ein vorweggenommenes Gefängnis statt Kutten oder Jesus-Sandalen oder gar einem blühenden Gethsemane-Garten. Moderne Business-Kostüme bei den Mächtigen und Fashion-Style bei Jesus‘ Anhängern.
Und: moderne Kommunikationsmittel – da lässt sich Jesus gleich zu Beginn schon mal von seinem vollgelaufenem Social-Media-Kanal auf dem Smartphone ablenken. Chevroton hat dabei einen tragischen Helden vor Augen: „Nawalny! Der vergiftet wird und freiwillig in sein Land zurückkehrt, obwohl er weiß, dass er sterben wird.“

Jesus und Judas als zwei Seiten einer Münze


Dass die Massen ihm erst begeistert folgen, dann abfällig Jesu Kreuzigung fordern – entspricht ganz der Social-Media-typischen Wut- und Erregungskurve.
Doch zum Märtyrer wird Jesus erst durch Judas. Die Regie macht aus beiden einen einzigen: zwei Seiten einer Medaille – immer wieder umschlingen sich die beiden, gipfelnd in einem Pietà-Bild. Judas wird dabei zu Maria und hält den sterbenden Jesus auf dem Schoß.
Patrick Stanke spielt Judas und freut sich über seinen Perspektivwechsel. Bisher hat er immer den Jesus verkörpert: „Jesus hat ihn auserwählt als Verräter. Jesus musste ja für den Glauben sterben und brauchte jemand, der die Drecksarbeit macht.“

Die Hohepriester von Jerusalem als MAGA-Maniacs


Umso zerbrechlicher wirkt der Jesus- Darsteller Gunnar Frietsch: „Jesus (...) verzweifelt ein bisschen an der Welt, ohne dass er sich dem Leiden hingibt oder der Schwäche. Er sieht das Leid, auch politisch, in der Welt.“
Ganz gegenwärtig zeichnet die Regie die bigotte Priesterschaft. Und Maria Magdalena gibt eine eisern lächelnde Pressesprecherin der Mächtigen, die unverkennbar die Baseball-Kappen der MAGA-Bewegung tragen.
Daniel Böhms Pontius Pilatus ist ein gefallsüchtiger Trump-Typ, der sich winselnd vor seiner Entscheidung, Jesus an seine Häscher auszuliefern, windet: inszeniert in einem Fernsehstudio.
Comments 
In Channel
loading
00:00
00:00
1.0x

0.5x

0.8x

1.0x

1.25x

1.5x

2.0x

3.0x

Sleep Timer

Off

End of Episode

5 Minutes

10 Minutes

15 Minutes

30 Minutes

45 Minutes

60 Minutes

120 Minutes

Der Heiland als Influencer: „Jesus Christ Superstar“ am Pfalztheater Kaiserslautern

Der Heiland als Influencer: „Jesus Christ Superstar“ am Pfalztheater Kaiserslautern