DiscoverSWR2 Kultur AktuellGrand Hotel Parr: Ein schräger Check-in ins Universum von Martin Parr
Grand Hotel Parr: Ein schräger Check-in ins Universum von Martin Parr

Grand Hotel Parr: Ein schräger Check-in ins Universum von Martin Parr

Update: 2025-11-25
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Ein Stilbruch mit rotem Teppich und Holzvertäfelung


Das Neue Museum Nürnberg ist bekannt für seine klare, moderne Architektur: gläserne Fassaden, Betonböden, minimalistisches Design. Doch aktuell hat sich im ersten Stock ein überraschender Stilbruch breitgemacht. Plötzlich dominieren rote Teppiche, Holzvertäfelungen und verspielte Retro-Elemente.
„Normalerweise ist das hier ein White Cube, eine klassische Ausstellungshalle. So haben wir den Raum noch nie gesehen“, erklärt Direktorin Simone Schimpf. „Es ist verrückt.“
Dieser ungewöhnliche Stilbruch trägt den Titel „Grand Hotel Parr“ und ist eine Hommage an den britischen Fotografen Martin Parr. Genau wie Parrs Werke spielt die Inszenierung mit Widersprüchen: Sie verbindet Kitsch und Tiefsinn, ist gleichzeitig humorvoll und kritisch.

Ein Hotel voller Überraschungen


Schon beim Betreten der Ausstellung fühlt man sich in ein surreal-komisches Hoteluniversum versetzt. Besucher stehen vor einer lebensechten Rezeption – auf dem Tresen liegt ein Zettel: „Zurück in 5 Minuten“. Daneben: scheinbar achtlos verstreute Fotobücher von Parr.
Kurator Christoph Schaden lädt die Gäste ein, aktiv zu werden: „Schnappen wir uns einen Trolley. Da ist ein Bild drauf. Die Einladung ist: Such das Buch zum Bild.“
Mit dem Trolley geht es durch die Hotelhalle, vorbei an pinken Plastikblumen, einem weiß lackierten Klavier und durch einen Souvenirshop. Im Billardsalon wartet schließlich die Belohnung: ein Foto aus dem berühmten Buch „The Last Resort“. Ein QR-Code auf dem Trolley führt direkt zur Stimme von Martin Parr, der sein Werk selbst kommentiert: „The Last Resort was my first book in colour, way back in 1983.“

Provokation in grellen Farben


Mit „The Last Resort“ schrieb Martin Parr Fotogeschichte. In den 1980er Jahren war Farbfotografie in der Kunstwelt verpönt. Wer ernst genommen werden wollte, fotografierte in Schwarz-Weiß. Doch Parr entschied sich bewusst anders: Er zeigte das Leben der britischen Arbeiterklasse in den Thatcher-Jahren – grellbunt, voller Majo und Sonnenöl.
Seine Bilder sorgten für Aufsehen. Kurator Christoph Schaden erinnert sich: „Es hat damals zu extrem kontroversen Reaktionen geführt. Gerade im großstädtischen London hat er, wie man heute sagen würde, einen Shitstorm eingefahren. Aber genau damit ist er weltbekannt geworden.“

Ein Meister der Fotobücher


„Grand Hotel Parr“ zeigt die gesamte Spannbreite von Parrs Schaffen: Rund 200 Fotobücher, an denen er beteiligt war, sind hier versammelt. „Das älteste ist von 1982, das jüngste erst vor einem Monat erschienen“, erklärt Schaden.
Jedes Buch ist ein kleines Kunstwerk für sich, mit eigener Optik, eigenen Themen und Genres. Vom Kochbuch über den Stadtführer bis zum Telefonbuch – Parrs kreative Bandbreite kennt keine Grenzen. Simone Schimpf ergänzt: „Wir haben so ziemlich alles, sogar Toilettenpapier.“

Zwischen Humor und Gesellschaftskritik


Martin Parr ist ein Meister des Alltäglichen. In seinen Bildern zeigt er uns die Absurditäten unseres Konsumverhaltens, hält uns einen Spiegel vor – und macht sich selbst zum Teil dieses Systems. „Er sagt von sich selbst, dass er Teil des Problems ist“, so Schaden. Diese Selbstreflexion macht Parr zu einem der einflussreichsten Fotografen unserer Zeit.
Mit „Grand Hotel Parr“ hat das Neue Museum Nürnberg eine Ausstellung geschaffen, die nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Mitmachen einlädt. „Eine Grundschulklasse hat hier neulich einfach Hotel gespielt“, erzählt Schaden. „Sie haben eingecheckt, sind mit Koffern durch die Räume gezogen – und hatten einen Riesenspaß. Wenn ein Raum so genutzt wird, dann ist der Kurator beglückt
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