Lutz van der Horst über seinen Roman „Konfetti-Blues“: Alkohol, Partydrogen und queere Liebe
Update: 2025-11-25
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Politiker-Interviews für die „heute show“: Schamlosigkeit und Lampenfieber
SWR Kultur: Sie versuchen Karl Lauterbach die gesetzliche Krankenversicherung aufzuschwatzen, attestieren Markus Söder einen Mangel an Haltung, laufen Friedrich Merz hinterher, worauf Sie dessen Frau zurechtweist. Woher nehmen Sie Ihre Schamlosigkeit?
Lutz van der Horst: Das wüsste ich auch mal gerne. Privat ist die in dieser Form gar nicht vorhanden. Sie ist aber immer da, wenn die Kamera angeht, weil ich das Gefühl habe, irgendwie sei das gut, wenn man einen gewissen Witz erzeugen will.
SWR Kultur: Switchen Sie zu einer Kunstfigur, wenn Sie sagen, das geht automatisch, sobald Rotlicht ist?
Lutz van der Horst: Also, das bin schon ich, aber tatsächlich kommt dann eine Energie zu Tage, die vorher nicht da ist. Vor so einem Take, sei das Fernsehen oder Bühne, ist da eher Angst oder Lampenfieber. Das verschwindet in dem Moment aber sofort.
Die Grenzen ausloten - mit Fingerspitzengefühl
SWR Kultur: Bei welcher Frage haben Sie vorher überlegt, ob das nicht zu weit geht?
Lutz van der Horst: Bei fast allen überlege ich, ob das nicht zu weit geht. Ich mag das aber genauso auszuloten, bis zu welchem Punkt ist es noch charmant ist. Ab wann ist die Grenze überschritten? Also, da gehe ich schon mit Fingerspitzengefühl ran.
SWR Kultur: Haben sie ein Beispiel?
Lutz van der Horst: Spontan habe ich jetzt wieder an Charlotte Merz gedacht. Da wusste ich aber gar nicht, wer diese Frau ist. Wir haben es erst im Schnitt gesehen und dachten, oh, da haben wir was im Kasten.
In der Regel ist es so, dass ich es am liebsten mag, wenn Politiker und Politikerinnen selber schlagfertig sind und Witz mitbringen und es ein Schlagabtausch wird, ein Pingpong-Spiel.Quelle: Lutz van der Horst
SWR Kultur: Sind Sie privat auch so direkt?
Lutz van der Horst: Nein, überhaupt nicht. Ich bin ein sensibler Mensch und finde das auch gar nicht so gut, immer so direkt zu sein. Ich versuche das eher zu verpacken, wenn ich Kritik habe.
Roman über einen Comedian in der Lebenskrise
SWR Kultur: Ihr Buch „Konfetti-Blues“ erzählt von der Lebenskrise eines Comedians. Sie sind selber einer, Sie hatten auch mal eine Karrierekrise. An diesem Buch haben Sie über Jahre immer wieder geschrieben. Wieso haben Sie es jetzt veröffentlicht?
Lutz van der Horst: Es gab ein Karrieretief Mitte der Nullerjahre, wo kompletter Stillstand war und ich das Buch schreiben musste. Das war wirklich ein therapeutischer Akt. Ich habe das aus dem Bauch und dem Herzen geschrieben.
Auch als es dann besser lief und die „heute show“ kam, wollte ich es gerne so veröffentlichen, weil es mir wirklich viel bedeutet – und mir alle abgeraten haben. Das Management hat gesagt: Mach's auf keinen Fall. Denn weil das Buch eine Sinnkrise beschreibt, geht es da auch mal härter zur Sache.
Es gibt Alkoholexzesse, es geht auch um Partydrogen. Es enthält auch queere Themen. Da hatte das Management einfach Sorge, die Leute würden denken, ich sei zu 100 Prozent dieser Max, die Hauptfigur in dem Buch.Quelle: Lutz van der Horst
„Alle guten Komiker müssen zumindest eine melancholische Seite haben“
SWR Kultur: Max hält sich als Comedy-Autor notdürftig über Wasser, arbeitet viel, betäubt sich mit Alkohol und Drogen. Die Tendenz ist Ihnen vermutlich nicht ganz fremd, aber ist das auch typisch für das harte Business Comedy?
Lutz van der Horst: Ich glaube schon. Erstmal glaube ich, dass alle guten Komiker und Komikerinnen zumindest eine melancholische Seite haben müssen, auch Schmerz in ihrem Leben empfinden oder empfunden haben müssen, weil Comedy eben die beste Möglichkeit ist, damit klarzukommen.
Ich glaube, das liegt ganz dicht beisammen. Und ja, Alkohol ist wahnsinnig gefährlich für Menschen, die im Fernsehen und auf der Bühne stehen. Einfach weil es oft schwierig ist, auch wieder runterzukommen.
Es gibt einfach diese Scheinwelt auf der Bühne und im Fernsehen, und da gibt es auch den richtigen Menschen, der vielleicht ganz anders ist. Alkohol ist da einfach gefährlich, gerade natürlich bei Rückschlägen.
„Ich fand es interessant, dass das Thema Bisexualität so selten in Romanen vorkommt“
SWR Kultur: Ihr Romanheld Max ist bisexuell, wofür seine Eltern wenig Verständnis aufbringen. Er ist schwer in einen jungen Mann verliebt, mit dem er auch einige Nächte verbringt. Wieso haben Sie ihn so gezeichnet? War das ein gesellschaftspolitischer Impuls, das zu thematisieren?
Lutz van der Horst: Ja, erstens das. Ich fand es interessant, dass das Thema Bisexualität so selten in Romanen vorkommt, obwohl es ja echt spannend ist. Und es hilft diesem Buch sehr.
Denn es gibt ja einen Prolog, in dem man erfährt, dass Max seine Liebe am Ende des Buches finden wird. Man weiß aber nicht, wer es sein wird. Also muss man das Buch auch zu Ende lesen – und weil Max bisexuell ist, kommen viel mehr Menschen dafür in Frage. Sowohl Männer als auch Frauen.
„Für mich ist Stand-Up die mutigste Form der Comedy“
SWR Kultur: Lustig ist es aber auch. In einer Szene testet Max ein Stand-Up-Programm vor drei Freunden, die untereinander verfeindet sind. Und er scheitert gnadenlos. Niemand lacht. Solche Erfahrungen gehören ja der Legende nach zum Comedy-Business dazu. Mussten Sie die auch machen?
Lutz van der Horst: Ich glaube, jeder kennt das. Und ja, das macht auch Max durch. Ich habe ja damals eine Stand-Up-Figur erfunden. Das ist auch schon viele Jahre her. Es war der unlustigste Comedian Deutschlands.
Und da hat wirklich niemand gelacht. Aber das war ja extra so gemacht. Da war der Druck nicht so hoch, weil ich immer wusste, die sollen ja eh nicht lachen, das soll ja unlustig sein.
Lutz van der Horst: Aber das muss man auch aushalten.
Lutz van der Horst: Darum ist Stand-Up auch etwas, mit dem ich immer sehr gehadert habe, für mich die mutigste Form der Comedy. Man steht allein auf der Bühne, und das ist ganz schrecklich. Das weiß ich auch von Kollegen.
Wenn man weiß, man hat jetzt ein Programm, muss da 20 Minuten stehen, vielleicht sogar länger, und da lacht niemand und man merkt, da kommt nichts zurück, das ist natürlich der Wahnsinn.
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