Sauerkraut Powerkraut
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57 - Sauerkraut Powerkraut
17. Sauerkraut Powerkraut
Transkription des Textes
„Sauerkraut Powerkraut“
Die Franzosen haben ihr Baguette, die Amerikaner ihre Burger. Und wir Deutsche? Wir lieben Sauerkraut. In der deftigen Kombination mit Wurst und Fleisch ist es allerdings verschrien. Zu Unrecht –zumindest, was das Sauerkraut angeht, denn Sauerkraut ist gesund! Wenn Weißkraut zu Sauerkraut verarbeitet wird, entsteht ein wahres Powerkraut mit vielen Vitaminen, vor allem wenn es frisch ist.
Ich begrüße heute Frau Susanne Schneider, Ernährungsberaterin bei der Verbraucherzentrale in Würzburg.
Frau Schneider, wie macht man aus Kohl Sauerkraut?
Frischer Weißkohl kommt, in feine Streifen geschnitten, in einen Topf. Mit einem Krautstampfer zersprengt man die Pflanzenzellen. Dabei kann der Zellsaft austreten und schließlich den Kohl ganz bedecken. Wichtig ist, dass keine Luft zwischen dem frischen Kohl bleibt, da sonst statt der gewünschten sauren Gärung ein Fäulnisprozess beginnen könnte. Deswegen muss Sauerkraut kräftig gestampft und mit Gewichten gepresst werden. Das ist das eine, das andere ist Salz. Ein Muss bei der Sauerkrautherstellung ist reichlich Salz. Denn durch das Salz und das kräftige Stampfen werden die Zellwände des Kohls verstört. Wenn das Fass dann luftdicht verschlossen ist, starten die Bakterien ihre Arbeit und produzieren die wichtige Milchsäure mit den darin enthaltenen Milchsäurebakterien. Sie sind es, die aus dem Weißkraut das wertvolle Sauerkraut machen.
Ursprünglich benutzte man Steinguttöpfe zur Zubereitung. Wie wird das heute gemacht?
Das macht man heute fast immer noch so, allerdings nur zu Hause. Um einen Luftabschluss und ein gleichzeitiges Entweichen von Gasen zu ermöglichen, besitzt der Sauerkrauttopf eine umlaufende mit Wasser gefüllte Rinne. Der aufgesetzte Deckel taucht rundum in das Wasser und verhindert einen Luftzutritt. Bei Überdruck entweichen die Gasblasen nach außen. Seit dem späten 19. Jahrhundert stellt man Sauerkraut industriell her, zunächst in Holzfässern, heute in luftdicht verschließbaren Gärsilos. Die älteste deutsche Sauerkrautfabrik ist die Firma Leuchtenberg aus Neuss.
Dort wird seit 1861 traditionell Sauerkraut hergestellt. Heutigem industriell hergestellten Sauerkraut wird oft Ascorbinsäure als Antioxidanz zugegeben, um die Lagerfähigkeit zu erhöhen.
Wann ist das Sauerkraut zum Verzehr fertig?
Nach rund 21 Tagen Gärzeit im Fass ist es fertig. Manchmal dauert es länger, aber die Gärdauer beträgt bei Raumtemperatur 3 bis 4 Wochen, bei Kellertemperatur etwa 5 bis 6 Wochen. Und dann kann es auf den Tisch kommen. Allerdings empfehle ich, das Sauerkraut möglichst roh zu verzehren – denn dann ist es besonders reich an Nährstoffen. Bei 200 Gramm, eine realistische Portion, decke ich den Tagesbedarf an Vitamin C und auch den Bedarf an Milchsäurebakterien, wobei der nie so genau definiert wird. Aber mit einer 200-Gramm-Portion komme ich wunderbar hin, um eine ganze Palette an Nährstoffen abzudecken.
Das klingt schon mal so, als wäre es die Power fürs Immunsystem.
Ja, ja, das ist so. Das ist ein Powerkraut. Neben dem Vitamin C stecken im Sauerkraut Vitamin E und Selen, das Infektionen abwehrt. Kalium wirkt herzstärkend und sorgt für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt. Eisen und Folsäure fördern die Blutbildung; Ballaststoffe regen zusammen mit den Senfölen den Darm an. Sie wirken entzündungshemmend und stärken die Abwehrkräfte. Kalzium festigt die Knochen und die Zähne. Das Beste aber sind die Milchsäurebakterien. Denn diese wirken sich günstig auf die Darmflora aus – und die wiederum ist wichtig für das Immunsystem.
Ist Sauerkraut aus der Dose genauso gesund?
Da sollte man lieber frisches Sauerkraut in einer Fischerei, im Reformhaus, im Bioladen oder einfach auf dem Markt kaufen. Der Nachteil von Dosensauerkraut ist, dass keine Milchsäurebakterien mehr enthalten sind. Das einzige, was da noch zu finden ist, sind Ballaststoffe, die sind natürlich auch wichtig, aber die Milchsäurebakterien sind in dem Fall für die Darmflora wichtiger. Deshalb ist frisches Sauerkraut auch eine gute Wahl, wenn die Darmflora beschädigt ist. Das kann zum Beispiel nach einer Antibiotikatherapie helfen. Die Milchsäurebakterien im Sauerkraut wirken nämlich probiotisch und bringen die Darmflora wieder in Schwung. Aber: Mit dem Verzehr erst eine Woche nach der Antibiotikatherapie beginnen, sonst ist die Belastung für den Körper zu groß.
Und jetzt einmal zu den gängigen Klischees. Ist Sauerkraut wirklich deutsch?
Nun, das ist wirklich ein Klischee. Im Grunde ist Sauerkraut mittel- und osteuropäisch. Es gehörte bis zur Etablierung neuer Konservierungsmethoden zu den hauptsächlich verarbeiteten Zutaten in Deutschland, den Niederlanden und Polen wie auch in Osteuropa. Früher gehörte Sauerkraut in jede Küche und war im Winter zwischen Oktober und April meistens die einzige Vitaminquelle, sehr oft sogar das einzige frische Lebensmittel. Durch seinen hohen Vitamingehalt beugte es im Winter Mangelerscheinungen vor. Man hatte sonst nur noch eingelegte Gurken und gelagerte Äpfel, die aber gegen Weihnachten alle waren. Sauerkraut war also ein wirklich wichtiges Nahrungsmittel für die Gesundheit und das Überleben. Deshalb wurde es auch ganzjährig als Proviant in der Seefahrt eingesetzt, nachdem im 18. Jahrhundert entdeckt worden war, dass der Verzehr von rohem Sauerkraut Skorbut verhindert.
Sie haben vorhin erwähnt, man solle Sauerkraut am besten kalt essen. Aber kaltes Essen im Winter? Ist das nicht zu viel verlangt?
Es muss nicht kalt sein. Wer Sauerkraut lieber gekocht mag, sollte es nur langsam erhitzen – dann ist der am höchsten. Und am besten immer ein bisschen frisches Kraut darunter mischen.
Das ist übrigens nicht nur gut fürs Immunsystem, sondern auch für die schlanke Linie: Denn ein Pfund Sauerkraut hat nur 80 Kalorien.